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E-Book

Verhaltensmedizin

Psychobiologie, Psychopathologie und klinische Anwendung

VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl438 Seiten
ISBN9783170295476
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis47,99 EUR
Mit Beiträgen von Hans-Christian Deter, Monika Hasenbring, Martin Hautzinger, Corinna Jacobi, Uwe Koch, Thomas Köhler, Paul Lehrer, Bernd Leplow, Reinhard Maß, Frank Rösler, Rainer Schandry, Karl-Heinz Schulz u. a. Bei Krankheiten spielen neben körperlichen auch psychische Faktoren eine wichtige Rolle. Interdisziplinär und empirisch fundiert verbindet Verhaltensmedizin dementsprechend verhaltensbezogene, psychosoziale, biologische und medizinische Aspekte bei der Erforschung von Krankheits- und Gesundheitsprozessen. Das Buch stellt die Bandbreite verhaltensmedizinischer Arbeitsbereiche vor - speziell aus psychologischer Sicht. Nach einer Einführung in die Verhaltensmedizin und relevante Methoden stellen Experten den aktuellen Forschungsstand zu spezifischen Themen dar.

PD Dr. Andreas von Leupoldt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg. Dr. Thomas Ritz ist Professor für Klinische Psychologie am Department of Psychology der Southern Methodist University, Dallas.

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Leseprobe

Messung der respiratorischen Aktivität


Daniela Schön, Andreas von Leupoldt und Thomas Ritz

Einleitung


Die Atmung (Respiration) gehört zu den elementarsten Körperfunktionen des Menschen. Sie dient der ständigen Versorgung des Körpers mit Sauerstoff und der konstanten Entsorgung von Kohlendioxid, welches bei der Nährstoffverbrennung entsteht. Die Steuerung der Respiration erfolgt weitgehend unbewusst durch ein hoch komplexes Zusammenspiel verschiedener Hirnareale (z. B. Medulla oblongata), Nervenbahnen (z. B. Vagusnerv) und Muskeln (Diaphragma, inspiratorische Atemhilfsmuskulatur) sowie damit assoziierten vielfältigen chemo- oder mechanosensorischen Rückmeldesystemen, wobei auch eine bewusste und willkürliche Beeinflussung möglich ist. Während der Inspiration strömt die Luft über die oberen Atemwege Mund, Nase, Rachen, Kehlkopf und Luftröhre in die unteren, sich immer stärker verzweigenden Atemwege der Lunge (Bronchien, Bronchiolen, Alveolen). In den hauchdünnen Alveolarwänden findet dann der eigentliche Gasaustausch statt. Da viele Atemwegserkrankungen wie beispielsweise Asthma bronchiale (siehe auch Beitrag von Ritz in diesem Band) oder COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) von erheblicher verhaltensmedizinischer Relevanz sind, sollen im nachfolgenden Beitrag ausgewählte Messmethoden der respiratorischen Aktivität vorgestellt werden. Zudem sollen einige typische verhaltensmedizinische Anwendungsbeispiele skizziert werden. Hierbei kann nur auf die wichtigsten Verfahren eingegangen werden; für weitere Verfahren und deren detaillierte Darstellung sei auf entsprechende Übersichtsarbeiten hingewiesen (z. B. Dahme et al. 2001).

1 Messung von Atemfrequenz, Atemfluss und Atemvolumina


Zur Charakterisierung der Respiration bzw. des respiratorischen Systems werden eine Reihe von verschiedenen Kennwerten angewandt (Dahme et al. 2001). Diese unterteilen sich in statische Volumina, statische Kapazitäten, dynamische Parameter (siehe Tabelle 1) sowie weitere Maße wie z. B. des Gasaustausches, Atemwegswiderstände, Druckmaße oder Entzündungsmarker. Unterschiedliche funktionale Aspekte des Atmungssystems können somit untersucht und beurteilt werden, wobei die Atemfrequenz (fR), welche die Anzahl der Atemzüge pro Minute angibt (oft auch RR, für respiration rate), zu den am einfachsten zu messenden Kennwerten gehört.

