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E-Book

Das Muschelprinzip

Eine außergewöhnliche Reise zu den Schätzen in dir

AutorPeggy Patzschke
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl416 Seiten
ISBN9783104905624
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
***Es ist nie zu spät, noch einmal neu anzufangen*** Vor allem Frauen kennen das Gefühl: Viel erreicht, vielem verpflichtet, eingerichtet - aber irgendwie schmeckt der Alltag schal. Wir stecken in gewohnten Mustern und Pflichten fest und denken zu wenig an uns selbst. Peggy Patzschke hat den Aufbruch gewagt, stieß auf die Erfolgsgeheimnisse der Perlmuschel, sammelte Neustart-Tipps von bekannten Machern und fand Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen: Wie gehe ich mit meiner Sehnsucht nach Veränderung um? Wie kann ich aus alten Verletzungen neue Kraft schöpfen? Wie gelingt es, mich neu zu entdecken? Welche Perlen schlummern (noch) in mir? Mit Tipps zum Neustart von vielen Prominenten: u.a. Walter Kohl, Auma Obama, Til Schweiger

Peggy Patzschke, geboren 1970 in Leipzig, arbeitet seit über 25 Jahren erfolgreich als Fernseh- und Rundfunkredakteurin. Über ein Jahrzehnt war sie die bekannteste Radiostimme Mitteldeutschlands. Im Fernsehen moderiert sie u.a. die Reihe »Vor Ort«. Zudem arbeitet sie als Veranstalterin, Trainerin und Seelsorgerin. Peggy Patzschke ist Mutter eines erwachsenen Sohnes und lebt in Leipzig.

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Leseprobe

Teil II Frische Brise


Meine Inspiratoren und ich

Werde du selbst


so wie Walter Kohl, als er aus dem Schatten seines großen Vaters trat

Recht hat er, denke ich, als ich zwei Wochen später in mein Auto steige und an einen von Walters Tipps aus unseren letzten Telefonaten denke. Nicht nach dem eigenen Drehbuch zu agieren ist Mist. Gerade in reiferen Jahren. Da hat man keine Lust mehr, sich verbiegen zu lassen. Außer bei gutem Sex.

Ich drehe die Musik auf und singe lauthals mit. Es ist »Dieser Weg« von Xavier Naidoo. Endlich ist mir mal wieder nach Singen und Tanzen, und zwar nach der eigenen Pfeife. In dem Moment bemerkt mein Navi eine Verkehrsbehinderung auf der Strecke und passt sich den Umständen an. »Die Route wird neu berechnet«, sagt die elektronische Stimme. Ich lächle. Ja, wurde höchste Zeit. Auch für mich. Ich trete aufs Gas und bin gespannt auf das Treffen mit Walter Kohl. Als er klein war, das weiß ich bereits von ihm, war einer seiner Helden der französische Meeresbiologe Jacques-Yves Cousteau. Tiefseeforscher ist Walter Kohl dann trotzdem nicht geworden. Aber so etwas Ähnliches. Jemand, der als Coach, Redner und Buchautor nach Wahrheiten taucht und damit auch anderen bei wichtigen Entdeckungen hilft.

Als ich bei ihm im Büro ankomme, führt er gerade ein Telefonat zu Ende. Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Sofort fällt mir das Holzkreuz auf, das hinter seinem Stuhl an der Wand hängt. Es wirkt selbstgemacht. Zwei abgeschälte Äste übereinandergelegt und in der Mitte mit einem groben Strick verbunden. Schön, denke ich. Meine Neugier ist geweckt. Sicher hat es eine besondere Geschichte. Als er auflegt, frage ich sofort danach. Er lächelt und lässt einen Moment vergehen.

