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E-Book

Ein Coffee to go in Togo

Ein Fahrrad, 26 Länder und jede Menge Kaffee

AutorMarkus Maria Weber
VerlagConbook Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl464 Seiten
ISBN9783958891449
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Eines Tages wirft der Unternehmensberater Markus Weber seine heile Welt über den Haufen und stürzt sich Hals über Kopf in ein Abenteuer. Er setzt sich auf sein Fahrrad und fährt los - durch 26 Länder, bis nach Togo. Seine Reise führt ihn durch verlassene osteuropäische Dörfer und über zermürbende Sandpisten in Westafrika. Er fährt per Anhalter durch die Sahara, radelt durch den unerschlossenen guineischen Regenwald und schmuggelt sich in Liberia über geschlossene Grenzübergänge. Alles, um zwei Fragen zu beantworten: Wer bin ich? Und: Gibt es eigentlich Coffee to go in Togo? Ein wahnwitziges Reiseabenteuer zwischen Aufbruchlaune, Selbstfindung und ungewöhnlichen Begegnungen auf 14.037 Radkilometern.

Markus Maria Weber, geboren 1981 in Freiburg im Breisgau, hat sieben Jahre für eine der weltweit größten Unternehmensberatungen gearbeitet. Nach zu vielen Nächten in fremden Bürotürmen und Hotelbetten, nahm der damals 31-jährige Manager eine Auszeit und fuhr mit dem Fahrrad nach Togo, um einen Kaffee zu trinken. Das Manuskript zu seinem Erstlingswerk ist auf seinen Geschäftsreisen, in den Lounges der Deutschen Bahn, in Flugzeugen und bei unzähligen Bechern Coffee to go entstanden.

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Leseprobe

Mit viel Elan und ohne Plan


Ein Monat vor dem Aufbruch

Togo? Das wird schwierig. Ich glaube, die aktuellste Karte ist irgendwann aus den 90ern.« Der graue Haarschopf des Mitarbeiters der Landkartenabteilung verschwand hinter dem schwarzen Flachbildschirm.

»Jepp, Erscheinungsdatum 2001, aber die Vermessung ist von 92. Es gibt eine Dreiländerkarte, da sind Ghana und Benin noch mit drauf. Ist von Anfang 2000. Was Aktuelleres gibt es nicht.«

»Und was ist mit der Elfenbeinküste?«

»Das ist ähnlich. Wirklich aktuelle und verlässliche Karten für Westafrika sind kaum vorhanden. Vor allem, wenn du mit dem Fahrrad unterwegs bist, ist das schwierig. Da kann eine breite Straße auf der Karte dann schon mal eine Schotterpiste in der Pampa sein. Oder umgekehrt, die kleine Piste ist inzwischen eine mehrspurige Fernstraße.«

Der Kopf des Mannes verschwand erneut hinter dem Bildschirm. Das helle Klicken einer Tastatur erklang, dann schob sich das Gesicht wieder nach oben.

»Hab ich’s mir doch gedacht ... Also, die gute Karte ist vergriffen. Irgendwas Verlässliches, was nach dem Bürgerkrieg vermessen worden ist, wirst du nicht bekommen.«

Mit meiner rechten Hand fuhr ich mir über den akkurat gestutzten Dreitagebart. »Vielleicht etwas weiter oben. Was ist denn mit Mauretanien? Das wäre wichtig, wegen der Wüste. Ist ja auch ziemlich groß.«

»Ha, also das wird ganz schwer. Vielleicht gibt’s da noch eine alte Sowjetkarte von der Sahara aus dem Kalten Krieg. Musst mal im Internet danach suchen. Die Bilder der russischen Militärsatelliten sind noch immer hilfreich. Da müsstest du nur aufpassen, weil die Sowjetkarten in den afrikanischen Ländern am Zoll oft beschlagnahmt werden. Moment mal, vielleicht find ich noch was.«

»Ist schon okay. Ich glaube, ich nehme dann erst mal nur eine Karte von Westafrika, um mir einen Überblick zu verschaffen.«

»Na, das ist einfach.« Der Mann stand auf und zog mit einem geübten Handgriff eine dünne Karte aus einem der vollgestopften Bücherregale hinter sich. »Hier haben wir etwas. Da sind alle Küstenländer drauf, vom Senegal bis runter nach Nigeria. Der Maßstab ist 1:2,2 Millionen. Das ist riesig, viel wirst du damit nicht planen können, aber für einen groben Überblick sollte es reichen.«

Ich ergänzte die Karte, auf der Togo so groß war wie eine afrikanische Minibanane, mit einem Rough Guide für Westafrika, der unter Abenteurern aufgrund seiner realistischen Tourenvorschläge sehr beliebt war. Und das sollte es dann mit der Vorbereitung gewesen sein.

