Nachfolgend werden die notwendigen theoretischen Grundlagen und Begriffsbestimmungen herausgearbeitet.
Der zentrale Bestandteil, der Kern des KVP, ist das Problemlösen gemeinsam mit den Beteiligten (vgl. Kostka/Kostka 2013: 58). Das übergeordnete theoretische Konzept ist die ständige Verbesserung in kleinen Schritten, die von Mitarbeitern durch kritische Reflexion der Arbeitsprozesse in Teamarbeit umgesetzt werden. Hierbei liegt der Fokus des Denkens auf Prozessen und nicht auf Abteilungsbereichen oder Hierarchiestufen. Verbesserungsprozesse erfolgen nicht mehr alleinig aufgrund von Management-entscheidungen top-down, sondern werden auch von der Ausführungsebene, also bottom-up, initiiert. Auf diese Weise wird Qualität dort sichergestellt, wo sie entsteht - bei der Ausführung am Arbeitsplatz. (vgl. Menzel 2010: 12)
Eine Grundidee im KVP lautet, statt nur zu bemängeln und ggf. den gleichen Fehler zu wiederholen, halten die Mitarbeiter Probleme aus ihrem Bereich schriftlich fest oder machen Verbesserungsvorschläge. Zur systematischen Nutzung dieser so bewusst gewordenen Potenziale benötigt die Organisation eine Infrastruktur, welche die Umsetzung der Ideen unterstützt. (vgl. ebd.: 11)
Ursprünglich zielte der KVP darauf, Verschwendung zu eliminieren. Es ist aber auch eine kulturorientierte Ausprägung möglich, die eine Verbesserung der Zusammenarbeit und Motivation zum Ziel hat, aus der wiederum eine Verbesserung der Prozess- und Ergebnisqualität entstehen soll. (vgl. DGQ 2014: 10)
Optimal eingesetzt können auf diese Weise nicht nur Verbesserungen, sondern auch eine Art Aufbruchsstimmung, die neuen Geist und neues Leben in eine Organisation tragen kann, entstehen (vgl. Wahren 1998: 11).
Neben der ursprünglich reinen Eliminierung von Verschwendung lassen sich folglich als wesentliche Ziele des KVP die Nutzbarmachung von Wissen, Erfahrung und Kreativität der Beschäftigten sowie die Anregung des Austausches zwischen verschiedenen Bereichen und Fachdisziplinen herausarbeiten. Der Durchführung von moderierten Projektgruppen und den Vorschlägen aus den Mitarbeitergruppen kommen hierbei entscheidende Bedeutungen zu. (vgl. Wochnik 2007: 198-199)
Masaaki Imai versteht unter KVP eine ständige Verbesserung durch Führungskräfte und Mitarbeiter, wobei die Annahme der KVP-Philosophie, dass nicht nur das Arbeitsleben, sondern auch das soziale und häusliche Leben einer fortwährenden Verbesserung bedarf, zugrunde liegt (vgl. Imai 2002: 28-29). Imai weitet den KVP-Gedanken über den betrieblichen Kontext hinaus in den privaten Bereich aus. Bedeutend ist in seinem Ansatz der Einbezug von Führungskräften und Mitarbeitern. Der Fokus des hier gewählten Ansatzes liegt auf der kulturorientierten Ausprägung. In einer Studie der Agamus Consult, welche im Jahr 1996 veröffentlicht wurde, wurden branchenübergreifend 113 Firmen der deutschen Industrie mittels Fragebögen zur Anwendung des KVP befragt (vgl. Agamus Consult 1996a: 7).
Zu dessen Bedeutung gaben 89% der Unternehmen an, dass KVP über die Mitarbeitermotivation zur Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung führen soll. In 11% der Unternehmen soll KVP unmittelbar Effizienz steigern und Qualität verbessern. In keinem Unternehmen soll KVP vorrangig der Mitarbeitermotivation dienen. (vgl. ebd.: 13)
Die Entwicklung des KVP geht auf die 1950er Jahre zurück. Er wurde durch W.E. Deming und J.M. Juran im Zuge einer Qualitätsbewegung entwickelt (vgl. Imai 1994: 32).
