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Rom. Eine Stadt in Biographien

MERIAN porträts

AutorSusanne Wess
VerlagMerian / Holiday, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783834215390
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Rom. Eine Stadt in Biographien - Eine Stadt wird nicht nur von Gebäuden und Straßenzügen geprägt, die Identität von Rom entsteht erst mit den Geschichten seiner Bewohner. Denn was wäre die Stadt ohne Caesar, Gian Lorenzo Bernini oder Sophia Loren? 20 ausgewählte Biographien zeichnen ein lebendiges, historisches wie auch aktuelles Bild der Stadt. Die Porträts werden durch Adressen ergänzt, die eine Stadterkundung auf den Spuren der porträtierten Personen ermöglichen. Dieser Band umfasst Porträts von: Cicero & Caesar, Augustus, Simon Petrus, Nero, Mark Aurel, Michelangelo, Lucrezia Borgia, Caravaggio, Gian Lorenzo Bernini, Johann Wolfgang von Goethe, Roberto Rossellini, Alberto Moravia, Federico Fellini, Papst Johannes Paul II., Franca Magnani, Marcello Mastroianni & Sophia Loren, Valentino Garavani, Francesco De Gregori, Heinz Beck und Cecilia Bartoli. Autorin: Susanne Wess

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Leseprobe
CICERO
10643 v.Chr.
CAESAR
10044 v.Chr.

Ein grandioser Rhetoriker und ein skrupelloser Feldherr – raffinierte Politiker waren sie beide. Beide schätzten sich, beide hassten sich. Ohne sie wäre Rom niemals zu dem geworden, was es dann wurde.

Er blickt uns so würdevoll an. Mit jener Besonnenheit und Klugheit, bei der man nicht so genau weiß, ob sie nun weise oder überheblich wirkt. Er, der sich hier unter den Büsten in den Kapitolinischen Museen 30 ( ? D 3) in bester Gesellschaft von Philosophen und Kaisern aus Marmor befindet, war beides in hohem Maße. Marcus Tullius Cicero gilt als einer der besten politischen Redner, Rhetoriker und Taktiker aller Zeiten. Er hat die lateinische Sprache verfeinert und sie zum bedeutenden Kunst- und Wissenschaftsinstrument gemacht. Die Sprache war seine Waffe, effektiv, präzise, bisweilen tödlich. Er konnte mit schönen, klugen Worten Wankelmütige bezirzen und Gegner vernichten.

Da kann man es sich kaum vorstellen, dass dieser messerscharf argumentierende Intellektuelle in seiner Jugend ein Stotterer war, der Mühe hatte, drei Sätze hintereinander zu sprechen, ohne sich zu verhaspeln. Dennoch wurde Cicero eine der großen politischen Figuren der Antike, die auf ewig ihre Plätze in den Geschichtsbüchern haben. Mit ihm erleben wir die letzten Jahre der Römischen Republik – ein Spaziergang wie eine abenteuerliche Zeitreise, die uns vom heutigen Rom ins Zentrum der antiken Weltmacht über 2000 Jahre zurückführt.

Cicero und Caesar wurden in eine Zeit hineingeboren, die geprägt war von Bürgerkrieg, Verrat und Mord. »O tempora, o mores – welche Zeiten, welche Sitten«, klagte Cicero in seiner berühmten Rede zur Catilinarischen Verschwörung. Er war der ältere der beiden Gegenspieler und wurde am 3. Januar 106 v.Chr. in Arpinum, 100 Kilometer südöstlich von Rom, als Marcus Tullius geboren. Ein »homo novus«, ein Emporkömmling, der nur durch die Heirat seiner Frau Terentia zu einem beträchtlichen Vermögen kam. Diese Terentia war ihm eine kluge Ratgeberin; sie kannte die Ränkespiele der Mächtigen und Aufstrebenden, und sie hatte einen untrüglichen Instinkt für Gefahren.