Zufrieden verbrachte ich den Abend mit meinen Freunden bei zu viel Bier und Spinnereien über meine bevorstehenden Abenteuer. Inzwischen wusste der ganze Ort, dass ich mich auf die abenteuerliche Reise begeben wollte, und einen Rückzieher konnte ich nun nicht mehr machen. Daher blieb mir nichts anderes übrig, als möglichst selbstbewusst über mein Vorhaben zu philosophieren.

Einige Stunden und mehrere Biergläser später waren sowohl meine Zuhörer als auch meine Euphorie verflogen. Ich lag in meinem Bett und konnte nicht schlafen. Eine innere Unruhe hielt mich wach.

Noch vier Wochen, dann sollte es losgehen! Wie sollte ich das bloß schaffen?

Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Der strenge Geruch von Plastik kroch mir in die Nase. Am Fuße des Betts stapelte sich das Outdoorequipment. Nagelneu und zum Teil noch in der Originalverpackung. Online hatte ich Produkte aus der ganzen Welt eingekauft: Ein hochmoderner Wasserfilter aus der Schweiz, eine Ultraleicht-Isomatte aus den USA, eine ausklappbare Handsäge aus Finnland und eine extralaute Signalpfeife aus England. In meinem Fahrrad-Reparaturset befanden sich acht Ersatzspeichen, ein zweiter Satz Bremsblöcke, neue Schaltzüge, eine zweite Luftpumpe und ein beängstigend schweres Multi-Tool, mit dem man sogar eine gerissene Fahrradkette reparieren konnte. Meine gesamte Ausrüstung lag geordnet neben den neuen wasserdichten Fahrradpacktaschen. Technisch schien ich vorbereitet zu sein, von der Polarexpedition bis zur Wüstendurchquerung.

Aber all das beruhigte mich nicht. Im Gegenteil, ein ungewohntes Gefühl von Unsicherheit und Angst übermannte mich, als ich an all die Ausrüstung dachte. Denn allmählich wurde mir bewusst, dass ich überhaupt keine Ahnung hatte von einem Leben als fahrradfahrender Weltenbummler. Ich hatte keine Ahnung, wie ich ein neues Kettenglied in eine gerissene Kette einsetzen sollte, wie ich einen Ölwechsel an meiner Fahrradnabe vornehmen konnte oder wie ich die Hydraulikbremsen einstellen sollte. Ich wusste nicht, wie man einen Wasserfilter benutzte oder mit welchem Benzin ich meinen Kocher füllen durfte. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich all die neuen Geräte überhaupt benutzen sollte, ich konnte ja noch nicht mal einen platten Reifen flicken!

Ernüchtert zog ich mein Fazit: Ich war überhaupt nicht vorbereitet! Ich konnte nicht einfach durch Frankreich und Spanien radeln, dann wäre ich nach ein paar hundert Kilometern bereits in Afrika und hätte überhaupt keine Ahnung vom wilden Leben eines Abenteurers und den Herausforderungen, die im Sattel eines Reiserads auf mich warten würden.

Nein, so ging das nicht! Ich würde mich vorbereiten müssen. Ich musste mich erst einmal warmradeln, meinen ersten platten Reifen flicken und wissen, wie ich mir außerhalb des Hotelzimmers einen sicheren Schlafplatz suchen konnte.

Verzweifelt richtete ich mich auf und schaltete den Fernseher ein, um mich von den wirren Gedanken abzulenken. Im Ersten lief die Tagesschau, im ZDF fiedelten die Berliner Philharmoniker auf der Waldbühne und auf den privaten Sender tummelten sich Auswanderer, Promiköche und Supermodels. Als ich auf Kanal 35 angelangt war, hielt ich inne. Eine Luftaufnahme zeigte den dunkelblauen Lauf eines beeindruckenden Flusses, der sich seinen Weg durch hügelige grüne Landschaften bahnte. Die stete Bewegung des tiefblauen Wassers hatte eine beruhigende Wirkung.

