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E-Book

Laßt endlich die Männer in Ruhe

oder Wie man sie weniger und sich selbst mehr liebt

AutorCheryl Benard, Edit Schlaffer
VerlagRowohlt Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl246 Seiten
ISBN9783688103348
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Wäre das Leben angenehmer, wenn die Männer anders wären? Möglich. Doch die Männer sind so, wie sie sind. Ihre Veränderungsbemühungen sind halbherzig, und ihre Bereitschaft, Gefühle zu investieren, ist nur aufgezwungen. Genervt seufzen sie auf, wenn die Partnerin über Empfindungen und Verständnis sprechen will. Und dabei gibt es doch Tennis im Fernsehen. Der Mann, der mit halbgeschlossenen Augen widerwillig die x-te Beziehungsdiskussion mit seiner Lebensgefährtin über sich ergehen läßt, erinnert er nicht an die viktorianische Ehefrau, die «an England dachte», wenn sie sich den unverständlichen Bedürfnissen ihres Ehemannes unterwarf? Frauen haben Schwierigkeiten, das zu akzeptieren; denn auf die Gefühle kommt es doch an, oder? Abschätzig sprechen sie von einer «Vernunftheirat» im Gegensatz zu einer «Liebesheirat», was zu der fatalen Folgerung führt, eine Ehe sei dann als besonders liebevoll zu bezeichnen, wenn es dort besonders unvernünftig zugeht. Viele Frauen haben teuer für ihr ständiges Bemühen um den Mann bezahlt. Und erst allmählich eingesehen, daß die Männer gar nicht anders sein wollen als emotional verschlossen und auf ihr Ich konzentriert. Also nehmt die Männer doch als das, was sie sind, und wendet euch im übrigen anderen, lohnenderen Objekten der Veränderung zu.

Cheryl Benard wurde 1953 in New Orleans/USA geboren. Zusammen mit Edit Schlaffer leitete sie als Sozialwissenschaftlerin die «Ludwig-Boltzmann-Forschungsstelle für Politik und zwischenmenschliche Beziehungen» in Wien und gründete 1981 mit ihr die Menschenrechtsorganisation «Amnesty for Women».

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Leseprobe

2. Viele Wege führen ins Unglück oder: Frauen gestalten ihre Ehe


Männer und Frauen heiraten aus unterschiedlichen Gründen und mit abweichenden Erwartungen. Für ihn besetzt «Ehe und Familie» nur einen Teil des Lebens; berufliche Herausforderung, Ansehen und Erfolg nehmen den größeren Raum ein.

Für sie ist «Ehe und Familie» das Leben, auf das die eigene Persönlichkeit oft schmerzhaft zurechtgestutzt werden muß.

Eigentlich hatte alles so angefangen: Wir wollten ein Buch über gute Ehen schreiben. Wir dachten dabei auch an eine gewisse Propagandawirkung. Denn: wenn wir uns immer nur über unangenehme Männer auslassen, die mit ihren Frauen in schlechten Beziehungen leben, dann ist das nicht bloß entmutigend für die Frauen, sondern dient eigentlich bloß den Männern zur Rechtfertigung. Schau her, können sie dann sagen, du bist mit mir nicht zufrieden? Immerhin bin ich doch noch um einiges besser als so mancher andere, an den du statt meiner hättest geraten können. Es ist verblüffend, wie viele ehrgeizige, intelligente und kultivierte Männer sich, ohne mit der Wimper zu zucken, mit dem allerniedrigsten Niveau ihres Geschlechts vergleichen. Sie halten es sich zugute, daß sie zumindest nicht zu dem Typ Schläger und Vergewaltiger gehören. Ihre Frau könnte doch wirklich dankbar sein, daß sie nicht geschlagen, nicht mit ihrer besten Freundin betrogen, nicht mit 55 für eine 18jährige stehengelassen wurde.

Diese Frau hat kaum ein Korrektiv. Vor allem die moderne Frau konnte sich kaum wehren, wenn ihr Mann sie ganz diskret darauf hinwies, wie aufopfernd es von ihm sei, mit ihr zusammenzuleben statt mit einer der zahlreichen viel angenehmeren Frauen – den häuslicheren, den untertänigeren, den jüngeren –, die ihn jederzeit gern aufnehmen und verhätscheln würden. Denn worauf sollte sie verweisen, um ihn seinerseits an dem Angebot seiner wesentlich attraktiveren Geschlechtsgenossen zu messen?

