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Das Leben der galanten Damen (Aufsehenerregende Memoiren)

Sittenbild der französischen adligen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts - Ein Beitrag zur Kenntniß weiblicher Karaktere, Sitten, Empfindungen, und Kunstgriffe der vorigen Jahrhunderte

AutorPierre de Brantôme
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl414 Seiten
ISBN9788026847014
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Das Leben der galanten Damen (Aufsehenerregende Memoiren)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Pierre de Brantôme (1540-1614) war ein französischer Schriftsteller in der Renaissance. Er vermittelte in seinen Memoiren (Das Leben der galanten Damen), ein lebendiges Bild der französischen adligen Gesellschaft seiner Zeit. Sie stellen lebhaft das höfische Leben zur Zeit Brantômes dar und enthalten eine Unzahl historisch auswertbarer Klatschgeschichten. Zweifellos kommt das Genie Brantômes in den 'Dames galantes' am unmittelbarsten zum Ausdruck. Natürlich konnte sich Brantôme den Fragwürdigkeiten damaliger historischer Methode nicht entziehen, diese Mängel teilt er mit seinen Zeitgenossen; aber er war darüber hinaus auch ein zu guter Schriftsteller, um ein ausgezeichneter Historiker sein zu können. Der Wert seiner biographischen Porträts wird dadurch bestimmt, daß sie natürlich an den Velleitäten seiner Schaffensweise Anteil haben, daß sie, nicht anders, die Niederschläge von Medisancen und Causerien, die er aus dem Louvre mit heimbrachte, von Unterhaltungen im Sattel oder im Laufgraben sind. Er hält sich da immer in den Grenzen des Respekts, zügelt seinen Geist und spart sein Salz und seinen Pfeffer. Er ließ sich keinen bösen Klatsch durch die Feder rinnen, er hütete sich durch zügellose Rede seine hohen Verbindungen zu verderben, aber das Resultat wurde dadurch nicht interessanter.

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Leseprobe

Erste Abhandlung.
Von den Damen, die der Liebe leben und ihre Gatten zu Hahnreien machen


Da es die Damen sind,die der Begründung der Hahnreischaft beflissen waren, da sie es sind, von denen die Männer zu Hahnreien gemacht werden, wollte ich diese Aufzeichnungen ins »Buch der Damen« bringen, wenn ich auch ebensoviel von den Männern wie von den Frauen reden werde. Ich weiß wohl, daß ich ein großes Werk unternehme, und daß ich niemals fertig würde, wenn ich damit zu Ende kommen wollte; denn alles Papier der Rechnungskammer von Paris würde nicht zur Niederschrift der Hälfte aller Geschichten, sowohl der Frauen wie der Männer, ausreichen. Trotzdem werde ich niederschreiben, was ich kann, und wenn ich nicht mehr kann, meine Feder dem Teufel lassen oder irgendeinem guten Kameraden, der sie wieder aufnehmen soll; ich bitte zugleich um Entschuldigung, wenn ich bei diesen Aufzeichnungen die Ordnung auch nicht halb beobachte; denn solcher Männer und solcher Frauen gibt es eine so große, so verworrene und so vielgestaltige Zahl, daß ich keinen Feldsergeanten kenne, der sie ordentlich in Reih und Glied bringen könnte. Ich folge also meiner Laune und werde in diesem Aprilmonat davon reden, wie es mir gefällt; bringt er doch die Saison und die Jagdzeit der Hahnreie2 wieder, ich meine die flüggen Kuckuckshähne; denn andere kann man in jedem Monat und in jeder Jahreszeit genugsam beobachten. Nun, von dieser Art Kuckucke gibt es also eine ganze Menge verschiedener Arten; aber die allerschlimmste, die auch von den Damen gefürchtet wird und mit Recht gefürchtet werden muß, sind jene tollen, gefährlichen, wunderlichen, bösen, tückischen, grausamen, blutigen und argwöhnischen Leute, die schlagen, foltern, töten, die einen zu Recht, die anderen zu Unrecht, so sehr bringt der allergeringste Verdacht sie in Wut; mit solchen ist der Umgang sehr zu meiden, sowohl für ihre Frauen wie für deren Diener. Jedoch habe ich Frauen samt ihren Liebhabern gekannt, die sich keineswegs darum kümmerten; denn diese waren ebenso böse wie die anderen, und die Damen waren dermaßen beherzt, daß sie ihren Dienern, wenn sie verzagen wollten, wieder Mut einflößten; denn je gefährlicher und schwieriger eine Unternehmung ist, mit desto größerer Kraft muß sie getan und durchgeführt werden. Andere derartige Damen kannte ich, die kein Herz und keinen Ehrgeiz hatten, um nach hohen Dingen zu langen, die sich überhaupt nur an niedrigen Sachen vergnügten; daher sagt man: Gemein im Herzen wie eine Hure.

