EINFÜHRUNG
Ich glaube durchaus, dass jeder beschließen kann, eine unkonventionelle Persönlichkeit zu werden.
Elon Musk
Gleich musste ich hoch und sprechen. Aber nicht etwa auf einer gewöhnlichen Bühne. Bei diesem Event in Calgary (Alberta) hatten sie mich als Letzten eingeplant – unter den unbekanntesten Rednern. Vor mir war eine ganze Armada Ehrfurcht gebietender Persönlichkeiten dran gewesen: Seine Heiligkeit der Dalai Lama, der wie Yoda seine Weisheiten nur so raushaut. Dann der Nobelpreisträger Frederik Willem de Klerk, der ehemalige Staatspräsident Südafrikas. Sir Richard Branson, Gründer der Virgin-Gruppe, gefolgt von Tony Hsieh, dem CEO des Onlineshops Zappos.
Am dritten Tag war dann schließlich ich an der Reihe. Als Lückenfüller. Kein Markenname, der die Säle füllt, sondern ein x-beliebiger Sprecher, der gebucht wird, wenn das Budget für die Berühmtheiten ausgeschöpft ist.
Vor so einem riesigen Publikum war ich noch nie aufgetreten. Um meine Nervosität in den Griff zu bekommen, hatte ich vorher heimlich einen Wodka gekippt. Meine abgerissenen Jeans und das Hemd, das mir offen über der Hose hing, verrieten nur, dass ich von Mode keine Ahnung hatte. Ich war dreiunddreißig.
Als ich die Bühne betreten hatte, sprach ich über die Dinge, die mir sehr am Herzen liegen – über Lebensanschauungen, Ziele, Glück und den Sinn des Lebens. Am Schluss war das Publikum ergriffen vor Freude, manche Zuschauer hatten Tränen in den Augen. Doch was mich am meisten überraschte: Gegen Ende der Konferenz wählten sie mich (zusammen mit Tony Hsieh) zum besten Redner der gesamten Veranstaltung. Angesichts der bedeutenden Persönlichkeiten, die gesprochen hatten, und meiner geringen Erfahrung als Vortragsredner war das eine Riesensache. Immerhin hatte ich mehr Stimmen bekommen als der Dalai Lama. (Wobei der Tatbestand, dass ich ziemlich stolz darauf war und es ihn wahrscheinlich kein bisschen juckte, wohl der Grund dafür ist, dass er den Titel Seine Heiligkeit trägt und ich nur Mister Lakhiani bin.)
An jenem Tag sprach ich darüber, was es heißt, ein unkonventionelles Leben zu führen. Dazu kommt es weder zufällig noch durch harte Arbeit oder einzigartige Talente und Fähigkeiten. Doch es gibt eine Methode – einen erlernbaren Code –, die jedem zugänglich ist und auch dich zu einer unkonventionellen Persönlichkeit machen kann.
Die entsprechenden Techniken haben sich nicht nur für einige wenige Individuen bewährt, sondern bereits für Hunderttausende. Der Code wird in Schulen überall auf der Welt eingesetzt, Unternehmen schulen ihre Belegschaften darin, und allenthalben finden Menschen mit seiner Hilfe Glück, Zufriedenheit und Sinnhaftigkeit. Ich selbst habe mir den Code mittels Trial-and-Error-Verfahren sowie durch die sehr genaue Beobachtung einiger der unkonventionellsten Persönlichkeiten der Welt erschlossen.
Auf YouTube wurde meine Rede in Calgary trotz ihrer Länge von beinahe einer Stunde fast eine halbe Million Mal angeklickt, und viele haben mir hinterher vorgeschlagen, ein Buch zu schreiben. Aber ich war noch nicht so weit. Denn was hätte mich schon groß qualifiziert, Autor zu werden?
Drei Jahre später. Nach einer Party auf Necker Island saß ich mit Richard Branson zusammen; als die anderen Gäste alle weg waren und nur noch wir zwei blieben, erzählte ich ihm von meinen Gedanken und Theorien darüber, was ihn und andere zu außergewöhnlichen Persönlichkeiten machte. Danach schaute mich Branson an und sagte: »Eigentlich solltest du ein Buch schreiben.« Ich bewunderte Richard nicht nur als Unternehmer. Mit seinem Buch Like a Virgin: Erfolgsgeheimnisse eines Multimilliardärs war er auch zu meinem Lieblingsautor geworden. Und dieser leichte Schubser von ihm brachte mich auf den Weg, Lebe nach deinen eigenen Regeln zu schreiben. Zwar sollte es weitere drei Jahre dauern, bis ich das erste Kapitel abgeschlossen hatte. Aber jetzt ist der Band fertig und ich habe die Ehre, ihn in deine Hände legen zu dürfen.
All das erzähle ich nur, um dir klarzumachen, wie stark und wirksam die Gedanken sein können, um die es in diesem Buch geht. Es ist kein normales Werk über Persönlichkeitsentwicklung. Im Grunde überhaupt kein normales Sachbuch über irgendwas. Es ist so gedacht und geschrieben, dass es äußerst komplexe Ideen (zum Beispiel über Erfolg, Sinnhaftigkeit und Lebensglück) auf allgemeinverständliche Strukturen und Modelle runterbricht. Und wenn ich sage allgemeinverständlich, dann meine ich das auch so. Beim Schreiben dieses Kapitels bekam ich ein Video zugespielt, das einen Lehrer in Indien zeigt, wie er mehrere Hundert Schulkinder in einige der Ideen aus diesem Buch einführt.