Dieser Frau wollten wir helfen. Wir wollten ihr ein kleines Album von wirklich liebreizenden Männern in die Hand geben, damit sie eine Vision hätte von der Marschroute, die sie und ihr noch-nicht-hinreichend-lieber Liebster einzuschlagen hatten.

Gute Ehen wollten wir finden, damit all jenen, die sich in dieser Lebensform versuchen wollen, zumindest ein Rollenmodell zur Orientierung vorläge.

Wir sahen uns viele der sogenannten guten Ehen genauer an, und je mehr Interviewprotokolle wir ansammelten, desto mehr Fragen türmten sich vor uns auf.

Aber bleiben wir bei der Reihenfolge, in der die Geschehnisse stattfanden.

Was ist das überhaupt, eine gute Ehe? Spontan fallen zwei Kriterien ein, die man zur Definition heranziehen könnte. Erstens ist wohl ein bestimmter, subjektiver Zustand der Zufriedenheit ausschlaggebend. Die Partner müssen in ihrer Beziehung glücklich sein oder zumindest zufrieden. Da wir davon ausgehen können, daß nahezu alle Männer eine Beziehung eingehen in der Hoffnung und Erwartung, dieses Ziel zu erreichen, sollte als zweites Kriterium noch eine gewisse Haltbarkeit ausschlaggebend sein. Das heißt, die Betroffenen dürfen nicht bloß in den ersten berauschten Wochen ihres jungen Glücks meinen, eine gute Ehe zu führen, sondern diese Zuversicht muß auch die Zerreißproben des Alltags eine gewisse Zeitlang überdauern, bevor wir sagen können, daß es sich hier um eine glückliche Ehe handelt.

Die Tücken unseres Projekts sind bereits evident. Denn wir alle wissen, daß es sehr haltbare und langandauernde Beziehungen geben kann, die mit Glück nicht im entferntesten mehr etwas zu tun haben. Es kann Pragmatik sein oder Faulheit, die diese zwei Personen jahrelang, vielleicht ein Leben lang, zusammenhält. Es kann Resignation sein und die Angst, keine bessere Alternative zu haben. Es kann eine einseitige oder gegenseitige Verkrüppelung sein, die den einen oder beide Partner glauben läßt, ohne den verhaßten anderen nicht mehr existieren zu können. Gleichgültigkeit, Angst, Haß, Berechnung und nicht Glück und Liebe können der Grund dafür sein, daß sich die Familie am silbernen Hochzeitstag zusammenfindet. Klar also, daß Haltbarkeit allein noch keine Aussage über die Qualität einer Beziehung macht. Aber: ist Haltbarkeit denn überhaupt ein Kriterium? Können wir nur dann von einer guten Ehe sprechen, wenn sie unter dem Opfer der Nicht-Entwicklung oder zumindest einer immer auf parallele Entwicklung zurechtgestutzten Beziehung andauert? Oder kann es sein, daß man sich zwar auseinanderlebt und schließlich auseinandergeht, die Monate oder Jahre der Beziehung aber trotzdem ein guter und wertvoller Teil der eigenen Biographie waren? Daß eine Beziehung gut, aber befristet ist? Wie ist dann aber eine schlechte Ehe oder sogar grauenhafte Beziehung zu bewerten, von der man rückwirkend erkennt, daß sie einen ganz wesentlichen Beitrag zur persönlichen Weiterentwicklung geleistet hat? Viele Menschen, vor allem Frauen, finden gerade deshalb zum sozialen Engagement, zum Wiedereinstieg in den Beruf, zur Suche nach ihrer persönlichen Identität und ihren wirklichen Talenten, weil eine schlechte Ehe ihnen die Erfüllung versagt hat, die sie ansonsten ausschließlich im Privatbereich und der Familie gesucht hätten. Rückblickend sind sie dann froh, daß ihre Ehe schlecht war und sie damit aus ihrer Lethargie und Trägheit aufgerüttelt wurden, denn eine gute Ehe hätte sie darin aufgehen und eine bloß mittelmäßige hätte sie endlos dahinlavieren lassen. Können wir also letztlich das als «gute Ehe» bezeichnen, wenn wir annehmen, daß wir uns alle unterbewußt das aussuchen, was wir im Grunde brauchen?