Ich kannte eine ehrbare Dame, keine der Geringsten, die bei einer guten Gelegenheit, die sich ihr bot, die Lust ihres Freundes zu pflücken, ihn verließ, als er ihr das Unheil vorstellte, das daraus erwachsen könne, wenn sie der Gemahl, der nicht fern war, überraschte; sie bestand nicht mehr darauf, weil sie ihn für keinen kühnen Liebhaber erachtete, oder vielmehr deshalb, weil er ihre Notdurft nicht stillte; auch gibt es nichts, was die verliebte Frau, wenn sie von der Glut und der Lust, dahin zu gelangen, ergriffen wird, und wenn ihr Freund wegen irgendwelcher Hindernisse sie nicht sogleich befriedigen kann oder will, heißer haßt, und worüber sie sich mehr ärgert.

Man muß diese Dame wegen ihrer Kühnheit sehr loben, wie auch andere ihresgleichen, die nichts fürchten, um ihre Liebe zu befriedigen, obgleich sie dabei mehr wagen und mehr Gefahr laufen, als ein Soldat oder ein Seemann bei den gefährlichsten Wagnissen im Krieg oder auf dem Meer. Als einmal eine spanische Dame von einem galanten Kavalier in die Gemächer des Königs geführt wurde, gelangten sie durch einen gewissen versteckten und finstern Winkel, und der Kavalier sagte zu ihr, indem er seine spanische Ehrerbietung und Verschwiegenheit heraussteckte: Señora, buen lugar, si no fuera vuessa merced. Die Dame antwortete ihm bloß: Si, buen lugar si no fuera vuessa merced. (»Das ist ein schöner Ort, wenn es eine andere wäre, wie Ihr.« – »Ja, wahrhaftig, wär' es ein anderer, wie Ihr.«) Damit bezichtigte und klagte sie ihn der Feigheit an, daß er an einem so guten Ort nicht von ihr nahm, was er wollte und sie wünschte, und was ein anderer, kühnerer genommen hätte; daher liebte sie ihn nicht mehr und verließ ihn.

Ich habe von einer sehr schönen und ehrbaren Dame reden hören, die ihren Freund einlud, bei ihr zu schlafen, unter der Bedingung, daß er sie in keinem Sinne berührte und keinen Kampf anspänne; das erfüllte der andere und verblieb die ganze Nacht in großer Säftestockung, Versuchung und Enthaltsamkeit; dafür wußte sie ihm soviel Dank, daß sie ihm nach einiger Zeit den Genuß zu kosten gab, indem sie ihm als Grund angab, sie hätte seine Liebe dadurch erproben wollen, daß er erfüllte, was sie ihm befohlen hätte. Sie liebte ihn deshalb nachher um so mehr, weil er ein andermal etwas anderes vollbringen könnte, was ebensosehr gewagt wäre wie dies, was zu den größten Wagnissen gehört. Manche werden diese Besonnenheit oder Feigheit loben, andere nicht: ich verweise auf die Stimmungen und Ansichten, die man von der einen oder andern Seite dazu äußert.

Ich kannte eine ziemlich große Dame, die ihren Freund einlud, mit ihr eine Nacht zu schlafen; er kam ganz fertig im Hemd zu ihr, um seine Pflicht zu tun; da es jedoch Winter war, hatte er sich unterwegs so verfroren, daß er im Bett nichts machen konnte, sondern nur daran dachte, sich wieder zu erwärmen; dafür haßte ihn die Dame und wollte nichts weiter von ihm wissen.

Eine andere Dame plauderte mit einem Edelmann über die Liebe; er sagte ihr unter anderen Dingen, wenn er mit ihr im Bett läge, würde er durch sechs Poststationen fahren können, so sehr würde ihre Schönheit ihn reizen. »Ihr rühmt Euch sehr viel,« sagte sie. »Ich lade Euch also zu einer solchen Nacht ein.« Er verfehlte denn auch nicht zu erscheinen, aber das Unglück wollte, daß er im Bette von solchen Krämpfen, Frostschauern und Nervenzuckungen überfallen wurde, daß keine einzige Fahrt glückte, so daß die Dame zu ihm sagte: »Wollt Ihr weiter nichts machen? Dann schert Euch aus meinem Bett; ich hab's Euch nicht geliehen wie ein Herbergsbett, daß Ihr's Euch drin bequem machen und ausruhen könnt. Also, schert Euch hinaus.« So schickte sie ihn fort und machte sich später über ihn sehr lustig, indem sie ihn mehr als die Pest haßte.

