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E-Book

Christoph Columbus - Der Don Quichote des Ozeans

Historischer Roman

AutorJakob Wassermann
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl175 Seiten
ISBN9788026826057
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Christoph Columbus - Der Don Quichote des Ozeans' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Christoph Columbus ist eine Biographie von Jakob Wassermann. Columbus wurde nach Jakob Wassermann zwischen 1436 und 1446 in Genua geboren. Nach Wassermann ist Columbus frühestens 1477 nach Portugal gekommen. Nach einiger Zeit verlässt Columbus den portugiesischen Hof und flieht nach Spanien. Vermutlich ist ein Vertrauensbruch König Joans die Ursache. Columbus nennt sich in Spanien Cristóbal Colón und kommt im Franziskanerkloster La Rábida unter. Der dortige Prior Juan Perez, ehemals Beichtvater der Königin, ermutigt Columbus, sein Glück bei Isabella zu versuchen. Columbus dringt zunächst zur spanischen Regierung vor. Die beruft als Sachverständigen u.a. Alonso Pinzon. Die Sachverständigen halten den Plan für ausführbar und geben Columbus ein Empfehlungsschreiben an Hernando de Talavera, den jetzigen Beichtvater der Königin Isabella. Königin Isabella hofft, Columbus wird indisches Gold bringen. Das will die Königin zur Eroberung des Heiligen Grabes verwenden. Columbus verliebt sich in Doña Beatriz Henriquez. Ein Ereignis im Dezember 1491 kommt dem Bittsteller zu Hilfe. Spanien ist frei von den Sarazenen. Die überspannten Forderungen des Columbus hören sich lächerlich an: Vizekönig will er werden über alle entdeckten Gebiete und noch Admiral des Weltmeers dazu. Ein Zehntel von den erbeuteten Schätzen und Gütern beansprucht dieser Italiener. Am 17. April 1492 erhält Columbus vom spanischen König Ferdinand II. und der Königin Isabella einen Vertrag, in dem alle seine Bedingungen akzeptiert werden und er vorab den Titel Don führen darf.... Jakob Wassermann (1873-1934) war ein deutsch-jüdischer Schriftsteller. Er zählte zu den produktivsten und populärsten Erzählern seiner Zeit.

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Leseprobe

Drittes Kapitel.
Verzweifelte Bemühungen


Inhaltsverzeichnis


Erst nach seiner Ankunft in Portugal tritt das Leben des Columbus aus dem Bezirk der Mutmaßung und Heroendichtung allmählich in den einer annähernden historischen Gewißheit. Wo er vorher gewesen ist und was er gewesen ist, läßt sich nicht mehr feststellen. Die Panegyriker des merkwürdigen Mannes haben für ihren Teil ebensogut dafür gesorgt wie seine Feinde, daß die Spuren nicht aufzufinden sind, und er selbst hat von einem bestimmten Zeitpunkt ab nach seinem eigenen Beschluß kein Vorleben gehabt, so wie Don Quichote kein Vorleben gehabt hat.

Die Art, wie er nach Portugal gekommen sein soll, ist noch ganz Roman. Seegefecht mit Piraten, Feuersbrunst auf der angegriffenen Galeazze, Untergang des Schiffes und Schwimmen an die nahe Küste, wo ihn genuesische Landsleute aufnehmen, alles dies, obschon von seinem Sohn Hernando berichtet und von seinem hingebenden Bewunderer, dem Bischof Las Casas, bekräftigt und bestätigt, ist Sage, dem heldischen Nimbus zuliebe erfunden, und hat vor der Forschung in keiner Einzelheit standgehalten. Es läßt sich denken, daß es viel natürlicher, viel armseliger dabei zugegangen ist.

