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E-Book

Besser als der Zufall

'Jobs to Be Done' - die Strategie für erfolgreiche Innovation

AutorClayton M. Christensen
VerlagPlassen Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783864705021
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Produkte werden technisch immer ausgefeilter, es gibt Dutzende verschiedene Versionen, aus denen der Kunde wählen kann. Trotzdem liegen sie wie Blei in den Regalen. Warum? Hersteller beachten nicht, welchen 'Job' ein Produkt oder auch eine Dienstleistung für den Kunden erfüllen soll. Clayton M. Christensen liefert mit dem 'Jobs to Be Done'-Ansatz eine umfassende Theorie, wie man die Wünsche der Kunden erkennt und in den eigenen Produkten oder Dienstleistungen umsetzt. Er zeigt die praktische Anwendung und welche Auswirkungen die Methode auf Organisationsstrukturen und Führungsentscheidungen hat. So wird Innovation von der reinen Glückssache zu einem planbaren Prozess, der Unternehmen den entscheidenden Marktvorteil bringt.

David S. Duncan ist Seniorpartner der Unternehmensberatung Innosight mit Schwerpunkt Innovationsstrategien und Disruption. Clayton Christensen ist Professor an der Harvard Business School, Bestsellerautor und Experte für Disruption und Innovation. Taddy Hall ist Direktor und Leiter für Strategische Innovation bei der Cambridge Group. Karen Dillon ist freie Redakteurin bei der 'Harvard Business Review'.

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Leseprobe

Kapitel 1


Das Milchshake-Dilemma


Der grundgedanke


Warum ist es so schwer, Innovationen vorherzusagen – und sie dauerhaft hervorzubringen? Weil wir bisher nicht die richtigen Fragen gestellt haben. Auch wenn die Disruption als Modell für wettbewerbsfähiges Reagieren erfolgreich ist und sich als dauerhaft nützlich erweist, so sagt sie einem doch nicht, wo man nach neuen Chancen suchen soll. Sie liefert keine Anleitung dafür, wo oder wie ein Unternehmen Innovationen schaffen sollte, um etablierte Marktführer zu schwächen oder neue Absatzmärkte zu schaffen. Die Jobs to Be Done-Theorie hingegen schon.

Warum lässt sich Erfolg so schwer konservieren?

Diese Frage nagte jahrelang an mir. In den ersten Jahren meiner Karriere hatte ich die Gelegenheit, mit vielen in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen eng zusammenzuarbeiten, zuerst als Berater bei der Boston Consulting Group und dann als Vorstandsvorsitzender meines eigenen Unternehmens CPS Technologies, das ich zusammen mit mehreren Professoren vom MIT gegründet hatte, um Produkte aus den modernen Werkstoffen herzustellen, die sie entwickelt hatten. Dabei erlebte ich aus erster Hand, dass viele kluge Menschen nicht in der Lage sind, die Probleme von einstmals großartigen Unternehmen zu lösen. Zur gleichen Zeit beobachtete ich den Aufstieg des in Boston heimischen Unternehmens Digital Equipment Company (DEC) zu einem der meistbewunderten Unternehmen der Welt. Wenn man damals las, weshalb es so erfolgreich war, wurde der Erfolg immer der Brillanz der Führungsmannschaft zugeschrieben. Doch dann, etwa um das Jahr 1988, stürzte Digital Equipment in den Abgrund und fiel auseinander. Wenn man damals las, weshalb es so schwer gestrauchelt war, wurde das immer der Inkompetenz der Führungsmannschaft zugeschrieben, also denselben Unternehmenslenkern, die so lange Zeit ungeteiltes Lob geerntet hatten.

