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E-Book

Stottern im Kindesalter

AutorPatricia Sandrieser
VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2015
ReiheForum Logopädie 
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783131584946
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis49,99 EUR
<p><strong>Das Standardwerk zum Stottern im Kindesalter - mit dem Therapieansatz KIDS!</strong></p> <ul> <li>von den Experten für kindliches Stottern</li> <li>ausgewählte Ansätze zu Prävention, Diagnostik und Therapie</li> <li>Vorstellung verschiedener Therapiemethoden</li> <li>Schwerpunkt auf KIDS Kinder dürfen stottern</li> <li>Methoden der Erfolgskontrolle</li> <li>Elternarbeit und Elterngruppen</li> </ul> <p>Neu:</p> <ul> <li>Dokumentations- und Fragebögen als kostenloser Download</li> <li>Therapieansatz KIDS jetzt für drei verschiedene Altersgruppen</li> </ul> <p>Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.</p>

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Leseprobe

2 Diagnostik


Durch Daten aus empirischen Untersuchungen ist es heute möglich, in fast allen Fällen durch die Anamnese und eine Analyse der Sprechunflüssigkeiten sicher festzustellen, ob ein Kind zum gegenwärtigen Zeitpunkt stottert ▶ [468].

2.1 Prognose


Zur Diagnostik des gegenwärtigen Stotterns wird der Anteil der gestotterten Unflüssigkeiten in einer Sprechprobe bestimmt. Damit kann jedoch keine Angabe gemacht werden, ob ein Kind ein überdauerndes Stottern entwickeln wird. Die Beurteilung der Risikofaktoren und die Abschätzung der Gefahr, ein bleibendes Stotterproblem zu entwickeln, können erst nach einer mehrdimensionalen Diagnostik erfolgen. Da noch zu wenig Daten über Verläufe von Stottern bei Kindern vorliegen und die Bedeutung der Zuordnung zu Untergruppen stotternder Kinder (z.B. Kinder mit Sprachentwicklungstörungen) nicht geklärt ist, bleibt die Prognose, ob sich ein Langzeitstottern entwickeln wird, eine Abwägung von Wahrscheinlichkeiten ▶ [481], ▶ [234].

2.2 Frühe und späte Diagnostik


Eine Ausnahme bilden natürlich Kinder, die erst spät zur logopädischen Diagnostik vorgestellt werden und bei denen bereits ein lang bestehendes Stottern diagnostiziert werden kann. Das erlaubt nicht die Schlussfolgerung, dass Kinder, die erst seit Kurzem stottern, nicht logopädisch untersucht werden müssen, da die Bedeutung von früher Elternberatung und ggf. der Einleitung einer frühen Therapie unumstritten ist ▶ [399], ▶ [250]. Zudem erlaubt die frühe Diagnostik eine theoriegestützte, hypothesengeleitete Entscheidung, ob nach einer einmaligen Beratung weitere Kontrollen nötig sind oder die Indikation für eine Therapie gestellt wird.

2.3 Zweigeteilte Diagnostik


Damit gliedert sich jede Diagnostik in 2 Teile:

  • die symptomorientierte Diagnostik, ob Stottern vorliegt,

  • die weiterführende Diagnostik zur Abschätzung der Risikofaktoren und zur Entscheidung, ob eine Therapie notwendig ist.

2.4 Konsequenzen einer Fehldiagnose


Jede Diagnostik birgt die Gefahr zweier Fehler:

  • Es wird eine falsch positive Diagnose gestellt, also bei einem nichtstotternden Kind fälschlicherweise Stottern diagnostiziert. In diesem Fall würden die daraus resultierende Beratung und die ggf. eingeleitete Therapie das Bild der Eltern von ihrem Kind und das Selbstbild des Kindes ungünstig beeinflussen. Zudem würde im Fall einer Entscheidung für eine Therapie ein nicht gerechtfertigter therapeutischer Aufwand entstehen.

  • Der 2. Fehler, die falsch negative Diagnose, bedeutet, dass bei einem stotternden Kind das Stottern nicht erkannt oder fälschlicherweise als nicht behandlungsbedürftig eingeschätzt wird. In diesem Fall würden die Eltern in der Beratung falsch über ihr Kind und die weitere Vorgehensweise informiert. Zudem würde zu diesem Zeitpunkt eine therapeutische Intervention unterbleiben, obwohl möglicherweise die Indikation dafür gegeben wäre (s. ▶ [375]).

