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Cyber-Mobbing. Phänomene, Ursachen, Auswirkungen und pädagogische Handlungsmöglichkeiten

Neue Formen von Diskriminierung unter Schülerinnen und Schülern im digitalen Zeitalter

AutorPeter Strietholt
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl84 Seiten
ISBN9783656862321
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Soziologie, Note: 1,3, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Erziehungswissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Wenn Cybermobbing tödlich endet' lautete die Schlagzeile der t-online.de-Homepage am 17.12.2012. 'Cybermobbing - Bring dich doch um, alle wären froh, wenn du tot wärst' titelte am 18.10.2011 die Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeine. 'Cybermobbing kann Menschen zerstören'. An Schulen ist die Macht der Beleidigung im Netz ein großes Problem. Beschimpfungen, Lästereien und Hohn lassen sich im Internet schnell, einfach und anonym verbreiten. Ein Mausklick und schon ist ein böser Kommentar oder ein fieses Bild hochgeladen und für jeden sichtbar. Im ersten Kapitel werden Grundlagen des 'traditionellen' Mobbings beschrieben, um im weiteren Verlauf eine Brücke zum Cyber-Mobbing schlagen zu können. Neben einer Begriffsklärung, werden hier die Protagonisten sowie ausgewählte Maßnahmen in der Schule vorgestellt.

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Leseprobe

KAPITEL II


 

3. Cyberspace und Computervermittelte Kommunikation


 

Cyber-Mobbing findet im digitalen Raum statt. Um eine Brücke zwischen traditionellem Mobbing und Cyber-Mobbing schlagen zu können, ist es daher zunächst wichtig, auf die computervermittelte Kommunikation (CvK) einzugehen, welche im Cyberspace[60] ausgeübt wird und die Plattform für Mobbing im Internet bereitstellt.

 

Im Folgenden soll ein Überblick über die CvK gegeben sowie Unterschiede zur Face-to-Face-Kommunikation aufgezeigt werden. Neben diesen Grundlagen gilt es weiter, einen Einblick in die aktuelle JIM-Studie von 2012 zu geben, um sich mit der Nutzung digitaler Medien von Schülern auseinanderzusetzten.

 

3.1 Formen der computervermittelten Kommunikation


 

Kinder und Jugendliche wachsen in der heutigen Zeit mit digitalen Medien auf und lassen sich daher als „Digital Natives“ bezeichnen. Darunter werden Menschen verstanden, die mit digitalen Technologien wie Computer, Internet, Handy / Smartphone und MP3-Player aufgewachsen sind.[61]

 

Die Neuen Medien haben längst Einzug in den Alltag der Schüler genommen und somit sind Smartphones und Internet Kommunikationsmittel Nummer Eins, um auch nach der Schule auf dem neusten Stand zu bleiben, was bei den Freunden gerade los ist. Wem diese medialen Kanäle nicht zur Verfügung stehen, kann schnell zum Gespött der Schule werden und Mobbing-Angriffen zum Opfer fallen.

 

Digitale Medien prägen die Lebenswelt der jungen Generation maßgeblich und spielen daher eine große Rolle. Einen großen Teil ihrer Freizeit verbringen die „Kids“ im Cyberspace. Sie nutzen den virtuellen Raum hauptsächlich für die Beschaffung von Informationen sowie als Plattform für Kommunikation und Unterhaltung. Aufgrund der vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten, die Neue Medien bieten, bilden sie das Fundament für die Ausübung von Cyber-Mobbing.

 

Computervermittelte Kommunikation umfasst nach Misoch alle kommunikativen, d.h. sozialen Austauschprozesse, die durch einen Computer als vermittelndes technisches Medium stattfinden.[62] Voraussetzung für diese Art der Kommunikation ist also ein Computer bzw. Handy / Smartphone für den Sender als auch Empfänger, um die Nachrichten en- bzw. dekodieren zu können. Darüber hinaus müssen diese Medien miteinander vernetzt sein, beispielsweise via Internetverbindung oder Mobilfunknetz. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Technologie selbst nur digitale Daten weitersendet, „die erst dann zu bedeutungsvollen Informationen oder sozialen Kommunikationsakten werden, wenn Menschen im wechselseitigen Bezug aufeinander aktiv mit ihren Gedanken, Gefühlen und Handlungen involviert sind“[63]. Im Zusammenhang mit Cyber-Mobbing muss hierbei die Internet-Nutzung untersucht werden, genauer gesagt, die kommunikativen Internet-Dienste. Diese lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Einerseits in asynchrone (zeitversetzte) andererseits in synchrone (zeitgleiche) Dienste.[64]

 

Zu asynchronen Kommunikationsmitteln gehören z.B. E-Mail, Fax, SMS, Mailinglisten, Briefe oder Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Die Nachrichteninhalte werden bei dieser Telekommunikationsform aufgezeichnet und mit einer zeitlichen Verzögerung zur Zielperson weitergeleitet bzw. für sie zum Abruf bereitgestellt und erst dann (eventuell) rezipiert. Die Gesprächspartner müssen also nicht zur gleichen Zeit online sein, um miteinander kommunizieren zu können.

