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Der letzte Führerscheinneuling

... ist bereits geboren. Wie Google, Tesla, Apple, Uber & Co unsere automobile Gesellschaft verändern und Arbeitsplätze vernichten. Und warum das gut so ist.

AutorMario Herger
VerlagPlassen Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl512 Seiten
ISBN9783864705397
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Feierabend. Bei Uber einen selbstfahrenden Tesla bestellt, der mich fünf Minuten später am Büro abholt und nach Hause bringt. Danach verschwindet das Elektroauto lautlos in der Nacht. Klingt nach Zukunft. Ist es auch. Aber sehr nahe Zukunft. Was bedeutet die Kombination aus autonomem Fahren, Elektromobilität und Sharing Economy für Taxifahrer, Lkw-Fahrer, Arbeiter bei VW und BMW oder Betreiber von Parkhäusern? Wie sehen die Städte der Zukunft aus und welche Herausforderungen bringen sie mit sich? Silicon-Valley-Insider Dr. Mario Herger über eine der größten Umwälzungen seit der Dampfmaschine.

Dr. Mario Herger ist der CEO von Enterprise Garage Consultancy und lebt seit 2001 im Silicon Valley. Der lang­jährige SAP-Entwicklungsleiter und -Innovationsstratege berät Unter­nehmen, wie sie den innovativen Entrepreneur-Geist aus dem Silicon Valley auf ihre Organisationen über­tragen können.

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Leseprobe

Einleitung


„Ich versuche, einfach nur über die Zukunft nachzudenken und dabei nicht traurig zu werden.“

–ELON MUSK

GESTATTEN SIE MIR, dass ich Ihnen Max vorstelle. Gerade erst feierte er seinen ersten Geburtstag. Mit viel Kuchen, Luftballons und jeder Menge Geschenke. Nicht nur ist Max ein süßer Knirps, er ist vermutlich auch der Letzte, der noch einen Führerschein machen wird.

Unwahrscheinlich? Nicht in Ihrem Leben? Ganz unrecht haben Sie nicht, wie ich zugeben muss. Ich weiß nämlich nicht, ob es Max sein wird oder Sofie oder Julian. Es könnte sogar ein Kind sein, das in Ihrer Nachbarschaft lebt, aber eines ist sicher: Der letzte Führerscheinneuling wurde bereits geboren. Und ich habe eine Menge Daten und Fakten gesammelt, mit denen wir uns in den Kapiteln dieses Buches ausführlicher auseinandersetzen. Sie werden staunen, wie weit die Entwicklung von selbstfahrenden, elektrischen Ubers schon fortgeschritten ist.

Max (oder Sofie oder Julian) wird sich nicht vorstellen können, wie wir überhaupt auf die Idee kommen konnten, ein Auto besitzen und fahren zu wollen, das mit unförmigen Pedalen und Lenkrad schwer zu bedienen war, uns während der Fahrt davon abhielt, zu arbeiten oder unsere Aufmerksamkeit einem Videospiel zu widmen, und das obendrein als Jahrestribut tausende Tote und Verletzte einforderte. Wie vorsintflutlich waren wir eigentlich? Nun, genauso vorsintflutlich, wie uns heute die Fahrt in einer Kutsche vorkommt. Der Fahrer saß auf dem Kutschbock im Freien, war dabei Wind und Wetter ausgesetzt und richtete, während er über holprige Straßen rumpelte, seinen Blick ständig auf ein paar Pferdehintern.

Freude am Fahren kommt auch heute selten auf, wenn wir wieder einmal zur Stoßzeit im Stau stehen und Müdigkeit, Termindruck und die Suche nach einem Parkplatz uns zu schaffen machen. In Zukunft wird sich der Verkehr noch mehr auf die Ballungsräume konzentrieren als heute. 60 Prozent der Weltbevölkerung werden im Jahr 2030 in Städten leben.1 In den USA sind das heute bereits 80 Prozent der Einwohner, in Deutschland 74 Prozent und in Österreich 66 Prozent.2 In den Städten wird die Nachfrage nach Transportleistung steigen. Mit dem verfügbaren Raum und heutiger Infrastruktur wird es unmöglich sein, das klassische Transportangebot auf diese Anforderungen auszurichten. Für noch mehr Straßen und Parkplätze, um noch mehr Autos in die Stadt zu bringen, gibt es ja heute schon zu wenig verfügbaren Raum.

