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Die Kunst der Schuhe

AutorMarie-Josèphe Bossan
VerlagParkstone-International
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl583 Seiten
ISBN9781783106295
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,95 EUR
Was gibt es wohl Banaleres als ein Paar Schuhe? Dennoch kennt heutzutage die Hälfte der Menschheit den Gebrauch von Schuhen gar nicht. In einer Welt, in der der Schuh ein Konsumobjekt geworden ist, haben wir längst vergessen, dass unsere Urgroßeltern ihre guten Schuhe nur zu besonderen Anlässen trugen. Die Industrie hat ihre Pflicht erfüllt, indem sie eine große Menge von Schuhen zu akzeptablen Preisen produziert. Es gab aber eine Zeit, zu der Schuhe ein Symbol der Kraft der römischen Legionen darstellten, der Macht der Herren des europäischen Mittelalters oder auch der Unterdrückung der chinesischen Frauen. Es ist eine lange und faszinierende Geschichte, die die Autorin Marie- Josèphe Bossan mit Genauigkeit und Sachlichkeit wiedergibt. Indem sie sich auf ein ausgewähltes Bildmaterial stützt, adelt die Autorin diese Alltagsobjekte, sie zeigt den Wandel der Mode und spricht gleichzeitig die Werte unserer Gesellschaft an.

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Leseprobe

2. Fliegerstiefel, ca. 1914. Frankreich.

 

 

Vorwort
Der Schuh, Kultur- und Kunstobjekt


 

 

Als notwendiger Bestandteil des täglichen Lebens, für den sich Zeitgenossen höchstens aus Bequemlichkeits- und Eleganzgründen interessieren, nimmt der Schuh eine äußerst wichtige Stellung in der Kulturgeschichte und eine nicht weniger wichtige in der Kunstgeschichte ein.

Als wir Menschen den Kontakt mit der Natur verloren, haben wir auch die tiefere Bedeutung des Schuhs aus den Augen verloren; doch wir werden sie bald wieder entdecken, indem wir uns wieder mehr mit dem Schuh befassen, besonders durch den Sport: Ski-, Berg-, Jagd-, Wander- und Fußballschuhe, Leinenschuhe beim Tennis, Reitstiefel, sind zum einen nicht wegzudenkende Teile der Sportausrüstung und man wählt sie mit Sorgfalt aus, und zum anderen geben sie Aufschluss über verschiedene Tätigkeiten, Hobbies und Geschmäcker.

Zu einer Zeit, als der Mensch noch viel mehr von den klimatischen Verhältnissen, der Vegetation und der Bodenbeschaffenheit abhängig war und der Großteil der Berufe Körpereinsatz erforderte, hatte der Schuh für jedermann eine immense Wichtigkeit. Heutzutage nimmt er nur noch für wenige Menschen eine solch wichtige Stellung ein. Das Schuhwerk war nicht überall gleich: Die Menschen in kalten Regionen trugen nicht dieselben Schuhe wie die in den Tropen, die im Wald Lebenden hatten anderes Schuhwerk als die Steppenbewohner und das der Sumpfgänger unterschied sich natürlich von dem der Bergsteiger; es wurden je nach Tätigkeit verschiedene Schuhe getragen, sei es bei der Arbeit, auf der Jagd oder beim Fischfang. Folglich gibt uns der Schuh wertvolle Auskünfte über unterschiedliche Lebensweisen.

In hierarchisch gegliederten Gesellschaften, wo die Menschen in Kasten o. ä. eingeteilt waren, war die Kleidung bestimmend. Prinzen, Bürgerliche, Soldaten, Klerus und Diener unterschieden sich auch durch das, was sie trugen. Der Schuh bringt weniger spektakulär als der Hut, aber doch auf umfassendere Weise den jeweiligen Glanz der Kulturen ans Licht, er enthüllt die soziale Klasse und die Erlesenheiten der Völker: Als Erkennungszeichen, so wie der Ring, den man dem dünnsten Finger überstülpt, wird „der gläserne Pantoffel” nur dem zartesten Fuß passen.

Das Aussehen des Schuhs ist von den unterschiedlichsten Gebräuchen geprägt, was uns Einblick in diese gewährt. Er unterrichtet uns über die Fußdeformationen, die chinesische Frauen zu erleiden hatten; er zeigt uns wie die Reiternomaden aus dem Norden ihre Souveränität auf dem indischen Subkontinent beweisen wollten, indem sie in Indien ungebräuchliche Stiefel aufbewahrten. Filzpantoffeln rufen uns die Hammams in Erinnerung, Babuschen das islamische Verbot, mit Schuhen Kultstätten und Häuser zu betreten.

Manchmal hat der Schuh auch symbolischen oder rituellen Charakter, ist verbunden mit einem einschneidenden Augenblick im Leben. Man erzählt, dass hohe Absätze dazu dienten, die Frau am Tag ihrer Hochzeit größer zu machen, um sie daran zu erinnern, dass dies der einzige Moment sei, in dem sie über ihren Mann dominieren kann.

Die Stiefel des Schamanen waren mit Tierhäuten und Knochen verziert, um aus ihm das Abbild eines Hirsches zu machen und ihn zu befähigen, wie ein Hirsch durch die Welt der Sinne zu laufen. Man ist, was man trägt. Und wenn man auch seinen Kopf schmücken muss,...

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