1 Einführung:
Was dieses Buch will
Von Christopher A. Runge
»Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.« Franz Kafka
In Anlehnung an das »wegweisende« Zitat Franz Kafkas und angesichts der aktuellen Reformen im Bankenwesen soll es in diesem Buch um neue bzw. alternative Wege der Unternehmensfinanzierung gehen. Die Autoren verfolgen dabei das praxisnahe und handlungsorientierte Ziel, bankenunabhängige Wege der Unternehmensfinanzierung aufzuzeigen, wobei Chancen und Risiken für Unternehmer und potenzielle Investoren ganzheitlich betrachtet werden.
Nicht zuletzt die einschneidende Finanzkrise aus dem Jahre 2008 hat die Rahmenbedingungen mit Blick auf die Unternehmensfinanzierung zum Teil fundamental verändert. Bis heute lässt sich der finanzielle Schaden nicht genau beziffern (der Internationale Währungsfonds geht in einem Bericht aus dem Jahre 2009 von 3400 Milliarden Dollar aus), doch die Folgen für die Unternehmensfinanzierung waren, sind und werden durch die Beschlüsse rund um Basel III besonders für den deutschen Mittelstand greifbar.
Die Notenbanken haben zunächst das Finanzsystem zur Stützung mit billiger Liquidität geflutet. Infolge von Gewinnrückgängen, hohen Abschreibungen durch faule Papiere und des Ausbaus der Eigenkapitaldecke (Basel III) werden Banken eine weitaus restriktivere Kreditvergabepolitik betreiben – was für viele Unternehmen deutlich höhere Refinanzierungskosten oder im schlimmsten Falle sogar das Fehlen von notwendiger Liquidität bedeuten kann. Die Finanzkrise hat Banken in drastischer Weise veranschaulicht, wie sich eine fehlerhafte Risikoeinschätzung auswirken kann. Als Folge der Krise herrscht in vielen Bankinstituten eine starke Risikoaversion bei der Kreditvergabe. Die Furcht vor Kreditausfällen ist gestiegen, weshalb Unternehmen in Zukunft transparenter werden müssen, um an Bankkredite zu kommen. Oder aber sie gehen neue, bankenunabhängige Wege der Unternehmensfinanzierung. Wie das geschehen kann, wird in den einzelnen Kapiteln des Buches praxisnah nachgezeichnet.
Im Übrigen müssen sich auch viele Banken als Folge der Krise immer noch konsolidieren. Die Beschlüsse zu Basel III, die einen zukünftigen Kollaps von Banken bzw. des ganzen Systems verhindern sollen, werden ihr Übriges tun, um die Kreditverknappung für Unternehmen weiter voranzutreiben. Nach der Lektüre dieses Buches sollen Unternehmer und Interessenten wissen, wie sie einer drohenden Kreditklemme entgehen können und wie die finanzielle Basis eines Unternehmens gesichert werden kann, ohne die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit zu verlieren.
Basel III und die Folgen: Ein Blick auf die wirtschaftliche Wirklichkeit in Deutschland
Bis vor einigen Jahren haben sich kleine und mittelständische Unternehmen hierzulande vor allem mit Bankkrediten oder langfristigen Darlehen finanziert, was auch die geringe Eigenkapitalquote (unter 20 Prozent) vieler deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich widerspiegelt. Die Voraussetzungen, um Fremdkapital von Banken zuverlässig und betriebswirtschaftlich sinnvoll einfließen zu lassen, haben sich seit Ausbruch der Finanzkrise deutlich verschlechtert. Schon aufgrund der Beschlüsse zu Basel II haben Banken die Kapitalstruktur von Unternehmen zunehmend kritischer im Hinblick auf Risiken betrachtet. Die Vorgaben zu Basel III werden das Kreditvergabeverhalten noch restriktiver werden lassen, womit für viele Unternehmen hierzulande Liquiditäts- oder Finanzierungsengpässe Realität werden können.
Die als Konsequenz der Folgen der Finanzkrise aus dem Jahre 2008 getroffenen Beschlüsse zu Basel III, die im Buch noch näher erläutert werden (siehe Kapitel 2), sehen vor, dass sich Banken mit mehr hartem Eigenkapital ausstatten müssen, sodass etwaige Verluste zukünftig besser (d. h. auch ohne Staatshilfen und Steuergelder) abgefedert werden können. Aktuelle Studien zeigen, dass die ab 2013 schrittweise in Kraft tretenden Beschlüsse das Wirtschaftswachstum dämpfen und die Finanzierungskosten von Unternehmen in die Höhe treiben können. Infolge einer stringenteren Risikobewertung und einer pauschalen Erhöhung der Eigenmittelanforderungen werden viele mittelständische Unternehmen ihre bisher gewählten Finanzierungswege nicht mehr wie gewohnt gehen können.
Zukunft proaktiv gestalten: Es lohnt sich, neue Wege der Unternehmensfinanzierung zu gehen
Die Autoren dieses Buches, die alle über einen reichen Erfahrungsschatz aus der Wirtschaftspraxis verfügen, wollen die derzeitige Situation als herausfordernde Gestaltungsmöglichkeit verstanden wissen. Es gilt, neue Wege der Unternehmensfinanzierung zu bestreiten, um Basel III gar nicht erst zur Bedrohung werden zu lassen. Offensichtlich ist jedoch, dass vor dem Hintergrund der Konsequenzen der weltweiten Finanzkrise viele mittelständische Unternehmen in Deutschland ihre Strategien überdenken und an die geänderte Ausgangslage langfristig anpassen müssen.