Eine Weile erklärte ich mir dies mit der Frage: „Wie konnten kluge Leute bloß so schnell so dumm werden?“ Und so fassten auch die meisten anderen Leute den Untergang von DEC auf. Irgendwie konnte dasselbe Führungsteam, das zu einem Zeitpunkt den Dreh raus hatte, zu einem anderen Zeitpunkt nicht mehr mithalten. Doch die Hypothese vom „dummen Manager“ hielt nicht stand, wenn man berücksichtigte, dass so gut wie alle Minicomputer-Unternehmen der Welt im Gleichschritt kollabierten.

Als ich an die Harvard Business School (HBS) zurückkehrte, um zu promovieren, brachte ich also einige Rätsel mit, die ich wissenschaftlich lösen wollte. Gab es neben schlechtem Management noch etwas anderes, das beim Untergang dieser großartigen Unternehmen eine entscheidende Rolle gespielt hatte? Waren sie anfangs nur deshalb so erfolgreich, weil sie irgendwie Glück gehabt hatten? Waren diese etablierten Unternehmen ins Hintertreffen geraten, verließen sie sich auf veraltete Produkte und gerieten schlicht aus dem Tritt, als einfallsreichere Konkurrenten auf den Plan traten? Waren die Schaffung neuer erfolgreicher Produkte und die Gründung neuer erfolgreicher Unternehmen im Grunde ein Würfelspiel?

Doch nachdem ich mich in meine Forschungen vertieft hatte, wurde mir klar, dass meine Annahmen falsch waren. Ich erkannte, dass selbst die besten und professionellsten Manager – die alles richtig machten und die besten Ratschläge befolgten – ihre Unternehmen den ganzen Weg bis hinauf an die Spitze ihres jeweiligen Marktes führen und dann in den Abgrund stürzen konnten. Fast alle etablierten Unternehmen der Branche, die ich untersuchte – Laufwerkshersteller –, wurden irgendwann von Neulingen mit billigeren und zunächst weit unterlegenen Angeboten geschlagen, die ich als „disruptive Innovationen“ bezeichnete.

Durch diese Arbeit gelangte ich zu der Theorie der disruptiven Innovation 1, die das Phänomen erklärt, dass eine Innovation einen bestehenden Markt oder Sektor transformiert, indem sie Einfachheit, Bequemlichkeit, Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit hineinbringt, nachdem Kompliziertheit und hohe Kosten zum Status quo geworden sind – und so die Branche letztlich vollständig neu definiert.

Im Kern ist das eine Theorie der wettbewerbsgetriebenen Reaktion auf eine Innovation. Sie erklärt und sagt das Verhalten von Unternehmen vorher, die Gefahr laufen, einer Disruption zum Opfer zu fallen, und liefert Erkenntnisse über die Fehler, die führende Unternehmen machen, wenn sie auf Bedrohungen reagieren, die anfangs winzig klein erscheinen. Außerdem bietet sie etablierten Unternehmen eine Möglichkeit, vorherzusagen, welche Innovationen, die sich am Horizont abzeichnen, wahrscheinlich die größten disruptiven Bedrohungen darstellen. Jedoch wurde die Theorie der Disruption in den letzten 20 Jahren auf derart breiter Front falsch interpretiert und angewendet, dass sie sich heute auf alles bezieht, was schlau, neu und ambitioniert ist.

Aber die Theorie der disruptiven Innovation sagt einem nicht, wo man nach neuen Chancen suchen soll. Sie sagt nicht voraus und erklärt nicht konkret, auf welche Art ein Unternehmen Innovationen hervorbringen sollte, um die etablierten führenden Unternehmen zu schwächen, oder wo es neue Märkte schaffen sollte. Sie sagt einem nicht, wie man um die Enttäuschung innovativer Versuchsballons herumkommt – sodass man sein Schicksal immer noch dem Glück überlässt. Sie sagt einem nicht, wie man Produkte und Dienstleistungen kreieren soll, für die die Kunden gerne bezahlen – und sie sagt nicht voraus, welche Produkte Erfolg haben werden.

Die Jobs to Be Done-Theorie hingegen tut das.

