Sie sind hier
E-Book

So kann Europa gelingen

Gespräche mit Werner Faymann, Sigmar Gabriel und Federica Mogherini

AutorHelmut Brandstätter, Margaretha Kopeinig
VerlagVerlag Kremayr & Scheriau
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783218009775
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Wie kann Europa wieder stärker werden? Wachstum, mehr Arbeitsplätze, öffentliche und private Investitionen, Steuergerechtigkeit sowie ein selbstbewusstes, globales Auftreten sind die Antworten auf Krise, hohe Arbeitslosenraten und schleichenden Bedeutungsverlust der Europäischen Union in der Welt. Anhand von Interviews mit wichtigen europäischen Akteuren wie dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann, dem deutschen Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sowie der Hohen Beauftragten der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, werden die Strategien für eine erfolgreiche EU-Politik skizziert. Zu Wort kommen auch renommierte Ökonomen: der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Marcel Fratzscher und der international bekannte Steuerexperte Jeffrey Owens. Das Buch ist ein eindeutiges Plädoyer für eine EU, die handelt und konkrete Ergebnisse für die Menschen bringt. Die zunehmend vorhandene EU-Skepsis soll dadurch abgebaut und das Europa-Bewusstsein gestärkt werden. Das Buch liefert ein klares Bekenntnis: Europa ist die Lösung und nicht das Problem. Und ein starkes, soziales, wettbewerbsfähiges Europa ist das einzige probate Mittel gegen Nationalismus und Populismus.

Margaretha Kopeinig, geb. 1956, Studien in Wien, Genf und Bogotá. 1992-1994 EU-Korrespondentin der Tageszeitung 'Kurier' in Brüssel, seit 1995 Redakteurin des 'Kurier' mit Schwerpunkt Europa und Kommentatorin im 'Kurier'. Autorin mehrerer Bücher zu Europa, unter anderem über Jean-Claude Juncker; zuletzt gemeinsam mit Wolfgang Petritsch 'Das Kreisky-Prinzip. Im Mittelpunkt der Mensch'. Mehrere Journalisten-Preise (u. a. Professor-Claus-Gatterer-Preis 2008) Helmut Brandstätter, 1982-1997 ORF in Wien, Bonn und Brüssel, 1991-1995 Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen, dann Gründer und Moderator des ORF-Report; 1997-2003 Geschäftsführer n-tv, Berlin; 2003-2005 Mitgründer und Geschäftsführer PulsTV; 2005-2010 Gründung und Leitung einer Beratungs- und Kommunikationsagentur; seit August 2010 Chefredakteur des 'Kurier'; seit August 2013 'Kurier'-Herausgeber und Chefredakteur.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Macht der Menschen, Macht der Zukunft


Vorwort- und Vorwärts-Gedanken über die Zukunft Europas
Von Jean-Claude Juncker*


Wir schreiben – nach dem kurzen, heftigen 20. „Jahrhundert der Extreme“ – das Jahr 2014 eines hoffentlich längeren Säkulums. Zumindest in Europa. Zumindest in der westlichen Welt. Wenn wir denn noch von einer westlichen Welt im Sinne des Abendlandes reden können. Oder reden sollen. Vielleicht eher von einer demokratischen und freien Welt, die jedoch per definitionem geografisch und gesellschaftlich nur offen sein kann. Denn weder die politische Demokratie noch die menschliche Freiheit lassen sich räumlich eingrenzen. Schließlich sind beide tief im Menschen verwurzelt. Ja, die Freiheit macht den Menschen eigentlich aus. Die ganzheitliche, nicht nur die wirtschaftliche Freiheit. Sonst kann sich die Freiheit schnell in ihr Gegenteil verkehren. Insofern behält auch im angehenden 21. Jahrhundert der Wahlspruch der Französischen Revolution „Liberté, Égalité, Fraternité – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ seinen ganzen Wert.

