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E-Book

Störungen der Affektregulation

AutorDörte Grasmann, Martin Holtmann, Tanja Legenbauer
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl173 Seiten
ISBN9783840925108
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Stimmungsschwankungen bei Kindern und Jugendlichen haben in den vergangenen Jahren vermehrtes Interesse gefunden. Begriffe wie emotionale Labilität, affektive Dysregulation und Stimmungsinstabilität werden verwandt, um ein klinisches Bild zu bezeichnen, das neben plötzlichen und unvorhersehbaren negativen Stimmungsauslenkungen oft zusätzlich durch Reizbarkeit und Wutanfälle, hitziges Temperament und niedrige Frustrationstoleranz charakterisiert ist. Der Leitfaden beschreibt das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei diesem komplexen Störungsbild. Um häufig vorkommende normale Entwicklungsphänomene, wie z.?B. trotziges Verhalten, Wutanfälle und Stimmungsschwankungen, von tatsächlich beeinträchtigenden Störungen der Affektregulation abzugrenzen, gibt der Leitfaden nach einer historischen und ätiologischen Einführung ausführliche Hilfestellung bei der diagnostischen Ein- und Abgrenzung. Der Schwerpunkt des Leitfadens liegt auf den Leitlinien zur Diagnostik, Indikationsstellung, Verlaufskontrolle und Therapie von Störungen der Affektregulation. Es wird dargestellt, wie die multimodale therapeutische Begleitung von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern gestaltet werden kann. Materialien zur Diagnostik und Behandlung sowie Fallbeispiele ergänzen den Leitfaden.

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Kapitelübersicht
  1. Störungen der Affektregulation
  2. 1 Stand der Forschung
  3. 2 Leitlinien - 2.1 Leitlinien zu Diagnostik und Verlaufskontrolle
  4. 2.2 Leitlinien zur Therapie
  5. 3 Verfahren zur Diagnostik und Therapie
  6. 4 Materialien
  7. 5 Fallbeispiele
  8. 6 Literatur
Leseprobe

|21|2 Leitlinien


2.1 Leitlinien zu Diagnostik und Verlaufskontrolle


Eine ausführliche diagnostische Abklärung der affektiven Dysregulation bildet die Grundlage für eine spezifische, auf das Kind bzw. den Jugendlichen und seine Familie hin abgestimmte Intervention. In Abhängigkeit von der Fragestellung kommen hierbei neben der Eingangsexploration, in die das Kind bzw. der Jugendliche und seine Bezugspersonen einbezogen werden, unterschiedliche psychometrische und andere Verfahren zum Einsatz. Meistens wird eine sehr komplexe Problematik, die sich in unterschiedlichen Lebensbereichen abbildet, beschrieben. Um ein umfassendes Bild über das Ausmaß der Beeinträchtigung zu erhalten, sollten daher bei der diagnostischen Abklärung auch Lehrer, Erzieher, Familienhelfer oder andere relevante Personen einbezogen werden.

Die Diagnostik von Störungen der Affektregulation stellt eine Herausforderung dar, weil es sich um eine Symptomatik handelt, die im Kontext unterschiedlicher Störungsbilder eine Rolle spielen kann, die aber in der im deutschen Sprachraum maßgeblichen ICD-10 nicht als eigenständige Diagnose beschrieben wird. Entsprechend müssen dimensionale Aspekte bei der Diagnosestellung besonders beachtet werden. Die große Heterogenität der Symptomatik erfordert die Berücksichtigung individueller, lerngeschichtlicher und interaktioneller Faktoren, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung beitragen. Auf die einzelnen Aspekte, die es bei der Diagnostik zu berücksichtigen gilt, wird in den folgenden Abschnitten genauer eingegangen. Tabelle 2 bietet einen Überblick über die im Folgenden ausgeführten Leitlinien.

Tabelle 2: Übersicht über die Leitlinien zur Diagnostik und Verlaufskontrolle von Störungen der Affektregulation

L1

Exploration des Patienten und der Bezugspersonen

L2

Standardisierte Fragebögen und testpsychologische Untersuchung

L3

Somatisch-neurologische Diagnostik

L4

Diagnosestellung

L5

Verhaltens-, Plan- und Ressourcenanalyse

L6

Verlaufskontrolle

Darüber hinaus kann als Grundlage für die Diagnostik und Verlaufskontrolle ergänzend der Leitfaden-Band „Diagnostik psychischer Störungen |22|im Kindes- und Jugendalter“ (Döpfner & Petermann, 2012) herangezogen werden. Zum detaillierten Vorgehen beim Erfassen begleitender aggressiver, hyperaktiv-impulsiver oder depressiver Symptome sei zudem auf die entsprechenden störungsspezifischen Leitfäden verwiesen (Döpfner, Frölich & Lehmkuhl, 2013; Ihle et al., 2012; Petermann, Döpfner & Görtz-Dorten, 2016).

2.1.1 Exploration

In Leitlinie 1 werden die Empfehlungen für die Exploration des Kindes bzw. Jugendlichen, der Bezugspersonen und in Ergänzung der Erzieher oder Lehrer formuliert. Diese Empfehlungen bauen auf den allgemeinen Explorationsleitlinien im Leitfaden „Diagnostik psychischer Störung im Kindes- und Jugendalter“ (Döpfner & Petermann, 2012) auf.

L1

Leitlinie 1: Exploration des Patienten und der Bezugspersonen

Sektion 1: Notwendige rechtliche Voraussetzungen

  • Aufklärung von Kind und Eltern/Sorgeberechtigten.

  • Einwilligung der Personensorgeberechtigten.

  • Besonderheiten bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern berücksichtigen (ggf. Klärung durch das zuständige Familiengericht).

