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E-Book

Qualitätsentwicklung in der Pflege

Konzepte, Methoden und Instrumente

VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl261 Seiten
ISBN9783170326392
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Das Buch ist ein Grundlagenwerk, in dem innovative Konzepte sowie wissenschaftlich basierte und in der Praxis bewährte Methoden und Instrumente zur kontinuierlichen und systematischen Qualitätsentwicklung in der Pflege vorgestellt und diskutiert werden. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei auf den Expertenstandards des DNQP - als einem wichtigen Motor für die Förderung der Pflegequalität in Krankenhäusern, ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen im gesamten deutschsprachigen Raum. Ein wesentlicher Teil der Beiträge stützt sich auf die langjährige Forschungs- und Entwicklungsarbeit des DNQP zu dieser Thematik. An der 2. Auflage haben 14 namhafte Fachexperten aus Pflegewissenschaft und -praxis, Gesundheitsökonomie, Sozialrecht und Verbraucherschutz mitgewirkt.

Doris Schiemann ist Professorin, Martin Moers und Andreas Büscher sind Professoren für das Fach Pflegewissenschaft an der Hochschule Osnabrück. Mit Beiträgen von: Armin Hauss, Thomas Skiba und Gertrud Schmälzle.

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Leseprobe

 

1          Qualitätsentwicklung in der Pflege – Versuch einer Standortbestimmung


Martin Moers, Doris Schiemann & Andreas Büscher


 

Mit diesem Buch, das sich an Wissenschaft und Praxis gleichermaßen richtet, möchten wir einen grundlegenden Beitrag zur Fachdiskussion in einem sich differenzierenden Feld leisten. Qualitätsarbeit im Gesundheitswesen als diskrete Methode der Steuerung von Prozessen schreitet einerseits von seinen Ursprüngen der schlichten (aber keineswegs trivialen) Qualitätssicherung fort zur einrichtungsinternen Qualitätsentwicklung und -steuerung, was in der Folge Fragen nach geeigneten Verfahren und Strukturen für ein wirksames, berufsübergreifendes Qualitätsmanagement aufwirft. Auf der anderen Seite nehmen externe Qualitätssicherung und -prüfung in der Folge gesetzlicher Regelungen erheblich zu. Hier stellen sich Fragen nach einer sinnvollen Verknüpfung beider Bereiche.

Wir nähern uns der aktuellen Diskussion überwiegend aus der Perspektive wissenschaftlich fundierter Methoden und Instrumente zur systematischen und kontinuierlichen Qualitätsentwicklung in der Pflege. Der inhaltliche Schwerpunkt des Buches liegt dabei auf den Expertenstandards des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) als einem Basisinstrument, von dem eine große Ausstrahlung in andere Bereiche der Qualitäts- und Pflegeentwicklung zu verzeichnen ist (Schiemann & Moers 2011, S. 624). Das Selbstverständnis unserer Standortbestimmung speist sich aus der inzwischen 25-jährigen Netzwerkarbeit, in deren Rahmen es gelungen ist, auf dem Gebiet der Standardentwicklung internationales Niveau zu erreichen.

Nach einem kurzen Blick auf die nationale und internationale Netzwerkarbeit in der Pflege werden im ersten Teil zu den Expertenstandards in der Pflege zunächst die Qualitätsmethodik zur Entwicklung, Einführung und Aktualisierung von Expertenstandards ( Kap. 3) dargestellt. Darauf folgen zwei Beiträge, die sich mit Fragen der Evidenzbasierung ( Kap. 4) und Patientinnen- und Bewohnerinnenbeteiligung1 ( Kap. 5) im Rahmen der Entwicklung von Expertenstandards auseinandersetzen. Beide Themen sind für das Qualitätsniveau der Expertenstandards sowie für ihre Akzeptanz in Fachöffentlichkeit und Gesundheitspolitik von maßgeblicher Bedeutung.

Die Einführung von Expertenstandards, einschließlich regelmäßiger Qualitätsmessungen, bildet in vielen Einrichtungen inzwischen die Grundlage für kontinuierliche Qualitätsverbesserungen. Die Beiträge zu dieser Thematik befassen sich insbesondere mit den Spezifika gelingender Einführungsprozesse ( Kap. 6) und der Wirksamkeit von Expertenstandards: Was kommt bei Patientinnen und Bewohnerinnen an? ( Kap. 7) Sie basieren zum einen auf Ergebnissen der wissenschaftlichen Begleitung aller bisherigen bundesweiten Projekte zur modellhaften Implementierung von Expertenstandards und zum anderen auf mehrjährigen Auditergebnissen eines Berliner Universitätsklinikums zur Anwendung von zwei Expertenstandards. Abgerundet wird diese Fragestellung durch Erkenntnisse aus der gesundheitsökonomischen Evaluation von Expertenstandards ( Kap. 8), womit auch die Perspektive des Nutzerinnenkollektivs, also der Versicherten, angesprochen ist. Dazu gehört ebenfalls eine Einordnung der Expertenstandards ( Kap. 9) in das Sozialrecht, wobei deutlich wird, dass diese als Abbildung des aktuellen Standes von Wissenschaft und Praxis den Nutzerinnen von Pflege eine klare Orientierung über das zu erwartende Leistungsniveau geben können.