Gerade in einer zunehmend globalisierten, fragmentierten, vernetzten Welt gilt es, auch die Verzahnung dieser Werte im Menschen zu sehen. Und sie dann auch politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich umzusetzen. Wobei Freiheit in erster Linie die Freiheit zur Selbstbestimmung und zur Selbstentfaltung sein muss, Gleichheit in erster Linie die Gleichheit im Staat und vor dem Gesetz bedeutet. Aber auch Gemeinwohl und Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Und Brüderlichkeit schließlich meint nichts anderes als gewollte und gelebte Gemeinschaft über die bloße Gesellschaft hinaus. Bei genauerer Betrachtung sind wir also auch im postmodernen Jahrhundert noch weit von diesen hochgesteckten Idealen entfernt. Politisch entscheidend jedoch ist, dass der eingeschlagene Weg stimmt. Denn wirklich ankommen werden wir politisch nie. Die absolut freie, die absolut gleiche, die absolut brüderliche Welt wird immer unerreichbar bleiben. Das lehrt uns die Tragik der Geschichte. Denn das Absolute liegt oft sehr nahe beim Totalitären oder beim Fundamentalismus. Und somit auch bei Gewalt und Krieg.

Die friedensstiftende Wurzel-Idee Europas geht gerade deshalb vom ganzheitlichen Menschen aus. Von seinen Stärken. Aber auch von seinen Schwächen. Von den Stärken der Nationalstaaten. Aber auch und gerade von ihren Schwächen. Von den Stärken des Supranationalen. Aber auch hier – eindeutig – von seinen Schwächen. Europa und die Europäische Union sind mithin weder Nationalstaat noch absolute Heilslehre. Ja, selbst die Frage, ob die föderale Idee heute noch zeitgemäß ist, muss zumindest aufgeworfen werden. Zukunftsweisend ist vielmehr eine andere, etwas in Vergessenheit geratene politisch-gesellschaftliche Leitidee: die Subsidiarität. Man könnte zuweilen fast den Eindruck gewinnen, dass sie, nachdem sie Einzug in die europäischen Verträge gehalten hat, aus dem wirklichen Leben der Union verschwunden ist. Subsidiarität bedeutet letztlich politisch-gesellschaftliche Hilfestellung zur Freiheit. Und ist somit die andere Seite der Solidaritätsmedaille, die den Menschen und seine Gemeinschaften weder bevormunden noch erschlagen, sondern vielmehr aufbauen soll.

Auch das Europa der großen Dinge, der guten Idee, des richtigen Weges ist aus dem Leben der Menschen verschwunden. Teilweise politisch gewollt, teilweise systemisch ungewollt. Gleichzeitig ist das real existierende Europa der kleinen Dinge, der erdrückenden Bürokratie, des nicht zielführenden Weges zu präsent im Alltag der Menschen. Ohne diesen wirklich nachhaltig zu verbessern. Insofern muss sich Europa wirklich wieder den großen Dingen zuwenden. Und die kleinen Dinge den Nationalstaaten, Regionen und Kommunen überlassen. Anders gesagt: Europa muss wieder mit der Wirklichkeit der Menschen vor Ort verzahnt werden. Nicht nur in Europa übrigens.

Denn Europa hat sich vom Leben der Menschen und von ihrer Wirklichkeit entfernt. Deshalb muss das Europa der Zukunft auch menschlicher sein – oder es wird nicht sein! Menschlicher nach innen im Sinne von freier und gerechter, effizienter und transparenter. Aber auch menschlicher nach außen im Sinne einer sanften Wertemacht statt einer bloßen Wirtschafts- oder Finanzmacht. Überhaupt muss sich Europa von der Vorstellung und mehr noch von der Wirklichkeit einer reinen Wirtschaftsmacht sowie einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft verabschieden. Ohne Wirtschaft ist zwar alles nichts. Gleichzeitig ist der Mensch aber nicht nur Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, Verbraucher oder Produzent. Und die Europäische Union eben nicht nur Wirtschaftsunion, sondern Union der Europäer und Nationen.

25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer – ein epochales Ereignis, das weder zu einer „Neuen Weltordnung“ noch zum Triumph des Kapitalismus noch zum „Ende der Geschichte“ geführt hat – steht gerade Europa am Scheideweg seiner letzten historischen Chance. Denn die Zukunft Europas entscheidet sich in den kommenden Jahren. Im Hier und Jetzt. Gemeinsam werden wir diese letzte Chance nutzen. Nicht nur aus dem verzweifelten „Prinzip Hoffnung“ heraus, sondern weil es die Europäer selbst sein werden, die Europa in eine bessere Zukunft hineinführen werden. Und eben nicht mehr die großen Staatsmänner der Vergangenheit, die es so nicht mehr gibt. Dennoch müssen auch im 21. Jahrhundert die Zukunftsimpulse und Zukunftsperspektiven von der Politik ausgehen. Dies ist ihre größte Zukunftsverantwortung. Aber eben nicht mehr von oben herab, sondern von unten her wachsend mit und für die Menschen. Auch das ist ein Stück vergessene Subsidiarität.

