Sie sind hier
E-Book

Krisenmanagement in der Mediengesellschaft

Potenziale und Perspektiven der Krisenkommunikation

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl290 Seiten
ISBN9783531911915
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Der Band verbindet in seiner Ausrichtung eine wissenschaftliche Einordnung mit Beiträgen von
Vertretern aus der Praxis und zeigt den aktuellen Diskurs, Herausforderungen sowie Perspektiven im Bereich der Krisenkommunikation auf. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen dabei die Bedingungen, Formen und Folgen von Krisenkommunikation als Teil des Kommunikationsmanagements von Unternehmen und Organisationen. Dabei wird auf die Vorbereitung auf eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie ebenso eingegangen wie auf die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit im Krisenfall und die abschließende Evaluation im Anschluss an eine Krisensituation.

Tobias Nolting ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Ansgar Thießen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Université de Fribourg (Schweiz).

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe
"Risiken kommunizieren – Grundlagen, Chancen und Grenzen (S. 41-42)

Norbert Baumgärtner

Nicht nur große, weithin bekannte Schadensfälle wie die Chemieunglücke in Seveso und Bhopal oder der Reaktorunfall in Tschernobyl haben das Risiko moderner Technologien in den Fokus von Medien und Öffentlichkeit gerückt, auch Themen des täglichen Lebens wie zum Beispiel Mobiltelefonie, Lebensmittelsicherheit, Klimawandel oder Feinstaub sind Gegenstand einer permanenten Risikodebatte in Öffentlichkeit und Massenmedien. Dabei müssen häufig hochkomplexe, wissenschaftsbasierte Techniken und Prozesse diskutiert werden oder es geht um abstrakte Risiken mit extrem geringer Eintrittswahrscheinlichkeit und schwer bestimmbarem Schadenspotenzial – und nicht selten läuft dieser Kommunikationsprozess zwischen Teilöffentlichkeiten mit teils sehr unterschiedlichen kognitiven Voraussetzungen. Es überrascht nicht, dass Risikokommunikation von den Risikoverursachern und weiteren Akteuren oft gemieden wird und deshalb unterbleibt. Jedoch sollte Risikokommunikation – ebenso wie der Begriff Risiko selbst – nicht nur negativ konnotiert werden, sondern auch unter dem Aspekt „Chance"" betrachtet werden.

1 Risiko oder Gefahr?

„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker"" – dieser durch das Heilmittelwerbegesetz vorgeschriebene Passus zur Risikokommunikation transportiert den Risikobegriff täglich in Millionen Haushalte. Aber riskiert ein Patient durch die Einnahme eines Arzneimittels tatsächlich seine Gesundheit oder erfährt er eine Gefährdung durch eben dieses Mittel? Ändert die Tatsache, dass er die Packungsbeilage liest (oder es unterlässt) etwas am Charakter der potenziellen Schädigung, also wird er erst durch das Lesen zum Risikoträger? Sind eventuelle Nebenwirkungen auch dann ein Risiko, wenn der Patient lebensnotwendig auf das Medikament angewiesen ist? Und gefährdet Rauchen die Gesundheit des Rauchers, wie es bis August 2003 auf in der EU verkauften Zigarettenpackungen zu stehen hatte, oder riskiert dieser sie nicht vielmehr? Betreten wir eine Baustelle „auf eigene Gefahr"" oder kommt ein Engländer, der solches „at his own risk"" tut, der Wahrheit nicht näher?

Bereits der Versuch, Phänomene des Alltags den Kategorien „Risiko"" und „Gefahr"" zuzuordnen, zeigt die Schwierigkeiten im exakten Umgang mit diesen Begriffen. „Man wird die Möglichkeit der Explosion eines Kernkraftwerks als Risiko in Rechnung stellen, den Einschlag eines Meteors dagegen als Gefahr"", schreibt Luhmann, und weiter: „Wer einen Kampf anzettelt, geht ein Risiko ein. Wer mit Überfällen rechnen muß, ohne zu wissen, durch welche Entscheidungen er dies vermeiden könnte, findet sich einer Gefahr ausgesetzt."" (Luhmann 1996a: 39)

Diese Unterscheidung macht deutlich, dass die Gefahr eher dem Unvermeidbaren, von außen kommenden zugerechnet wird, während ein Risiko Folge des menschlichen Handelns oder Unterlassens ist. Indem also Risiko bewusste Entscheidungen und Handlungen oder beabsichtigte Unterlassungen voraussetzt, wird ein wichtiges konstitutives Merkmal von Risiko deutlich: Die Zurechenbarkeit. Die Diskussion, inwieweit menschliches Handeln möglicherweise Ursache für früher als „Naturkatastrophen"" apostrophierte Ereignisse (Bergrutsche, Überschwemmungen, Dürren) sein kann, zeigt jedoch, dass die Grenzen unscharf geworden sind, dass die Möglichkeit besteht, dass ursprüngliche Gefahren durch riskante Handlungen zumindest erhöht worden sind, also eine Mischform aus Gefahr und Risiko entstanden ist.