Nicht minder stilisiert und auf poetischen Effekt hin bearbeitet scheint alles, was mit seiner Ehe zusammenhängt. Ein harmloser deutscher Kompilator, der um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts das Leben des Columbus ausführlich beschrieben hat, läßt sich folgendermaßen vernehmen (und nicht wesentlich anders kann man es bei Washington Irving und bei den vielen lesen, die ihm vorangegangen und gefolgt sind): »Für einen Mann wie Columbus war Lissabon die hohe Schule, um sich auf seine fernere Laufbahn vorzubereiten. Hier fehlte es ihm nicht an Gelegenheit, sich als praktischer Schiffskapitän zu versuchen und Schiffe nach der Levante, nach der Küste von Guinea, nach den Azoren und nach der Nordsee zu führen oder zu begleiten, zugleich aber fand er, wenn ihm ruhiger Aufenthalt im Hafen vergönnt war, die beste Schule, sich in seinem Beruf auszubilden, mit den neuesten Entdeckungen bekanntzumachen und im Kartenzeichnen zu vervollkommnen. Zu diesen stillen Beschäftigungen würde indessen der rastlose Freund des offenen Meeres schwerlich Muße gefunden haben, hätte er nicht zu seinem Piloten Amor gewählt, der ihn einst, denn wohin wagte der kleine heidnische Dämon sich nicht, bei stürmischem Wetter in die Allerheiligenkapelle bugsierte, wo sein Herz, und zwar mit vollen Segeln, vor Anker ging. Hier sah er Donna Filippa Muñiz di Perestrello, eine edle Portugiesin von ausnehmender Schönheit; er suchte nähere Bekanntschaft, warb um ihre Hand und vermählte sich mit ihr. Sie war die Tochter des verstorbenen Don Pietro di Perestrello, Gouverneurs der Insel Porto Santo, was Columbus dann veranlaßte, mit seiner Gattin für einige Zeit diese Insel zum Wohnsitz zu wählen und den literarischen Nachlaß seines Schwiegervaters zu studieren, der in allerlei nautischen Aufzeichnungen bestand, und wo auch sein Sohn Diego geboren wurde…«

Ein Idyll im Biedermeierstil. Gott Amor, nein, das ist zu rührend und zu neckisch. So kann es nicht gewesen sein, so ist es nicht gewesen.

Der Mann muß tiefer in Wirrnisse geraten sein. Ich stelle mir vor, daß er in der Hölle gelebt hat. Er ist bereits über vierzig, und was hat er erreicht? Seit Dezennien erfüllt ihn das eine Verlangen, sich hervorzutun, die Niederungen zu verlassen, an die ihn ein boshaftes Geschick kettet, der inneren Berufung zu folgen, die von der Welt mißkannt zu sehen ihm mit dem Verlauf der Jahre zu unerträglicher Folter wird. Er ist nahe daran, die Hoffnung aufzugeben. Er hört von Erfolgen weit jüngerer Seefahrer, Schiffe kehren mit aufregenden Nachrichten heim, von Monat zu Monat hellt sich der dunkle Horizont über dem Atlantik mehr auf, und er, zur Untätigkeit verdammt, im Schatten stehend, ohnmächtig und arm.

Ich sehe ihn, wie er nachts am Hafen liegt und mit brennenden Augen die Mastbäume und die Sterne betrachtet. Ich weiß, daß er ruhelos durch die Städte gewandert ist, daß er heimlich in den Matrosenschenken gelauert hat, um zurückkehrende Leute auszuhorchen und frisch angeheuerten gewisse Aufträge zu erteilen. Die Aussichtslosigkeit seiner Situation muß ihn an den Rand des Verbrechens getrieben haben. In späteren Jahren hat er eine inbrünstige, fast bigotte Frömmigkeit an den Tag gelegt, manche meinen: zur Schau getragen. Ich glaube nicht, daß sie eine Maske gewesen ist oder bloße Anpassung an spanische Lebensform, ich bin überzeugt, daß sie die gesetzhafte Umkehrung des gegensätzlichen Zustandes, der Leugnung, des Haders, der Feindschaft gegen Gott und aus diesem Grund die wahrhaftige Stimmung seiner Seele war.

Diese Donna Filippa, scheint mir, war ein vermögensloses Edelfräulein, das von ihren Verwandten unterstützt wurde; was fängt man mit ihr an; man ist froh, als sich ein halbwegs respektabler Mann ihrer erbarmt, ist er gleich ohne Familie, zugereister Fremdling, man wird ihm Käufer für seine Karten verschaffen, ihm die Wege ebnen, ihn protegieren und einflußreichen Personen empfehlen. So öffnet sich ihm ein Lichtspalt im Kerker der Namen-und Tatlosigkeit.

Zieht man die Summe der Lebenserfahrungen und vergleicht danach die Existenzen, so erweist sich das allmähliche, schleichende, stufenweise Fortschreiten als viel häufiger denn das plötzliche, unerwartete und dramatische. Die meisten Dramen der Geschichte nehmen sich nur von ferne lapidar aus, in der Nähe bestehen sie aus minutiösen und schwer entzifferbaren Runen.

Im bedrängtesten Moment, dicht vor dem Abgrund, greift das Schicksal zum erstenmal günstig entscheidend ein, indem es Columbus die Verbindung mit dem berühmten, damals schon achtzigjährigen Florentiner Toscanelli ermöglicht.

