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Sprachbilder und Metaphern in der Mediation

AutorBrigitte Spangenberg, Ernst Spangenberg
VerlagWolfgang Metzner Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783943951936
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Metaphern, Vergleiche, Fabeln, Parabeln und Geschichten - immer wieder benutzen Medianden und Mediatoren sprachliche Bilder, um ihre Gedanken, Emotionen oder Sachverhalte auszudrücken. Angelehnt an die Ausbildungsziele und die Phasen einer Mediation vermittelt das Buch, wie eine bildhafte Sprache Medianden und Mediatoren bei der gemeinsamen Lösungssuche unterstützen kann. Die Autoren Brigitte und Ernst Spangenberg sind seit über 20 Jahren Mediatoren und Ausbilder. Ihre facettenreichen Erfahrungen spiegeln sich in den zahlreichen Dialogbeispielen und Formulierungshilfen wider und verdeutlichen, dass eine Mediation durchaus ernst, gleichzeitig aber auch humorvoll gestaltet werden kann. Ergänzt wird dieses praxisnahe Lehrbuch durch einen umfangreichen Fundus an sprachlichen Musterbildern und Übungsfragen. Für angehende und erfahrene Mediatoren eine interessante und unterhaltsame Einführung in die Arbeit mit Sprachbildern.

Brigitte Spangenberg ist Fachpsychologin für klinische Psychologie, Psychotherapie, vereidigte Sachverständige in Familiensachen a.D., Mediatorin und Kommunikationstrainerin. Geboren wurde sie 1941 in Gießen. Sie absolvierte ein Studium der Psychologie und Volkskunde in Frankfurt am Main und Graz. Seit 1985 ist sie klinische Psychologin. Von 1987 bis 2002 war sie vereidigte Gerichtssachverständige in Familiensachen. NLP-Lehrtrainerin ist Frau Spangenberg seit 1990, Mediatorin seit 1992. Außerdem ist sie Gärtnerin, arbeitet ehrenamtlich mit Kindern, hat vier Kinder und zehn Enkel. Ernst Spangenberg ist Familienrichter a.D., Mediator (BAFM), Kommunikationstrainer und Coach. Geboren wurde er 1937 in Kassel. Er absolvierte sein Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main, Marburg und Berlin. Seit 1966 ist Herr Spangenberg Richter, seit 1977 Familienrichter. NLP-Lehrtrainer ist er seit 1991, Mediator seit 1992. Außerdem ist er Maler, Autor, Sportler und Rechtswissenschaftler. Er hat vier Kinder und zehn Enkel.

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Leseprobe

2 Mit der Sprache arbeiten


Einleitung

Wer die Sprache als Instrument in seiner täglichen Berufsarbeit einsetzen will, benötigt Basiswissen zur Funktionsweise von bildhaften Darstellungen und sollte Kenntnis haben von deren Eigenschaften. Er sollte wissen, wie sie wirken und welchen Einfluss sie auf die Entwicklung eines Gespräches nehmen können. Er sollte sich eine Vielzahl sprachlicher Ausdrücke angeeignet und erschlossen haben, um die Ausdrücke seiner Gesprächspartner kontextpräzise aufspüren und erkennen sowie eigene metaphorische Sprachbilder zielorientiert einsetzen zu können.

2.1 Die Bildhaftigkeit unserer Sprache


Die vielfältige Nutzbarkeit von Sprachbildern

Unsere Sprache ist reich an bildhaften Ausdrücken. In vielen Fällen verwenden wir sie, ohne dass sie uns als solche auffallen. Reden wir zum Beispiel vom Tischbein oder vom Hasenfuß, meinen wir in beiden Fällen etwas anderes, als der Begriff es eigentlich besagt, denn ein Tisch hat kein Bein, ein Hase keinen Fuß. Dennoch verstehen wir unmittelbar, was gemeint ist, weil diese Begriffe Teil unserer Alltagssprache geworden sind. Andere Formulierungen, wie zum Beispiel der Zahn der Zeit leuchten uns ein, wenn wir die an den Zahn gekoppelte Assoziation von nagen mit der Eigenschaft des Vergehens von Zeit verbinden. Wir entwickeln eine unbestimmte, in eine gewisse Richtung laufende Vorstellung davon, was gemeint ist. Eine genaue Definition wird jedoch vermieden: Wir können nicht sagen, wie der Zahn der Zeit aussehen könnte. Wir wissen nur, er sorgt dafür, dass Vergänglichkeit sichtbar wird.

