Kapitel 1: Begehrenswerte Marken – was sie besonders macht
Manche Marken haben das gewisse Etwas. Sie üben eine so große Anziehungskraft auf Kunden aus, dass diese niemals auf ihre geliebte Marke verzichten würden. Starke und begehrenswerte Marken geben Orientierung im Angebotsdschungel, sie stärken das Vertrauen, weil sie vertraut sind, sie lösen positive Emotionen aus, die wiederum die Kaufentscheidung beeinflussen. Je stärker die Bedeutung der Lieblingsmarke für den Kunden ist oder je exklusiver eine Marke inszeniert wird, desto mehr rückt der Preis in den Hintergrund. Lesen Sie, was begehrenswerte Marken so besonders macht und wie Kunden Ihre Marke lieben lernen.
Wohl kaum jemand vermag im Hinblick auf die Besonderheit von Marken schönere Worte zu finden als Dr. Florian Langenscheidt, der sich mit dem Thema Marken seit Jahrzehnten beschäftigt und auch Herausgeber der Publikationsreihe „Marken des Jahrhunderts“ ist:
Expertengespräch mit Dr. Florian Langenscheidt1
Dr. Florian Langenscheidt ist Verleger, Unternehmer und Autor zahlreicher Bücher. Als Ururenkel des Verlagsgründers Gustav Langenscheidt übernahm er diverse verlegerische und geschäftsführende Positionen in der Langenscheidt Verlagsgruppe, bis er 1994 freiwillig von der operativen Geschäftsführung zurücktrat. Seitdem reist er als „Botschafter des Herzens“ durch die Welt und hält Vorträge über die Sinnfragen des Lebens, verfasst Bücher, moderierte eine Fernsehsendung fürs Bayerische Fernsehen, unterstützt als Business Angel junge Unternehmen und engagiert sich in der von ihm gegründeten Kinderorganisation „Children for a better world“. Zudem beschäftigt sich Florian Langenscheidt seit Jahren intensiv mit dem Thema Marken. So ist er auch Herausgeber des Deutschen Markenlexikons.
Was das Besondere an Marken ist, umschreibt Dr. Florian Langenscheidt wie folgt: „Marken sind wie Macheten. Sie schlagen Schneisen durch den Dschungel des Warenangebots. Sie sind wie Mantras, die Türen öffnen zu inneren Räumen großer Erinnerungstiefe und Assoziationsintensität. Wenn Religion und Ideologie als sinnstiftende Systeme nicht mehr greifen, sind es manches Mal die Marken, die Identität verleihen und Sinn geben. Sie schenken Orientierung und Halt, sind Leitplanken auf den Autobahnen des Konsumentenlebens. Sie transportieren Werte und machen diese erfahrbar, sie ermöglichen Gruppenzugehörigkeit und Individualität zugleich. Sie sind oft wichtiger als manch anderer Ausweis tief innen in der Brieftasche, da sie stolz und selbstbewusst durch den Raum der Öffentlichkeit schreiten und ohne übertriebene Bescheidenheit sagen: ‚Hier bin ich. Das bist du. Vergiss alles andere.‘ Marken markieren den Raum der Kaufentscheidungen. Sie sind Straßenschilder, Ampeln und Wegweiser zugleich. Sie signalisieren, wo man steht und wer man ist – natürlich nicht in einem umfassenden Sinne, aber doch als ein Element der Identität.
Marken sind Versprechen. Sie sichern mit Brief und Siegel Qualität und Tradition zu. Sie flüstern: ‚Ich bin aus gutem Hause. Bei mir kannst du keinen Fehler machen.‘ Sie versprechen außergewöhnliche Leistung und Perfektion in jedem Detail. Sie garantieren, dass niemand sonst dieses Produkt oder diese Dienstleistung besser machen oder erbringen kann. Das hat sie groß und mächtig gemacht, denn wer von uns hat schon Zeit, das riesige Angebot vor einer Kaufentscheidung zu durchforsten, um das Beste zu wählen? Insofern ersparen sie uns unendlich viel Zeit und machen die Marktwirtschaft erst effizient. Mehr als jede Versicherung geben sie das lebenswichtige Gefühl von Sicherheit und Vertrauen. Sie versprechen, dass man angesagt ist und die richtige Entscheidung im Leben zu treffen weiß. Sie entlasten von dem Risiko, etwas Falsches zu wählen, lächerlich zu wirken oder zum Umtauschschalter gehen zu müssen.
Marken sind aber auch Verheißungen eines spannenderen und aufregenderen Lebens, Sirenen im Meer der Kauflust. Sie versprechen Status und Prestige, Thrill und Glamour. Sie verführen uns und geben uns dieses herrliche Gefühl, das Beste, Schönste und Eleganteste gewählt zu haben. Sie transportieren Lifestyle und Libido zugleich.“
Diese Bedeutsamkeit von Marken ist Markenverantwortlichen bewusst und genau deshalb fragen sie sich: Was ist der Königsweg zum langfristigen Markenerfolg? Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg unserer Marke? Wie gelingt es, dass unsere Kunden unsere Marke lieben und nicht mehr auf sie verzichten möchten?
Was haben die einen Marken, was den anderen fehlt?
Was hat die eine, was der anderen fehlt? Warum bleibt bei zwei ähnlichen Marken eine auf der Strecke, während die andere – ähnlich wie in einer Liebesgeschichte – die Herzen der Kunden im Sturm erobert? Im folgenden Kapitel geht es um diese Fragestellung.
