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E-Book

Professionelle Kommunikation im Schulalltag

Praxishilfen für Lehrkräfte

AutorGustav Keller
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl99 Seiten
ISBN9783844425987
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Gut mit Kollegen, Schülern und Eltern kommunizieren zu können ist eine wichtige Fähigkeit für die schulische Praxis. Dieser Ratgeber informiert darüber, welche Aspekte zu einer gelungenen Kommunikation im Schulalltag gehören und gibt konkrete Anleitungen und Tipps für verschiedene Gesprächssituationen. Einleitend gibt der Ratgeber einen kurzen Überblick über kommunikationspsychologisches Grundwissen. Die weiteren Kapitel zeigen, wie man Beratungs- und Konfliktgespräche führt, Konferenzen und Besprechungen moderiert sowie Dialogrunden durchführt. Außerdem wird thematisiert, wie sich die schulische Kommunikationskultur weiterentwickeln lässt. Der Autor vermittelt Hilfen zur kollegialen Beratung und Hospitation sowie zum Umgang mit Widerstand in Gesprächs- und Moderationssituationen. Die einzelnen Kapitel können als Trainingsbausteine genutzt werden. Sie bestehen aus prägnanten Grundinformationen, Handlungsanleitungen für die praktische Umsetzung und einem abschließenden Text zum Reflektieren. Das Buch stellt somit eine wertvolle Hilfe für die tägliche Kommunikationspraxis im Schulalltag dar.

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Leseprobe

[19]3 Lösungsorientierte Beratung

Lehren und Erziehen sind nicht möglich ohne Beobachten und Beraten.

Peter Köck

Im Schulalltag wird die Lehrperson immer wieder von Eltern und Schülern konsultiert, die in aktuellen Problemsituationen Rat suchen. Die Wirksamkeit solcher Beratungsprozesse hängt ganz entscheidend von der Grundhaltung des Beraters ab. Aus Sicht des Gesprächstherapeuten Carl Rogers (2010) ist deren wichtigstes Merkmal der Respekt vor der Würde des Mitmenschen. Man verhält sich gegenüber dem Gesprächspartner respektvoll, indem man ihn trotz seiner Probleme als Mitmenschen achtet. Dies heißt nicht, dass man bei ihm alles gutheißen soll. Ein zweites wichtiges Merkmal ist Empathie. Darunter ist zu verstehen, dass man sich in den Gesprächspartner einfühlt und sich darum bemüht, ihn aus der Perspektive seiner Innenwelt zu verstehen. Und drittens gehört zur Grundhaltung des Gesprächsführenden Echtheit. Echt ist man, wenn das Gesagte mit dem Gedachten und Gefühlten übereinstimmt. Dies heißt jedoch nicht, dass alles, was einem auf der Zunge liegt, ausgesprochen werden muss.

Zum Erfolg des Beratungsgesprächs trägt aber nicht nur die Grundhaltung bei, sondern auch eine möglichst lösungsorientierte Gesprächsstrategie. Im Mittelpunkt dieses aus der systemischen Psychologie stammenden Ansatzes stehen die Lösungskonstruktion und die Aktivierung von Ressourcen (Hennig & Knödler, 2010; Bamberger, 2010). In einem kooperativen Lösungsprozess hilft die beratende Lehrperson dem Ratsuchenden bei der Problemlösung.

Vor dem Beginn des lösungsorientierten Beratungsgesprächs ist dafür zu sorgen, dass ein separater Ort und ausreichend Zeit vorhanden sind. Möchte die beratende Lehrperson mit dem Gesprächspartner nun ins Gespräch kommen, ist eine Aufwärmphase vonnöten. Man begrüßt ihn freundlich und schafft eine emotionale Atmosphäre, die einen angstfreien Ausdruck von Gedanken und Gefühlen ermöglicht. Entscheidend gefördert wird dieses Wohlbefinden, indem man sich nach dem persönlich-seelischen Befinden des Ratsuchenden erkundigt.

[20]Ist die Kontaktbrücke gebaut, schildert der Ratsuchende das Problem aus seiner Sicht. Während der Problembeschreibung hält sich die beratende Lehrperson zurück, hört aufmerksam zu und achtet auch auf nichtsprachliche Signale. Wenn sie interveniert, tut sie dies in sparsamem Maße. Sie bittet um Präzisierung, fasst das Gesagte in eigenen Worten zusammen (Paraphrasieren) und bringt das zum Ausdruck, was emotional bedeutsam ist (Verbalisieren). Wichtig dabei ist, dass die beratende Lehrperson ihre Botschaften in einer einfachen, anschaulichen und bildhaften Sprache übermittelt. Nur so kann der Gesprächspartner herausfinden, ob er verstanden worden ist.

Ist das Problem beschrieben, wird gemeinsam überlegt, was sich in welchem Zeitraum verändern soll. In dieser Phase kann die beratende Lehrperson etwas mehr lenken. Die Ziele müssen klar definiert, präzise und positiv formuliert werden. Die Eigenverantwortung des Ratsuchenden für die Zielerreichung ist besonders hervorzuheben. Dabei ist es sinnvoll, Teilziele zu formulieren. Bevor der Zielkonsens definiert wird, muss der Gesprächspartner rückmelden, für wie erreichbar er die Ziele hält. Möglicherweise folgt daraus eine Zielkorrektur.

Unmittelbar nach der Zielfindung wird die Lösungskonstruktion in Angriff genommen. In diesem Stadium darf man nicht den Fehler begehen, dem Ratsuchenden die Lösung vorzufabrizieren. Man hält sich zurück und ermutigt ihn zur Ideensammlung. Hierzu sind lösungsförderliche Schlüsselfragen hilfreich (siehe unten).