Diese landesweit in Japan initiierte Qualitätsbewegung hatte zum Ziel, durch Aufklärungs- und Trainingsarbeit die Qualität der japanischen Produkte zu erhöhen. Die statistische Qualitätskontrolle wurde hierzu um die Qualitätsförderung erweitert. Zur Bewältigung der sich hieraus ableitenden Aufgaben der Identifikation und Analyse möglicher Fehlerursachen sowie der Fehlerbeseitigung wurden die Mitarbeiter der ausführenden Ebene einbezogen. Auf diese Weise entstanden die sogenannten Quality Control Circles. Das Konzept dient darüber hinaus der Humanisierung der Arbeit in Form einer Arbeitsbereicherung. (vgl. Zink 2007: 14)
In den 1980er Jahren erlangte der KVP dann vor dem Hintergrund der Erfolge der japanischen Industrie breite Beachtung. Infolge dessen wurde der KVP auch eine Forderung in Qualitätsmanagementnormen. Beispielhaft zu nennen ist z. B. die DIN EN ISO 9001: 2008, Qualitätsmanagementsysteme-Anforderungen. Der KVP ist folglich bei entsprechend zertifizierten Unternehmen bereits implementiert. (vgl. DGQ 2014: 16)
Eine Unterscheidungsmöglichkeit bietet der Anwendungsbereich des KVP. Hierin fokussierte der KVP zunächst den Produktionsbereich, wurde dann auf den administrativen Bereich ausgeweitet und wird mittlerweile in allen Teilen von Organisationen angewendet (vgl. ebd.: 16). Bezüglich der methodischen Ansätze sind solche, im Shopfloor-Bereich, die auf der untersten hierarchischen Ebene von „einfachen“ Mit-arbeitern eingesetzt werden, von Methoden, welche von Experten, meist Führungs-kräfte oder qualifizierte Mitarbeiter, in Gruppen eingesetzt werden, zu unterscheiden (vgl. Wahren 1998: 13). Bei der Unterscheidung nach Zielgruppen oder Protagonisten ist z. B. das Mitarbeiter-KVP bereichsintern bei hoher Beteiligung zur Verbesserung in kleinen Schritten und das Experten-KVP als bereichsübergreifende Methode zu sehen (vgl. Menzel 2010: 16). Eine spezielle Ausprägung sind die QC-Zirkel. Die Gruppen der QC-Zirkel bestehen aus vier bis zehn Mitarbeitern eines Arbeitsbereiches. Die Treffen finden periodisch und unter der Leitung eines Moderators, meist des direkten Vor-gesetzten, statt. Die Mitarbeiter nehmen am QC-Zirkel freiwillig teil und werden für die Gruppenarbeit qualifiziert. (vgl. Zink 2007: 14)
Der Quality-Circle-Ansatz entspricht dabei im Kern dem gruppenorientierten Kaizen (vgl. ebd.: 22). Der japanische Begriff Kaizen entspricht inhaltlich der deutschen Übersetzung als Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (vgl. Kostka/Kostka 2013: 12).
Bei der Stadtverwaltung Mönchengladbach wurde bereits im Jahr 2003 ein Betrieb-liches Vorschlagswesen eingeführt. Es dient ebenfalls dazu Erfahrungen und Wissen der Mitarbeiter zu nutzen. Wo liegen die Unterschiede zwischen BVW und KVP?
BVW und KVP lassen sich klar voneinander abgrenzen. Im BVW werden Ideen grundsätzlich in der Freizeit entwickelt, wohingegen im KVP das Nachdenken über die Arbeit zum bedeutungsvollen Bestandteil der Arbeit an sich wird. Zudem fordert der KVP ein Zusammenwirken in Gruppen, wodurch z. B. Gedanken und Ideen ausgetauscht werden und so die Sozialkompetenz, Qualifikation und Motivation der Mitwirkenden gestärkt werden. (vgl. Wahren 1998: 19-20)
Die Entwicklung von Ideen/Problemlösungen im BVW ist allerdings auch in Gruppen möglich. Dies sind im Gegensatz zu den systematisch arbeitenden institutionalisierten und moderierten Gruppen im KVP jedoch informelle Gruppen. (vgl. Neckel 2004: 16)
Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass es im KVP zunächst ausreicht, wenn Mitarbeiter Probleme erkennen und diese dokumentieren. Gleichzeitig einen Lösungsvorschlag zu haben, ist nicht erforderlich. (vgl. Menzel 2010: 11)
KVP und BVW sind demnach eigenständige Ansätze, die nebeneinander betrieben werden können (vgl. Wahren 1998: 19-20).
Als Schwachpunkt des BVW hat sich u.a. erwiesen, dass es durch diverse Regelungen bürokratisch und ineffizient wurde. Lange Bearbeitungszeiten, der passive Charakter sowie Erfolgsaussichten meist nur bei Vorschlägen, die z. B. auf Einsparungen, Produktivitätssteigerung oder Rationalisierung zielten, führten zu schwacher Akzeptanz bei den Mitarbeitern. (vgl. Neckel 2004: 17-18)
Abb. 1: Unterschiede zwischen KVP und BVW
(Menzel 2010: 21)
BVW setzt bei der Stadtverwaltung Mönchengladbach auf monetäre Anreize in Form von Geldprämien. Die so generierte extrinsische Motivation wirkt nicht so nachhaltig wie die intrinsische Motivation, die im KVP durch die Möglichkeit der partizipativen Mitgestaltung der eigenen Organisation entstehen kann. Wenn intrinsisch motivierte Handlungen auch extrinsisch motiviert werden, besteht zudem die Gefahr, dass die intrinsische Motivation untergraben bzw. abgebaut wird (vgl. ebd.: 121).
Nach Rosenstiel steht Partizipation für die Beteiligung, Teilhabe oder Teilnahme, bezogen auf einen konkreten Prozess. Hierbei geht es darum, die von Entscheidungen Betroffenen auch an den Entscheidungen zu beteiligen. Wie die Beteiligung stattfindet und um welche Prozessart es geht, bleibt zunächst offen. (vgl. Rosenstiel 1987: 2)
Die Partizipation bezieht sich in dieser Ausarbeitung rein auf einen organisationalen Kontext. Der Partizipationsbegriff kann hierzu aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet...