1.2 Talent - kein göttliches Gen
Jeder kann alles schaffen! Er muss es nur wollen und bereit sein, entsprechend intensiv zu trainieren. Erfolg resultiert nicht aus einem göttlichen Gen namens Talent, sondern ist das Produkt harter Arbeit. Natürlich ist eine gewisse Begabung förderlich für die Entwicklung, aber auch hier ist Eigeninitiative unerlässlich, sonst verkümmert das Talent. Wer früh beginnt, kann daher in fast allen Bereichen außergewöhnlich gut werden. Denn nur auf einer stabilen Grundlage lässt sich etwas Großes aufbauen.
Definition: Talent
„Begabung, die jemanden zu ungewöhnlichen bzw. überdurchschnittlichen Leistungen auf einem bestimmten, besonders auf künstlerischem Gebiet befähigt.“[4]
Jeder Mensch hat Talent. Aber es liegt in seiner Hand, was er daraus macht. Denn Talent kann man nicht messen. Vielmehr muss es für Trainer und Scouts in Form von Leistungsauffälligkeiten in Training und Spiel demonstriert werden. Beobachtet wird nämlich nur die erbrachte Leistung. Diese wird dann im Sinne einer Begabung interpretiert, doch ob die „messbare“ Leistung aus Talent oder aus harter Arbeit entspringt, ist für den Außenstehenden nicht nachvollziehbar. Während ein Fußballer also eine Bilderbuchkarriere hinlegt und es bis in die Bundesliga schafft, wird ein anderer mit ähnlichen Anlagen vielleicht ein Leben lang nur Amateurfußball spielen. Und auch bei den Stars, die ganz oben ankommen, sollte man immer bedenken, dass ihr Weg nie geradlinig war, dass auch sie Hindernisse zu überwinden hatten, Rückschläge verkraften mussten.
Mario Götze, Siegtorschütze im WM-Finale 2014, ist hierfür ein sehr gutes Beispiel:
„Ich glaube, es erreicht keiner diese Dinge, weil es einfach so passiert. Es gab all die Jahre immer Widerstände zu überwinden: Schon in der Jugend hatte ich Verletzungen, mein Körper war nicht von null auf 100 gleich da. Als ich mit 17 zu den Profis gekommen bin, sah ich aus wie ein kleiner Junge. Dann hatte ich acht Monate Probleme mit dem Schambein. Dann kam die EM 2012, bei der ich kaum eine Rolle gespielt habe, dann kam der Wechsel. Ich habe mit 18 schon Situationen erlebt, die ruhig auch später hätten kommen können. Die wenigsten wissen, wie viel Arbeit und Kampf auch bei talentierten Spielern dazugehört.“
Denn für die Talententwicklung sind zahlreiche Faktoren entscheidend: u.a. Trainer, Training, (soziales) Umfeld und natürlich der Spieler selbst. Jeden Tag muss er neue Herausforderungen bewältigen, jeden Tag muss er die Bereitschaft haben, aufs Neue sein Bestes zu geben. Daher sind Talentprognosen in jungen Jahren sehr schwierig. Eins ist jedoch sicher: Entscheidend für die bestmögliche Entfaltung des Talents ist es, dass die Freude am Fußball stets größer ist als der subjektiv empfundene Druck, denn dann kommt die Motivation für starke Leistungen aus dem Spieler selbst heraus und dann wird er sich nicht scheuen, viel zu investieren, weil er es gerne tut.
Mit Arbeit und Ehrgeiz ist alles möglich
Für einen Fußballspieler ist eine grundsätzliche sportliche oder motorische Begabung eine Erleichterung beim Training. Aber auch wenn die Anlage nicht so stark ausgeprägt ist, kann er sich positiv entwickeln. Auf den Willen kommt es an, denn Fortschritt stellt sich automatisch ein. Wenn der Spieler bereit ist, viel Zeit zu investieren und Tag für Tag mit höchster Konzentration an sich und seinen Fähigkeiten zu arbeiten, wird er sich bald verbessern. Erfolg hängt also davon ab, was wir selbst von uns zu fordern bereit sind. Bei einem Fußballer lässt sich die sportliche Entwicklung allerdings nur bei einer regelmäßigen Trainingsbeteiligung erkennen. Hier zeigt sich, was er bei entsprechender Förderung lernt.
„Als Kind spürt man, ob Talent vorhanden ist und ob man das Spiel beherrscht. Aber wenn du nicht seriös trainierst, reicht allein das Talent nicht aus.“[5]
Franck Ribéry, FC Bayern München
Wichtig ist es, Schritt für Schritt zu gehen und sich nicht über einen längeren Zeitraum zu viel abzuverlangen. Dann droht die Freude verloren zu gehen, mit der man einst begonnen hat, Fußball zu spielen. Werner Kern, langjähriger Leiter des Nachwuchsleistungszentrums des FC Bayern, veranschaulicht am Beispiel von Thomas Müller, wie wichtig kontinuierliche Entwicklung ist und wie sie, gepaart mit einem Hauch positiver Besessenheit, den Unterschied machen kann: „Thomas hat seinen größten Schub erst gemacht, da kam er zu den Erwachsenen. Dass er ein sehr guter Fußballer wird, war früh klar. Aber dass er ein Weltstar wurde, liegt daran, dass er sich noch weiterentwickelt hat, als andere längst stagniert haben.“[6]
Und am Beispiel von Pavel Nedved erkennt man, dass sich Extraschichten durchaus bezahlt machen. Denn als er noch Kind war, gab es nur „Pavels Talent, seinen Ehrgeiz und einen Fußball. Vater Vacláv war selbst ein guter Spieler, zweite Liga, so nahm er den Jungen mit auf den Platz. Der machte schon als Kind immer eine Trainingseinheit mehr als die anderen. Der Junge wurde besser, tolle Technik, großartige Übersicht. Der könnte ein Großer werden, dachte man, ein richtig Großer, eines Tages.“[7] Das Eigentraining hat den Unterschied gemacht, einen Teil dazu beigetragen, dass der Tscheche jahrelang erfolgreich bei Sparta Prag, Lazio Rom und Juventus Turin aktiv war und es auf 91 Länderspiele für sein Heimatland brachte.
