II. Umwelt und Banken
1. Umweltrelevante Entwicklungen in Gesellschaft, Politik und Recht
a) Großbritannien
Das Umweltbewußtsein der britischen Bevölkerung hat sich seit Beginn der achtziger Jahre stark verändert. Eine 1993 vom Umweltministerium durchgeführte Umfrage ergab, daß 85 % der Bevölkerung in England und Wales „relativ besorgt“ oder „sehr besorgt“ über den Zustand ihrer Umwelt sind[4]. Dies schlägt sich unter anderem in einem veränderten Konsumentenverhalten der Bevölkerung nieder, die verstärkt umweltrelevante und ethische Aspekte in die Kaufentscheidung miteinbezieht. 1995 gaben in einer Umfrage der „UK Co-operative Wholesale Society“ 70 % der Befragten an, Geschäfte und Produkte aufgrund einer negativen Bewertung dieser Aspekte boykottiert zu haben. Bestes Beispiel für den Erfolg einer ökologisch und ethisch ausgerichteten Geschäftspolitik im Einzelhandel ist die Firma „The Body Shop“, die Naturkosmetikartikel vertreibt und heute eine multinationales Unternehmen mit über 1480 Geschäften in 46 Ländern ist[5].
Die Mitgliederzahl in Umweltverbänden ist stark angestiegen und hat sich in der Zeit von 1981 bis 1992 mehr als verdoppelt. 1992 waren fast 4 Millionen Menschen Mitglied eines Umweltverbandes, was immerhin ca. 8% der Bevölkerung entspricht. Mehrere wichtige Verbände wie z.B. Greenpeace haben ihre reine Konfrontationspolitik[6] vermindert und streben eine verstärkte Kooperation mit Wirtschaft und Politik an. Weiterhin haben sie ihre wissenschaftliche Kompetenz erhöht und wissen, die Plattform der EU-Politik und -Gesetzgebung geschickt und gezielt für ihre Zwecke einzusetzen. Sie sind somit zu einer erstzunehmenden Einflußgröße bzw. einem möglichen Kooperationspartner, auch für Unternehmen, geworden[7].
Der Umweltpolitik wurde bis Ende der achtziger Jahre eine relativ geringe Rolle beigemessen. Die Regierungstätigkeit war bis dahin dadurch gekennzeichnet, daß sie nur schleppend Umweltvorschriften erließ, Umweltbehörden nicht ausreichend finanziell unterstützte sowie internationalen Initiativen (wie z.B. zum Schutz der Nordsee) ablehnend gegenüberstand. Umweltvorschriften und -standards wurden in enger Kooperation mit den zu regulierenden Industrien durchgeführt. Insgesamt wurde im Bereich Umweltpolitik das Prinzip freiwilliger Verpflichtungen und Flexibilität im Gegensatz zu strengem Ordnungsrecht betont. In diesem Maßnahmen spiegelte sich die neoliberale Wirtschaftspolitik der damaligen britischen Premierministerin Mrs. Thatcher wider[8]. Umweltgesetze waren bis 1990 in Großbritannien nicht in einem Gesetzbuch zusammengefaßt, sondern in vielen verschiedenen Einzelgesetzen kodifiziert[9].
Seit 1989 wird dem Politikfeld „Umwelt“ jedoch eine größere Bedeutung beigemessen. Die Regierung beschloß, sich an dem Ziel der Nachhaltigen Entwicklung zu orientieren. Dieses soll mit einer Mischung von Regulierungen und ökonomischen Anreizmitteln wie Öko-Steuern und Investitionsförderung erreicht werden. Weiterhin betont die Regierung die Bedeutung von umweltbewußten Konsumentenverhalten und ökologieorientierten Initiativen der Wirtschaft[10]. Auf europäischer und globaler Ebene engagiert sich die Regierung zunehmend für die Lösung der grenzüberschreitenden Umweltprobleme wie z.B. beim Thema Klimaschutz[11]. Der Politikprozeß selber ist durch einen zunehmenden Einfluß von Umweltverbänden, Wissenschaftlern und Medien gekennzeichnet. Der Einfluß einer ökologieorientierten Partei wie in Deutschland ist allerdings nicht vorhanden[12]. Im Bereich der Umweltgesetzgebung wurde die Industrie mit zwei umfassenden Gesetzesakten 1990 und 1995 wesentlich strengeren Kontrollmechanismen unterworfen, und eine nationale Überwachungsbehörde (Environment Agency) wurde eingerichtet[13].