Milchshakes am Morgen


Mitte der 1990er-Jahre fragten mich zwei Berater aus Detroit, ob sie mich einmal in meinem Büro an der Harvard Business School besuchen könnten, um mehr über meine soeben veröffentlichte Theorie der disruptiven Innovation zu erfahren. Bob Moesta und sein damaliger Partner Rick Pedi bauten damals ein Nischenunternehmen auf, das Bäckerei- und Imbissunternehmen bei der Entwicklung neuer, marktgerechter Produkte beriet.

Als wir über die Theorie der Disruption sprachen, merkte ich, dass sie ganz klar vorhersagte, was die am Markt etablierten Unternehmen tun würden, wenn sie mit einer bevorstehenden Disruption durch kleine Bäckerei- und Imbissunternehmen konfrontiert wären. In dieser Hinsicht lieferte sie eine klare Aussage über Ursache und Wirkung. Doch im Laufe des Gesprächs wurde deutlich, dass die Theorie der Disruption keine Anleitung für die Kunden lieferte. Sie bietet keine klare und vollständige kausale Erklärung, was ein Unternehmen offensiv unternehmen sollte, um erfolgreich zu werden: Wenn Sie dies tun und nicht jenes, dann werden Sie gewinnen. Mir wurde klar, dass selbst dann, wenn ein Unternehmen die Disruption eines angreifbaren etablierten Unternehmens beabsichtigt, die Chancen, dass es exakt das richtige Produkt oder die richtige Dienstleistung kreiert, um dies zu erreichen, wahrscheinlich bei weniger als 25 Prozent stehen.

Seit Jahren hatte ich mich darauf konzentriert zu verstehen, weshalb großartige Unternehmen scheitern, doch nun wurde mir klar, dass ich nie wirklich über das umgekehrte Problem nachgedacht hatte. Woher wissen erfolgreiche Unternehmen, wie sie wachsen können?

Erst nach Monaten hatte ich eine Antwort gefunden. Moesta erzählte mir von einem Projekt für eine Fast-Food-Kette. Es ging darum, wie sie mehr Milchshakes verkaufen könnte. Die Kette hatte Monate damit verbracht, das Problem unglaublich detailliert zu untersuchen. Sie hatte Kunden eingeladen, die dem Profil des typischen Milchshake-Käufers entsprachen, und sie mit Fragen bombardiert: „Können Sie uns sagen, wie wir unsere Milchshakes so verbessern könnten, dass Sie mehr davon kaufen? Sollen sie billiger sein? Stückiger? Dickflüssiger sein? Schokoladiger?“ Selbst wenn die Kunden erklärten, was sie ihrer Meinung nach mögen würden, war es schwer, daraus abzuleiten, was zu tun war. Die Kette probierte vieles aus, um auf das Kundenfeedback zu reagieren, und brachte Innovationen heraus, die dafür gedacht waren, die größtmögliche Anzahl von potenziellen Milchshake-Käufern zufriedenzustellen. Innerhalb von Monaten passierte etwas Bemerkenswertes: gar nichts. Nach all den Bemühungen der Marketingfachleute änderte sich am Umsatz der Kette in der Kategorie Milchshakes nichts.

Deshalb dachten wir uns, wir gehen an die Frage völlig anders heran: Ich frage mich, welche Aufgabe im Leben der Menschen auftaucht, die sie veranlasst, in dieses Restaurant zu kommen, um einen Milchshake zu „beauftragen“.

Ich hielt das für eine interessante Art, über das Problem nachzudenken. Dass die Kunden nicht einfach ein Produkt kauften, sondern den Milchshake damit beauftragten, in ihrem Leben eine bestimmte Aufgabe zu erledigen – einen Job zu erledigen. Das, was uns veranlasst, Produkte und Dienstleistungen zu kaufen, sind Dinge, die uns allen den ganzen Tag lang und tagtäglich passieren. Bei uns allen treten im...

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