Abbildung 3–1: 24-Stunden-Blutdruckprofil eines OSAS-Patienten [55].
Pathophysiologie
Das OSAS hat verschiedene Ursachen:
- Die nächtlichen obstruktiven Apnoe-Episoden und die Hypoventilation mit intermittierender Hypoxie stimulieren periphere und zentrale Chemorezeptoren, wodurch das sympathische Nervensystem aktiviert wird.
- Des Weiteren führen Änderungen im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, oxidativer Stress, Inflammation und eine endotheliale Dysfunktion zu einer Erhöhung des vaskulären Tonus.
Dadurch ändern sich autonome und hämodynamische Parameter. Dies führt zum für OSAS-Patienten typischen Anstieg des nächtlichen Blutdrucks und zum Non-Dipping im 24-Stunden-Blutdruckprofil.
Bei einigen Patienten steigt der Blutdruck jedoch nicht nur nachts, wenn Apnoe-Episoden und Hypoventilation auftreten. In Fallkontrollstudien wurden OSAS-Patienten mit „matched control subjects“ verglichen und wiesen auch während der Wachphasen am Tag signifikant höhere Blutdruckwerte auf [93, 94, 95]. Zudem führt ein OSAS nicht zwingend zu höheren systolischen Blutdruckwerten; vielmehr war eine isolierte diastolische Hypertonie häufig [96, 97, 98] – oder auch eine kombinierte systolisch/diastolische Hypertonie bei jüngeren Patienten [99].
Screening und Diagnostik
Ob ein OSAS vorliegt, sollte vor allem untersucht werden, wenn in der Anamnese – bzw. meist in der Fremdanamnese – über ein ausgeprägtes nächtliches lageunabhängiges lautes störendes Schnarchen und/oder Atemaussetzer/Apnoe-Phasen berichtet wird. Des Weiteren sollten morgendliche Kopfschmerzen, eine erhöhte Tagesschläfrigkeit und Konzentrationsstörungen sowie möglicherweise eine Häufung von (Auto-)Unfällen an ein OSAS denken lassen.
Ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel ist die „Epworth Sleepiness Scale“. Klinisch präsentiert sich der meist adipöse Patient oft mit einem vergrößerten Halsumfang oder auch einer Makroglossie, die auf die engen oberen Atemwege hinweisen können. Weitere Risikofaktoren sind Alkohol, pathologisch veränderte Strukturen im Oto-Rhino-Laryngeal-Bereich oder Pharmaka.
Besteht der Verdacht auf ein OSAS oder eine hohe Punktzahl in der Epworth-Skala, empfiehlt es sich, zur weiteren Diagnostik eine Polysomnografie in einem Schlaflabor durchzuführen. Zudem sind ggf. spezifische ätiologische oto-rhino-laryngeale Abklärungen nötig.
Spezifische antihypertensive Therapie bei Patienten mit OSAS
Adipöse Patienten mit OSAS sollten zu einer Gewichtsabnahme motiviert werden. Der Zusammenhang zwischen Übergewicht, Schlafapnoe und arterieller Hypertonie ist mehrfach belegt worden [100], genauso wie die Tatsache, dass eine Verminderung des Körpergewichts durch diätetische Maßnahmen [101], pharmakologische Intervention [102] oder durch bariatrische Chirurgie [103] das Blutdruckprofil signifikant senkt.
Des Weiteren ist die Installation eines CPAP („continuous positive airway pressure“) die Therapie der Wahl. Eine CPAP-Therapie über 12 Wochen vermindert den durchschnittlichen 24-Stunden-Blutdruckwert, den diastolischen und insbesondere auch den nächtlichen Blutdruck [104]. Leider ist die Behandlung mit CPAP für die Patienten oft beschwerlich, was die Adhärenz negativ beeinflusst.
3.4.3 Renal bedingte Hypertonie
Eine zentrale Rolle in der Blutdruckregulation nimmt die Niere ein. Entsprechend können strukturelle Schädigungen des Organs eine sekundäre Hypertonie herbeiführen. Oft ist dies bei einer relevanten Minderperfusion der Nieren bei ein- oder beidseitiger Nierenarterienstenose (renovaskuläre Hypertonie) der Fall, aber auch bei einer parenchymatösen Nierenerkrankung (z.B. Glomerulonephritis). Folge ist eine Verschiebung des Verhältnisses von Blutdruck und Natriumausscheidung, was zu einer sekundären Hypertonie führt. Seltene renale Ursachen sind Nierenzellkarzinome oder reninproduzierende Tumoren (Reninom).
Um die renale Ursache einer sekundären Hypertonie nachzuweisen, ist neben der Klinik eine eingeschränkte Nierenfunktion (erhöhtes Kreatinin, eGFR < 60) von Bedeutung. Weitere Anhaltspunkte können sein:
- pathologischer Urinstatus und/oder pathologisches Urinsediment mit Albuminurie und/oder Proteinurie
- Leukozyten oder Erythrozyten im Urin
- erhöhter Albumin-Kreatinin-Quotient im Spoturin
Auch ein pathologischer Befund in der Bildgebung kann auf eine zugrunde liegende strukturelle renale Erkrankung hinweisen.
