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E-Book

Die zweite Ehe

AutorSandra Lüpkes
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783104009698
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
»Die zweite Ehe ist der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung.« (Samuel Johnson) Man hat eine schmerzhafte Bauchlandung hingelegt: Die erste Ehe ging in die Brüche, Streit, Enttäuschung und Tränen waren an der Tagesordnung, Gerichtstermine kosteten Nerven und Geld. Man schwor sich: »Diesen Fehler machst du nie wieder!« Und trotzdem heiratet ein Großteil der Geschiedenen irgendwann erneut. Sandra Lüpkes, selbst einmal geschieden und - nach langer Bedenkzeit - zur überzeugten Wiederholungstäterin geworden, hat mit vielen Betroffenen gesprochen: Die Erfahrungen der ersten Ehe inklusive Trennung können sogar von Vorteil sein, denn sie bewahren einen davor, aus den falschen Gründen zu heiraten oder unrealistische Ansprüche an die neue Beziehung zu stellen. Wenn man bereit ist, sich und seinen Wunsch nach Partnerschaft im Licht der Vergangenheit zu reflektieren - es aber auch unterlässt, das Gewesene mit dem Neuen zu verknüpfen -, dann darf man sich ruhig noch einmal trauen und mit ganzem Herzen ja sagen.

Sandra Lüpkes, geboren 1971 in Göttingen, lebt als erfolgreiche Krimiautorin und Sängerin mit ihren beiden Kindern in Münster. Sie ist in zweiter Ehe verheiratet. Die Gedanken, Zweifel und Hoffnungen, die sie im Vorfeld zum zweiten Jawort beschäftigten, haben sie zu diesem Buch motiviert. Zuvor hat sie mit dem viel beachteten Ratgeber »Ich verlasse dich« die Erfahrungen ihrer Trennung verarbeitet. Mehr Infos unter www.sandraluepkes.de

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Leseprobe

2. Die Ehe – Was soll das Ganze?


Häufigste Gründe
für das erste Ja-Wort:
46 % Liebe
20 % Kinderwunsch/Schwangerschaft
(wird deutlich öfter von Männern angegeben)
13 % Sicherheit
(wird deutlich öfter von Frauen angegeben)
13 % Beziehung vertiefen
Das Zusammenleben von Mann und Frau (und in neuerer Zeit glücklicherweise auch von Mann und Mann bzw. Frau und Frau) wurde schon immer innerhalb der Gemeinschaft geregelt. Dass man ein Verhältnis zu einer Institution machen will, hat mit der Absicherung des Nachwuchses zu tun. Der Mann will sichergehen, kein »Kuckucksküken« zu ernähren, die Frau beansprucht für sich und die Kinder einen zuverlässigen Schutz, bis Letztere flügge geworden sind. Doch heute bedeutet das Zusammenleben mehr als das. Die Verantwortung der Partner füreinander ist stets Mitbestandteil, denn das Nest, welches man gemeinsam baut und einrichtet, dient nicht nur als Kinderstube, sondern auch als eigene Heimat, in der man unter sich und ganz privat sein kann. Die Liebesheirat, die wir heutzutage als das Ideal betrachten, war gestern noch eine Kuriosität und wird morgen vielleicht wieder in Frage gestellt werden. Was jedoch seit Menschengedenken und in fast allen Kulturen stets Gültigkeit hat, ist der Vernunftsaspekt der Verbindung – obwohl das, was wir als vernünftig erachten, natürlich immer relativ ist.

Das Wort Ehe stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet tatsächlich so viel wie »Sitte, Recht, Gesetz«, ein uraltes Gesetz also, welches sich immer mit den neuesten Entwicklungen vertragen musste. Allein die Rolle der Frau hat sich seit der Antike grundlegend verändert und die Gestaltung der Partnerschaft maßgeblich beeinflusst. Früher wurden die Ehen arrangiert, um Frieden und Wohlstand von Sippen oder Fürstentümern zu sichern. Heute möchte man sich mit dem frei gewählten Partner ein emotional und sozial stabiles Fundament für die individuelle Entwicklung schaffen.

Einfach nur so über die Ehe referieren kann man also kaum, weil sie sich laufend verändert in ihrer Gestaltung, ihrer Bedeutung und ihren Prioritäten. Eins jedoch ist immer gleich geblieben: Das Zusammenleben zweier Menschen war stets so wichtig, dass es geregelt werden musste – oder so kompliziert.

Die Geschichte der Ehe im Schnelldurchlauf


Es gibt nur Vermutungen, wie das Familienleben in der ganz frühen Menschheitsgeschichte organisiert war. Die uns genetisch am nächsten stehenden Affenarten leben beispielsweise polygam, weiter entfernt »verwandte« Primaten wie die Krallenaffen oder Gibbons sind hingegen ein ganzes Leben lang nur einem Partner treu.

Es ist aber anzunehmen, dass das Zusammenleben von Männern und Frauen beispielsweise in der Steinzeit reglementiert war, nicht zuletzt, weil bereits hier eine Rollenverteilung vorgelegen hat, wonach der Mann auf die Jagd ging, während die Frau in der Höhle und bei den Kindern blieb. Hier wurde also im Prinzip bereits eine Art Tauschhandel vereinbart: Wenn der eine für das Essen sorgt, kümmert sich der andere um dessen leibliches Wohl und den Nachwuchs. Ob es allerdings Zeremonien gab, die mit einer heutigen Trauung zu vergleichen sind, ist fraglich.

Die erste Hochkultur der Sumerer, die 4000 Jahre v.Chr. in Mesopotamien das Rad und die Schrift hervorgebracht hat, hat ihre Götter verheiratet, um aus dieser Verbindung einen Nutzen für die Menschen zu ziehen: Ihr Hirten- und Vegetationsgott Dumuzi verband sich Jahr für Jahr in einem heiligen Akt mit der Fruchtbarkeitsgöttin Inanna und sorgte so für den ersehnten Regen. Im alten Ägypten hatten die Pharaonen eine Frau und mehrere Nebenfrauen, im Alten Testament begegnet uns diese Form der Polygamie auch in den nicht königlichen Familien. Die zwölf Stämme Israels basieren auf den männlichen Nachkommen Jakobs, die er mit seinen zwei Ehefrauen und deren Dienerinnen gezeugt hat. [9] König Salomon soll es sogar auf 700 Frauen und 300 Nebenfrauen gebracht haben. [10] Inwiefern die Ehefrauen nun ihrerseits mehrere Männer hatten, darüber kann man nur spekulieren. Es ist anzunehmen, dass ein außereheliches Verhältnis für das weibliche Geschlecht ein hohes Risiko barg; überführte Ehebrecherinnen wurden (und werden in einigen Ländern auch heute noch) gesteinigt.

Über die alten Griechen wissen wir, dass sie ihre Gattinnen von der Öffentlichkeit fern hielten, während sie selbst am kulturellen, politischen und sportlichen Geschehen teilnahmen. Doch die Frauen konnten innerhalb ihres Privathaushaltes sehr wohl das Zepter schwingen, sie hatten als Hausverwalterinnen das Sagen über das gesamte Personal. Die Ehe war immer ein Arrangement, welches die Verbindung zweier Haushalte festigen und den Besitz zusammenfügen sollte, oft waren Braut und Bräutigam sogar verwandt, nicht selten Halbgeschwister. Der Mann heiratete erst mit 30, die Frauen hingegen wurden zwischen 14 und 18 vermählt. Da die Geschlechter in Griechenland streng voneinander getrennt aufwuchsen, waren sich die Eheleute bis zur Hochzeit meist fremd. Intimität zwischen den beiden war so gut wie unmöglich, der Vollzug der Ehe hatte dreimal im Monat stattzufinden und hätte das den beiden auch noch Spaß bereitet, wäre es eine Katastrophe und Herabsetzung der Frau gewesen. Zur Stillung der Liebeslust gingen die Männer in ein Bordell oder suchten die etwas kultiviertere Gesellschaft der Hetären. Zudem gab es den aus heutiger Sicht mehr als befremdlichen Brauch der Knabenliebe, die als reinste und schönste Verbindung zweier Seelen gesehen wurde. Trotzdem konnten die Eheleute, die sich eher selten zu Gesicht bekamen, durchaus in Liebe oder inniger Zuneigung verbunden sein, denn die gemeinsamen Kinder und der funktionierende Haushalt stellten eine wesentliche Gemeinsamkeit dar. Interessant ist zudem, dass die Frau das Recht hatte, das Haus – und somit die Ehe – zu verlassen, wenn der Mann sie nicht respektvoll behandelte, die Mitgift durfte sie als Absicherung mitnehmen.

