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E-Book

Die sieben Todsünden der Liebe

... und wie man sie vermeidet

AutorAlon Gratch
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl286 Seiten
ISBN9783105612965
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Kennen Sie das Gefühl, dass es in der Beziehung nicht rund läuft, dass Sie schon wieder auf den falschen Typ hereingefallen sind, dass die Zweisamkeit eigentlich keine (mehr) ist? In der Liebe geht es tatsächlich oft schief. Das liegt daran, dass wir die Beziehungsfallen, in die wir geraten, meist nicht erkennen. Aber: Auch eingefahrene Verhaltensmuster lassen sich glücklicherweise ändern. Der erfolgreiche Psychotherapeut Alon Gratch beschreibt die sieben Beziehungsfallen, die am häufigsten zum Scheitern der Liebe führen, und wie wir ihnen entkommen können. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Dr. Alon Gratch, Psychologe und Psychotherapeut, ist Autor des internationalen Bestsellers »Wenn Männer reden könnten«, der in über zwanzig Sprachen übersetzt wurde. Er hat an der Columbia University und dem Columbia Presbyterian Hospital in New York Psychologie unterrichtet und, neben vielen Fachveröffentlichungen, Beiträge für The New York Times und The Wall Street Journal geschrieben.

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Leseprobe

Eine Metamorphose der Liebe


Wie immer in der Psychologie ist die Lösung, zumindest theoretisch, einfacher als das Problem. Die Komplexität des Problems – in unserem Fall die Muster gescheiterter Liebe – verschleiern die Einfachheit der Lösung. Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist Ambivalenz jedoch nur dann ein Problem, wenn wir an die Liebe mit der Idee herangehen, dass für uns etwas dabei herausspringen sollte. Auf der Grundlage dieses Paradigmas bin ich beispielsweise nicht bereit, mich auf eine feste Beziehung mit meiner Freundin einzulassen, wenn ich denke, dass sie nicht klug genug für mich ist – weil ich dann nämlich keine anregenden Gespräche mit ihr führen kann. Oder wenn sie nicht attraktiv genug ist, erregt sie mich nicht optimal und der Sex ist nicht so gut, wie er sein könnte. Oder: Weil mein Freund so verschlossen ist, werden meine Gefühle von ihm nicht genügend wahrgenommen. Oder: Wenn er zu viel arbeitet, ist er nie für mich da. Oder: Wenn er nicht einen Haufen Geld verdient, kann ich den Lebensstil nicht erhalten, an den ich gewöhnt bin. Oder: Weil mein Freund Reisen verabscheut, werde ich nie Urlaub in Übersee machen können.

Bei diesem Ansatz – der in unserer Kultur wahrscheinlich der vorherrschende ist – geht es vor allem darum, was ich von meinem Partner erwarte. Je nach dem Ausmaß meiner emotionalen Bedürfnisse kann vielleicht überhaupt kein Partner jemals alle meine Wünsche erfüllen. Doch wie dem auch sei, per definitionem hängt in diesem Modell unsere Liebesfähigkeit von unserem Partner ab: Ob wir es dem »Karma« oder der Psychologie zuschreiben, auf alle Fälle verlieben wir uns, wenn uns der »richtige« Mensch über den Weg läuft. Und darauf warten wir, obgleich uns gleichzeitig klar ist, dass es allem widerspricht, was wir über die Liebe wissen – erstens verlieben wir uns ständig in die falschen, und zweitens enden diejenigen, die auf den Traumprinzen oder die Traumprinzessin warten, im Wartezimmer des Lebens.