Metaphorische Sprechweisen, und bildhafte Ausdrücke eröffnen in vielen Fällen Interpretationsspielräume, sind also abhängig von Kontexten, in denen sie auftauchen. Es ist ein Sprechen, das uns eine gewisse Freiheit einräumt, eigene Vorstellung von Zusammenhängen zu entwickeln und als Verständnishilfen zur Verfügung zu stellen. Wir geben mit diesen Ausdrücken zu verstehen, dass wir verstanden haben. Oder wir liefern unserem Gesprächspartner Bilderwelten, von denen wir wollen, dass sie sein Verständnis der Zusammenhänge mit unserer Vorstellung von ihnen in einen möglichst deckungsgleichen Einklang bringen, ohne dass wir identische Vorstellungen voraussetzen müssen.

Einige Beispiele dazu:

Das Auge lacht, es lacht das Herz.

In Wirklichkeit kann kein Auge lachen, auch kein Herz. Wenn wir das Auge, das Herz oder gar die Sonne lachen lassen, verwenden wir den Begriff des Lachens metaphorisch, um Neugier, Frohsinn, strahlendes Wetter durch etwas anderes auszudrücken. Wir übertragen Bedeutungen und unterstellen – in den meisten Fällen zurecht –, dass das Wort Lachen mit sehr positiven Assoziationen bei unserem Gesprächspartner gekoppelt ist.

Der Mensch lebt nicht von Brot allein, er braucht auch geistige Nahrung.

Dieser Satz spielt auf mehreren Ebenen mit einem metaphorisch bedingten bildhaften Verstehen: Er spielt mit der Annahme, Brot sei eine Grundbedingung der Existenz. Dabei steht Brot aber schon für alle Formen von Nahrung, und mit der Ergänzung geistige Nahrung schlägt diese Metaphorik sofort in einen weiteren Kontext um: in eine ethische Definition des Menschen. Danach sei er zugleich ein moralisches Wesen, das auch geistiger Nahrung bedarf, um existieren zu können. Dabei fragen wir nicht eine Sekunde lang nach, wie denn der Geist essen oder trinken könne, denn wir wissen sofort, dass die hier gemeinte Nahrungsaufnahme anderer Natur ist. Sie kann auf keinem anderen Tablett serviert werden, als auf dem der metaphorischen Sprechweise.

Hat man seine Wahrnehmung erst einmal für bildhafte sprachliche Ausdrücke geschärft, entdeckt man diese überall. Sie spiegeln in ihrer Bildhaftigkeit Teile unseres Alltagserlebens und zwar in mannigfaltigen Zusammenhängen. So verwenden wir sehr häufig Ausdrücke, die Bezeichnungen des Körpers oder seiner einzelnen Teile metaphorisch einsetzen: Vielen Menschen sitzt das Herz am rechten Fleck, oder jemand besitzt einen starken Charakter und tut bestimmte Dinge leichten Herzens. Es gibt Herzen, die im Dreivierteltakt schlagen und aus denen im Idealfall ein Herz und eine Seele werden. Manchmal aber wird uns das Herz schwer.

Ebenso häufig werden Ausdrücke aus dem Bereich der Speisenzubereitung metaphorisch angewendet: So ist uns manches ein Augenschmaus, anderes hingegen hat einen bitteren Beigeschmack. Manchmal kocht man vor Wut und am Ende bleibt oft die Erfahrung, dass viele Köche den Brei verderben.