Bei den bürgerlichen Römern gab es einige Jahrhunderte später immerhin so etwas wie ein Vetorecht, wenn eine Ehe arrangiert werden sollte, denn man erkannte, dass eine gewisse Harmonie zwischen Mann und Frau der Gemeinschaft nicht unbedingt schadet. Die Tatsache, dass die Frau über ein vom Vater gestelltes Vermögen verfügte, erlaubte ihr ein eigenständiges und auch öffentliches Leben, was die Partnerschaft nicht einfacher machte, aber interessanter und dadurch auch oftmals erfüllter. Viele Dichter und Denker begannen, die Liebesehe als ein Idealbild zu preisen. Interessanterweise gibt es zeitgleich eine auffällige Entwicklung: Scheidungen und Wiederverheiratungen waren im 1. Jahrhundert nach Christi Geburt nicht selten. Zwar hielten sich die Männer noch immer Konkubinen und auch die Frauen vergnügten sich ab und zu mit Nichtbürgerlichen – doch »das wechselseitige Einswerden im Verschmelzen der beiden Willen zu einem gleichbestimmten Wollen ununterscheidbarer Seelenstärke«[11] war das höchste Ziel. Obwohl der Staat es lieber sah, wenn Eheleute über ein jeweilig eigenes Vermögen verfügten, praktizierten immer mehr die damals fortschrittliche Gütergemeinschaft: alles gehörte beiden.

Mit der Ausbreitung des frühen Christentums wurden die bis dahin sehr eng verflochtenen Familienbande gelockert, da die Kirche auf diese Weise die heidnischen Hausgötter zugunsten ihrer Religion vertreiben wollte. Die Hochzeit zwischen Verwandten und Verschwägerten wurde als Inzest verboten. Zudem gab es die Alternative für Männer und Frauen, sich mit dem Eintritt ins Kloster für Ehelosigkeit und ausnahmslose Liebe zu Gott zu entscheiden.

Lange war das Heiraten ohnehin nur eine Angelegenheit für höher gestellte Bürger. Diener und andere niedrige Gemeindemitglieder lebten ohne irgendeine Reglementierung zusammen und ihre Nachkommen blieben ebenso ehelos.

Bereits im frühen Mittelalter gab es verschiedene Eheformen, die passend auf die jeweiligen Standesunterschiede zugeschnitten waren. Die Muntehe – als reine Vertragssache zwischen meist adeligen Familien üblich – regelte die Vormundschaft über die Braut, die vom Vater auf den Ehemann übertragen wurde. Hier spendete ein Priester seinen Segen für eine möglichst lebenslange Verbindung, die darin bestand, dass der Ehemann Verfügungsgewalt über die Frau, die Kinder und das Vermögen hatte und im Gegenzug seiner Familie den nötigen Schutz bot. Das Scheidungsrecht lag – wen wundert es – auch gänzlich beim Mann.

Nahm sich ein freier Mann zur damaligen Zeit eine unfreie Frau, um mit ihr in eheähnlichem Zustand zusammenzuleben, dann sprach man von der Kebsehe. Hier wurde die Frau nicht nach ihrem Willen gefragt, sondern war alleiniges Eigentum des Mannes. Die gemeinsamen, erbunberechtigten Kinder nannte man »Kegel« – hierher stammt der heute noch gebräuchliche Begriff »mit Kind und Kegel«.

Wesentlich gleichberechtigter ging es in der Friedelehe zu, die standesunabhängig war und von beiden Partnern freiwillig und nicht von Dritten arrangiert eingegangen wurde. Hier galt als Zeremonie der Einzug der Frau in das Haus des Mannes und die darauf folgende Hochzeitsnacht. Da die Brautväter meist mit dieser Form der Ehe nicht einverstanden waren, gab es auch keine Vormundschaftsübertragung auf den Mann – die Frau machte sich also von männlicher Bevormundung unabhängig....

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