92. Kapitel
Regelungen über das Vermögen
Zu den wichtigsten Vereinbarungen gehören natürlich die Regelungen, die das zukünftig erworbene bzw. das bei Eheschließung bereits vorhandene Vermögen der Ehepartner betreffen. Darunter fallen neben Vereinbarungen über den Güterstand und den Versorgungsausgleich auch Regelungen bzgl. etwaiger Immobilien, des Hausrates und der Frage, wer im Falle von Trennung und Scheidung welche Verbindlichkeiten übernimmt.
I. Güterstand
Das Gesetz kennt drei Güterstände, nämlich die Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft. Daneben gibt es noch die sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft, die jedoch kein eigener Güterstand im Rechtssinne ist.
1. Zugewinngemeinschaft
Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand. Der Begriff Gemeinschaft ist dabei allerdings irreführend. Durch die Eheschließung wird kein gemeinschaftliches Vermögen erworben, sondern vielmehr behält jeder das, was ihm zum Zeitpunkt der Eheschließung gehört hat. Auch während der Ehe entsteht gemeinschaftliches Vermögen nur dann, wenn die Eheleute 10einen Gegenstand gemeinsam erwerben. Es besteht kein Unterschied zu nicht verheirateten Personen, die genauso verfahren können.
a) Verfügungsbeschränkung
Der gesetzliche Güterstand wirkt sich unabhängig von den Eigentumsverhältnissen auch auf das Verfügungsrecht der Ehepartner hinsichtlich ihres Vermögens und Eigentums aus. So regelt § 1365 BGB, dass ein Ehepartner weder über sein Vermögen im Ganzen noch über einen wesentlichen Teil ohne Zustimmung des anderen Ehepartners verfügen darf. Gleiches gilt für Gegenstände des ehelichen Haushaltes, § 1369 BGB.
b) Zugewinnausgleich
Für den Fall der Scheidung hat derjenige einen Zugewinnausgleich zu zahlen, der einen höheren Zugewinn erzielt hat. Um zu ermitteln, welcher Ehegatte ausgleichspflichtig ist, wird zunächst von jedem Ehepartner separat der erzielte Zugewinn nach folgender Formel ermittelt:
Endvermögen bezogen auf den maßgeblichen Stichtag
abzgl. Anfangsvermögen bei Eheschließung = Zugewinn
Der Zugewinn ist bezogen auf den maßgeblichen Stichtag zu ermitteln. Dies ist nicht etwa der Zeitpunkt der Trennung oder der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung, sondern die Zustellung des Scheidungsantrages an den anderen Ehepartner, die sogenannte Rechtshängigkeit. Dies bedeutet, dass das Vermögen, das nach dem Stichtag erzielt wird, nicht mehr in den Zugewinn miteinbezogen wird.
Zum Endvermögen gehören alle sogenannten Aktiva, also vermögenswerte Positionen wie Immobilien, Aktien, Lebensversicherungen mit den auf den Stichtag bezogenen Rückkaufswerten und Gewinnanteilen, Bausparverträge, Sparguthaben, Fonds, Münzsammlungen, Briefmarkensammlungen etc. Zum Endvermögen gehören aber auch die sogenannten Passiva, das heißt Verbindlichkeiten bezogen 11auf den maßgeblichen Stichtag wie bspw. Darlehen bei Banken oder Privatleuten.
Die Eheleute sind sich wechselseitig zur Auskunftserteilung verpflichtet. Es muss gegebenenfalls ein geordnetes Bestandsverzeichnis, bestehend aus sämtlichen Aktiva und Passiva nebst den dazugehörigen Belegen, vorgelegt werden. Bestehen Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunftserteilung, kann der Antragsteller auch verlangen, dass der andere Ehepartner die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt versichert.
Das Anfangsvermögen hingegen ist das Vermögen, das am Tag der standesamtlichen Heirat vorhanden war. Zu den Vermögenswerten gehören die gleichen Positionen, die auch im Endvermögen anzusetzen sind, also sämtliche Aktiva und Passiva. Bei lang andauernden Ehen ist es allerdings meist schwierig, das Anfangsvermögen festzustellen, da oft nicht mehr bekannt ist, welches Vermögen bei Eheschließung vorhanden war. Daher ist es sinnvoll, bereits bei Beginn der Ehe ein Bestandsverzeichnisüber die vorhandenen Vermögenswerte zu erstellen.
Wie beim Endvermögen besteht auch ein Auskunfts- und Beleganspruch beim Anfangsvermögen.
BEISPIEL zum Zugewinnausgleich: Die Eheleute Hans und Christel B. in München haben 1972 die Ehe geschlossen. Anfang des Jahres 2017 erhält Hans B. den Scheidungsantrag seiner Ehefrau zugestellt. Beide besaßen bei Eheschließung kein Vermögen. Während der Ehe haben sich die Eheleute allerdings ein beträchtliches Vermögen erarbeitet, das jedoch größtenteils der Ehemann erworben hat. Hans B. ist Alleineigentümer einer Immobilie im Wert von 500.000,00 €. Auf dem Haus lasten lediglich Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000,00 €. Er besitzt darüber hinaus Aktien im Wert von 100.000,00 €, Fondsbeteiligungen im Wert von 200.000,00 € und ein Guthaben auf dem Girokonto in Höhe von 100.000,00 €. Christel B. verfügt über ein Sparguthaben aus vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 50.000,00 € und über Aktien im Wert von 100.000,00 €. Darüber hinaus besitzt sie ein Sparbuch mit einem Wert in Höhe von 100.000,00 €.
12Damit sieht die Vermögensbilanz wie folgt aus:
Endvermögen Hans B.
abzgl. Verbindlichkeiten | 100.000,00 € |
abzgl. Anfangsvermögen | 0,00 € |
abzgl. Anfangsvermögen | 0,00 € |
Hans B. verfügt somit über einen Zugewinn in Höhe von 800.000,00 € und Christel B. in Höhe von 250.000,00 €. Es ergibt sich eine Differenz von 550.000,00 €. Hans B. muss daher die Hälfte der Differenz = 275.000,00 € als Zugewinnausgleich an seine Ehefrau Christel B. zahlen.
c) Privilegierter Erwerb
Unter dem Begriff privilegierter Erwerb versteht man Schenkungen und Erbschaften, die ein Ehepartner während der Ehe erhält. Diese sind insoweit privilegiert, als der andere Ehepartner im Rahmen des Zugewinnausgleiches nur eingeschränkt an ihnen teilhaben soll. Aus diesem Grunde ist ererbtes Vermögen wie Anfangsvermögen zu behandeln, allerdings nicht zum Zeitpunkt der Eheschließung, sondern zum Zeitpunkt des Erbfalls. Da die Erbschaft natürlich auch im Endvermögen zu berücksichtigen ist, und zwar mit dem dann aktuellen Wert, wird der andere Ehepartner nur an dem Wertzuwachs der Erbschaft beteiligt.
Doch auch ein Schenker soll sicher sein können, dass nicht anlässlich der Scheidung die Hälfte der Schenkung an den Ehepartner des 13Beschenkten fließt. Deshalb werden auch Schenkungen genau wie Erbschaften als Anfangsvermögen behandelt. Sie werden zum Zeitpunkt der Schenkung in das Anfangsvermögen eingestellt, so dass auch hier der andere Ehepartner nur die Hälfte des Wertzuwachses der Schenkung als Zugewinnausgleich erhält.
BEISPIEL zu Zugewinnausgleich und privilegiertem...