»Im weiteren Verlauf nimmt der majestätische Fluss an Größe zu, bis er am Ende Europas in einem weitläufigen Delta ins Schwarze Meer mündet«, erklärte die ruhige Stimme des Kommentators.

Gefesselt betrachtete ich die flimmernde Landschaft auf dem Bildschirm. Die Donau, dachte ich, wieso eigentlich nicht? Dann fielen mir die Augen zu.

Am nächsten Morgen hatte ich nach einer halbstündigen Internetrecherche und drei Tassen Kaffee die Lösung gefunden: Ich würde die Donau entlangfahren, von ihrer Quelle im badischen Donaueschingen bis zum Donaudelta in Rumänien, am Ende Europas. Die Donau war der perfekte Start für einen Abenteuerneuling. Der Donauradweg galt als einer der besten und sichersten Radwege der Welt, und mit jedem Kilometer würde er mich tiefer in mein Abenteuer führen. Der kleine Umweg würde etwa drei Monate in Anspruch nehmen, und in dieser Zeit könnte ich meine ersten Nächte im Zelt verbringen und meinen Kocher ausprobieren, ohne allzu weit weg von der Zivilisation zu sein. Und das allerbeste: Ich musste nur dem Fluss folgen, eine Karte war also nicht erforderlich.

Der Plan mit der Donau stimmte mich zufrieden, und in den letzten Tagen vor meiner Abreise konzentrierte ich mich auf die bevorstehenden Hürden in Afrika. Tagsüber arbeitete ich in Anzug und Krawatte für die anstehende Bankenfusion in Frankfurt, die Abende verbrachte ich in meinem Hotelzimmer, tief gebeugt über die Westafrikakarte oder versunken in Wikipedia-Artikeln.

Während die Nächte im Hotel immer länger wurden, die Minibar immer leerer und ich ein Abenteuerforum nach dem anderen durchforstete, wurde mir allmählich klar, dass Westafrika noch weniger erschlossen war, als ich gedacht hatte.

Klar, da gab es Marokko, das als hervorragendes Reiseland galt, und auch große Teile des Senegals waren touristisch entwickelt. Aber bereits über die an Marokko grenzende Westsahara oder die Casamance im Süden des Senegals waren aufgrund von Krisen, Rebellen und sonstigem Chaos kaum verlässliche Reiseinformationen zu erhalten. Von Ländern wie Guinea, Sierra Leone oder Liberia ganz zu schweigen.

Berichte über Radfahrer in Afrika gab es zu meinem Erstaunen – allerdings nur über Ostafrika. Dort gab es sogar ein jährlich stattfindendes Fahrradrennen, die Tour d’Afrique, die die Teilnehmer von Kairo bis nach Kapstadt führte, an den südlichsten Zipfel des Kontinents. Verrückt!

Über Radfahren in Westafrika hingegen gab es praktisch nichts. Einen einzigen Reiseblog hatte ich ausfindig machen können, in dem der britische Lehrer Peter Gostelow berichtete, wie er von England über die afrikanische Westküste nach Kapstadt radelte. Gespannt verschlang ich die ersten Einträge, bis Peter im Senegal angelangt war. In der Hauptstadt Dakar wurde er von vier Afrikanern mit Macheten überfallen und ausgeraubt. Als sich der Radler zur Wehr setzte, wurden ihm die rostigen Klingen der Macheten in Beine und Arme geschlagen, und er musste verletzt mehrere Tage im Krankenhaus verbringen. Mir blieb mein Club Sandwich im Hals stecken und ich hörte an dieser Stelle mit dem Lesen des Blogs auf.

So verging die Zeit. Mit viel Elan arbeitete ich an vielen Dingen, nur nicht an der praktischen Vorbereitung meiner Reise. Die letzten Tage vor dem Abschied flüchtete ich mich in Arbeit und versuchte, meinen Job möglichst gut an meinen Nachfolger zu übergeben. Im Keller meiner Eltern stapelten sich das neue Fahrrad, Werkzeug, Outdoorkleidung und das schwedische Zelt. Das meiste davon noch in Originalverpackung, blitzblank und unbenutzt.

Die Sorgen und Nachfragen bei Freunden und...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Etappe 018
Etappe 142
Etappe 2120
Etappe 3180
Bildteil239
Etappe 4256
Etappe 5444
Karte466

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