Allein im Silicon Valley fahren heute mehr als 200 selbstfahrende Autos auf öffentlichen Straßen herum, die von 40 Herstellern betrieben werden, und in den ganzen USA sind es bereits 1.000 Fahrzeuge. Über 700 Unternehmen entwickeln dort Technologien für autonome Autos. Gleichzeitig entsteht eine Autoindustrie an einem der teuersten Standorte, wo gleich mehrere Hersteller Elektroautos und -busse produzieren – Tesla, Lucid Motors, NIO oder Proterra, um nur einige zu nennen. Gleich ein halbes Dutzend Teststrecken liegen nur wenige Kilometer auseinander. In China werden in einer Stadt allein jährlich 25 Millionen Elektromopeds produziert, und drei Dutzend Hersteller bauen Elektroautos. Sechs selbstfahrende Taxiflotten sind weltweit bereits im Probebetrieb und nehmen Passagiere auf. In Kalifornien wird es sogar voraussichtlich ab Ende 2017 autonomen Autos gestattet sein, ohne einen Fahrer, ja sogar ohne einen Menschen an Bord auf den Straßen zu fahren.

Bereits seit 2016 verbaut Tesla in alle seine Wagen Hardware, die Selbstfahrfähigkeit erlauben. Mit einem Software-Update, das noch 2017 oder Anfang 2018 kommt, werden auf einmal alle bis dahin produzierten Autos, also über 100.000 Fahrzeuge, autonom unterwegs sein können. Gleichzeitig gehen die ersten Taxiunternehmen pleite, weil sie gegen Uber und Lyft nicht mehr bestehen können. Und der Kopfpreis für Ingenieure mit der heute so heiß begehrten Expertise zu Künstlicher Intelligenz, Sensortechnologie oder Selbstfahralgorithmen liegt bei 33 Millionen Dollar.

Die neuen Entwicklungen kommen vor allem aus zwei Regionen: aus dem Silicon Valley und aus Asien. Während das Silicon Valley dabei eine natürliche Entwicklung durchläuft und vom American Way of Life mit eigenem Auto zu einem mit selbstfahrenden elektrischen Ubers migrieren wird, überspringen asiatische Länder teilweise eine ganze Epoche. In China beispielsweise haben es viele Menschen innerhalb von ein oder zwei Generationen von einfachen Bauern und Arbeitern zu einem gewissen Wohlstand gebracht und damit eine neue Mittelklasse geschaffen. Und diese Mittelklasse will Autos. Oder zumindest einen Zugang zu individuellen Fortbewegungsmitteln. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass hier Ähnliches passieren wird wie nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Ungarn hatte ein besseres Handysystem als Deutschland. Während die Telekom ihre Investitionen in den Aufbau der DSL-Leitungen rückerwirtschaften wollte, hatte Ungarn solche Altlasten nicht; statt teure Leitungen zu verlegen, wurden gleich Handymasten aufgestellt. Eine ganze technologische Generation wurde übersprungen.

Deutschland, Österreich, die Schweiz oder auch Europa generell hinken in allen Bereichen der neuen Automobilindustrie hinterher. Sie spielen keine federführende Rolle mehr, die Innovation geschieht woanders. Wir haben das Auto erfunden, wir bauen die besten Autos, aber die Zukunft wird anscheinend ohne uns geplant. Unsere Hersteller sind heute schon hintendran, und der Abstand vergrößert sich stetig. Dabei hat das wenig damit zu tun, dass die anderen irgendwelche magischen Formeln verwenden oder einfach nur Überflieger sind. Nicht ausländische Unternehmen machen deutschen Konzernen zu schaffen, sondern deutsche Ingenieure in ausländischen Unternehmen, die den deutschen Ingenieuren daheim das Zepter aus der Hand nehmen.