Von Anfang an stand Marcus Tullius auf der Seite der konservativen Adelspartei der Optimaten, d.h., er war ein Verfechter der Senatspolitik. Sein Beiname »Cicero« wird abgeleitet vom lateinischen »cicer«, der Kichererbse. Vermutlich hatte einer seiner Vorfahren eine erbsenähnliche Einkerbung an der Nase. So entstand ein Spitzname für Generationen.

Gaius Julius Caesar, geboren am 13. Juli 100 v.Chr., war ein »homo nobilis«, ein Adliger aus dem römischen Patriziergeschlecht der Julier, die sich auf ihre sagenhafte Abstammung von einem gewissen Iulus, dem Enkel des trojanischen Adligen Aeneas und der Göttin Venus, beriefen. Trotz seiner aristokratischen Familie gab sich Caesar als Mann des Volkes; er war ein Vertreter der Popularen, die ihre Politik im Einklang mit der Volksmeinung ausrichteten bzw. die Stimmung der Plebejer entsprechend beeinflussten und manipulierten. Cicero wie Caesar hatten in ihrer Jugend Bildungsreisen nach Griechenland unternommen und wurden auf Rhodos vom Rhetoriklehrer Apollonius Molon unterrichtet.

CICERO IST KLUG, CAESAR DURCHTRIEBEN

Das Forum Romanum 25 ( ? F 6) im Herzen Roms ist eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Welt. Vom Haupteingang an der Via dei Fori Imperiali strömen täglich Tausende von Touristen auf das Gelände der Tempelruinen, Säulen und antiken Gebäude. Es gibt keinen anderen Ort, an dem die Aura der römischen Weltmacht so intensiv spürbar ist. Dieses halb verfallene, halb restaurierte Säulenfeld zwischen den drei Stadthügeln Kapitol, Palatin und Esquilin war über Jahrhunderte hinweg das Zentrum für die gesamte damalige Welt. Doch man soll sich von der Ästhetik der architektonischen Proportionen nicht täuschen lassen: Es war eine hochgefährliche politische Schlangengrube. Es war die Bühne von Caesar, dem bekanntesten Römer, und Cicero, dem klügsten.

Die politische Situation in der Zeit von Cicero und Caesar ist kompliziert. Das Römische Reich expandiert im Mittelmeerraum; Hannibal und seine Punier sind längst geschlagen, Griechenland ist unterworfen. Jetzt geht es in Rom darum, welche Person diese Macht auf sich bündelt und repräsentiert: Wer ist der Chef von allen und allem?

Offiziell wird das Reich regiert von zwei Konsuln, die jährlich neu gewählt werden. Daneben gibt es den bis zu 1000-köpfigen Senat, eine Art gesetzgebendes Parlament. Cicero gehört ihm an, hier startet er auch seine Karriere als grandioser Redner und Strippenzieher. Zwei Männer dominieren diese späte Römische Republik, jeder von ihnen sieht sich als der eigentliche Herr Roms. Da wäre der unermesslich reiche Marcus Licinius Crassus (115/11453 v.Chr.). Er hat sich große Verdienste um die Niederschlagung der Sklavenaufstände des Spartacus erworben. Der andere ist die Feldherrn-Legende Gnaeus Pompeius, der u.a. die Kilikischen Piraten vernichtet hat, ein ebenso populärer wie selbstgefälliger Mensch, der sich den Beinamen Magnus – der Große – gegeben hat.

CICERO LÄSST FÜNF VERSCHWÖRER TÖTEN

63 v.Chr. ist das Jahr außergewöhnlicher Erfolge für Cicero. Er wird Konsul, auf dem Papier das mächtigste Amt der Römischen Republik. Und er deckt den Putschversuch des skrupellosen Senators Lucius Sergius Catilina auf, die sogenannte Catilinarische Verschwörung, hinter der Cicero eine heimliche Beteiligung von Caesar und Crassus vermutet, aber nicht beweisen kann. Catilina flieht aus der Stadt und fällt ein Jahr später bei einer Schlacht mit römischen Truppen. Fünf seiner Mitverschwörer werden verhaftet und am 5. Dezember 63 v.Chr. hingerichtet.

