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Handbuch Geschlecht und Gesundheit

Männer und Frauen im Vergleich

AutorKlaus Hurrelmann (Hrsg.), Petra Kolip
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl448 Seiten
ISBN9783456954660
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis69,99 EUR
In der bisherigen wissenschaftlichen Diskussion laufen die theoretischen und methodischen Forschungen zur Frauengesundheit und Männergesundheit noch weitgehend nebeneinander her. In diesem Handbuch, das hier in völlig überarbeiteter und erweiterter zweiter Auflage vorliegt, werden sie aufeinander bezogen und in eine vergleichende Darstellung eingebracht. Die über 30 Beiträge nehmen eine systematisch vergleichende Perspektive in der geschlechterbezogenen Gesundheitsforschung ein und führen damit die Frauengesundheitsforschung und die Männergesundheitsforschung zusammen, ohne die Besonderheiten der beiden Gebiete zu vernachlässigen. Im ersten Teil des Buches werden Theorien und Methoden der geschlechtervergleichenden Forschung vorgestellt, gefolgt von einer Erörterung sozialer und umweltbedingter Einflussfaktoren. Der dritte Teil liefert eine ausführliche Darstellung der Geschlechterunterschiede bei Entstehung und Verbreitung von unterschiedlichen Krankheitsbildern und gesundheitlichen Problemlagen. Im vierten Teil stehen Beiträge zu Geschlechteraspekten des Versorgungssystems im Zentrum. Im abschließenden Teil werden Bevölkerungsgruppen mit besonderem Bedarf ins Zentrum gerückt. Die Beiträge stammen von ausgewiesenen Fachautorinnen und Fachautoren aus verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen von der Medizin und Biologie über Public Health/Gesundheitswissenschaften bis zu Psychologie, Soziologie und Pädagogik.

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Kapitelübersicht
  1. Handbuch Geschlecht und Gesundheit
  2. I. Einleitung
  3. II. Theorien und Methoden der geschlechtervergleichenden Forschung
  4. III. Soziale und umweltbedingte Einflussfaktoren aus Geschlechterperspektive
  5. IV. Geschlechtervergleichende Analyse gesundheitlicher Problemlagen
  6. V. Geschlechteraspekte des Versorgungssystems
  7. VI. Gruppen mit spezifischem Versorgungsbedarf
  8. Autorinnen und Autoren
  9. Sachregister
Leseprobe
1. Geschlecht und Gesundheit: eine Einführung (S. 8-9)
Petra Kolip und Klaus Hurrelmann

1.1 Einleitung

Im Jahr 2002 erschien dieses Handbuch in erster Auflage (Hurrelmann & Kolip, 2002). Es war die erste umfassende Ausarbeitung, die sich im deutschsprachigen Raum den Themenfeldern Gesundheit und Krankheit aus einer geschlechtervergleichenden Perspektive widmete. Bis dahin waren eher sporadische Publikationen erschienen, die jeweils Teilaspekte des Forschungsgebietes «Geschlecht und Gesundheit» thematisierten und zumeist getrennte Diskurse zur Frauengesundheit und partiell auch zur Männergesundheit führten. Das Handbuch unternahm den Versuch, eine Gesamtschau aus interdisziplinärer Perspektive anzubieten und die Themenstränge zusammenzuführen. Die nunmehr zweite Auflage des Handbuches nimmt die Diskussionen auf und führt sie weiter. Das Handbuch gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion und zeigt auf, wie sich die Themenfelder entwickelt haben, zu welchen Schwerpunkten mittlerweile differenziertes Wissen vorliegt und wo neue Themen erschlossen wurden. Es will damit einen Beitrag zur Konsolidierung und Stärkung des interdisziplinären Forschungsgebietes «Gesundheit und Geschlecht» leisten.

1.2 Die Entwicklung des Themenfeldes «Geschlecht und Gesundheit»

1.2.1 Der Stand beim Erscheinen der ersten Auflage des Handbuchs

Der Zusammenhang von Geschlecht und Gesundheit wurde zu Beginn des neuen Jahrtausends, als die erste Auflage dieses Handbuches erschien, nicht nur in der Forschung, sondern auch in Praxis und Politik intensiv diskutiert. Kurz zuvor, im Jahr 1998, war nach langer Vorbereitungszeit der erste Gesundheitsbericht für Deutschland erschienen, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt (Statistisches Bundesamt, 1998). Er nahm thematisch eine breite Perspektive ein und führte viele der bisher verstreut vorliegenden Datensätze zusammen. Er wies allerdings auch ein deutliches Defizit auf: Nur sehr wenige der dort aufbereiteten Daten wurden nach Geschlecht differenziert. Dies war umso erstaunlicher, als die Frauengesundheitsforschung und -praxis zu diesem Zeitpunkt auf eine mehr als zwanzigjährige Tradition zurück blicken konnte. Die Befunde, die auf der Grundlage eines feministischen Selbstverständnisses erarbeitet worden waren, wurden seinerzeit noch nicht vom Mainstream der Gesundheitsberichterstattung rezipiert, so dass konzeptionell die Geschlechterperspektive keinen Eingang in den Gesundheitsbericht fand.