Die Wahrheit ist, dass unsere Liebesfähigkeit vom Objekt unserer Liebe unabhängig ist. Das ist so, weil es – wie es der Psychoanalytiker Erich Fromm in seinem Buch Die Kunst des Liebens darlegt – bei der Liebe in erster Linie um Geben und nicht um Nehmen geht. »Der Marketing-Charakter ist zwar bereit, etwas herzugeben«, schrieb Fromm vor gut vierzig Jahren, »jedoch nur im Austausch für etwas anderes, das er empfängt.« Für ihn gehört zum Geben irgendeine Form des Aufgebens – sich selbst etwas zu versagen oder sich zu opfern, weshalb er etwas als Gegenleistung erwarten muss. Aber für den »produktiven Charakter«, erklärt Fromm, hat das Geben eine vollkommen andere Bedeutung – es ist Ausdruck emotionalen Reichtums. Dieser Charakter gibt, weil er selbst so viel besitzt und weil er sich dadurch froh und lebendig fühlt, dass er andere daran teilhaben lässt. Und wie Fromm weiter beschreibt, geht es bei dieser Art des Gebens nicht nur darum, für andere irgendwelche materiellen Dinge zur Verfügung zu stellen, sondern auch darum, etwas von sich selbst zu geben, also das eigene innere Leben mit der anderen Person zu teilen.

In romantischen Verbindungen scheint diese Art der Liebe ein bisschen viel verlangt. »Und was ist mit meinen Bedürfnissen?«, fragen die meisten von uns ihre Liebhaber, oder: »Was springt für mich dabei heraus?«, fragen wir uns selbst. Seltsamerweise ist es in anderen »Liebesbeziehungen« nicht so schwierig. Eltern zum Beispiel hören nicht auf, ihre Kinder zu lieben, nur weil sie nicht klug oder hübsch genug oder langweilig sind oder weil sie Theater machen. Sie verlassen ihr Kind nicht, weil sie »das Interesse verloren« oder sich »auseinander entwickelt haben« oder weil sie »nicht mehr verliebt sind«. Genauso höre ich auch als Therapeut nicht auf, meine Patienten zu lieben, weil sie einfach nicht kapieren, worum es geht, oder weil sie schwierig sind oder nicht genügend Fortschritte machen oder sich nicht gut anziehen oder weil sie wütend auf mich sind. Solange sie nichts nach allgemein anerkannten Maßstäben wirklich Grässliches anstellen, hege ich selten auch nur kritische oder verurteilende Gefühle gegen sie, obwohl ich ansonsten kein übermäßig toleranter Mensch bin.

Die elterliche und die therapeutische Liebe sind ganz offenkundig unterschiedlich, haben aber einen gemeinsamen Nenner. In beiden Fällen ist es unsere Aufgabe, zu lieben, wir sind dafür verantwortlich. Zu geben ist das ausdrückliche Ziel dieser Beziehungen, deshalb verlangen wir, zumindest bewusst, keine Gegenleistungen. Genau aus diesem Grund hat ein einigermaßen guter Elternteil keine allzu großen Schwierigkeiten, Liebe für sein Kind zu empfinden, ganz gleich, wie ambivalent er oder sie den Mängeln des Kindes gegenüber auch empfinden mag. Ebenso braucht ein einigermaßen guter Therapeut kein Mitgefühl vorzutäuschen, sondern er findet es für gewöhnlich ziemlich einfach, seine Patienten zu lieben. Auch er erwartet keine Gegenleistung, außer natürlich, dass er bezahlt wird – aber bezahlt wird er für seine Zeit, nicht für seine Liebe. Die Idee der Liebe, die keine Gegenleistung verlangt, geht natürlich sehr viel tiefer als ein Beruf oder eine Pflicht. Wahrscheinlich liegt sie in unserer Natur, denn unser Überleben in der Entwicklungsgeschichte der Arten beruhte schon immer auf unserer Fähigkeit, für unsere Nachkommenschaft zu sorgen, die – anders als bei jeder anderen Spezies – noch lange Zeit nach der Geburt vollkommen hilflos und von den Eltern abhängig bleibt.

All das heißt, dass unsere Schwierigkeiten, zu geben, und daher auch unsere Schwierigkeiten, die Ambivalenz zu überwinden, letztlich nur in unseren Köpfen existieren. Tief in unserem Innern haben wir alle die Fähigkeit, zu geben, und wenn wir uns verlieben, kommt diese Fähigkeit, in Form einer fröhlichen, bedingungslosen Großzügigkeit an die Oberfläche. Recht bald beginnen wir jedoch, wieder an unsere Bedürfnisse zu denken, und verlieren den Kontakt zu dem Gedanken, dass wir eigentlich keine Gegenleistung brauchen. Warum ist das so? Und warum können wir später nicht mehr auf diesen Modus zurückschalten? Warum können wir die Liebe nicht neu definieren – nach dem Motto: Es geht ums Geben, nicht ums Nehmen, Dummchen!? Ich glaube, der Grund dafür liegt darin, dass viele von uns emotional so verkümmert sind, dass sie, sobald die Entscheidung bei ihnen liegt – es also nicht ihre Pflicht ist zu lieben –, das Gefühl bekommen, dass sie nichts zu geben haben.