Unerschöpflich erfinderisch erleben wir die Natur und ebenso unerschöpflich tauchen in unserer Alltagssprache Ausdrücke auf, in denen Naturbegriffe metaphorisch eingesetzt werden: Wir sprechen gern vom Lebensabend, freuen uns, wenn ein Samenkorn auf fruchtbaren Boden fällt, und kennen die Insel der Glückseligen.

Auch das Wetter und seine Begleiterscheinungen haben ihren buchstäblichen Niederschlag in unserer Alltagssprache gefunden: Von Zeit zu Zeit brauen sich dunkle Wolken über uns zusammen und entladen sich in einem Gewitter. Anschließend scheint wieder die Sonne.

Selbst kollektive Erfahrungen wie ein Krieg haben ihre Spuren in unserer Alltagssprache hinterlassen: Da redet jemand wie ein Maschinengewehr oder schießt wie aus der Pistole zurück. Es kann auch eine Bombe hochgehen oder etwas wie ein Bombenhagel über jemanden niedergehen.

Und dass Tiere nicht nur in Fabeln Eigenschaften des Menschen annehmen, sondern dies unmittelbar in unserer Alltagssprache tun, muss nicht eigens betont werden: Jemand ist schlau wie ein Fuchs, ist vielleicht auch ein bunter Vogel oder ein bissiger Köter. Und bei aller Beschleunigung kann es doch auch mal im Schneckentempo vorwärts gehen.

Durch die bildhafte Sprache haben wir die Möglichkeit, ungewohnte Perspektiven zu eröffnen oder tiefe Gefühle wachzurufen: Hier einige dichterische Anwendungen metaphorischen Sprachgebrauchs:

Gelassen stieg die Nacht ans Land, lehnt träumend an der Berge Wand. (Eduard Mörike, »Um Mitternacht« 1827)

Es war, als hätt’ der Himmel die Erde still geküsst. (Joseph Freiherr von Eichendorff, »Mondnacht«, 1835)

Wie Träume liegen die Inseln im Nebel auf dem Meer. (Theodor Storm, »Meeresstrand«, 1835)

Die dichterische Sprache, wie sie hier aufgezeigt ist, vermittelt vielleicht Ahnungen oder Grenzerfahrungen, für die unsere alltägliche Sprache keine direkten Ausdrücke kennt. Und wieder fragen wir nicht, wie träumt denn eine Nacht?, sondern versuchen uns vorzustellen, wie die Inseln im Nebel dem Auge greifbar sind oder sich ihm entziehen, fragil wie die Erinnerungen an unsere Träume. Wir versuchen also auch Zusammenhänge, die sich unserer Alltagserfahrung entziehen – weil besonders selten oder durch spezifische Seelenzustände geprägt – durch bildliche Darstellungen zu veranschaulichen und somit für Dritte verständlich zu machen.

Wenn wir über Dinge reden, die wir wissenschaftlich nicht genau nachvollziehen können, reicht unserem Verstand meist ein schnelles Bild. Und schon beschreiben wir zum Beispiel ein Ereignis aus der Zeit des Entstehens unseres Kosmos als ein Ereignis, das nur einen Steinwurf weit vom Urknall entfernt ist. Und wir tun, als hätten wir verstanden. Haben wir auch, aber nur so viel, als dass wir jetzt wissen, dass unser Gesprächspartner eine gewisse Nähe zwischen zwei Ereignissen in einer merkwürdig weiten Vergangenheit meint.

Die Vorstellung, die wir von unserer Welt besitzen, wird nach unserem Eindruck, immer komplexer. Dennoch müssen wir uns sprachlich in dieser Welt zurechtfinden. Wir versuchen nun tatsächlich, komplexe Zusammenhänge in verkürzte sprachliche Formulierungen zu zwängen, die wir leicht nachvollziehen und damit verstehen können.

Um uns beispielsweise nicht mit den komplexen Vorgängen beim Betrieb eines Computers und bei der digitalen Kommunikation auseinander zu setzen, haben wir sprachliche Ausweichmanöver geschaffen. Sie erlauben es...

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