Renoparenchymatös bedingte Hypertonie
Die renoparenchymatös bedingte Hypertonie ist der zweithäufigste Grund einer sekundären Hypertonie bei Erwachsenen [105] und der häufigste Grund bei Kindern und Jugendlichen [80].
Diagnostik
Wird eine arterielle Hypertonie in der entsprechenden Patientengruppe nachgewiesen, empfehlen sich die folgenden Schritte zum Screening einer renoparenchymatös bedingten Hypertonie:
- Urinanalyse und Serumwerte
- Kreatinin-Bestimmung im Serum mit eGFR-Bestimmung
- Urinsediment (Erythrozyturie? Zylinder? Dysmorphe Erythrozyten?)
- quantitative und qualitative Analyse der Proteine im Urin
- wenn Urinanalyse oder Serumwerte auffällig sind:
- Sonografie der Niere (Morphologie? Nierengröße?)
- Bestimmung von Kreatinin und Protein im 24-Stunden-Sammelurin
- bei hochgradigem Verdacht auf eine parenchymatöse Nierenerkrankung aufgrund der vorangegangenen Untersuchungen
- Vorstellung bei einem Nierenspezialisten zur Suche nach einer spezifischen Diagnose (z.B. inflammatorisches Syndrom, Antikörper für Autoimmunerkrankungen)
- ggf. Nierenbiopsie
Therapie
Ziel der Behandlung ist es, das Fortschreiten der Erkrankung (mit späterem Nierenversagen) zu verlangsamen und ein kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern. Wichtigstes Therapieprinzip ist dabei die Senkung des glomerulären Drucks, wobei die Proteinurie das therapeutische Ziel ist: Die in das Interstitium entweichenden Proteine stimulieren Zytokine und bewirken oxidativen Stress. Dies kann zu einer interstitiellen Fibrose führen [106]. Die Veränderung der Proteinexkretion ist ein Prädiktor für adverse renale und kardiovaskuläre Ereignisse [107, 108, 109]. Wird der Blutdruck gesenkt, nimmt die Proteinurie ab, indem der systemische und daraus folgend der intraglomeruläre Druck gesenkt werden.
Aufgrund der Korrelation zwischen Blutdruckwerten und Fortschreiten der Grunderkrankung sollte eine effiziente Senkung des Blutdrucks angestrebt werden, wobei die Datenlage bezüglich des Zielblutdrucks nicht eindeutig ist. Zwar gibt es Untersuchungen, in denen der Fortschritt der Nierenerkrankung bei Blutdruckwerten zwischen 110 und 119 mmHg verzögert war [110], in anderen Studien konnte dieser Zusammenhang jedoch nicht belegt werden [111, 112, 113]. Generell sollte der systolische Blutdruck von Patienten mit Nierenerkrankungen 140 mmHg nicht überschreiten; bei einer Proteinurie > 1 g/24 h (Protein/Kreatinin-Quotient > 100 mg/mmol) ist ein systolischer Wert < 130 mmHg anzustreben. Präzise Zielwerte werden jedoch aktuell aufgrund der nicht schlüssigen Datenlage von den entsprechenden Fachgesellschaften nicht angegeben [114].
Bei der Wahl des Antihypertensivums sind ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorenblocker zu bevorzugen. In verschiedenen randomisierten Kontrollstudien verminderte die Blockade des Renin-Angiotensin-Systems die Albuminurie besser als Placebo oder andere Antihypertensiva [115, 116]. Meist reicht eine Monotherapie jedoch zur suffizienten Blutdrucksenkung nicht aus. ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorenblocker können mit einem anderen Antihypertensivum kombiniert werden:
- Kombination mit Amlodipin: In Subanalysen der ACCOMPLISH-Studie wurde der ACE-Hemmer Benazepril zum einen mit dem Kalziumantagonisten Amlodipin, zum anderen mit Hydrochlorothiazid kombiniert. Die Kombination Benazepril/Amlodipin führte im Vergleich zu einer Verzögerung der chronischen Nierenerkrankung und zu einer geringeren Rate an kardiovaskulären Ereignissen, sie war jedoch nicht effektiver hinsichtlich der Prävention oder der Rückbildung einer Proteinurie [117]. Dies lässt die Frage aufkommen, wie eine Proteinurie als Surrogat-Marker hinsichtlich des klinischen Outcomes langfristig zu werten ist.
- Kombination mit einem anderen Blocker des Renin-Angiotensin-Systems: Eine solche Kombination wird generell nicht empfohlen [118, 119].
- Kombination mit einem Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten: Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten sollten bei chronischen Nierenerkrankungen nicht gegeben werden. Insbesondere wenn sie mit einem Blocker des Renin-Angiotensin-Systems kombiniert werden, besteht das Risiko einer relevanten Verschlechterung der Nierenfunktion und einer Hyperkaliämie [120].
- Kombination mit Schleifendiuretika: Schleifendiuretika sollten Thiazide ersetzen, sofern das Serumkreatinin > 1,5 mg/dl oder die eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 beträgt.
Renovaskulär bedingte...