Und sie funktionieren. Würdest du meinen persönlichen Hintergrund kennen (über den ich in den folgenden Kapiteln noch spreche), wüsstest du, dass ich meinen heutigen Erfolg »eigentlich« gar nicht hätte haben dürfen. Weil nämlich die Chancen total gegen mich standen. Und doch kann ich mich glücklich schätzen: Ich kann jetzt – allen Widrigkeiten zum Trotz – ein »unkonventionelles« Leben führen. Wozu unter anderem gehört, dass
• ich aus meinem Hobby – der Persönlichkeitsentwicklung – Mindvalley machen konnte, ein Unternehmen mit 500 000 Schülern, zwei Millionen Abonnenten und einer Fanbase von Leuten, die das, was wir machen, leidenschaftlich lieben
• ich Mindvalley ohne Bankkredit oder Risikokapital starten und daraus gegen alle Wahrscheinlichkeit eine der innovativsten Firmen unserer Branche machen konnte
• ich ein preisgekröntes Arbeitsumfeld für Angestellte aus mehr als 40 Ländern gestalten konnte, das bei einer Leserumfrage des Inc. Magazins 2012 zu einem der coolsten Büros gewählt wurde
• ich heute mit einer unglaublichen Frau verheiratet bin und wir zwei wunderbare Kinder haben
• ich ein eigenes Festival ins Leben rufen konnte, das A-Fest, das an den verschiedensten exotischen Plätzen überall auf der Welt stattfindet und jedes Mal zu Tausenden tolle Leute anzieht, die eines der begehrten Tickets ergattern wollen
• ich spirituelle Erweckungserlebnisse hatte, die mein Verständnis der physischen Wirklichkeit umgekrempelt haben
• ich Millionen Dollar für wohltätige Zwecke sammeln und spenden kann
• ich das großartige Angebot erhalten habe, dieses Buch zu schreiben (danke, Rodale Inc.!).
Aber ich kann dir versichern: Bei meiner Geburt sprach nichts dafür, dass aus mir mal etwas Besonderes werden würde. Eigentlich hätte ich ein ziemlich normales Leben führen sollen. Ich war in Malaysia aufgewachsen, bevor ich in die Vereinigten Staaten ging. Hatte mich immer für einen Langweiler gehalten und mich viele Jahre mit Minderwertigkeitsgefühlen rumgeschlagen. Ich wäre beinahe von der Uni geflogen, der University of Michigan, und hatte das Vergnügen, innerhalb von zwei Jahren nach meinem Abschluss 1999 zweimal gefeuert zu werden, zweimal meine Firma zu verlieren und mehrfach total pleite gewesen zu sein.
Ein Dutzend Start-ups hatte ich schon gegründet, bevor dann schließlich eine Idee von mir – Mindvalley – einschlug. Mit achtundzwanzig musste ich das Land meiner Träume verlassen und wieder zu meinen Eltern ziehen. Während ich die nächsten sechs Jahre mit meiner Frau in einem Zimmer bei Mama und Papa wohnte und einen winzigen Nissan Micra fuhr, versuchte ich mein Unternehmen auf die Beine zu stellen.
Und sogar noch ein Jahr vor meiner Rede in Calgary deutete nichts darauf hin, dass ich meine Ziele erreichen würde. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mehr Schulden, als wenn ich nie eine Firma gegründet hätte.
Aber dann, mit zweiunddreißig, kam für mich die Wende. Innerhalb von kürzester Zeit veränderte sich alles, wirklich alles.
Und zwar einzig und allein, weil ich trotz meiner bescheidenen Anfänge über eine bestimmte Fähigkeit verfüge, die sich immer wieder als hilfreich erweist. Ihr habe ich auch den Grundgedanken für dieses Buch zu verdanken, mit dem ich dich dabei unterstützen möchte, dass du aus deinen Lebensumständen, wie immer sie auch aussehen mögen, herauskommst.
Sollte ich diese Fähigkeit beschreiben, würde ich sagen: Ich bin ein Lern-Schwamm. Sauge jegliches Wissen von anderen auf und stelle Zusammenhänge her. Ich darf von mir behaupten, dass ich die Erkenntnisse und Weisheiten aller möglichen Leute – seien sie Mönch oder Milliardär – mit Leichtigkeit aufnehme und diese Ideen dann »kodifiziere«, die einzelnen Infohäppchen miteinander verbinde und daraus einzigartige neue Modelle zum Verständnis der Welt entwickle. Das ist meine Begabung.
In der Computerwelt würde man mich wohl als Hacker bezeichnen. Denn Hacker zerlegen die Dinge in ihre Einzelteile, brechen sie bis auf ihren Kern runter und setzen sie dann zu etwas Neuem, Besseren wieder zusammen.
Genau das tue ich auch. Eigentlich bin ich gelernter IT-ler. Mein Geist aber liebt es von Natur aus, das Leben zu hacken. Deshalb erkenne ich Muster, die anderen oft entgehen, und stelle ungewöhnliche Zusammenhänge her.
In diesem Buch...