Diese Schwäche des Gesundheitsberichts rief zahlreiche Gesundheitsforscherinnen auf den Plan, die vor dem Hintergrund einer intensiven Entwicklung des Themenfeldes Frauengesundheit in Wissenschaft und Praxis im internationalen Diskurs darauf drängten, einen ergänzenden Frauengesundheitsbericht in Auftrag zu geben. Wenige Jahre später hatten sie sich durchgesetzt. Im Jahr 2001 erschien der «Bericht zur gesundheitlichen Lage von Frauen» – herausgegeben nicht, wie man es hätte erwarten können, vom Bundesgesundheitsministerium, sondern vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ, 2001). Dieser Bericht gilt seither als ein erster Meilenstein der geschlechtersensiblen Gesundheitsberichterstattung in Deutschland. Er ist umfassend angelegt und berücksichtigt viele wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit Gesundheit und Krankheit beschäftigen. Er legt ein biopsycho- soziales Verständnis von Gesundheit und Krankheit zugrunde, gibt also biologischen Einflussfaktoren auf Morbidität und Mortalität ebenso Gewicht wie den nach Geschlecht variierenden Lebensumständen und Umweltbedingungen, und lenkt den Blick auf Geschlechterunterschiede in Gesundheit und Krankheit sowie auf frauenspezifische gesundheitliche Problemlagen. Mit dem Frauengesundheitsbericht hatte die deutsche Diskussion Anschluss an den internationalen Stand in der Forschung und der gesundheitspolitischen Diskussion gefunden. Im Jahr 2002 verabschiedeten die Mitglieder der Region Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO Euro) in Madrid eine Deklaration, die auf die Relevanz der Kategorie Geschlecht für die künftige Gesundheitsforschung hinwies:

To achieve the highest standard of health, health policies have to recognize that women and men, owing to their biological differences and their gender roles, have different needs, obstacles and opportunities. […] The factors that determine health and ill health are not the same for women and men. Gender interacts with biological differences and social factors. Women and men play different roles in different social contexts. These roles are valued differently, and those associated with men are usually valued more highly. This affects the degree to which women and men have access to, and control over, the resources and decision-making needed to protect their health. This results in inequitable patterns of health risk, use of health services and health outcomes. (WHO Euro, 2002)

Mit dieser Deklaration wurden die Mitgliedsstaaten der WHO Euro aufgerufen, einen Prozess des Gender Mainstreaming in Theorie und Praxis einzuleiten, um den Geschlechterunterschieden in Morbidität und Mortalität und im Zugang zum gesundheitlichen Versorgungssystem stärker Rechnung zu tragen. Gender Mainstreaming wurde dabei eine Kernrolle bei den Versuchen der Qualitätssicherung und -verbesserung zugesprochen (Kuhlmann & Kolip, 2005). Dass hierfür solide, geschlechterdifferenzierte Daten und theoretisch fundierte, geschlechtersensible Studien vorliegen müssen – etwa, um Behandlungsleitlinien geschlechtersensibel entwickeln zu können –, war und ist unbestritten. Auch war unübersehbar, dass 2002 diese Daten nur in Rudimenten vorlagen und es einen erheblichen Nachholbedarf gab.
Inhaltsverzeichnis
Handbuch Geschlecht und Gesundheit1
Inhalt6
I. Einleitung8
1. Geschlecht und Gesundheit: eine Einfu?hrung9
II. Theorien und Methoden der geschlechtervergleichenden Forschung20
2. Gendertheorien21
3. Gendermedizin35
4. Psychosoziale Gesundheitstheorien aus Geschlechterperspektive46
5. Geschlecht, Umwelt und Gesundheit59
6. Methodische Probleme einer geschlechtergerechten Gesundheitsforschung72
III. Soziale und umweltbedingte Einflussfaktoren aus Geschlechterperspektive88
7. Soziale Ungleichheit und Gesundheit aus Geschlechterperspektive89
8. Familienarbeit und Erwerbsarbeit aus Geschlechterperspektive102
9. Private Lebensformen und Gesundheit aus Geschlechterperspektive114
10. Migration und Gesundheit aus Geschlechterperspektive126
IV. Geschlechtervergleichende Analyse gesundheitlicher Problemlagen136
11. Geschlechterunterschiede in Lebenserwartung, Mortalität und Morbidität137
12. Geschlechterunterschiede bei Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems153
13. Geschlechterunterschiede bei Infektionskrankheiten171
14. Geschlechterunterschiede bei Krebserkrankungen183
15. Geschlechterunterschiede bei Diabetes mellitus195
16. Geschlechterunterschiede bei rheumatischen Erkrankungen206
17. Geschlechterunterschiede bei orthopädischen Erkrankungen219
18. Geschlechterunterschiede bei Essstörungen230
19. Geschlechterunterschiede bei psychischen Störungen241
20. Geschlechterunterschiede bei Krankheitsrisiken des Suchtmittelkonsums255
21. Geschlechterunterschiede bei Suizid und Suizidalität266
22. Geschlechterunterschiede bei Unfällen276
23. Geschlechterunterschiede bei Gewalterfahrungen und -auswirkungen288
V. Geschlechteraspekte des Versorgungssystems300
24. Geschlechteraspekte in der Prävention und Gesundheitsförderung301
25. Geschlechteraspekte in der medizinischen Versorgung313
26. Geschlechteraspekte in der Pharmakotherapie326
27. Geschlechteraspekte in der Psychotherapie339
28. Geschlechteraspekte in der familialen Versorgung350
29. Geschlechteraspekte in der Pflege361
VI. Gruppen mit spezifischem Versorgungsbedarf374
30. Frauen mit Behinderung375
31. Männlichkeit und Behinderung388
32. Gesundheit lesbischer und bisexueller Frauen399
33. Gesundheit schwuler Männer410
34. Queering Trans*-Gesundheit: Auf dem Weg zu einer individualisierten, menschenrechtskonformen Gesundheitsversorgung421
Autorinnen und Autoren434
Sachregister440

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