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Chancengleichheit durch anonymisierte Bewerbungen: Hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gehandelt und ist das Pilotprojekt in Deutschland etabliert?

AutorOnur Colak-Weber
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl47 Seiten
ISBN9783956849084
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Am 18. August 2006 trat das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) in Kraft. Die Richtlinie der Europäischen Union (EU) soll bestimmte Bevölkerungsgruppen vor einer spezifischen Benachteiligung im Berufsleben schützen. Dies hat weitreichende Folgen für das Personalmanagement. Zur Bekämpfung der Benachteiligung bzw. Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt versucht die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) in Zusammenarbeit mit dem Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) anhand von anonymisierten Bewerbungsverfahren verschiedene Formen der Diskriminierung im Bewerbungsprozess zu beseitigen. Die Durchführung des Pilotprojekts soll die Akzeptanz anonymisierter Bewerbungsverfahren durch deutsche Unternehmen erhöhen. Die potenzielle Ausschöpfung und ein offener Zugang zum Arbeitsmarkt ist eine Voraussetzung für eine vielfältige Gesellschaft. Dennoch machen Arbeitssuchende trotz Fachkräftemangels und Nachwuchsbedarfs die Erfahrung, dass der Arbeitsmarkt nicht offen ist. Ziel dieser Studie ist die kritische Betrachtung der Maßnahme 'anonymisiertes Bewerbungsverfahren', die durch die Antidiskriminierungsstelle im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes getestet wurde. Hierbei wird Stellung zu der Frage genommen, ob sich die Chancengleichheit durch anonymisierte Bewerbungen verändert und welche Auswirkungen für das Personalmanagement daraus entstehen. Dies geschieht einerseits durch den Vergleich zwischen anonymisierter und traditioneller Bewerbung und andererseits durch die kritische Analyse des Pilotprojektes der Antidiskriminierungsstelle und dessen Ergebnisse. In die Diskussion mit einbezogen werden aktuelle politische und gesellschaftliche Stellungnahmen. Die verwendeten Formulierungen in dieser Studie sind, zur besseren Lesbarkeit, in männlicher Form gewählt. Dies ist wertfrei zu betrachten und stellt keine Absicht zur Diskriminierung dar.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4.2, Anonyme Bewerbung: Die Anonymisierung von Bewerbungen kann unterschiedlich praktiziert werden. Eine Anonymisierung kann von den Bewerbenden oder aber den Unternehmen vorgenommen werden. Im Pilotprojekt wurden vier Methoden erprobt: Standardisierte Bewerbungsformulare, Blindschalten der persönliche Daten der Bewerbenden im Online-Bewerbungssystem, Übertragen der Bewerbenden-Daten in eine standardisierte Tabelle, Schwärzen sensibler Angaben. In standardisierten Bewerbungsformularen wird auf sensible Daten, die einen Rückschluss auf Benachteiligungsmerkmale zulassen, verzichtet. Die Anonymisierung erfolgt von Beginn an durch die Bewerbenden. Ein entsprechendes Formular wird zum Download oder einer speziell angepassten Online-Maske vom Unternehmen bereitgestellt. Das Blindschalten persönlicher Daten erfolgt im Online-Bewerbungssystem, welches das Unternehmen bereits nutzt. Je nach Bedarf werden die Daten freigeschaltet oder ausgeblendet. Die Anonymisierung erfolgt nach dem Bewerbungseingang durch die Unternehmen. Bei dieser Methode ist darauf zu achten, dass das bisherige System auf die Anonymisierung umgestellt wird. Wenn das Uploaden von Anhängen im Online-Bewerbungssystem ermöglicht wird, sollten diese Dateien, z. B. Lebenslauf oder Arbeitszeugnisse, für die Einsicht im Rahmen der ersten Phase, die Selektion nach den Kriterien / Anforderungen, gesperrt werden. Das Übertragen der Daten von Bewerbenden in eine standardisierte Tabelle erfolgt automatisiert oder durch eine unabhängige Stelle des Unternehmens, die keinen Einfluss auf die Bewerberauswahl nehmen kann. Die Informationen für die Übertragung werden der Bewerbung entnommen. Diese sind vorab vom Unternehmen festgelegt, z. B. Abschlüsse, Noten usw., und werden anonymisiert in einer Tabelle erfasst. Beim Schwärzen sensibler Daten kann die Anonymisierung durch eine unabhängige Stelle in der Organisation erfolgen. Die sensiblen Daten, die Rückschlüsse auf den Bewerber geben, können händisch geschwärzt oder im pdf-Dokument ausgeblendet werden. Die Zuordnung kann anhand von Identifikationsnummern erfolgen. Anonyme Bewerbungen haben den Vorteil, gezielt Informationen zu vergleichen, z. B. bei standardisierten Tabellen, sodass die relevanten Angaben für die Stellenbesetzung vom Personalverantwortlichen besser fokussiert werden. Da im Lebenslauf persönliche Daten einfließen, die Rückschlüsse auf die Bewerber geben können, ist eine anonymisierte Bewerbung umfangreicher. Wenn bei der Personalauswahl der Wohnort eine wichtige Rolle spielt, ist es möglich, diesen teilzuanonymisieren, in dem beispielweise bei der Postleitzahl nur die ersten drei Ziffern dargestellt werden. Die Daten, die ein Lebenslauf enthält und die ein Indiz auf Geschlecht, Herkunft, soziales Milieu etc. gegeben können, sind vollständig zu schwärzen. Aus diesem Grund ist es umstritten, ein Lichtbild zu verlangen. Ein Lichtbild kann Information des Bewerbers beinhalten, z. B. das ungefähre Alter, eventuelle Behinderung, Geschlecht, Rasse / ethnische Herkunft und Religion, z. B. durch ein Kopftuch. Bei einer Ablehnung kann das Lichtbild als Indiz für eine Diskriminierung herangezogen werden. Ein Gericht kann entscheiden, dass eine Benachteiligung der Merkmale § 1 AGG zustande gekommen ist. Es ist zu empfehlen, keine Lichtbilder von Bewerbern zu verlangen. Die Anhänge sind nahezu alle mit persönlichen Daten versehen. Zur Anonymisierung der Anhänge kann auf die Durchsicht im ersten Personalgewinnungsverfahren verzichtet werden, oder sie werden nachträglich geschwärzt bzw. blindgeschaltet. Bei der Blindschaltung ist es möglich, die Anhänge dann einzusehen, wenn alle anderen Bewerbungsunterlagen bearbeitet wurden. Mit anonymisierten Bewerbungsfahren ist es möglich, Benachteiligungen im Bewerbungsprozess zu reduzieren oder zu eliminieren. Die Anonymisierung durch ein standardisiertes Bewerbungsformular kann sogar Zeit bei der Personalauswahl sparen. Die festgelegten Bewertungskriterien sowie die standardisierten Bewerbungsverfahren sind hilfreich bei der Personalauswahl, da sie rechnergestützt abgerufen werden können. Den Personalverantwortlichen liegen somit die standardisierten Bewerbungsformulare vor, ohne persönliche Angaben der Bewerbenden, sodass ihre Entscheidung auf objektiven Merkmalen basiert. Die Kontaktdaten können von einer Stelle, die nicht im Auswahlprozess einbezogen ist, z. B. Sekretariat, mit einer Identifikationsnummer versehen werden. Anhand der Identifikationsnummer ist es möglich, den Bewerbenden zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Ab diesem Moment wird die Anonymisierung aufgehoben und der Personalverantwortliche erhält die vollständigen Bewerbungsunterlagen.
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