»Ja, das ist selbstgemacht«, sagt er schließlich. »Treibholz von der Rheininsel Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub, auf der ich mich gern aufhalte, wenn ich auftanken, nachdenken oder etwas Bestimmtes entscheiden möchte. Es ist ein schöner, kraftvoller Ort für mich, und er war es auch an einem dieser wichtigen Punkte in den vergangenen Jahren. Am Schnittpunkt für meinen neuen Weg. Sie wissen schon, an dem ich mich traute, mein erstes Buch zu veröffentlichen. Plötzlich kam da dieses Treibholz vorbeigeschwommen. Ich fischte es heraus und bastelte zwei Kreuze daraus. Eins für mich und eins, das ich meinem Sohn schenkte.«

Ein schönes Symbol zum Teilen, denke ich und spreche es dann auch aus. Er nickt »Ja, ein Kreuz steht schließlich für zwei Themen: die Last, die man trägt, und das Symbol der Auferstehung.«

»Das ist wirklich gut«, sage ich laut. »Doch was sagen Sie denen, die noch nichts Neues aus ihrem altem Treibgut basteln können? Die sich noch immer als getrieben empfinden, als ohnmächtig gegenüber den Umständen? Menschen, die jeden Tag zum ungeliebten Job an die Werkbank müssen, weil sie Geld für die Familie nach Hause bringen müssen? Die für sich keinen Ausweg sehen, um diesem Trott und Ausgeliefertsein zu entfliehen?«

Der Mann vor mir ist nicht aus der Ruhe zu bringen.

»Nun, jeder muss selbst entscheiden, ob für ihn der Punkt da ist, an dem er klar spürt: So will ich nicht mehr! Wir sind nicht verurteilt, für immer in einem Gefängnis zu sitzen. Wir sind frei. Davon bin ich überzeugt. Aber es muss die Situation kommen, in der wir genau das auch erkennen und für uns entscheiden. Ich nenne das gern die Trotzmacht der Seele. Meine These ist Folgende: Wir haben 30000 oder vielleicht 35000 Tage hier auf dieser Welt, und wir sollten uns fragen, wie wir sie verbringen wollen: leidend oder erfüllt. Jeder von uns hat andere Themen, die er lösen muss oder die ihn schmerzen. Wichtig ist letztlich: Wie gehe ich mit dem Thema um? Versöhne ich mich mit der Situation, oder löse ich sie für mich auf?«

Ich nicke. »Nur ist das eben nicht so einfach.«

»Es ist ein Prozess«, unterbricht mich Walter Kohl. »Der Aufbruch aus dem alten Leben in ein neues ist wie ein Auswandern, und das ist nicht im Handumdrehen zu schaffen, das stimmt schon. Jeder hat dabei seinen eigenen Weg. Es gibt kein einheitliches Patentrezept dafür. Ich denke, wir alle brauchen dabei unsere Leuchttürme, die uns helfen, die Richtung zu erkennen, und die uns stärken. Inspiratoren, die wir allerdings nicht kopieren sollten. Eher Fackelträger, die wir mögen und die unserer eigenen Art, unserem persönlichen Ziel am meisten entsprechen. Bei mir waren es Menschen wie Seneca oder Viktor Frankl. Ich erzähle davon in meinen Büchern, Coachings und Vorträgen für Unternehmer. Als ich das erste Mal las, was Viktor Frankl im KZ erleiden musste, dass er trotzdem immer wieder ja zum Leben sagte und unter all den Umständen dort tatsächlich einen neuen, starken Sinn für sich entwickelt hat, da empfand ich damals erst einmal nur Scham mit Blick auf meine eigenen Probleme, die mir gerade so zu schaffen machten.«

»Und was haben Sie dann mit dieser Scham gemacht?«, frage ich sofort.

»Gewandelt«, kommt genauso schnell die Antwort, »in eine neue Kraftquelle für mein Leben. Sie wissen ja, ich habe da eine Übung mit Briefen, die man an sich selbst schreibt, um die eigenen Kraftfresser aufzudecken und einen neuen Blickwinkel einzunehmen. Apropos, was machen denn Ihre Übungen, und haben Sie mittlerweile Ihre drei wichtigsten Freundschaften fürs Leben gefunden?« Er lächelt mich an, mit einem freundlichen und zugleich herausfordernden Blick. »Welche drei Freundschaften waren das gleich noch mal?«, fragt er direkt.

Ich schlucke. »Nun, die Freundschaft zu anderen, zu Gott und … zu mir selbst«, sage ich etwas zögerlich.