Dieses Buch gibt konkrete, praxisrelevante Antworten und es zeigt als eine Art Kompass moderne, bankenunabhängige Wege der Unternehmensfinanzierung auf, die vor allem für den Mittelstand von Bedeutung sind. Längst haben vielversprechende Finanzierungsmöglichkeiten wie Beteiligungen, Mezzanine-Kapital, Leasing oder Factoring in vielen Fällen zu neuen Handlungsoptionen geführt. Dieses Buch möchte Entscheidungsträgern eine konkrete Hilfestellung sein, um das Unternehmen von innen heraus zu neuer Stärke zu führen. Durch die Erhöhung von Privateinlagen oder eine nachhaltige Gewinnthesaurierung wird nicht nur die finanzielle Solidität erhöht, auch wirkt das Unternehmen so nach außen attraktiver für potenzielle Investoren.
Bankenunabhängige Finanzierungswege konkret und praxisnah
Dieses Buch ist von den mitwirkenden Finanzierungsexperten mit großem Engagement initiiert worden, um die aktuelle Situation strategisch zu nutzen, statt sie in Passivität verharrend als Bedrohung zu verstehen. In den folgenden Kapiteln werden unterschiedliche und praxiserprobte Wege einer bankenunabhängigen Unternehmensfinanzierung beispielhaft aufgezeigt, mit denen eine langfristige Finanzierungsstrategie ermöglicht wird. Unternehmen und Investoren erhalten einen leicht verständlichen Überblick über moderne und zeitgemäße Formen der Unternehmensfinanzierung neben der klassischen Kreditversorgung durch Banken. Der thematische Schwerpunkt wird hierbei auf die Bereiche Börsengang und Unternehmensanleihe gesetzt, wobei aber auch diese Formen keinesfalls nur großen und börsennotierten Unternehmen offenstehen.
Zukunftsfähige Wege aufzeigen und unternehmerische Spielräume schaffen
Der Anspruch dieses Buches ist, relevantes unternehmerisches Wissen praxisnah und leicht verständlich darzustellen. Neben theoretischen Betrachtungen soll es um ein Höchstmaß an Praxisnähe gehen, sodass Leser strategische Optionen bzw. Handlungsalternativen ableiten können. Das Buch führt verständlich in Formen der Unternehmensfinanzierung ein, die für viele »traditionell« agierende Unternehmer neu sind, ohne dabei jedoch darauf zu verzichten, auch konsequent mögliche Risiken zu beleuchten. Für Anleger ist die Lektüre empfehlenswert, denn sie erfahren mehr über ihre Rechte und spannende Geschichten über Erfolg und Scheitern, Risikoszenarien und Erfolgsaussichten. Und schließlich möchte dieses praxisnahe Buch Marktteilnehmern und Wertpapierhändlern rechtliche Verhältnisse unmissverständlich klarmachen, die oftmals auch vermeintlichen Experten nicht vollends bewusst sind.
Leitfaden durch die modernen Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung
Zu Beginn wird in Kapitel 2 die aktuelle Problematik rund um Basel III eingehend analysiert: Inwiefern ist der Mittelstand betroffen? Welche Konsequenzen und Handlungsempfehlungen ergeben sich hieraus unmittelbar? Kapitel 3 führt in das nötige Grundwissen zur Unternehmensfinanzierung ein, um die vorgeschlagenen Wege besser nachvollziehen und einordnen zu können. In Kapitel 4 werden sodann die Möglichkeiten eines Börsenganges ganzheitlich beleuchtet, wobei der Schwerpunkt auch auf die rechtlichen Rahmenbedingungen gelegt wird. Der Gastbeitrag von Daniel Fischer (Kapitel 5) widmet sich der wirtschaftlichen Wirklichkeit und stellt die Problematik von Missbrauchsrisiken bei der Unternehmensfinanzierung in den Mittelpunkt. Das Kapitel 6 stellt mit Crowdfounding bzw. Crowdinvesting innovative Wege der Unternehmensfinanzierung vor. In Kapitel 7 erläutern Dominik Senn und Martin Užík das Konzept der SPACs. In Kapitel 8 stehen die Mittelstandsanleihen als alternative Finanzierungswege für den Mittelstand im Fokus. Der Gastbeitrag stammt von Mareike Hermann und Martin Užík und enthält zahlreiche Praxistipps für die Umsetzung. In Kapitel 9 stellen Andreas Ruepp und Martin Užík dar, wie EU-Fördermittel in puncto Unternehmensfinanzierung eingesetzt werden können, bevor es im folgenden Kapitel 10 um zentrale steuerliche Aspekte geht, die zu beachten sind. Die beiden abschließenden Kapitel 11 und 12 beschäftigen sich mit der »äußeren Erscheinung«, die für das notwendige Vertrauen bei Investoren und somit für die Kapitalgewinnung erfolgskritisch ist. Hier erfahren Leser, welches Potenzial Wertpapierprospekte entfalten...