Vorwort
»Das Essentielle der Geschichte ist nicht, was sich ereignet hat, sondern was die Menschen darüber gedacht oder gesagt haben.«
F.W. Maitland (1850–1906)
Als Charles, Prinz von Wales, am Samstag, dem 9. April 2005, Camilla Parker Bowles heiratete, veränderte sich alles.
Achtzehn Monate zuvor, Anfang 2004, hatte ich mit den Recherchen zu diesem Buch begonnen, als »Mrs. PB« (so nannte man sie im Buckingham-Palast) eine Frau mit einer ungewissen Zukunft – und einer allseits bekannten Vergangenheit – war. Sie war die anerkannte Geliebte des Thronfolgers, aber würde sie je – könnte sie je – seine rechtlich angetraute Ehefrau werden? Als ich am 17. Juli 2005, der zufällig auch Camillas achtundfünfzigster Geburtstag war, meine Recherchen abschloss, waren die Antworten auf diese Fragen bereits bekannt. Aus »Mrs. PB« war Ihre Königliche Hoheit, Herzogin von Cornwall geworden, und der Geburtstag des neuesten Mitglieds der britischen Königsfamilie wurde mit der Bekanntgabe ihres offiziellen Wappens und dem Hissen der Nationalflagge an öffentlichen Gebäuden im ganzen Land gewürdigt.
Camillas Wappen zeigt die heraldischen Symbole zweier Familien: das ihres neuen Ehemanns und ihres Vaters. Links vom zentralen Schild befindet sich »der königliche Löwe als Träger«; rechts davon ein blauer Eber mit goldenen Hauern, ein Wappensymbol, das der Familie Shand schon im 17. Jahrhundert zuerkannt wurde. Über dem Schild erhebt sich eine gewölbte Krone, die Camilla als Gemahlin des Thronfolgers zu tragen berechtigt ist. Bewusst verzichtete Camilla in ihrem Wappen, obwohl sie auch dazu berechtigt gewesen wäre, auf das Motto des Prinzen von Wales »Ich dien’«. Sie ist mit dem Prinzen von Wales verheiratet, sie ist die Prinzessin von Wales, und dennoch möchte sie lieber als Herzogin von Cornwall angesprochen werden. Denn sie weiß nur zu gut, dass ihr eine andere, viel berühmtere Prinzessin von Wales vorausgegangen ist.
Viele erinnern sich noch so gut an Diana, Prinzessin von Wales, dass es ihnen schwer fällt, Camilla den Respekt zu zollen, der ihr gebührt. So besteht zum Beispiel der Brauch, am Geburtstag der Gemahlin des Thronfolgers den Union Jack zu hissen. Doch im Juli 2005 sahen sich einige, denen diese Aufgabe zufiel, nicht in der Lage, sie zu erfüllen. In Cheshire sagte der Bürgermeister von Crewe und Nantwich: »Nach all dem, was Charles und Camilla Diana angetan haben, ist es uns unmöglich, ihr diese Ehre zu erweisen.« In Lancashire erklärte der Bürgermeister von Wigan: »Viele Menschen haben Prinzessin Diana in sehr liebevoller Erinnerung, während Camilla noch bis vor kurzem als königliche Geliebte verachtet wurde. Und mit einem Mal betrachtet man sie als Teil der Herrscherfamilie. Dass man von uns jetzt erwartet, die Flagge für sie aufzuziehen, ist wirklich schwer zu verdauen. Das kommt zu schnell.«
In Wirklichkeit kommt es natürlich zu spät. Die Urkunde ist besiegelt. Charles und Camilla sind Mann und Frau, Prinz und Prinzgemahlin. Die Königin hat ihre neue Schwiegertochter als vollwertiges Mitglied der Königsfamilie akzeptiert. Die Landesmutter freut sich, uns mitzuteilen, dass sie mit »starkem persönlichen Interesse« die Entwicklung von Camillas Wappen verfolgt habe, das nur mit der ausdrücklichen Zustimmung Ihrer Majestät gewährt werden konnte. Ob es einem gefällt oder nicht, Camilla ist nun ein »Teil des Establishments«. Ob Sie es glauben oder nicht, die Frau, die früher als »königliche Mätresse verlacht« wurde, schmückt nun unsere Briefmarken und steht regelmäßig neben dem Staatsoberhaupt auf dem Balkon des Buckingham-Palasts.
Die Veränderung hat sich rasch und eindrucksvoll vollzogen, aber sie ist nicht zu leugnen – und sie ist unumkehrbar. Im Jahr 2001 stand Mrs. Parker Bowles als achte auf der Liste der am schlechtesten gekleideten Frauen der Welt, und es hieß, sie habe »so viel Modeverstand wie ein zusammengefallener Yorkshire-Pudding«. Im Jahr 2005 wurde der Modegeschmack der Herzogin von Cornwall in London, New York, Paris und Rom gelobt, und eine frühere kritische Modekorrespondentin rühmte ihn als den »Inbegriff des anmutigen, feinen Stils«. Anna Wintour, die Herausgeberin der amerikanischen Vogue, traf sie und war hingerissen. »Ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden«, sagte sie begeistert. »Sie sah großartig aus.« Die verunglimpfte Geliebte, deren Aussehen häufig – sogar noch im Vorfeld der Hochzeit – mit einem Pferd verglichen wurde, erntet jetzt Bewunderung für ihr »natürliches Auftreten«, für ihre untadlige Erscheinung, ihren »strahlenden« Teint, ihr »makelloses« Haar (»Schnitt und Farbe sind genau richtig«) und für ihren Charme. Laut der Daily Mail, die Camilla Jahre lang ablehnend gegenüberstand, »sieht sie, wenn sie« an diesen Tagen »lächelt, echt aus: soignée, ja, aber auch zugänglich, geradezu weich«.