Den mühsamen Weg einer besseren, freieren, gleicheren, brüderlicheren Zukunft können wir also nur gemeinsam beschreiten: die Politik mit den Menschen, die Europäische Union mit den Nationalstaaten, die keineswegs eine provisorische Erfindung der Geschichte sind, mit den Regionen, Europa mit Amerika und China, mit Russland, Indien, Brasilien und nicht zuletzt auch mit dem oft vergessenen Afrika. Denn auch wenn die Schuldenkrise längst noch nicht überstanden ist, so bleibt doch die tägliche Hungerkatastrophe die eigentliche große Krise unserer Zeit. Weder Europa noch die Welt werden einen nachhaltigen Frieden finden, solange diese existenziellste aller Zukunftsfragen nicht gelöst ist. Gleiches gilt für den weltethischen Dialog der Kulturen und Religionen, denen hier eine besondere Zukunftsverantwortung zukommt, ansonsten wir zum andauernden Clash der Gewalt verdammt sein werden.

Existenziell für die Europäer ist indes auch die gegenwärtige Arbeitslosigkeit, vor allem die Jugendarbeitslosigkeit. Ein nicht hinnehmbarer, virtueller 29. Mitgliedsstaat der Hoffnungslosigkeit ist so entstanden. Zukunft sieht anders aus! Doch auch hier kann Politik nur subsidiarisch handeln und bestmögliche Rahmenbedingungen für inklusives Wachstum und neue Investitionen schaffen. Dies wird die erste Priorität der neuen Kommission sein. Aber auch die Nationalstaaten und die Wirtschaft selbst stehen hier in ihrer ureigensten Gemeinwohl-Verantwortung. Nicht nur die Politik muss mithin wieder auf die Menschen zugehen: Auch die Wirtschaft muss wieder menschengerechter werden. Über politische Rahmenbedingungen hinaus müssen Politik und Wirtschaft gemeinsam für einen gesellschaftlichen Klimawandel sorgen, der nicht nur Bruttoinlandsprodukt-, sondern auch breites Arbeitsmarkt-Wachstum produziert. Denn ohne gute Arbeit für alle ist „Wohlstand für alle“ – der Kerngedanke der Sozialen Marktwirtschaft und somit des Europäischen Sozialmodells – trotz aller richtigen Überlegungen über Grundeinkommen schlichtweg unmöglich. Indes: Nachhaltige Arbeitsmarktpolitik ist keine budgetäre Strohfeuerpolitik. Nachhaltiges Wachstum wird nur möglich sein vor dem Hintergrund solider Haushalte und einer stabilen Zukunftswährung: dem Euro.

Doch die bereits angesprochene Krise gründet tiefer: Es ist im Kern nicht nur eine Krise der Wirtschaft, der Finanzen, der Arbeit. Es ist auch eine geistig-moralische Sinnkrise der sogenannten Postmoderne, in welcher der kollektive Schein und das individualistische Haben oft mehr zählen als das menschliche Sein. So erst konnte es zum offensichtlichen Verrat an den Kardinaltugenden der Sozialen Marktwirtschaft – dem eigentlichen Krisengrund – kommen. Es ist mithin die Krise einer Welt, in der die Menschen sich nicht mehr zurechtfinden. Auch weil oft kein Platz mehr für sie da ist. Europa wird hier die Menschen und somit die Zukunft nur mit neuen Sinn-Antworten überzeugen und gewinnen können.