Zu beachten ist allerdings, daß die Wirtschaft auch heute noch eine dominante Rolle bei der Formulierung von umweltpolitischen Maßnahmen und Gesetzen einnimmt und über mehrere Foren und Komitees wie z.B. dem „Advisory Committee on Business and the Environment“ (ACBE) eng in die Regierungsarbeit eingebunden ist. Außerdem setzt die Regierung neben verstärkten Regulierungen wie schon unter Thatcher auf freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft und Informationsaustausch, um Umwelt-aspekte in das Management zu integrieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit der Regierung, der Wirtschaft, Wissenschaftlern und Umweltverbänden bei der Formulierung des britischen Umweltmanagementstandards BS 7750[14], der 1992 veröffentlicht wurde[15].
b) Deutschland
Das Thema Umweltschutz nimmt als gesellschaftspolitisches Problemfeld trotz einer zunehmenden Bedeutung anderer Themen wie z.B. Arbeitslosigkeit in Deutschland immer noch eine starke Stellung ein. Dies läßt sich aus einer Umfrage des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) von 1996 ableiten. Politische Maßnahmen zur Verbesserung des Umweltschutzes werden von den Befragten in Westdeutschland auf dem dritten Rang (hinter Arbeitslosigkeit und Kriminalität) und von den Befragten in Ostdeutschland auf dem vierten Rang (hinter Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Erhalt des Sozialstaates) plaziert. Im Konsumbereich achten in der Bundesrepublik ca. 45 % der Verbraucher beim Einkauf „immer“ oder „oft“ auf Verpackungshinweise zur Umweltverträglichkeit der Produkte. Interessant ist, daß den Umweltbürgerinitiativen und -verbänden mehr Problemlösungskompetenz im Bereich des Umweltschutzes zugetraut wird als staatlichen Umweltschutzbehörden, Gewerkschaften und der Industrie[16].
Die Bedeutung der Umweltschutzverbände hat in Deutschland seit Beginn der achtziger Jahre stark zugenommen. 1996 waren ca. 4 Millionen Menschen Mitglieder in lokalen, regionalen und nationalen Umwelt- und Naturschutzverbänden registriert. Einige Strategien der Umweltverbände sind immer noch auf öffentlichkeitswirksame Protestaktionen (z.B. gegen bestimmte Wirtschaftsunternehmen), Mobilisierung politischen Drucks oder Warenboykotts ausgerichtet. Zunehmend konzentrieren sich die Verbände ähnlich wie in England allerdings auf die Kooperation mit Wirtschaft und Politik sowie Informations- und Wissensvermittlung[17].
In Deutschland wurde bereits zu Beginn der siebziger Jahre eine eigenständige Umweltpolitik geschaffen. Im Gegensatz zu Großbritannien war das bevorzugte umweltpolitische Instrument das Ordnungsrecht, wodurch die Regierung eine Vielzahl von Regulierungen schuf. Viele dieser Regulierungen sind hochdetailliert und führen dazu, daß Deutschland eines der kompliziertesten Rechtssysteme für Umweltschutz weltweit besitzt. Firmen sehen sich einer Unzahl von Vorschriften gegenüber, was oftmals insbesondere von der Industrie bemängelt wurde[18]. Andererseits haben die strengen Auflagen im deutschen Umweltrecht Innovationsschübe im Bereich Umweltforschung und -technik ausgelöst, wodurch eine starke Wirtschaftsbranche entstanden ist[19].
Zu Beginn der achtziger Jahre betraten „die Grünen“ die Parteienlandschaft und waren 1983 erstmalig im Bundestag vertreten. Das föderale System in der Bundesrepublik ermöglichte ihnen, auf Koalitionsebene aktiv in das umweltpolitische Geschehen auf Landesebene einzugreifen. Obwohl auch andere Parteien ökologischer Aspekte in ihre politischen Programme aufnahmen, konnten sich die Grünen etablieren und sind aus den letzten Bundestagswahlen 1994 als drittstärkste Partei hervorgegangen[20].
Wie in Großbritannien werden auch in Deutschland seit Beginn der neunziger Jahre neue Prioritäten in der Umweltpolitik und in der Umweltgesetzgebung gesetzt. Die deutsche Politik bekennt sich seit 1992 zum Prinzip der Nachhaltigen Entwicklung und hat 1994 den Umweltschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen. Im Rahmen der Umweltpolitik wird versucht, sich vom streng hierarchischen Ordnungsrecht zu kooperativen, flexiblen und freiwilligen Politikmaßnahmen wie z.B. der Einführung von Öko-Steuern zu bewegen[21]. Das 1990 erlassene Umwelthaftungsgesetz soll helfen, Sanierungskosten für Umweltschäden nicht der Allgemeinheit, sondern den verschmutzenden Unternehmen zuzurechnen[22].
Das Kooperationsprinzip[23] soll gestärkt werden, womit die Verantwortung von Bürgern, Umweltorganisationen, der Wissenschaft und der Wirtschaft deutlich gemacht wird[24]. Insbesondere im Bereich der Wirtschaft wird die Bedeutung von Selbstverpflichtungen und die Entwicklung von Umweltmanagementsystemen betont. Ein gutes Beispiel hierfür ist die deutsche Autoindustrie, die sich freiwillig dazu verpflichtet hat, Altautos kostenlos zu entsorgen[25].
Abschließend bleibt festzuhalten, daß sich der Faktor Umwelt in den Gesellschaftssystemen beider hier betrachteten Länder fest etabliert hat und...