  • Schweige-, Aufklärungs- und Informationspflicht: u. a. Aufklärung über Diagnose, Prognose und geplante therapeutische Maßnahmen.

  • Bei Jugendlichen, die 16 Jahre und älter sind, besteht gegenüber den Sorgeberechtigten keine Informationspflicht über die Durchführung der Therapie und es bedarf nicht ihres Einverständnisses.

Sektion 2: Explorationssetting

  • Umgang mit der Sensibilität der Informationen.

  • Abwägungen zum Explorationssetting (Einzel-, Eltern- oder Familienexploration?): Beginn des Gesprächs mit allen Beteiligten gemeinsam; dem Kind/Jugendlichen Raum zur Beobachtung und Gewöhnung anbieten.

  • Erste Beobachtungen zu den familiären Interaktionsmustern (Informationen zur familiären nonverbalen und verbalen Kommunikation, Rollenverteilung, Dominanzverhältnisse, Wertschätzung etc.).

  • Informationen zum Ablauf bei einer ambulanten Therapie.

Sektion 3: Exploration der Kernsymptomatik der gestörten Affektregulation

Erfasst wird hier das Auftreten der Kernsymptomatik affektiver Dysregulation, insbesondere Wut, Trauer, Reizbarkeit/Überempfindlichkeit, Übererregbarkeit/Hyperarousal, Insomnie, Ablenkbarkeit, Agitiertheit/körperliche Unruhe, Gedankenrasen/Gedankenflucht, Rededrang, Aufdringlichkeit:

  • |23|Vorstellungsanlass und Umstände, die zur Vorstellung führten,

  • Beginn und bisheriger Verlauf der Kernsymptomatik, weitere psychische oder somatische Beschwerden,

  • bisherige Bewältigungsversuche,

  • bedeutsame Kompetenzen und Ressourcen zur Bewältigung,

  • Kontext und Auslöser der aktuellen Problematik (z. B. Überforderung, Stresserleben, Fehlinterpretationen etc.),

  • begleitende Gedanken, Bewertungen, Emotionen,

  • aufrechterhaltende Faktoren,

  • verhaltenssteuernde Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsprozesse.

Sektion 4: Exploration begleitender Auffälligkeiten

Erfassen von begleitenden Störungen und Differenzialdiagnostik; das Augenmerk sollte vor allem gelegt werden auf

  • Bipolare Störungen,

  • ADHS,

  • Depression,

  • Schizophrenie,

  • Substanzmissbrauch,

  • Emotional instabile Persönlichkeitsstörung.

Sektion 5: Exploration zur Entwicklungsgeschichte des Kindes/Jugendlichen (hauptsächlich Elternexploration)

  • Schwangerschaft und Geburt.

  • Bewältigung der Entwicklungsmeilensteine.

  • Somatische Anamnese.

  • Vegetative Auffälligkeiten (Schlaf und Appetit).

  • ...
Inhaltsverzeichnis
Störungen der Affektregulation1
Einleitung: Grundlagen und Aufbau des Buches7
Inhaltsverzeichnis9
1 Stand der Forschung13
1.1 Historische Entwicklung des Störungsbildes13
1.2 Symptomatik16
1.3 Diagnose nach ICD-10 und DSM-517
1.4 Differenzialdiagnostische Aspekte und Komorbidität18
1.5 Ätiologie21
1.6 Epidemiologie und Verlauf25
1.7 Interventionen26
2 Leitlinien - 2.1 Leitlinien zu Diagnostik und Verlaufskontrolle33
2.2 Leitlinien zur Therapie70
3 Verfahren zur Diagnostik und Therapie122
3.1 Klinisches Interview: K-SADS-Modul fu?r Severe Mood Dysregulation122
3.2 Chronische Reizbarkeit: Affective Reactivity Index123
3.3 Affektive Dysregulation: CBCL-Dysregulations-Profil124
3.4 Depressive Symptome125
3.5 Schlafstörungen126
3.6 Emotionsregulation128
3.7 Temperament128
3.8 Funktionsniveau129
3.9 Gesundheitsbezogene Lebensqualität130
3.10 Treatment for ADHD and Impaired Mood (AIM)131
3.11 Therapieprogramm fu?r Kinder mit aggressivem Verhalten (THAV)134
3.12 Soziales computerunterstu?tztes Training fu?r Kinder mit aggressivem Verhalten (ScouT)134
3.13 Verhaltenstherapeutisches Intensivtraining zur Reduktion von Aggression (VIA)135
3.14 Baghira-Training fu?r Kinder mit oppositionellem und aggressivem Verhalten136
4 Materialien137
M01 Affective Reactivity Index (ARI-Self) – Selbstauskunft138
M02 Affective Reactivity Index (ARI-Parent) – Eltern-/Fremdbeurteilung139
M03 Gefu?hlsskala140
M04 Gefu?hlsdimensionen141
M05 Gefu?hlszustände142
M06 Körpersignale von Emotionen143
M07 Triggerliste144
M08 Selbstbeobachtungsbogen fu?r Kinder/Jugendliche145
M09 Selbstbeobachtungsbogen fu?r Bezugspersonen146
M10 Meine Werkzeuge zur Emotionsregulation in belastenden Situationen147
M11 Individuelle Zielerreichungsskala148
M12 Tagebuchkarte zum Auftreten von Problemverhalten und belastenden Gefu?hlen149
5 Fallbeispiele150
5.1 Beispielhafte Verhaltensanalyse: „Anna hat Wut im Bauch“150
5.2 Beispielhafter Behandlungsverlauf: „Elisa verliert die Kontrolle“151
6 Literatur162

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