Einfacher hingegen die Zurechenbarkeit bei Risiken: Hier sind Risikoverursacher klar erkennbar, können ex post auch „Schuldige"" ausgemacht und zur Verantwortung gezogen werden. Risikokommunikation von Wirtschaftsunternehmen ist also per se Kommunikation von Risikoproduzenten und, im Falle einer negativen Realisierung des Risikos, potenziell Beschuldigter oder Schuldiger – eine Hypothek, die Unternehmen bei der Risikokommunikation praktisch systemimmanent anhaftet."
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Vorwort7
Krisenmanagement in der Mediengesellschaft9
Teil 1 Einführung19
Die Krisenkommunikation von Organisationen Ansätze, Ergebnisse und Perspektiven der Forschung20
Teil 2 Krisenmanagement in der Mediengesellschaft35
Risiken kommunizieren – Grundlagen, Chancen und Grenzen36
Krisen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Über die Differenz funktionaler und individueller Kommunikation.58
Krise und Krisenkommunikation: Von der Ausnahme zur Regel?78
Nach der Krise ist vor der Krise – Beschleunigung der Krisenkommunikation93
Krisenkommunikation als Vertrauensfrage? Überlegungen zur krisenbezogenen Kommunikation mit verschiedenen Stakeholdern107
Die Rolle der Kommunikation im interdisziplinären Krisenmanagement128
Krisenprävention als Zusammenspiel der Disziplinen, oder: Ein Orchester, kein Solo- Instrument140
Issues Management152
Frühwarnsysteme in der Krisenkommunikation178
Brandschutz ist die beste Feuerwehr186
Krisenkommunikation im Ernstfall – Die Rolle der Kommunikationsverantwortlichen191
Zwölf Faktoren erfolgreicher Medienarbeit in Krisensituationen198
Machen die Medien die Krise? Trifft es immer nur die anderen? Warum und wie sich jedes Unternehmen auf den Ernstfall vorbereiten sollte.211
Krisenkommunikation ganz praktisch – Wie Journalisten mit Krisen umgehen219
Gefahrenzone Internet – Die Rolle der Online-Kommunikation bei der Krisenbewältigung226
Mit strategischer Krisenevaluation zur besseren Krisenperformance246
Teil 3 Ausblick266
The future of crisis communication from an international perspective267
Autorenverzeichnis280

Weitere E-Books zum Thema: Medien - Kommunikation - soziale Medien

Tatort Tagesschau

E-Book Tatort Tagesschau
Eine Institution wird 50. Format: PDF

»Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau« – seit 50 Jahren beginnt so der TV-Feierabend. Souverän beherrscht die Tagesschau die deutsche Fernsehlandschaft. Je nach Nachrichtenlage…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Virtuelle Welten

reale Gewalt Format: PDF

Die Frage, wie Gewalt und Medien zusammenhängen, lässt sich nicht mit einem Satz oder nur aus einer Perspektive beantworten. Deshalb haben 16 Telepolis-Autoren in 20 Essays ihre Meinung, die…

Virtuelle Welten

reale Gewalt Format: PDF

Die Frage, wie Gewalt und Medien zusammenhängen, lässt sich nicht mit einem Satz oder nur aus einer Perspektive beantworten. Deshalb haben 16 Telepolis-Autoren in 20 Essays ihre Meinung, die…

Weitere Zeitschriften

Ärzte Zeitung

Ärzte Zeitung

Zielgruppe:  Niedergelassene Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten. Charakteristik:  Die Ärzte Zeitung liefert 3 x pro Woche bundesweit an niedergelassene Mediziner ...

Atalanta

Atalanta

Atalanta ist die Zeitschrift der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderung. Im Atalanta-Magazin werden Themen behandelt wie Wanderfalterforschung, Systematik, Taxonomie und Ökologie. ...

DGIP-intern

DGIP-intern

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Individualpsychologie e.V. (DGIP) für ihre Mitglieder Die Mitglieder der DGIP erhalten viermal jährlich das Mitteilungsblatt „DGIP-intern“ ...

DSD Der Sicherheitsdienst

DSD Der Sicherheitsdienst

Der "DSD – Der Sicherheitsdienst" ist das Magazin der Sicherheitswirtschaft. Es erscheint viermal jährlich und mit einer Auflage von 11.000 Exemplaren. Der DSD informiert über aktuelle Themen ...

Euro am Sonntag

Euro am Sonntag

Deutschlands aktuelleste Finanz-Wochenzeitung Jede Woche neu bietet €uro am Sonntag Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Themen Geldanlage und Vermögensaufbau. Auch komplexe Sachverhalte ...

FileMaker Magazin

FileMaker Magazin

Das unabhängige Magazin für Anwender und Entwickler, die mit dem Datenbankprogramm Claris FileMaker Pro arbeiten. In jeder Ausgabe finden Sie von kompletten Lösungsschritten bis zu ...