Dieser Edelmann wäre sehr glücklich gewesen, hätte er die Konstitution des großen Protonotars Baraud gehabt, des Almoseniers des Königs Franz, der, wenn er bei den Hofdamen weilte, es mindestens auf ein Dutzend brachte und am Morgen noch sagte: »Ich bitte um Entschuldigung, Madame, wenn ich's nicht besser machte; aber ich habe gestern Medizin genommen.« Ich sah ihn später: man nannte ihn den Kapitän Baraud, den Aufschneider, er hatte den Amtsrock ausgezogen, und man hat mir sehr viel über ihn erzählt, wie ich meine, Namen um Namen.

Auf seine alten Jahre fehlte ihm diese männliche und aphrodisische Kraft; und er war arm, wenn er auch noch gute Bißchen erhaschte; aber er hatte alles vermantscht und begann Essenzen destillieren und träufeln zu lassen: »Ja,« sagte er, »wenn ich die Geschichte so gut heraussprengen könnte, wie in meinen jungen Jahren, ich würde meine Sache viel schöner machen und mich dabei weit besser stehen.« Während des Kriegs der Ligue hatte ein ehrenwerter Edelmann, ein sicherlich tapferer und braver Mann, den Platz verlassen, den er befehligte, um in den Krieg zu ziehn; als er bei der Rückkehr seine Garnison nicht zur rechten Zeit erreichen konnte, verweilte er bei einer schönen und sehr ehrbaren, großen verwitweten Dame, die ihn einlud, bei ihr über Nacht zu bleiben; er schlug es auch nicht ab; denn er war müde. Nach einem guten Abendessen gab sie ihm ihre Kammer und ihr Bett; denn alle ihre andern Zimmer waren des Krieges wegen ausgeräumt und ihre Möbel eingeschlossen, deren sie die schönsten hatte. Sie wollte dagegen in ihr Kabinett, wo sie ein gewöhnliches Bett für den Tagesgebrauch stehen hatte.

Der Edelmann weigerte sich wiederholt, diese Kammer und dieses Bett anzunehmen, sah sich jedoch durch die Bitten der Dame dazu genötigt; nachdem er sich hineingelegt hatte und in einen sehr tiefen Schlaf versunken war, siehe, da erscheint die Dame und legt sich ganz einfach neben ihn, ohne daß er etwas spürte, auch die ganze Nacht nicht, so müde und vom Schlaf überwältigt war er; und er ruhte bis tief in den andern Morgen hinein, als sich die Dame, wie er eben erwachte, neben ihm erhob und zu ihm sagte: »Ihr habt nicht ohne Gesellschaft geschlafen, wie Ihr seht; denn ich wollte Euch nicht mein ganzes Bett abtreten, und ich habe daher die Hälfte ebenso genossen wie Ihr. Lebt wohl: Ihr habt eine Gelegenheit verloren, die Euch nie wieder beschert wird.«

Der Edelmann, der diese Irrung seines Glückes verwünschte und verfluchte (es war wohl um sich aufzuhängen), wollte sie aufhalten und bitten: nichts von alledem aber; sie war sehr erzürnt gegen ihn, daß er sie nicht befriedigt hatte, wie sie wollte; denn sie war nicht wegen eines Males hingekommen (wie man denn auch sagt: einmal allein! ist bloß der Bettsalat) und sogar in der Nacht; sie wäre nicht hingekommen wegen der Einzahl, sondern wegen der Mehrzahl, der die Damen dabei meist den Vorzug geben; sehr zum Unterschied von einer sehr schönen und ehrbaren Dame, die ich kannte, die einmal ihren Freund eingeladen hatte, bei ihr zu schlafen; in einem Nu machte er drei gute Gänge mit ihr; als er aber dann seine Stöße durchfechten und vervielfältigen wollte, sprach sie zu ihm, bat ihn und befahl ihm, aufzustehen und sie zu verlassen. Er, ebenso frisch wie zuvor, bietet ihr den Kampf von neuem an und verspricht, er werde sich die ganze Nacht hindurch...

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