Sind genügend Ideen geäußert worden, müssen sie hinsichtlich ihrer Tauglichkeit und Umsetzbarkeit bewertet werden. Darauf aufbauend wird ein Lösungsmodell formuliert. Der Gesprächspartner kennt jetzt nicht nur die Ziele, sondern auch die Wege dorthin.

Um sicherzustellen, dass das Lösungsmodell tatsächlich auch umgesetzt wird, findet eine Zielvereinbarung statt. Die beratende Lehrperson zeigt nochmals auf, was zu tun ist, um die Ziele zu erreichen. Und sie vereinbart Ort und Zeitpunkt einer Erfolgskontrolle.

Am Ende des Beratungsgesprächs fragt man den Ratsuchenden zunächst, wie er das Beratungsgespräch empfunden hat. Abschließend [21]formuliert man einen motivierenden Schlusskommentar und verabschiedet ihn freundlich.

Wenn man sich später zu einer Erfolgskontrolle trifft, wird zum einen bilanziert, welche Änderungsschritte umgesetzt worden sind, und zum anderen wird ehrlich bewertet, in welchem Maße das Problem reduziert worden ist. Wichtig ist, jeden noch so kleinen Fortschritt zu würdigen (Cheerleading) und den Ratsuchenden zu einer Fortsetzung der Änderungsarbeit zu motivieren. Und es sollte auch geprüft werden, ob eine Änderung des bisherigen Lösungsmodells erforderlich ist. Falls ja, müssen die neuen Ziele und Maßnahmen ebenso präzise definiert und vereinbart werden wie im Erstgespräch. Möglicherweise führt die Erfolgskontrolle auch zum Schluss, dass der lösungsorientierte Beratungsansatz für das Problem nicht geeignet ist. Dann muss sich die Beratung auf die Frage konzentrieren, welche Lösungsalternativen sich des Weiteren anbieten. Dies kann zum Beispiel die Weiterverweisung an schulexterne Einrichtungen und Experten sein (z. B. Konsultation des schulpsychologischen Dienstes).

Leitfaden für die lösungsorientierte Beratung

1. Einstieg:

Begrüßung und Kontaktherstellung

Klärung der Erwartungen und Möglichkeiten

Darlegung der Beratungsschritte

2. Problembeschreibung:

Schilderung des Problems aus der Sicht des Betroffenen

Eventuell Zerlegung des Problems in Teilprobleme

Schließung von Informationslücken und Klärung von Missverständnissen

Einigung auf eine gemeinsame Problemsicht

3. Zielbestimmung:

Überlegung, was das Ziel einer Lösung sein könnte

Kritische Prüfung der Zielerreichung

Zeitperspektive der Zielerreichung klären

Einigung auf ein möglichst konkretes Ziel

[22]4. Lösungskonstruktion:

Suche nach Lösungswegen (Brainstorming)

Tauglichkeitsprüfung der Ideen

Einigung auf einen konkreten Lösungsweg

5. Zielvereinbarung:

Klärung, wer was wann tun muss

Terminierung einer Erfolgskontrolle

6. Motivierender Schlusskommentar und Verabschiedung

Lösungsförderliche Schlüsselfragen

Im Folgenden werden einige Beispiele für Fragen genannt, die bei der Lösungsfindung hilfreich sein können.

Lösungstendenzen

„Was hat sich seit der Vereinbarung des heutigen Termins verändert?“

„Hatte es früher einmal eine Phase gegeben, in der Sie das Problem lösen konnten?“

Ausnahmen vom Problem

„Wann tritt das Problem nicht so stark oder gar nicht auf?“

„Wie könnte man die Ausnahmen zur Regel machen?“

Hypothetische Lösung

„Was wäre an Ihrem Verhalten anders, wenn das Problem plötzlich nicht mehr da wäre?“

[23]Positives Umdeuten

„Gibt es am Problem auch etwas Positives?“

Der Weg ins Problem und zurück

„In welchen Schritten sind Sie ins Problem gerutscht?“

„Welcher Gegenschritt ist jeweils notwendig, um aus dem Problem wieder herauszukommen?“

Präzisierung von Zielen und Maßnahmen

„Was wollen Sie konkret verändern?“

„Welche Schritte müssen Sie tun, um das Ziel zu erreichen?“

Zum Nachdenken

Im Mittelalter wanderte Mullah Nasrudin mit einigen Begleitern durch ein wildes Gebirge. Plötzlich wurden sie von einer Horde Räuber überfallen und mit giftigen Pfeilen beschossen. Alle wurden verletzt. Mullah Nasrudin rief: „Auf zum nächsten Arzt!“ Seine Begleiter riefen dagegen: „Wehrt den Überfall ab – vertreibt die Räuber von der Straße!“ Sofort stürzten sich die Begleiter des Mullah auf die Räuber, vertrieben und verfolgten sie und bereinigten so die „Problemlage“. Leider verstarben alle dabei, da das Gift seine Wirkung tat. Sobald Mullah Nasrudin sah, dass niemand auf ihn hörte und er alleine gelassen war, wandte er sich sofort in Richtung des nächsten Dorfes und erreichte mit großer Mühe einen Arzt, der ihm ein Gegengift verabreichen konnte. Nur er überlebte den Überfall.

Eine orientalische Weisheitsgeschichte

[24]Weiterführende Literatur

Bamberger, G. (2010). Lösungsorientierte Beratung (4. Aufl.). Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union.

Seeger, R. & Seeger, N. (2011). Das professionelle Lehrer-Eltern-Gespräch. Praxisbuch für lösungsorientierte, wirkungsvolle Beratungsgespräche. Augsburg: Brigg.

Szabo, P. & Berg, I. K. (2009). Kurz(zeit)coaching mit Langzeitwirkung (2. Aufl.)....

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