Walter behält sein Lächeln. Wiegt aber den Kopf hin und her. »Ja, das sind alle drei. Interessant ist nur Ihre Reihenfolge bei der Aufzählung. Noch immer nennen Sie sich selbst am Schluss. Eigentlich ist es ja ein klein wenig anders, oder?«

Ich lache. »Ja, Sie haben recht. Die Freundschaft zu mir selbst gehört weiter nach vorn.«

»Genau«, ergänzt er mit fester Stimme, »und zwar auf Platz 1. Nur so können Sie auch mit anderen und mit Gott in Frieden leben. Das ist kein Egoismus, das ist Seelenhygiene.«

»Haben Sie auch manchmal noch solche Einbrüche?«, frage ich etwas leiser und sehe sein Stirnrunzeln. »Also ich meine, Einbrüche der Selbstliebe, Unsicherheit, Momente, wo auch Sie sich wieder ganz hinten anstellen in dieser Aufzählung, obwohl sie schon viel länger auf dem Weg sind als ich?«

Er nickt. »O ja, natürlich. Öfter, als Sie denken.«

»Und was machen Sie dann?«

»Aushalten«, kommt seine Reaktion wie immer zügig. »Die Täler aushalten und akzeptieren, dass ich eben mal wieder Treibholz bin.«

»Wann denn zum Beispiel, in welchen Momenten, verraten Sie mir das?«

Walter überlegt. »Am schlimmsten war es wahrscheinlich, als ich das erste Mal nach der Buchveröffentlichung mit meinem Vortrag dazu auf eine Bühne gestiegen bin. Ein Freund hatte mich immer wieder angestiftet, es zu wagen, und so hatte ich irgendwann zugesagt. Bühnen, öffentliche Auftritte hatte ich immer strikt vermieden. Dort, in der Öffentlichkeit, war mir seit meiner Kindheit zu viel Bitteres geschehen. Jetzt aber sollte ich mich plötzlich freiwillig ins Rampenlicht stellen, mich zeigen, ausliefern? Ich hatte so viele Selbstzweifel und Angst. Ich kam gehörig ins Schwitzen.

»Und was haben Sie dann gemacht?«, frage ich gespannt. »Wie haben Sie das in den Griff bekommen?«

Er lehnt sich zurück. »Nun, da waren zwei Stimmen in meiner Brust. Die eine sagte: Ich gehe da auf keinen Fall hoch. Ich habe einfach nichts zu sagen. Ich bin dafür nicht gut genug – und die andere: Was kann schon schiefgehen? Das Schlimmste, was dir passieren kann, ist, dass Sie dich rausschmeißen.«

»Und dann?«

»Dann fing ich einfach an zu reden. Ich sprang ins kalte Wasser, und plötzlich bemerkte ich etwas. Ich stand nicht vor den Leuten und referierte, sondern ES begann aus mir zu sprechen, aus meinem Herzen, und das Beste: Die Menschen im Publikum hörten mir tatsächlich zu. Sie waren bei mir.«

»Wie haben Sie das gemerkt?«

»Na durch ihre Gestik, Mimik, ihr Nicken, ihre Fragen, und ich spürte plötzlich diesen Flow. Wie ein Holz, das vom Wasser sicher getragen zu einem neuen Ufer gebracht wird. Diesen Moment werde ich niemals vergessen. Ich hatte mein Herz geöffnet, und es wurde warm empfangen.«

Er hat immer so schöne Sprachbilder, denke ich, während ich die Freude über diesen Moment von damals noch immer auf seinem Gesicht ablesen kann. Ein so erfahrener Mann, der erst lernen musste, sich verwundbar ins Rampenlicht zu stellen und sich ganz zu zeigen.

»Aber genug mit meinem Leben. Was macht Ihres? Wie steht es um dieses Vorhaben mit der einen Person, mit der Sie sich innerlich versöhnen wollten?«, holt mich Walter Kohl zurück.

Ich senke meinen Blick und suche die richtige Formulierung. Auch deshalb bin ich ja hier, um ihm persönlich von meinem Zwischenerfolg zu berichten. »Nun, ich habe diese Briefe an mich selbst geschrieben, und dabei wurde mir einiges über die schwierige Beziehung von damals klar. Später habe ich mir ein Herz gefasst und die Person angerufen. Ich war so nervös. Habe geschwitzt. Wahrscheinlich genauso wie Sie damals bei Ihrem ersten Vortrag. Erst wollte die Person auch gar nicht mit mir sprechen. Ich habe es aber immer wieder und wieder versucht und sie dann tatsächlich getroffen. Es war ein gutes Gespräch, und mein Gegenüber hat sich bei mir bedankt, dass ich mich gemeldet habe.« Ich mache eine Pause. »Aber nun...

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