Glaube an dich: Michael Jordan
Er war einer der größten Basketballspieler der Welt, aber im Alter von 16 Jahren scheiterte Michael Jordan bei der Aufnahme ins Basketballteam der Laney Highschool. Doch er hat den Glauben an sich niemals verloren und hartnäckig weitertrainiert. Durch eine enorme Leistungssteigerung in den beiden Folgejahren erhielt Jordan Angebote für mehrere Sportstipendien. In seiner späteren Karriere gewann er sechs NBA-Titel mit den Chicago Bulls, wurde fünfmal als wertvollster Spieler der Saison ausgezeichnet, war zehnmal bester Schütze der Saison und bestritt 13 Allstar-Spiele. Außerdem hat er den höchsten NBA- und den höchsten Play-off-Karriere-Punkteschnitt.[8]
Das Geheimnis der Begabung[9] Je genauer man sich die Lebensläufe erfolgreicher Persönlichkeiten anschaut, desto stärker verblasst die Magie, die man mit deren Erfolg verbindet.
Jeder Erfolg, der über Nacht kommt, ist das Produkt von zehn Jahren harter Arbeit.
Golfprofi Tiger Woods schaute seinem Vater von klein auf, im Hochstuhl sitzend, beim üben des Abschlags zu. Im Alter von nicht mal einem Jahr schleppte er selbst einen maßgefertigten Schläger durch die Wohnung. „Es ist erstaunlich, wie viel man lernen kann, wenn man etwas wirklich gerne macht“, sagt er über sein Golfspiel. Ex-Torwart Oliver Kahn beschreibt sein Erfolgsrezept so: „Arbeit, Arbeit, Arbeit!“ Microsoft-Gründer Bill Gates verbrachte fast seine gesamte Jugend mit dem Programmieren der ersten Lochkartencomputer.
Alle drei Persönlichkeiten verbindet eins: Sie haben früh damit begonnen, sich intensiv mit ihrem Hobby zu beschäftigen. Sie haben unendlich viel Zeit darauf verwendet, immer besser zu werden und haben ihre Leidenschaft schließlich zu ihrem Beruf gemacht. Wer früh beginnt, kann nämlich in fast allem außergewöhnlich gut werden. Man muss allerdings Freude an der Tätigkeit finden, um einen solchen inneren Antrieb zu entwickeln. Ohne Spaß ist niemand dazu bereit, sich mehrere Stunden am Tag mit einer Sache zu beschäftigen.
„Bisher existiert kein überzeugender Beweis, dass besondere Fähigkeiten angeboren sind“, sagt der Psychologe Anders Ericsson von der Florida State University, der der führende Talentforscher ist. Die Vorstellung, spezielle Fertigkeiten wie Malen, Programmieren oder Radfahren „seien genetisch bedingt, ist falsch“. So ernüchternd diese Erkenntnis ist, so viele Chancen stecken darin. Denn Menschen können viel mehr, als sie glauben. Ericssons Faustregel: „10.000 übungsstunden benötigen Menschen, um außergewöhnliche Fähigkeiten zu entwickeln.“ Einzige Voraussetzung: Sie müssen körperlich und geistig gesund sein. Das Lerntempo spielt keine Rolle. Einige machen zu Beginn zwar schneller Fortschritte. Mit zunehmender übung holen die Langsameren jedoch auf.
Beharrlichkeit zahlt sich aus! Walter Perrig von der Universität Bern hat intensiv mit Hochbegabten gearbeitet und dabei festgestellt, dass „Leistungsbereitschaft wichtiger ist als Intelligenz“. Menschen können das, was sie können wollen.
„15 Prozent sind Talent und 85 Prozent harte Arbeit.“[10]
Horst Hrubesch, DFB-Juniorennationaltrainer
Tipp: Bleibe immer am Ball und gib nicht auf, wenn sich der Erfolg nicht sofort einstellt. Im Leben und im Fußball sind dir keine Grenzen gesetzt. Du kannst alles schaffen, wenn du es nur wirklich willst und wenn du bereit bist, Zeit und Herzblut zu investieren. Du hast deinen Erfolg selbst in der Hand.
Einfluss äußerer Faktoren
Es mag auf den ersten Blick verblüffen, wenn man sieht, dass alle Mitglieder der Skilanglaufnationalmannschaft aus demselben Landkreis stammen. Beim zweiten Blick wird jedoch klar, dass auch die äußeren Gegebenheiten einen großen Einfluss auf Sportlerkarrieren...