Es muß ein innerlicher Zwang für ihn bestanden haben, den Namen dieses Mannes in allen späteren Briefen und Aufzeichnungen mit Schweigen zu übergehen. Da er sich als Werkzeug in der Hand eines Höheren fühlte, durfte der Verdacht nicht entstehen, als habe er sich irdischer Hilfe bedient; es hätte die mystische Überzeugung von seiner Sendung vor allem in ihm selbst erschüttert. Bei der hintergründigen Veranlagung seiner Natur muß man annehmen, daß er die Erinnerung an den Beistand eines den seinen überragenden Geistes, vielleicht sogar die Erweckung, die er durch ihn erfuhr, hartnäckig zu ersticken trachtete. Was die Welt davon hielt, kümmerte ihn nicht. Dank ist die Angelegenheit einer sehr persönlichen Moral; Dankesschuld nicht anerkennen braucht nicht immer auf einem Mangel an Noblesse oder Selbstachtung zu beruhen, da ist oft das nämliche Gesetz wirksam, das den Nachtwandler den Weg vergessen läßt, den er geschritten, und den Ort, von dem er ausgegangen.

Und noch eines. Columbus war sicherlich unfähig, die Kategorien des Denkens und Handelns in seinem Geist zu sondern und fürchtete, in dieser nicht für voll genommen zu werden, wenn er sich nicht auch jene anmaßte.

Toscanelli, Astronom und Geograph von Rang, hatte durch Beobachtung der Sonnenhöhe vermittels des Astrolabiums (der damaligen Form des Quadranten) die Sonnen-und Mondtafeln und die Angabe der Polhöhe verschiedener Orte verbessert und in Florenz ein sogenanntes Gnomon errichtet. Als Nicolo dei Conti um 1450 von seiner Reise nach Indien und Java zurückkehrte und sich vom Papst Eugen IV, der zu der Zeit in Florenz residierte, den Ablaß erbat, weil er dort im Orient, schiffbrüchig und mit dem Tod bedroht, zum Islam übergetreten war, erstattete er auch dem großen Gelehrten ausführlichen Bericht, auf Grund dessen Toscanelli zu der Überzeugung gelangte, die Länge von Europa und Asien mache etwa zwei Drittel des Erdballs aus, d. h. zweihundertdreißig Breitengrade, daß also der Westweg über den Ozean nach Indien nur einhundertdreißig Grade betragen könne. Ein folgenschwerer Irrtum, der das ganze Leben und die ganze Ideenstruktur des Columbus beeinflußte. Ohne diesen Irrtum hätte er niemals den Mut zu seinem Unternehmen gefunden.

Aber Toscanelli konnte sich auf Marinus von Tyrus, den Vorgänger des Ptolemäus, berufen und entlehnte auch den Netzentwurf einer oblongen Plattkarte von ihm, eine bis dahin unbekannte Art der Darstellung, die später Martin Behaim für seinen Globus benutzte. Die Karte, die er zeichnete, machte gewaltiges Aufsehen, an solchen Neuerungen hingen so viele Interessen wie heute etwa an einer umwälzenden chemischen Entdeckung. Nichts natürlicher, als daß der Gelehrte sein Werk zuerst jenem Fürsten schickte, der im Mittelpunkt aller nautischen Bestrebungen stand, dessen Schiffe bis zu den gefürchteten unüberschrittenen Grenzen die Meere schon seit Jahrzehnten berühren, dem König von Portugal. Er wandte sich, wie üblich, an den Beichtvater des Königs, setzte ihm in einem bemerkenswerten Brief die geographischen Verhältnisse, wie er sie auffaßte, klar auseinander und empfahl den Seeweg nach Indien mit den dringlichsten Argumenten. Er schrieb am 24. Juni 1474: »Ihr erseht aus meiner Karte, daß die Entfernung von Lissabon nach der Stadt Quinsay sechsundzwanzig Espacios, d. h. dreitausend neunhundertdreißig Meilen beträgt, die von der Insel Antilia bis nach Zipangu (d. i. Japan) fünfzehnhundert Meilen. Ich wünsche, daß die Karte Seiner Hoheit gefallen möge und bitte, Deroselben zu sagen, daß ich bereit und willens bin, in jeder Sache, zu der ich befohlen werde, zu Diensten zu sein.«

König Alfonso, sei es, daß es ihm an Geld mangelte, sei es, daß seine Interessen nach anderer Richtung gingen,...

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