Caesar stellt sich im selben Jahr zur Wahl zum Pontifex Maximus, des obersten Priesters von Rom. Dafür will er besonders bei den Popularen Stimmen gewinnen und nimmt eine enorme Verschuldung in Kauf. Er lebt auf großem Fuß, über seine zahlreichen Liebschaften spricht die ganze Stadt. Seit er 66 v.Chr. Ädil, oberster Ordnungshüter von Rom, wurde, ist er Herr über die Tempel, Straßen, Bäder, öffentlichen Gebäude und Bordelle. Ihm obliegt die Versorgung des Volkes mit Wasser und Lebensmitteln ebenso wie die mit brachialer Unterhaltung. So veranstaltet er pompöse Gladiatorenspiele, bei denen sich 320 Gladiatorenpaare auf Leben und Tod gegenüberstehen. Dadurch gewinnt Caesar eine ungeheure Popularität, die allerdings von Crassus finanziert wird. 60 v.Chr. bildet der 40-jährige Julier das Erste Triumvirat mit Pompeius und Crassus – ein Bündnis der drei mächtigsten Römer zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen. Er versucht, auch den Staatsmann Cicero für sich zu gewinnen, aber der lehnt aus moralischen Gründen ab. Cicero geht für 15 Monate ins Exil nach Thessaloniki und widmet sich verstärkt der Schriftstellerei. Sein Vermächtnis enthält 54 Reden und 700 private Briefe.

Währendessen wird Caesar als Feldherr unsterblich: Er unterwirft Gallien. Das Erste Triumvirat bricht auseinander, nachdem Crassus in einem Feldzug gegen die Parther in Vorderasien getötet wird und Pompeius Ehefrau Julia, eine Tochter Caesars, im Kindbett gestorben ist. Schließlich kommt es 49 bis 45 v.Chr. zum Bürgerkrieg: Pompeius, der Schwiegersohn, geht gegen Caesars Machtstreben vor und lässt sich zum alleinigen Konsul wählen. Sein Kontrahent marschiert mit seinen Legionen gegen Rom, während sich Pompeius nach gescheiterten Verhandlungen nach Griechenland absetzt und dort ein neues Heer aushebt. Schließlich kommt es 48 v.Chr. bei Pharsalos in Thessalien zur entscheidenden Schlacht, bei der Pompeius von Caesar vernichtend geschlagen wird. Er flieht nach Ägypten und wird dort ermordet.

CICERO BEGRÜSST DEN MORD AN CAESAR

Cicero hat sich im Bürgerkrieg auf die Seite des unterlegenen Pompeius gestellt und somit politisch aufs falsche Pferd gesetzt. Er wird zwar begnadigt und besingt Caesars Milde, doch aufhalten kann er dessen Siegeszug als Imperator nicht mehr.

Wollen Rom-Reisende die Machtfülle des ersten römischen Diktators nachempfinden, so kommen sie am Besuch des Forum Iulium und der Curia Iulia, in der der Senat mehr als ein Jahrtausend tagte, nicht vorbei. An der nordwestlichen Schmalseite des Forum Romanum 25 ( ? F 6) stand der Tempel der Venus Genetrix, dessen Bau Caesar im Falle eines Sieges über Pompeius vor der entscheidenden Schlacht gelobt hatte. Außerdem ist überliefert, dass er in diesem Tempel eine vergoldete Bronzestatue seiner Geliebten, der ägyptischen Kaiserin Kleopatra, aufstellen ließ. 283 n.Chr. brannte das Forum nieder und wurde von Diokletian wieder aufgebaut. Besonders stimmungsvoll ist die Führung »Roma sotto le stelle« unter...

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