Der für die Früherkennung des Stotterns und die Abschätzung der Behandlungsbedürftigkeit ausschlaggebende Personenkreis ist aufgrund der geringen Auftretenshäufigkeit von Stottern selten auf Stottern spezialisiert. Ein Instrumentarium, das die Gefahr von falsch positiven oder negativen Diagnosen minimiert, wäre wünschenswert. In diesem Buch wird die Screening Liste Stottern (SLS) vorgestellt, die Kinderärzten und Erzieherinnen hilft, die Notwendigkeit einer eingehendere Diagnostik zu ermitteln. Darüber hinaus existiert ein Fragebogen für Ärzte ▶ [68], ▶ [283], der in der pädiatrischen Praxis auf einfache Weise die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines Stotterns ermöglicht.

Der 2. Teil dieses Buches vermittelt die Grundlagen der Früherkennung und der Einzelfalldiagnostik von Stottern und stellt eine Auswahl von Diagnostikverfahren vor. Sofern verfügbar, wurden die dazugehörigen Protokollbögen im Anhang beigefügt. Die Diagnostikverfahren decken die 3 Bereiche Stottersymptomatik, psychische Reaktionen auf das Stottern und Risikofaktoren ab. Ein Befundbeispiel schließt dieses Kapitel ab.

2.5 Nomenklatur


Um eine nachvollziehbare Diagnose stellen zu können, sind eindeutig definierte Kriterien nötig:

  • Stottern liegt vor, sobald 3 % oder mehr der geäußerten Silben stottertypische Unflüssigkeiten aufweisen.

  • Wenn eine Begleitsymptomatik oder psychische Reaktionen vorliegen, kann Stottern auch diagnostiziert werden, wenn weniger als 3 % der analysierten Silben stottertypische Unflüssigkeiten aufweisen.

2.5.1 Dauer der Störung


Zusätzlich gibt man die Dauer der Störung an. Es hat sich nicht bewährt, zwischen beginnendem Stottern (Beginn vor weniger als 12 Monaten) und chronischem Stottern (Beginn vor mehr als 12 Monaten) zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist willkürlich und verleitet dazu, Stottern zu bagatellisieren (beginnendes Stottern) oder zu dramatisieren (chronisches Stottern). Zudem führt der Begriff „chronisch“ häufig unzulässigerweise zu der Zuschreibung, dass eine Remission nicht mehr möglich sein wird.

2.5.2 Überdauerndes Stottern


Der Begriff „überdauerndes bzw. persistierendes Stottern“ wird verwendet, wenn eine Remission äußerst unwahrscheinlich geworden ist. Die Bezeichnung wird ab dem Jugendalter verwendet.

2.5.3 Schweregrad


Außerdem werden Angaben gemacht zum Schweregrad der Stottersymptomatik – Art und Häufigkeit der verschiedenen Kern- und Begleitsymptome –, zu psychischen Reaktionen und zu Risikofaktoren.

2.5.4 Behandlungsbedürftigkeit


Diese ist gegeben, wenn eine Begleitsymptomatik oder psychische Reaktionen vorliegen oder wenn Risikofaktoren bestehen. Stottern, das nicht behandlungsbedürftig ist, liegt im Therapiekonzept KIDS vor, wenn kurze, anstrengungsfreie Kernsymptome ohne Begleitsymptome, ohne psychische Reaktionen und ohne Risikofaktoren bestehen. Die Beratung, die dann erforderlich ist, wird in Kap. ▶ 3.5 „Erstberatung“ dargestellt. Im Konzept der Lidcombe-Therapie kann eine Behandlung auch angeboten werden, wenn keine Begleitsymptome oder psychischen Reaktionen auf das Stottern bestehen. Im Gegensatz zum KIDS-Konzept empfehlen die Autoren aber einen Therapiebeginn frühestens 6 Monate nach Beginn der Störung.

2.5.5 Normale Redeunflüssigkeiten


Diese empfinden Zuhörer aufgrund ihrer Unauffälligkeit (Kap. ▶ 1.3) nicht als störend. Die betreffenden Kinder werden daher nach Erfahrung der Autoren nicht zur Stotterdiagnostik vorgestellt.

2.5.6 Weitere Begriffe


Die Begriffe „physiologische Unflüssigkeiten“, „Entwicklungsunflüssigkeiten“, „Entwicklungsstottern“ oder „physiologisches Stottern“ stellen nicht behandlungsbedürftiges Stottern und normale (funktionelle) Redeunflüssigkeiten unzulässigerweise auf eine Stufe. Sie sollten daher nicht verwendet werden, denn sie suggerieren den falschen Sachverhalt, dass Stottern ein übliches Phänomen der Sprachentwicklung sei.