Warum einige Marken begehrenswerter sind als andere
George Clooney schlürft seinen Kaffee, blickt dem Zuschauer tief in die Augen und raunt den legendären Satz: „What else?“ Nicht nur Frauenherzen schlagen da höher. Liebhaber von exzellentem Kaffee fühlen sich ebenso angesprochen – von der Marke Nespresso, die das ultimative Kaffeeerlebnis verspricht. Oder nehmen Sie BMW Mini als weiteres Paradebeispiel für den Aufbau einer starken, begehrenswerten Marke: Autos sind im Hinblick auf technische Ausstattung und Komfort durchaus vergleichbar. Daher wählt BMW Mini den Weg, seine Autos zu Objekten der Begierde zu stilisieren, für die die Kunden auch gern einen höheren Preis zu zahlen bereit sind.
Sie fragen sich: Was macht die Anziehungskraft dieser beiden Marke aus, die – teils jenseits rationaler Überlegungen – zur Kaufentscheidung und zu einer ausgesprochen starken Markenbindung führt? Wie kann es sein, dass den Kunden die Marke eines Unternehmens stark anspricht, während eine ähnliche Marke völlig uninteressant ist?
Kunden zahlen mehr für Marken mit einer hohen Anziehungskraft!
In der freien Wirtschaft werden viele Me-too-Produkte und Dienstleistungen angeboten, die einander bzw. ihrem Vorbild sehr ähnlich sind. Bei derartigen Angeboten besteht immer eine hohe Preissensibilität. Anders ist dies dagegen bei Marken, die von den Kunden regelrecht geliebt werden: Marken, die eine hohe Anziehungskraft auf die Zielgruppe haben, können jenseits der üblichen Preisschwellen angeboten werden. Hier sind die Kunden bereit, das Mehrfache zu zahlen!
Nehmen Sie die Automobilbranche als Beispiel. Christian von Koenigsegg, Kfz-Hersteller in Schweden, hat seinen Anspruch wie folgt formuliert:
„We manufacture exclusive super sports cars for a select elite of enthusiasts!“ Und Porsche definiert auf seiner Website: „Porsche baut nicht einfach nur Sportwagen. Porsche ist mehr. Viel mehr. Und Porsche ist anders.“ Dass Porsche anders ist, zeigen die jüngsten Entwicklungen im Schwabenland.
Mit dem neuen 918 Spyder stößt Porsche in ein ganz neues Segment vor, das bisher noch nicht bedient wurde. Es handelt sich um eine neue Dimension eines Hybrid-Fahrzeugs: einen zweisitzigen Supersportwagen mit einer Roadster-Karosserie. Porsche übertrug mir die Projektleitung für die weltweit einzige Sneakpreview für einen Prototypen des 918 Spyder, zu der hundert ausgewählte Kunden eingeladen waren. Die Faszination des Fahrzeugs war auf den ersten Blick offensichtlich. Der Listenpreis ab 750.000 Euro schien keinen der anwesenden Gäste zu schockieren. Männer jeden Alters – Manager, Unternehmer und Privatiers – hatten allesamt leuchtende Augen. Sowohl bei der Präsentation des Fahrzeugs als auch bei dem anschließenden „Anfassen“ und Probesitzen war die Begeisterung unter den Anwesenden spürbar.
Nach auffälligen Fahrzeugen drehen sich Menschen genauso um wie nach attraktiven Menschen. Sicher ist Ihnen das auch schon einmal aufgefallen. Faszinierend, nicht wahr? Was ist es, was dahinter steckt?
Was die Herzen der Kunden höher schlagen lässt
Aufmerksamkeit erregen jedoch nicht nur schöne Fahrzeuge oder Menschen: Reisende in der Bahn oder im Flieger recken etwa auch die Hälse, wenn ein Mitreisender ein brandneues Produkt mit einem Apfel-Logo auspackt.
Der von Innovationen getriebene iMythos
Auch wenn Wettbewerber Apple derzeit ganz schön auf den Fersen sind bzw. zum Teil vielleicht auch bereits überholt haben: Kein anderer Hersteller hat es so wie Apple in der Vergangenheit geschafft, die innovativsten und dennoch simpel zu bedienende Produkte auf den Markt zu bringen.
Angefangen beim iPod, der mittlerweile eine Gattungsbezeichnung für MP3-Player ist, über das iPhone und das iPad bis hin zum AppleTV und zur AppleWatch. Auch das Apple Betriebssystem Mac OS ist im Vergleich zu Windows benutzerfreundlicher und hat weitaus weniger Fehler sowie Hacker- und Virenangriffe zu verbuchen. Das iPad wird von Apple als die Zukunft der medialen Nutzung gesehen.
Und diese Einschätzung wird von Millionen Apple-Anhängern bestätigt, die nicht nur dem iPad, sondern sämtlichen Produkten des Unternehmens derart ergeben sind, dass das Nachrichtenmagazin Spiegel bereits im Sommer 2010 eine Titelgeschichte zum „iKult“ veröffentlichte: Der Aufmacher zeigt das Unternehmenssymbol, einen angebissenen Apfel, an einem paradiesischen Baum hängen, nach dem sich gierige Hände recken. Untertitel: „Wie Apple die Welt verführt!“
Apple hat als Marke eine unglaubliche Anziehungskraft. Die Kunden lieben diese Marke und legen eine Markentreue an den Tag, von der andere Hersteller nur träumen können.
Die leidenschaftlich inszenierte...