In meinem Buch Das Silicon-Valley-Mindset zählte ich bereits die vielen Verhaltensweisen auf, mit denen sich Menschen bei neuen Ideen gegenseitig helfen und unterstützen. Dabei fiel mir auf, dass ich zur Veranschaulichung vor allem Beispiele aus dem Automobilsektor verwendete. Etwas zu Elektrofahrzeugen hier, ein bisschen zu Ubers neuartigem Taximodell da, und zwischendrin viele Berichte über selbstfahrende Fahrzeuge und die in diesem Sektor neu entstehenden Berufe.

Diese Fokussierung auf die Automobilbranche bereitete mir Unbehagen, weil es doch auch viele gute Beispiele aus anderen Industrien geben musste. Ich nahm einige meiner Argumente und Beispiele aus dem Buch heraus und ersetzte sich durch welche aus anderen Branchen. Als ein Blogartikel in Vorbereitung zur Buchveröffentlichung dann aber innerhalb weniger Tage zigtausende Zugriffe verzeichnen konnte, war eindeutig, wie groß das offensichtliche Interesse im deutschsprachigen Raum an den Veränderungen in der Automobilbranche war. Der Artikel mit dem Titel Deutsche Innovationsprobleme, erklärt am Beispiel von Porsche und Tesla zog hitzige Diskussionen nach sich und ist nach wie vor der beliebteste Beitrag.

Verfolgt man ähnliche Kommentare in anderen Medien, ist rasch zu erkennen, wie sehr das Automobilthema den öffentlichen Nerv trifft. An der Hitzigkeit der Debatten überrascht vor allem, wie gnadenlos dieser stolze deutsche Wirtschaftssektor kritisiert wird. Ankündigungen deutscher Hersteller zu neuen Elektrofahrzeugen und Aussagen von Automanagern, die selbstfahrende Fahrzeuge als „Hype“ bezeichnen, werden mit Spott und Häme überzogen. Das sollte den Autoherstellern zu denken geben. Man ist dabei, das Vertrauen der eigenen Landsleute unwiederbringlich zu verspielen. Der Dieselabgas-Skandal, der ungeheuerliche Umfang der Preisabsprachen und die „Betrugskoordination“ zwischen den deutschen Herstellern sowie andere Fehltritte der letzten Jahre verschlimmern die Lage nur.

Deshalb war es für mich naheliegend, mich dieses Themas umfassender anzunehmen, den heutigen Stand der Entwicklungen zu beschreiben und die einzelnen Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Dabei bin ich selbst beileibe kein Autoliebhaber. Ich empfinde Autofahren als Zeitverschwendung, lieber würde ich die Zeit mit Lesen verbringen. Als Wiener, geboren in einer Stadt mit ausgezeichnetem öffentlichen Nahverkehr, sah ich zunächst keine Notwendigkeit für mich, den Führerschein zu erwerben. Den machte ich erst mit 22, und mein erstes Auto kaufte ich gezwungenermaßen, als ich nach Kalifornien zog. Selbst während meiner Jahre in Deutschland mit seinem gut ausgebauten öffentlichen Nah- und Fernverkehrsnetz fand ich ein Auto eher belastend als hilfreich. Natürlich hätte ich manchmal eines gebraucht, einiges wäre dann einfacher gewesen. Wenn ich aber daran zurückdenke, wie oft unser Pkw in den engen Straßen der Heidelberger Altstadt beschädigt wurde und wie mühsam die Parkplatzsuche war, hätte ich schon damals lieber auf eins verzichtet.

Mir ist bewusst, dass es heute auch viele Autofahrer gibt, die die Zeit hinterm Steuer genießen, dabei Radio hören und sich entspannen, ihre Gedanken schweifen lassen oder sich einem Audiobuch widmen. Das ist mir natürlich auch in einem Bus oder in der...

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