So «brauchen» manche Menschen vielleicht eine schlechte, soll heißen, krisen- und spannungsreiche Beziehung, weil sie aus irgendwelchen psychischen Gründen diese Form von Anspannung und Konfrontation mögen? Wenn die Umwelt die Köpfe schüttelt über eine Beziehung, in der dramatische Szenen und Trennungen abwechseln mit ebenso temperamentvollen Versöhnungen und Liebesschwüren, ist das dann eine gute oder eine schlechte Beziehung?

Und andererseits: wie ist eine Beziehung zu bewerten, die haltbar und friedlich ist und in der die Beteiligten beide meinen, eine gute Ehe zu leben, in der diese Stabilität aber ganz eindeutig auf Kosten einer der beiden Beteiligten geht? Wenn eine ehemalige Schulfreundin, die früher lebenslustig, extrovertiert, ein bißchen frech, optimistisch und gesellig war, jetzt an der Seite eines sichtbar muffigen, rechthaberischen Mannes nervös, ja, in seiner Anwesenheit fast ängstlich wirkt, da er sie sofort zurechtweist, sowie sie etwas sagt? Und wenn Sie diese Freundin nur Dienstagabend in einem Lokal treffen können, weil er dann beruflich verreist ist und es ihm sonst leider nicht paßt, daß sie eine Freundin trifft – wenn diese ehemalige Schulfreundin dann meint, alle Menschen müssen Kompromisse machen und alles in allem sei ihre Ehe gut – können Sie ihr dann aus vollem Herzen zustimmen?

Aus all unseren Überlegungen kristallisieren sich schließlich mehrere Ideen zur Definition einer guten Beziehung heraus. Wir selbst wollten eine gute Beziehung so verstanden wissen, daß die Beteiligten sich darin gut und zufrieden fühlen, daß sie tendenziell haltbar ist gegenüber materiellen und psychischen Belastungen und Krisen und daß keiner der Beteiligten Kompromisse machen muß, die an die Substanz der Persönlichkeit und ihrer Wünsche und Werte gehen. Daneben wollten wir nicht ausschließen, daß vielleicht auch Beziehungen, die unsere Kriterien nicht erfüllen, unter Umständen von den Betroffenen als gute Ehen empfunden werden. Und bei dieser zweiten Gruppe entdeckten wir, daß es auch hier eine Reihe von typischen Konstellationen gibt, die manche Beziehung eher erfolgreich sein lassen als andere.

Für diese Kategorie von Beziehungen, die unseren rigorosen Standards zwar nicht entsprachen, die aber dennoch von den Beteiligten oder ihrer Umgebung mit besonderen Prädikaten der Güte versehen wurden, wählten wir die Bezeichnung «funktionierende Ehen».

Und es bildeten sich drei Typen solcher Beziehungen heraus.

Da war zum einen die Verbindung, in der es deutlich einen «Sieger» gab; und das mußte nicht immer der Mann sein. In diesen Beziehungen hat sich, oft nach vielen Jahren und manchen Schwankungen in den relativen Machtverhältnissen, der eine Partner durchgesetzt. Seine Meinung hat mehr Gewicht; er hat den größeren Stimmanteil bei wichtigen wie unwichtigen Entscheidungen; seine Dominanz ist im Zusammenleben deutlich. Der andere Partner hat sich untergeordnet, weil er die schwächere Persönlichkeit, der nettere Mensch oder weil er einfach weniger kampflustig war. Vielleicht war er über viele Jahre nach außen hin sogar der Stärkere, und der Partner verbarg mühsam seine Ungeduld und seinen Zorn, bis sich das Blatt endlich wendete und seine Stunde schlug. Nur zu leicht ist dann ein Element der Bestrafung spürbar, weil der ehemals Unterdrückte das erlebte Unrecht rächen will. In vielen lang andauernden Ehen ist dieses Muster zu beobachten: Nach der Pensionierung verliert der Mann seine Vorrangstellung, die Frau ist vergleichsweise noch rüstig und gewandter in den Beziehungen zu Freunden und Verwandten, die nun einen neuen Stellenwert besitzen. Nun steigt sie auf als die Kompetentere und managt den Alltag, während ihr Mann in ihren Schatten gerät. Oder eine Frau versucht jahrelang, mit ihrem Mann eine gleichberechtigte und freundschaftliche Ehe zu führen, bis sie müde wird und zu der Meinung kommt, es sei einfach leichter, ihm nachzugeben und nach dem Mund zu reden und ihm die männliche Vorrangstellung zu lassen, die er anscheinend so dringend braucht.

Als Außenstehender wird man diese Verbindungen nicht unbedingt für «gute» Beziehungen...

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