In den Einrichtungen harren jedoch viele Themen der Pflegeentwicklung, die bislang keine Berücksichtigung bei der sektorenübergreifenden Expertenstandardentwicklung finden konnten. Das heißt, dass auch weiterhin in der Praxis entwickelte Pflegestandards ein wichtiges Element interner Qualitätsentwicklungsprozesse spielen werden. Aus diesem Grund haben wir ein Kapitel in diesem Band der Methode der Stationsgebundenen Qualitätsentwicklung (SQE) ( Kap. 10) zur dezentralen Entwicklung und Anwendung wissenschaftlich fundierter Praxisstandards gewidmet. Die SQE gehört zu den international bekanntesten Methoden zur Qualitätsentwicklung in der Pflege, ihre Praxistauglichkeit und Qualitätswirksamkeit konnte in verschiedenen Entwicklungs- und Forschungsprojekten hinreichend belegt werden.

Im zweiten Teil des Buches wird mit dem Thema Qualitätsindikatoren in der Pflege ( Kap. 11, 12 und 13) ein zukunftsweisendes Thema aufgegriffen. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, im Rahmen des internen Qualitätsmanagements in regelmäßigen Abständen und mit überschaubarem Aufwand Daten zu erheben, die verlässliche Hinweise auf den Umsetzungsgrad angestrebter Qualitätsziele zu besonders sensiblen Problembereichen der pflegerischen Versorgung liefern (Schiemann & Moers 2011, S. 623 und 635). Hier liegen neben internationalen auch erste nationale Erfahrungen vor.

Zu allen angesprochenen Methoden und Instrumenten liegen zahlreiche Ergebnisse und Erkenntnisse vor, die wir in diesem Band zusammengetragen und für Synthesen aus unterschiedlichen Perspektiven aufbereitet haben. Im Sinne einer Zwischenbilanz benennen die Autorinnen darüber hinaus weiteren Entwicklungsbedarf. Wir hoffen, damit die Debatte über zukünftige Schritte und Wege der Qualitätsentwicklung anzuregen.

Blicken wir an dieser Stelle kurz zurück auf die von allen Akteurinnen des DNQP und den zahlreichen Netzwerkerinnen in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen geleistete Arbeit der letzten 25 Jahre. Es handelt sich dabei zweifellos um eine Erfolgsgeschichte, die darauf beruht, dass die Arbeit mit Expertenstandards zum Motor der Pflegeentwicklung gemacht werden konnte. In die Wiege gelegt ist es der Qualitätsarbeit zunächst einmal nicht, entstand sie doch aus der betriebswirtschaftlichen Überlegung, wie man Mitarbeiterinnen zu erhöhter Leistungsdichte bringen kann, ohne die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen zu gefährden. Man wollte zunächst reine Qualitätssicherung, verstanden als Minimierung von Fehlern, betreiben. Erst später entwickelten sich weitergehende Ansätze eines integrierten Qualitätsmanagements (siehe dazu Dahlgaard & Schiemann 1996, S. 4–23). In der Medizin gesellte sich seit den 1990er Jahren die Bewegung zur Evidenzbasierung hinzu, die zunehmend in die Entwicklung zahlreicher Leitlinien einmündete. Diese mussten und müssen sich jedoch vielfach mit Widerständen aus den eigenen Reihen auseinandersetzen, da sich sowohl die niedergelassenen Ärztinnen als auch die leitenden Krankenhausärztinnen in ihrer professionellen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt sahen (siehe dazu z. B. Ollenschläger et al. 2005).

In der bundesdeutschen Pflege gab und gibt es aufgrund eines gegenüber der Medizin niedrigen Professionalisierungsgrades häufig noch gar keine differenzierte Beschreibung der Leistungen und Prozesse, der dazu notwendigen Strukturen und der angestrebten Ergebnisse. Daher stieß die vom Oxforder Institut des Royal College of Nursing Anfang der 1990er Jahre ausgehende Initiative für ein europäisches Qualitätsnetzwerk (Euro-QUAN), mit forschungsgestützten Pflegestandards, Auditinstrumenten und durch die Anwendung der SQE einen Paradigmenwechsel auf dem Gebiet der Qualitätsentwicklung in der Pflege herbeizuführen, alsbald auf reges Interesse in den sich nach europäischem Vorbild bildenden nationalen Netzwerken, so auch des DNQP. Das Erfolgskonzept beruht also nicht nur darauf, pflegerische Risiken inhaltlich zu bearbeiten und das zusammengefasste Wissen in Qualitätsinstrumente wie Praxis- oder Expertenstandards zu übersetzen, sondern dieses Wissen auch an den Ort des Handlungsvollzugs zu bringen und handlungswirksam werden zu lassen, kurz: zu implementieren. Durch das in den Expertenstandards per Konsensuskonferenz durch die Berufsgruppe vereinbarte hohe Niveau pflegerischer Leistung löst deren gezielte Implementierung in der Regel einen hohen Fortbildungsbedarf aus und führt bei der Einführung zu innovativem, patientinnenorientiertem Handeln und messbarer Pflegeentwicklung. Darüber hinaus vermitteln sie der Berufsgruppe größere Handlungssicherheit und auch ein stärkeres Gefühl beruflicher Autonomie, da die Expertenstandards aus der Berufsgruppe selbst stammen und die Selbstbestimmung über die Inhalte pflegerischer Arbeit einen weiteren Schritt im langfristigen Professionalisierungsprozess ausmacht.

Bei der Implementierung von Expertenstandards haben die Netzwerkeinrichtungen und -akteurinnen hervorragendes geleistet. Sie haben die Chance gesehen,...

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