Um anderen großzügig geben zu können, müssen wir natürlich zuerst uns selbst geben können. Aber beachten Sie bitte, dass ein grundlegender Unterschied besteht zwischen »sich selbst etwas geben können« und »etwas bei anderen suchen«! Es ist eine Lebensanschauung mit der Devise: »Fragen Sie nicht, was andere für Sie tun können, sondern was Sie für sich selbst tun können.« Beachten Sie außerdem, dass Geben, jedenfalls in dem Sinn des Wortes, in dem ich es benutze, nichts mit materiellen Dingen oder äußerlichen Errungenschaften zu tun hat. Vielmehr geht es darum, die eigenen emotionalen und intellektuellen Ressourcen zu entwickeln. Es geht darum, etwas in unser eigenes Wachstum zu investieren, sodass wir schließlich den Mut in uns finden, uns selbst zu akzeptieren, und den Wunsch, noch mehr das zu werden, was wir sind.

Genau das ist meiner Ansicht nach das Ziel jeder Psychotherapie – nicht einen Menschen zu verändern, sondern ihm im Gegenteil dabei zu helfen, immer mehr zu sich zu stehen, und insbesondere, ihn dazu herauszufordern, bislang unbekannte Teile seiner selbst aufzudecken. Selbstverständlich hat die Psychotherapie nicht die Exklusivrechte für eine derartige Entwicklungsreise. Letztlich kann ein Mensch in jedem persönlichen Projekt seine wahre Stimme entdecken und zum Ausdruck bringen – man denke nur an Cheryl Mendelsohn, die ein achthundertvierundachtzig Seiten dickes Buch über Haushaltsführung geschrieben hat. Ein noch offensichtlicheres Beispiel ist natürlich die Ausübung einer Kunstform, ganz gleich welcher. Wenn Sie zeichnen oder schreiben oder fotografieren, projizieren Sie immer Ihre eigene Vision, Ihr eigenes einmaliges Denken auf das, was Sie erschaffen.

In der Psychotherapie ist der Patient der Künstler. Wie Orpheus, der mythologische Dichter, dessen traurige Lieder Hades, den Herrscher der Unterwelt, dazu brachten, seine Frau zu den Lebenden zurückkehren zu lassen, so steigt auch der Patient hinab in die Unterwelt der verlorenen Liebe – sein eigenes Unterbewusstsein – und bemüht sich, mit Worten ebenso wie mit den ihm zur Verfügung stehenden nonverbalen Mitteln, seinen Schmerz in seinem ureigenen, einzigartigen Idiom auszudrücken. Wie jeder Künstler braucht er dabei sowohl einen kreativen Impuls als auch eine Technik. Ersteres besteht seitens des Patienten in dem Wunsch, etwas zu vermitteln – über einen Traum zu sprechen, über einen Streit mit seiner Freundin, eine sexuelle Erfahrung, was auch immer. Zu Letzterem gehört, dass er aus der Masse seiner Erlebnisse das aussucht, was er erzählen möchte, in welchen Worten, um welche Zeit, auf welche Art. In der Therapie kann – wie in der Kunst – nur im Dialog zwischen diesen beiden Dingen – Impuls und Technik, Spontaneität und Disziplin, Inhalt und Form – die persönliche Vision zum Ausdruck kommen. In der Therapie kann hier auch die Lösung des Problems mit der Liebe gefunden werden.

Um die Liebe zu verwandeln, müssen wir nicht nur unser Herz dem Schmerz öffnen, den wir der Liebe verdanken, sondern wir müssen auch die Augen aufmachen,...

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