Die Herzogin von Cornwall wirkt nun wie ein bedeutendes Mitglied des Königshauses des 21. Jahrhunderts: elegant, aber handfest, majestätisch, aber zugänglich, »weich«. Sie hat sich äußerlich ihrer Rolle angenähert – und erfüllt sie auch. Die Mätresse, die sich früher im Abseits versteckt hielt, die jahrelang den Paparazzi auswich, stellt sich nun freudig den Kameras, und dies beinahe täglich. Wo der Prinz von Wales hingeht, geht auch die Herzogin von Cornwall hin. Liest man den Court Circular, die Hofmitteilungen (die täglich in der Times und dem Daily Telegraph veröffentlicht werden), oder betrachtet man die Website des Prince of Wales (www.princeofwales.gov.uk), wäre man sicherlich über die Anzahl und Bandbreite der offiziellen Verpflichtungen überrascht, denen Camilla nun in Begleitung ihres neuen Ehemannes nachkommt. Ich habe sie ganz aus der Nähe bei ihren Auftritten erlebt, und ich kann berichten, dass sie, wenn sie ihre Pflichten erfüllt, sie sehr gut erfüllt. Trifft sie auf die allgemeine Öffentlichkeit und auf die, welche die Königsfamilie verpflichtet ist zu treffen – alte Soldaten, junge Leute, Bürgermeister, würdige ältere Damen, Bauern, Feuerwehrmänner, Politiker, Kranke –, ist sie stets freundlich, interessiert, unaffektiert, nicht knöchern oder abgehoben. Viele Jahre lang stand ich (als Reporter, als Politiker, als Unterstützer verschiedener Charity-Organisationen) neben einer ganzen Reihe königlicher Damen, wenn sie ihren offiziellen Pflichten nachgingen[1], und nach allem, was ich erlebt habe, steht die Herzogin von Cornwall, auch wenn sie vergleichsweise noch recht unerfahren ist, ihnen in nichts nach und macht es besser als die meisten. Ich hege keinen Zweifel, dass Camilla eines Tages, falls Charles seine Mutter überlebt, was wahrscheinlich ist, Königin wird – und zudem eine beliebte Königin.
Als ich mit den Recherchen zu diesem Buch anfing, wusste ich sehr wenig über Mrs. Parker Bowles. Ich hatte sie kennen gelernt und war mit ihr warm geworden; ich war mit verschiedenen Leuten befreundet, die ihre Freunde waren; ich wusste, was ich in der Presse gelesen hatte (dem konnte niemand entgehen!); aber von ihrem Hintergrund – von der außergewöhnlichen Geschichte ihrer Vorfahren Keppel und Shand und ihren Verbindungen zum Königshaus, die sich über mehrere Jahrhunderte zurückverfolgen lassen, hatte ich so gut wie keine Ahnung. Meine Entdeckungsreisen haben mir Spaß gemacht. Die »Hintergrundgeschichte« ist viel interessanter, als ich gedacht hatte, und bietet Erklärungsansätze, warum sie heute dort steht, wo sie steht, warum sie und Prinz Charles sich so wohl miteinander fühlen und warum der Rest der Königsfamilie, die sie früher so abgelehnt hat, sie nun als eine der Ihren akzeptiert.
Ich habe dieses Buch angefangen zu schreiben, nachdem ich erst vor kurzem eine zwanglose Darstellung des Lebens und der Ehe der Queen und des Herzogs von Edinburgh fertig gestellt hatte. Ich habe mich dem Thema Charles & Camilla: Das Porträt einer Liebe genau auf dieselbe Weise angenähert wie Philip & Elizabeth: Porträt einer Ehe, aber die Erfahrungen beim Schreiben dieser beider Bücher hätten nicht unterschiedlicher sein können. Im Falle der Königin und Prinz Philip war nicht ein Einziger, mit dem ich sprach, auf der Hut oder fühlte sich unbehaglich. Aber bei Charles & Camilla schienen fast alle meine Gesprächspartner irgendwie befangen und sehr darauf bedacht, nur »das Richtige« zu sagen. Einige meiner Interviewpartner sagten: »Was auch immer Sie tun, nennen Sie bitte meinen Namen nicht.« Andere erklärten mitten im Gespräch: »Das hier ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.« Wie Lord Snowdon (der frühere Schwiegersohn der Königin und ein Bewunderer von Prinz Charles) es mir gegenüber ausdrückte (an dem Tag aß er mit Mrs. PB, die sie zu dem Zeitpunkt noch war, zu Mittag): »Ich verehre Charles, aber es ist nicht leicht, über sein Leben zu sprechen, denn er hat immer wieder so viel Kummer und solche Verletzungen erlebt. Warum sollte ich denen noch weitere hinzufügen?«
Als ich Sir Michael Peat, dem Privatsekretär des Prinzen von Wales, mitteilte, ich beabsichtige dieses Buch »auf einfühlsame, abgerundete, ausgewogene und akkurate Weise« zu schreiben, schien ihn das zu amüsieren. Er hielt es offenbar für höchst unwahrscheinlich, dass ein Buch über Charles wirklich so sein könnte. Als ich in Clarence House mit Paddy...