 

Bei synchronen Kommunikationsmitteln wird eine wechselseitige Kommunikationsverbindung hergestellt, ähnlich wie bei einem Face-to-Face-Gespräch. Die Protagonisten sind zur gleichen Zeit aktiv, sodass eine unmittelbare Rückkopplung ermöglicht wird, z.B. mittels Telefon / Smartphone, Live-Chat oder Videokonferenz.[65]

 

„Die Kommunikationssituationen können außerdem bezogen auf ihre Reichweite bzw. ihre Sender- und Empfängerstruktur unterschieden werden“[66]. Misoch differenziert sie in ihrem Buch „Online-Kommunikation“ in Individualkommunikation (one-to-one), Gruppenkommunikation (many-to-many) sowie Uni-, bzw. Massenkommunikation (one-to-many).[67]

 

Die Rolle des Rezipienten verändert sich bei der CvK dahingehend, dass er zum interaktiven Nutzer wird, welcher nicht mehr von vorgefertigten Angeboten der Massenmedien abhängig ist, sondern Medieninhalte selbst verfasst und diese an unterschiedliche Personenkreise weiterleitet. Somit wird der Leser gleichzeitig zum Kommunikator und hat die Möglichkeit neben einzelnen Personen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis auch mit unbekannten Personen zu kommunizieren.[68] „Diese Veränderung ist für das Thema Cyber-Mobbing besonders relevant, denn bei den Mobbingeinträgen handelt es sich zumeist um User Generated Content“[69]. Übersetzt werden kann dieser Begriff mit „nutzergenerierte Inhalte“ und bezeichnet Medieninhalte, die nicht von einem Anbieter eines Webangebots, sondern von dessen Nutzern erstellt werden.[70]

 

3.2 Unterschiede zwischen computervermittelter Kommunikation und direkter Kommunikation (Face-to-Face-Kommunikation)


 

Der Alltag von Kindern und Jugendlichen wird immer mehr von dem Versenden von E-Mails, dem Chatten oder dem Spielen im Netz geprägt. Medienwissenschaftlerin Misoch beschäftigte sich in diesem Zusammenhang mit der Frage, wie die Online-Kommunikation wirkt. Antworten auf diese Frage gewann sie aus einem direkten Vergleich mit der unvermittelten Face-to-Face-Kommunikation.

 

Misoch nennt fünf Merkmale, durch die sich computervermittelte Kommunikation von der Face-to-Face-Kommunikation abgrenzen lässt. [71]l

 

Das erste Merkmal, die „Entkörperlichung“ stellt klar, dass nonverbale Zeichen wie Körperhaltung, Gemütszustand, Augenkontakt, Mimik oder Gestik bei der CvK nicht zur Verfügung stehen. Durch dieses Fehlen von sozialen Merkmalen wie Herkunft, Alter oder Erscheinungsbild, können Personen anonym im Internet agieren und somit andere Identitäten annehmen.[72] Um fehlende Gefühlszustände wie Freude, Trauer etc. dennoch kenntlich zu machen, werden sogenannte textuelle „Emoticons“ (emotional icons), also Smileys, welche Gefühle ausdrücken sollen (J,K,L) oder Akronyme wie z.B. LOL (Laughing out Loud) eingesetzt.[73] Diese „Textualität“ bildet daher das zweite Merkmal der computervermittelten Kommunikation. Das dritte Erkennungszeichen für computervermittelte Kommunikation ergibt sich aus der „Entzeitlichung“ bzw. „Enträumlichung“. Trotz verschiedener geographischer Orte und Zeitunterschieden, können die Kommunikationsteilnehmer miteinander kommunizieren, beispielsweise über E-Mail, Chats, SMS etc.. Das Merkmal „Entkontextualisierung“ meint in diesem Zusammenhang, dass aufgrund der Orts- und Zeitunabhängigkeit die Kommunikationsteilnehmer nicht physisch anwesend und „über keinen gemeinsamen Kontext oder Handlungshintergrund verfügen“[74] müssen.

 

Die „Digitalisierung“ beschreibt als letztes Merkmal, dass die gesamte Kommunikation im virtuellen Netz auf digitalisierte Prozesse beruht. Dadurch können alle Informationen dokumentiert, gespeichert und miteinander kombiniert werden und lassen sich somit relativ einfach weiterverarbeiten. Sie bleiben im Gegensatz zur Face-to-Face-Kommunikation dauerhaft erhalten. „Durch die global vernetzten Systeme können digitale Daten an die entferntesten Orte transportiert werden, was eine erhebliche Beschleunigung der Kommunikation nach sich zieht“[75].

 

 

Abbildung 4: Folgen der Digitalisierung Quelle: Online Kommunikation , Misoch 2006, S.93

 

3.3 Theorien der computervermittelten Kommunikation


 

Um die Besonderheiten computervermittelter Kommunikation besser zu verstehen, soll an dieser Stelle eine Auswahl von relevanten Theorien vorgestellt werden.

 

Im Zentrum der „Kanalreduktionstheorie“ steht die Annahme, dass bei computervermittelter Kommunikation via getipptem Text, die meisten Sinneskanäle ausgeschlossen werden. Diese im Vergleich zur Face-to-Face-Kommunikation extreme Kanalreduktion auf physikalischer Reizebene geht mit einer Reduktion gemeinsamer Handlungsmöglichkeiten und verfügbarer Zeichenkomplexe einher.[76] Ent-Emotionalisierung, Ent-Sinnlichung, Ent-Körperlichung, Ent-Menschlichung, Ent-Kontextualisierung, Ent-Räumlichung und Ent-Zeitlichung sind Stichworte, die den verlustbringenden Charakter textbasierter Telekommunikation charakterisieren.[77]

 

Die „Filtertheorie“ greift das Konzept der Kanalreduktion auf. Es wird hier davon ausgegangen, dass eine Verringerung der Kommunikationskanäle zu einem Informationsverlust führt, der die Wahrnehmung der Person verändert. Im Kern der Filtertheorie steht, dass die Person nichts über den psychosozialen Hintergrund des Kommunikationspartners weiß. Durch das Erreichen von Anonymität und Pseudoanonymität werden soziale Hemmungen, Privilegien, Kontrollen...

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