2 Diagnostische Möglichkeiten
Verschiedene Getreideinhaltsstoffe können zu unterschiedlichen Beschwerden und Erkrankungen führen. Wie lassen sich Gluten- oder Weizensensitivität von anderen möglichen Ursachen abgrenzen?
Bei Unverträglichkeitsreaktionen im Zusammenhang mit Getreide ist die Suche nach den Auslösern leider nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen. Zwei Erkrankungen, nämlich die Zöliakie und die Weizenallergie, lassen sich mit ärztlichen Mitteln klar diagnostizieren. Die Weizen- bzw. Glutensensitivität ist dann eine Ausschlussdiagnose, die nur besagt, dass der Betroffene Weizen bzw. Gluten schlecht verträgt, obwohl er keine Zöliakie und keine Weizenallergie hat. Im Folgenden wollen wir uns diese Erkrankungsbilder und die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten genauer anschauen; auch das ominöse Reizdarmsyndrom bedarf der Erläuterung.
2.1 Was ist Zöliakie?
Die Krankheit „Zöliakie“ ist schon lange bekannt; früher wurde sie auch als „einheimische Sprue“ bezeichnet; heute wird sie zum Teil auch „Glutenallergie“ genannt. Für Menschen mit Zöliakie ist Gluten, auch in kleinen Mengen, absolut unverträglich. Zöliakie ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Darmes, bei der sich das Immunsystem gegen Gluten und ähnliche Eiweiße aus dem Getreide richtet. Durch die entzündlichen Veränderungen kommt es zu Folgeerkrankungen wie einer schlechteren Aufnahme von Nährstoffen im Darm.
War Zöliakie früher eher eine Erkrankung, die bereits im Säuglingsalter auftrat, wenn getreidehaltige Breie zugefüttert wurden, kann sie heute in jedem Lebensalter auftreten. Eine Zöliakie ist nicht heilbar und bleibt lebenslang bestehen. Die besseren Diagnoseinstrumente spielen natürlich eine Rolle dabei, dass heutzutage auch bei Erwachsenen die Diagnose Zöliakie gestellt wird; dennoch gibt es vermutlich eine hohe Zahl noch nicht diagnostizierter Betroffener.
Beobachtbar ist, dass Zöliakie familiär gehäuft auftritt. Eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Erkrankung spielt die Ernährung im ersten Lebensjahr. So sollten kleine Mengen an Gluten bereits noch während der Stillzeit nach dem vierten Lebensmonat und noch vor dem siebten Lebensmonat aufgenommen werden. Wie man mittlerweile weiß, soll diese frühe Gabe von Gluten bei gleichzeitigem Stillen einen schützenden Effekt haben. Früher dachte man dagegen, es sei besser, glutenhaltige Breie möglichst spät in den Speiseplan der Babys mitaufzunehmen.
Babys, die an Zöliakie erkranken, nehmen nicht zu und haben ständig Bauchschmerzen, besonders ab Einführung von glutenhaltigem Getreide. Durch das Weglassen von glutenhaltigen Nahrungsmitteln kommt es ziemlich rasch zu einer Besserung des Gesamtzustandes der Babys.
2.1.1 Zöliakiesymptome
Menschen mit Zöliakie leiden unter enormen Bauchschmerzen und Durchfall sowie Gewichtsverlust, solange sie glutenhaltige Nahrung zu sich nehmen. Und – ganz wichtig – der Darm verändert sich. Ein gesunder Darm hat ziemlich viele Ausbuchtungen und Einstülpungen, um damit die Oberfläche zu vergrößern. Bei Zöliakie gehen diese Zotten und Krypten langsam verloren („Zottenatrophie“). Die Darmoberfläche ist glatt, was sich bei einer Biopsie der Darmschleimhaut feststellen lässt. Tritt unter einer glutenfreien Diät eine Erholung ein, bestätigt dies die Diagnose Zöliakie.
2.1.2 Zusätzliche Laktoseintoleranz
Sehr oft tritt in Folge einer unerkannten Zöliakie auch eine Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) auf, da das entsprechende Enzym (Laktase), das den Milchzucker spalten sollte, durch die kleiner werdende Darmoberfläche ebenfalls abnimmt. Sobald die Zöliakie aber erkannt ist und Gegenmaßnahmen getroffen wurden, sodass sich der Darm wieder erholen kann, geht auch diese Milchzuckerunverträglichkeit wieder zurück.