2.6 Ziele und Grundsätze der Diagnostik


Die logopädische Diagnostik des kindlichen Stotterns hat 2 Ziele:

  • Zum einen soll festgestellt werden, ob das vorgestellte Kind ein behandlungsbedürftiges Stottern aufweist, und zum anderen

  • sollen beim Kind und seiner Umgebung die psychischen Reaktionen auf das Stottern und möglicherweise aufrechterhaltende Risikofaktoren identifiziert werden. Dies stellt die Grundlage für eine einzelfallorientierte Therapieplanung dar.

2.6.1 Diagnosestellung


Um eine Diagnose zu stellen, die Behandlungsbedürftigkeit zu ermitteln und auf dieser Grundlage eine Beratung durchführen zu können, empfiehlt es sich aus ökonomischen und inhaltlichen Gründen, im 1. Schritt die Anamnese zu erheben und eine Diagnostik durchzuführen, um festzustellen, ob Stottern vorliegt.

2.6.2 Elternberatung


Wenn sich zeigt, dass kein Stottern vorliegt oder dass das Stottern nicht behandlungsbedürftig ist, muss eine Elternberatung durchgeführt werden, in der die Eltern über das Ergebnis informiert werden und in der sie die nötigen Informationen bekommen, bei welchen Veränderungen eine...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Patricia Sandrieser, Peter Schneider: Forum Logopädie - Stottern im Kindesalter1
Innentitel4
Impressum5
Vorwort der Herausgeberinnen6
Vorwort7
Anschriften9
Inhalt10
1 Theoretische Grundlagen19
Eingrenzung des Begriffs „Stottern im Kindesalter“19
Ätiologie19
Definition19
Charakteristika des Stotterns im Kindesalter19
Developmental Stuttering20
Remission20
Geschlechtsspezifisches Auftreten20
Zeitfenster für Remissionen20
Abgrenzung des Stotterns im Kindesalter21
Eindeutige Nomenklatur21
Diagnose und Indikation zur Therapie21
Differenzialdiagnostik21
Unflüssiges Sprechen und Stottern23
Was ist unflüssiges Sprechen?23
Arten von Sprechunflüssigkeiten24
Stottern28
Kernsymptome28
Begleitsymptome28
Coping-Strategien29
Wechselwirkung von Kern- und Begleitsymptomatik31
Theorie des flüssigen und unflüssigen Sprechens33
Sprachliche Flüssigkeit33
Sprechnatürlichkeit – Starkweathers Konzept des flüssigen und unflüssigen •Sprechens33
Starkweathers Definition des Stotterns34
Ziel einer Therapie des Stotterns35
Entwicklung des flüssigen Sprechens35
Entwicklung von Unflüssigkeiten36
Beginn und Verlauf des Stotterns36
Praxisrelevanz37
Daten zu Beginn und Verlauf37
Remission37
Ursache der Störung38
Genetische Verursachung38
Wechselwirkung von Genetik und äußeren Einflüssen40
Ursachen einzelner Stotterereignisse40
Auslösende Faktoren44
Risikofaktoren, die die Remissionswahrscheinlichkeit verringern45
Alter des Kindes bei Stotterbeginn45
Geschlecht45
Familiäre Disposition45
Symptomhäufigkeit im Verlauf45
Phonologische Entwicklung45
Emotionale Reaktionen des Kindes auf Stottern45
Temperament46
Erziehungsstil und Interaktionsverhalten46
Zeitdruck47
Modulatoren/Einflussfaktoren47
Kindliche Entwicklung und Stottern47
Sensomotorische Entwicklung und Stottern47
Kognitive Entwicklung und Stottern49
Sprachentwicklung und Stottern50
Mehrsprachigkeit57
Emotionale Entwicklung und Stottern58
Stottern und Gesellschaft73
Stigmatisierung73
Familie74
Kindergarten und Schule77
Darstellung in den Medien80
Therapeutische Versorgung von Stotternden81
Theorien und Modelle der Entstehung von Stottern84
Johnsons diagnosogene Theorie84
Starkweathers Modell von Anforderungen und Fähigkeiten85
„Packman & Attanasio 3-factors causal model of moments of stuttering” (P&A-•Modell)86
Läsions-Kompensations-Theorie87
Schlussfolgerungen für Prävention und Therapie87
Prävention von Stottern87
Stottern in der ICF88
Anforderungen an eine Therapie von Stottern im Kindesalter89
Therapieerfolg90
2 Diagnostik93
Prognose93
Frühe und späte Diagnostik93
