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Fallorientierte Didaktik: Ein neues Bildungskonzept für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege?

AutorElisabeth Enengl
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl77 Seiten
ISBN9783955497941
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Pflegepersonen sind in ihrem Beruf durch den gesellschaftlichen und politischen Wandel der vergangenen Jahre massiv gestiegenen Anforderungen ausgesetzt. Die Pflegesituationen werden komplexer und komplizierter. Um die Betroffenen in ihrer Situation professionell unterstützen zu können, bedarf es an geeigneten Konzepten beruflicher Bildung. Die pflegewissenschaftliche Bedeutung dieser Arbeit liegt darin, ein neues Bildungskonzept, das als curriculare Grundlage für die zukünftige Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege dienen könnte, kritisch analytisch zu reflektieren und die Erkenntnisse daraus für die Praxis zu evaluieren.

Elisabeth Enengl, BSc, wurde 1984 in Scheibbs (Niederösterreich) geboren. Nach dem Abschluss des Diploms für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege sammelte sie einige Jahre Praxiserfahrung. Um ihren Horizont zu erweitern und ihre Pflegepraxis zu verti

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Leseprobe
Textprobe: Die Entwicklung von den Schlüsselqualifikationen zu den Kompetenzen: Sahmel (2011, S. 7) beschreibt in seinen Ausführungen rückblickend die Entwicklung der Kompetenzen. Er verfolgt dabei den Weg vom Allgemeinen zum Besonderen. Zunächst kann festgestellt werden, dass in Bezug auf den Kompetenzbegriff, sich schon der berufspädagogische Vorgänger-Begriff, das Konzept der Schlüsselqualifikationen, als widersprüchlich erwies. Der bildungsökonomisch verstandene Begriff zielte weitgehend auf berufliche Funktionalität und geriet in Gegensatz zum Begriff der Bildung. Auch die Konjunktur des inzwischen fast inflationär gebrauchten Begriffs Kompetenz ist nach Sahmel in einem ähnlichen Licht zu sehen. 'Die Veränderungen der Arbeitsverhältnisse in einer globalisierten Welt machen verstärkt einen flexiblen Menschen (um mit Richard Sennett zu reden) notwendig und der Begriff Kompetenz steht für größere Eigenständigkeit, Autonomie und Handlungsfähigkeit, ist aber zugleich auch mit Steigerung der Produktivität und Leistungsbereitschaft verknüpft. Der flexible, sich selbst organisierende Mitarbeiter wird zunehmend zu seinem eigenen Unternehmer.' (Sahmel, 2011, S. 7) Einerseits zeichnet sich dadurch die Individualisierung ab. Im Neoliberalismus entspricht dies einer deutlichen Tendenz zum Rückzug des Staates aus der Verantwortung für Bildung und zum Rückgang der Bereitschaft von Unternehmen, sich um Weiterbildung zu kümmern. Das lebenslange Lernen liegt in der Eigenveranwortung eines jeden Einzelnen. Andererseits existiert daneben auch weiterhin ein Verständnis von Kompetenz im Sinne von Bildung. Sahmel (2011, S. 9) möchte darauf aufmerksam machen, dass die Verwendung des Begriffs kritisch pädagogisch zu hinterfragen ist. Damit zeigt der Autor den ebenso vielfältigen Gebrauch des Begriffs in der Pflege auf. Des Öfteren lässt sich eine Aneinanderreihung von Kompetenzen oder die simple Teilung in Fachkompetenz, personale Kompetenz, soziale Kompetenz und Methodenkompetenz finden, ohne dass zum Beispiel deutlich darauf hingewiesen wird, dass soziale Kompetenz ein substantieller Bestandteil der pflegerischen Fachkompetenz ist. Bemerkenswert erscheint auch die Tatsache, dass viele neue Kompetenzen erfunden werden (Sahmel, 2011, S. 9). Sahmel konstatiert, dass eine intensive Auseinandersetzung mit der gerade aufgewiesenen Ambivalenz zwischen affirmativem und kritischem Gebrauch der Kategorie Kompetenz zumeist entfällt. Darüber hinaus werden oft die Unschärfen in der Verwendung des Kompetenz-Begriffs in der Pflege verstärkt, indem oftmals Bezüge zum Kompetenzbegriff von Benner hergestellt