2.2 Therapie der Zöliakie
Leider gibt es kein Medikament, sodass die glutenfreie Ernährung die einzige Behandlungsmöglichkeit darstellt. Zöliakie ist also nicht heilbar! Durch eine lebenslange, glutenfreie Diät können die Betroffenen sehr gut beschwerdefrei durch den Alltag kommen. Glutenfrei bedeutet in diesem Fall maximal 10 mg Gluten pro Tag. Zum Vergleich: Wir nehmen durchschnittlich etwa 10–20 g Gluten täglich über Getreideprodukte zu uns – das entspricht etwa der Glutenmenge, die in 6 Scheiben Brot enthalten ist.
Mittlerweile gibt es eine Reihe an glutenfreien Produkten auch im herkömmlichen Lebensmittelhandel, sodass eine glutenfreie Ernährung kein so großes Problem mehr darstellt wie noch vor einigen Jahren. Allerdings wird Gluten vielen industriell verarbeiteten Lebensmitteln zugesetzt. So kann sogar in Obstmus, in Milch-Mix-Getränken, in Kartoffelerzeugnissen oder Wurstwaren Gluten enthalten sein – Lebensmittel, bei denen man kein Gluten erwarten würde. Ebenso stellt das Essen außer Haus eine gewisse Herausforderung dar.
Glutenfreie Lebensmittel sind mit dem Symbol der durchgestrichenen Ähre gekennzeichnet. Tragen Lebensmittel dieses Zeichen auf der Verpackung, können Sie sich sicher sein, ein glutenfreies Produkt gekauft zu haben.
2.3 Diagnose einer Zöliakie
Um eine Zöliakie zu diagnostizieren, werden im Idealfall zuerst zwei Untersuchungen gemacht:
Einerseits werden aus dem Dünndarm Gewebsproben entnommen (Dünndarmbiopsie) und auf eine bereits existierende Zerstörung der Dünndarmschleimhaut sowie auf eine Entzündung hin untersucht.
Andererseits werden Antikörper im Blut bestimmt. Sind hier bestimmte Werte erhöht, kann auf eine Zöliakie geschlossen werden.
Diese beiden Untersuchungen geben aber nur dann positive Ergebnisse, wenn in den Wochen vor der Untersuchung nicht auf Gluten verzichtet wurde. Das bedeutet, wenn Sie vorhaben, diese Untersuchungen machen zu lassen, ist es wichtig, die Zeit davor (man geht davon aus, dass vier Wochen ausreichend sind) glutenhaltige Produkte zu essen.
Im zweiten Schritt sollte durch eine glutenfreie Ernährung eruiert werden, ob sich die Beschwerden bessern. Suchen Sie sich dafür am besten eine Ernährungsfachkraft, die Ihnen zur Seite steht. So können Sie sich sicher sein, sich weiterhin ausgewogen zu ernähren – trotz glutenfreier Produkte. Von ihr bekommen Sie auch die notwendigen Tipps für die Praxis.
Bei Menschen mit Gluten- oder Weizensensitivität zeigen sich keine Zöliakie-spezifischen Veränderungen an der Darmschleimhaut und auch keine Zöliakie-spezifischen Antikörper im Blut.
2.4 Weizenallergie
Eine weitere Krankheit, die im Zusammenhang mit der Weizen- bzw. Glutensensitivität erklärt werden muss, ist die Weizenallergie. Bei einer echten Allergie ist immer das Immunsystem mitbetroffen, was sich durch entsprechende Antikörper nachweisen lässt.
Eine Allergie ist eine fehlgesteuerte Reaktion des Körpers auf an sich harmlose Stoffe und natürliche Lebensmittel. Bei einer Lebensmittelallergie wie einer Weizenallergie reagiert der Körper allergisch auf bestimmte Eiweißbestandteile im Weizen. Die Stoffe, auf die der Körper allergisch reagiert, werden als Allergene bezeichnet; meist sind es die Eiweiße (Proteine) in den Lebensmitteln.
Eine Lebensmittelallergie entsteht in 2 Stufen:
Sensibilisierung: Wir essen ein Lebensmittel zum ersten Mal, es kommt zu einem ersten Kontakt zwischen dem Allergen und dem Immunsystem. Beim ersten Kontakt gibt es noch keine Symptome, doch in dieser...