Zweigeteilte Diagnostik93
Konsequenzen einer Fehldiagnose93
Nomenklatur94
Dauer der Störung94
Überdauerndes Stottern94
Schweregrad94
Behandlungsbedürftigkeit94
Normale Redeunflüssigkeiten94
Weitere Begriffe94
Ziele und Grundsätze der Diagnostik94
Diagnosestellung94
Elternberatung95
Grundsätze95
Bereiche der Diagnostik95
Bereich Stottersymptomatik95
Bereich psychische Reaktionen auf das Stottern96
Bereich Risikofaktoren96
Ablaufplan einer Diagnostik97
Diagnostikverfahren98
Anamnese98
Diagnostikverfahren im Bereich Sprech- und Stotterverhalten100
Diagnostikverfahren zum Bereich psychische Reaktionen auf Stottern106
Diagnostikverfahren zum Bereich Risikofaktoren110
Auswertung112
Auswertung des Bereichs Stottersymptomatik112
Auswertung des Bereichs psychische Reaktionen auf das Stottern113
Auswertung des Bereichs Risikofaktoren114
Konsequenzen für die Therapie114
Befunderstellung115
3 Therapie119
Ziele der Stottertherapie119
Vermittlung funktioneller Coping-Strategien119
Sprecherkompetenz entwickeln, Defizite abbauen120
Therapieplanung120
Therapieziele im Bereich Stottersymptomatik120
Therapieziele im Bereich psychische Reaktionen120
Therapieziele im Bereich Risikofaktoren121
Hauptrichtungen der Stottertherapie121
Indirekte Ansätze122
Direkte Ansätze122
Evaluation und Effektivitätsnachweis126
Ziele der Evaluation126
Messung von Therapieerfolgen127
Messkriterien127
Messzeitpunkte129
Therapieplanung129
Paralleles Auftreten anderer Störungen129
Dynamische Therapieplanung130
Erstberatung132
Basisinformationen132
Therapieangebote132
Beratung bei nicht behandlungsbedürftigem Stottern133
Beratung bei Notwendigkeit einer anderen Therapie als einer direkten Stottertherapie134
Beratung bei behandlungsbedürftigem Stottern135
Der Ansatz KIDS136
Van Ripers Therapieansatz136
Früher Therapiebeginn136
KIDS136
Funktionelle Coping-Strategien136
Therapieindikation137
Bereich Stottersymptomatik137
Bereich psychische Reaktionen138
Bereich Risikofaktoren141
Einbeziehen von Bezugspersonen142
Methoden und Techniken von KIDS143
Allgemeine Therapieprinzipien168
Rahmenbedingungen für KIDS170
Qualifikation der Therapeutin173
Mini-KIDS – ein Konzept zur frühen direkten Therapie mit stotternden Kindern175
Evaluation175
Therapieziel175
Modellfunktion der Therapeutin175
Überblick über das therapeutische Vorgehen175
Phasen der Therapie180
Die Arbeit mit 2- und 3-jährigen Kindern183
Die Arbeit mit 4- bis 6-jährigen Kindern187
Elternbeteiligung in der Einzeltherapie mit Mini-KIDS199
Schul-KIDS200
Entwicklungsstand201
Stotterverhalten201
Psychische Reaktionen202
Zielsetzungen von Schul-KIDS202
Phasen der Therapie202
Elterngruppen bei Mini-KIDS und Schul-KIDS236
Ziele236
Planung und Vorbereitung236
Rolle und Aufgabe der Therapeutin237
Inhalte der Elterngruppe238
4 Literatur245
5 Bezugsquellen und Adressen257
Bezugsquellen257
Vereinigungen von Stottertherapeuten257
Fortbildungen zum Konzept KIDS257
Selbsthilfeorganisationen257
Beratung, Unterstützung bei der Therapeutensuche257
Weitere Informationen258
6 Fragebögen und Dokumentation261
SLS – Screening Liste Stottern261
Elternfragebogen262
Anamnese- und Befundbogen Stottern265
SSI-4 – Stuttering Severity Instrument269
SSI-4 – Auszählbogen271
QBS – Qualitative Beschreibung von Stotterverhalten272
Lesetext274
Protokollbogen zum Lesetext275
FF-SS – Fragebogen für Schülerinnen und Schüler277
FF-SS – Fragebogen für Schülerinnen und Schüler: Bewertungsraster278
FF-E – Fragebogen für Eltern279
FF-E – Fragebogen für Eltern: Bewertungsraster280
RSU – Reaktionen auf das Stottern des Untersuchers281
FESK – Fragebogen für Eltern stotternder Kinder283
Sachverzeichnis288

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