Tab. 1: Respiratorische Parameter (modifiziert nach Dahme et al. 2001)

Art

Kennwert

Abkürzung

Beschreibung

Statische

Atemzugvolumen

V; engl.: „tidal volume“, VT

Normales In- und Exspirationsvolumen

V
O
L
U
M
I
N
A

Inspiratorisches Reservevolumen

IRV; engl.: „inspiratory reserve volume“

Volumen, das nach normaler Inspiration durch besondere Anstrengung noch zusätzlich eingeatmet werden kann

Exspiratorisches Reservevolumen

ERV; engl.: „expiratory reserve volume“

analog zum inspiratorischen Reservevolumen

Residualvolumen

RV; engl.: „residual volume“

Volumen, das nach maximaler Exspiration noch in der Lunge verbleibt

Statische

Vitalkapazität

VC; engl.: „vital capacity“

Volumen, das nach maximaler Inspiration maximal ausgeatmet werden kann = Maß der Ausdehnungsfähigkeit von Lunge und Brustraum

K
A
P
A
Z
I
T
Ä
T
E
N

Inspirationskapazität

IC; engl.: „inspiratory capacity“

Volumen, das nach normaler Exspiration maximal eingeatmet werden kann

Funktionelle Residualkapazität

FRC; engl.: „functional residual capacity“

Volumen, das nach normaler Expiration noch in der Lunge enthalten ist (bei Lungengesunden = TGV)

Totalkapazität

TLC; engl.: „total lung capacity“

Volumen, das nach maximaler Inspiration in der Lunge enthalten ist

Dyna-
mische

Maximale Atemstromstärke

PEFR; engl.: „peak expiratory flow rate“

Maximaler Fluss, der während einer forcierten Exspiration, beginnend nach maximaler Inspiration, erreicht wird

P
A
R
A
M
E
T
E
R

Sekundenkapazität

FEV1; engl.: „one-second forced expiratory volume“

Gasvolumen, das in der ersten Sekunde einer forcierten exspiratorischen Vitalkapazität ausgeatmet wird

Relative Sekundenkapazität (Tiffeneau-Index)

FEV1 % VC

Prozentualer Anteil der FEV1 an der Vitalkapazität; nicht zu verwechseln mit der absoluten Sekundenkapazität, die sich auf den Sollwert (FEV1 % Soll) bezieht

Forcierte Vitalkapazität

FVC; engl.: „forced vital capacity“

Volumenänderung zwischen maximaler Inspiration und maximaler Exspiration, mit maximaler Geschwindigkeit durchgeführt; ist aus atemmechanischen Gründen besonders bei Lungenkranken häufig kleiner als die VC

1.1 Atemgürtel

Mit Hilfe eines elastischen Atemgürtels können atmungsbedingte Bauch- und/oder Brustkorbumfangsänderungen gemessen werden (Dahme et al. 2001). Hierbei wird der Atemgurt direkt über der Brust oder dem Abdomen angelegt, wodurch eine leichte Beeinträchtigung der Atemexkursion entsteht. Durch die Dehnung und Entspannung des Brustkorbs oder Abdomens bei der Inspiration und Exspiration wird der Atemgurt entsprechend gedehnt oder entspannt. Diese Dehnungsänderung wird auf einen Sensor übertragen, der beispielsweise durch Piezoelektrizität oder pneumatische Druckveränderung in einem luftgefüllten Schlauch eine Spannung erzeugt, welche verstärkt und graphisch sichtbar gemacht wird. Während die Atemfrequenz somit zuverlässig und kontinuierlich erhoben werden kann, ist das Atemvolumen mit einem Atemgürtel alleine nicht valide abschätzbar. Für die Messung des Atemvolumens sind zwei Atemgürtel, für Brustkorb und Abdomen, notwendig. Diese können unter Verwendung zusätzlicher Geräte, wie die nachfolgend beschriebenen Spirometer oder Pneumotachographen oder aber auch durch die Ein- und Ausatmung in einen simplen Beutel mit Standardvolumen (z. B. 800 ml für Erwachsene), initial kalibriert werden. Ein etwas aufwändigeres aber zur Volumenabschätzung genaueres Verfahren ist die respiratorische Induktanz-Plethysmographie, bei der die zwei Gürtel isolierte spiralenförmige Drähte sind, deren Dehnung zu einer messbaren Induktanzveränderung führt. Bei fester Anbringung an Brustkorb und Abdomen, etwa durch ein elastisches Hemd (z. B. LifeShirt, Vivometrics), lassen sich auch ambulatorische Messungen vornehmen.

Eine berührungslose und daher geringer einschränkende Messung der fR kann auch mit weniger zuverlässigen Infrarot-Atemsensoren erfolgen, wobei Kleidung und Abstandsunterschiede zwischen Sensor und Bauch/Brust die Ergebnisse verzerren können (Murgg 2003).

1.2 Spirometrie und Pneumotachographie

Mit Hilfe der Spirometrie können kontinuierlich Lungenvolumina und -kapazitäten gemessen werden, wobei mittels verschiedener Messgrößen zwischen obstruktiven und restriktiven Lungenerkrankungen differenziert werden kann. Das klassische Wasserspirometer, bei welchem über Hebel mechanisch die Daten aufgezeichnet wurden, ist von Spirometern mit Balg oder Zylindern, deren Bewegungen aufgezeichnet werden, abgelöst worden (Dahme et al....

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