werden. From Novice to Expert ist eine Studie aus dem Jahr 1994, der Interviews mit erfahrenen und weniger erfahrenen Pflegepersonen sowie Beobachtungen ihrer Praxis zugrunde liegen (Benner, 2012, S. 11). Sie wurde im Kontext der amerikanischen Pflege durchgeführt und besteht aus zwei Teilen. Benner wandte erstens das von den Brüdern Dreyfus entwickelte Modell des durch Wissen und reiche Erfahrung ermöglichten Kompetenzerwerbs auf die Gesundheits- und Krankenpflege an, und zweitens umriss sie das Berufsfeld anhand von sieben Bereichen (Sahmel, 2011, S. 9). Sahmel hebt die relevanten Ergebnisse daraus hervor, wichtiger, als die Einstufung der Kompetenzen (from novice to expert) erscheint ihm, dass Benner der Erfahrung durch das Handeln eine große Bedeutung zuschreibt. Benner (2012, S. 207) sagt diese Thematik betreffend, dass das Modell, das Durchlaufen der verschiedenen Kompetenzniveaus als Prozess, der auf Erfahrungen mit der Praxis beruht, darstellt. Wobei Theorie und Prinzipien den Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern einen sicheren und effektiven Zugang zu ihrem Lernfeld ermöglichen und das Basiswissen bilden. Mit diesen Kenntnissen im Gepäck werden sie in die Lage versetzt, die bedeutsamen Fragen zu stellen und nach den richtigen Problemen Ausschau zu halten. Benner schreibt dazu weiter, wem dieses Basiswissen fehlt, der verfügt nicht über das nötige Handwerkszeug, um aus seinen Erfahrungen die entscheidenden Lehren zu ziehen. Zwischen der Kompetenzstufe auf der einen und der Expertenstufe auf der anderen Seite existiert ein schrittweiser und kein kontinuierlicher Übergang (Benner, 2012, S. 76). In Bezug auf die Arbeitsqualität von Angehörigen der Expertenstufe äußert Benner Folgendes. 'Wenn nämlich diejenigen, die sich auf den beiden höchsten Stufen befinden, sich in ihrem Handeln auf bestimmte Einzelheiten oder formale Modelle und Regeln stützen sollen, verliert ihre Arbeit an Qualität'. Sahmel (2011, S. 9) weist darauf hin, dass Olbrich mit ihrer 1999 veröffentlichten Dissertation Pflegekompetenz an Benner anknüpft und im Gegensatz dazu sehr viel differenzierter wird. Sie kommt zu einer diskussionswürdigen Einschätzung derjenigen Kompetenzen, die zur Ausübung des Pflegeberufs notwendig sind. In der Untersuchung von Olbrich (2010, S. 57) waren Pflegepersonen bereit, Situationen aus ihrem Pflegealltag zu beschreiben. In diesen Beschreibungen stellten sie alle ihr pflegerisches Handeln in das Zentrum von Pflege. Handeln ist dabei nicht auf manuelles Tun beschränkt, sondern es vollzieht sich auch im Bereich der verbalen und nonverbalen Kommunikation mit den pflegebedürftigen Menschen. Olbrich (2010, S. 59) sieht die zentralen Kompetenzen der Pflegepersonen in der Wahrnehmung, der Einschätzung und Beurteilung des situativen Geschehens. Die Pflegehandlungen werden nicht nur aufgrund von ausbildungs- und regelgerichtetem Wissen ausgeführt, sondern die individuelle Situation der Patientinnen und Patienten wird eingeschätzt und danach die pflegerische Handlung ausgerichtet. Allerdings gestaltet sich die Wirklichkeit nicht so einfach, wie Lunney (2001, S. 27) einbringt, die sich auf eine diesbezügliche Aussage des Wissenschaftsphilosophen Webster bezieht, für den die Komplexität, der für die Pflege relevanten Phänomene beispiellos ist (Webster zit. nach Lunney, 2001, S. 27). Der Grund für diese Komplexität ist die Tatsache, dass die Pflege den Menschen und seine Gesundheit ganzheitlich betrachtet, die Patientin oder der Patient möchte von der Pflegeperson als Mensch und nicht bloß als Beispiel für eine bestimmte Krankheit oder für ein bestimmtes Problem wahrgenommen werden. Was noch hinzu kommt ist, dass Pflegende die Gesundheit der Menschen im Kontext ihrer Lebensumstände fördern. Wie ist dann in diesem Zusammenhang der Begriff des kritischen Denkens im pflegediagnostischen Prozess zu sehen?
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