Denn die Macht der Zukunft – ob nun staatlich oder nicht – wird nur als Macht der Menschen Bestand haben. Nach innen bedeutet dies eine wesentlich größere politische und auch zivilgesellschaftliche Überzeugungsarbeit. Anders gesagt: Europa muss die Europäer wieder zurückerobern. Mit mehr Arbeit. Mit mehr Verteilungsgerechtigkeit. Aber auch mit mehr Demokratie und Mitbestimmung in Politik und Wirtschaft. Und auch mit mehr Gemeinschafts- und Gemeinwohlangebot in Freiheit und Frieden. Dies ist das kontinentale Zukunftsprogramm der kommenden Jahre. Gleichzeitig ist dies das Fundament für eine dringend erforderliche einheitliche europäische Außenpolitik als Softpower, also als sanfte Zukunftsmacht der anziehenden Ideale. Was im Übrigen keineswegs bedeutet, dass Europa nicht auch militärisch enger zusammenstehen muss. Die Zeit dieses neuen sanften Europas in einer Weltgemeinschaft, die händeringend nach einer neuen, gemeinschaftlichen Weltordnung und Werteordnung sucht, ist keineswegs abgelaufen. Europas neue Zukunft fängt – wie dieses spannende Buch auf eindrucksvolle Weise zeigt – gerade eben erst an. Die Welt wartet nur darauf. Die Europäer auch …

Ich...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Gesellschaft - Männer - Frauen - Adoleszenz

Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt

E-Book Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt
Unsere Angst vor Freiheit, Markt und Eigenverantwortung - Über Gutmenschen und andere Scheinheilige Format: ePUB

Freiheit und Eigenverantwortung statt Ideologie und Bürokratie - Günter Ederer analysiert auf Basis dieser Forderung die existenziellen Probleme unserer Gesellschaft: Bevölkerungsrückgang,…

Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt

E-Book Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt
Unsere Angst vor Freiheit, Markt und Eigenverantwortung - Über Gutmenschen und andere Scheinheilige Format: ePUB

Freiheit und Eigenverantwortung statt Ideologie und Bürokratie - Günter Ederer analysiert auf Basis dieser Forderung die existenziellen Probleme unserer Gesellschaft: Bevölkerungsrückgang,…

Mitten im Leben

E-Book Mitten im Leben
Format: ePUB/PDF

Die Finanzaffäre der CDU hat nicht nur die Partei und die demokratische Kultur der Bundesrepublik in eine ihrer tiefsten Krisen gestürzt, sondern war auch der Auslöser für Wolfgang Schäubles Verzicht…

Mitten im Leben

E-Book Mitten im Leben
Format: ePUB/PDF

Die Finanzaffäre der CDU hat nicht nur die Partei und die demokratische Kultur der Bundesrepublik in eine ihrer tiefsten Krisen gestürzt, sondern war auch der Auslöser für Wolfgang Schäubles Verzicht…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Weitere Zeitschriften

aufstieg

aufstieg

Zeitschrift der NaturFreunde in Württemberg Die Natur ist unser Lebensraum: Ort für Erholung und Bewegung, zum Erleben und Forschen; sie ist ein schützenswertes Gut. Wir sind aktiv in der Natur ...

Berufsstart Bewerbung

Berufsstart Bewerbung

»Berufsstart Bewerbung« erscheint jährlich zum Wintersemester im November mit einer Auflage von 50.000 Exemplaren und ermöglicht Unternehmen sich bei Studenten und Absolventen mit einer ...

Demeter-Gartenrundbrief

Demeter-Gartenrundbrief

Einzige Gartenzeitung mit Anleitungen und Erfahrungsberichten zum biologisch-dynamischen Anbau im Hausgarten (Demeter-Anbau). Mit regelmäßigem Arbeitskalender, Aussaat-/Pflanzzeiten, Neuigkeiten ...

DGIP-intern

DGIP-intern

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Individualpsychologie e.V. (DGIP) für ihre Mitglieder Die Mitglieder der DGIP erhalten viermal jährlich das Mitteilungsblatt „DGIP-intern“ ...

DHS

DHS

Die Flugzeuge der NVA Neben unser F-40 Reihe, soll mit der DHS die Geschichte der "anderen" deutschen Luftwaffe, den Luftstreitkräften der Nationalen Volksarmee (NVA-LSK) der ehemaligen DDR ...

filmdienst#de

filmdienst#de

filmdienst.de führt die Tradition der 1947 gegründeten Zeitschrift FILMDIENST im digitalen Zeitalter fort. Wir begleiten seit 1947 Filme in allen ihren Ausprägungen und Erscheinungsformen.  ...