Volker Stolles Beitrag bleibt beim Thema Text und Intertext, wenn er sich unter dem bescheidenen Titel »Kleine Methodik der Auslegungs- und Wirkungsgeschichte« eben dem Phänomen widmet, dass biblische Texte nicht an einem historischen Ort, mit nur einem Textsinn festgestellt sind. Stolles Überlegungen sind dabei von grundsätzlich hermeneutischer Natur: Er beginnt mit Reflexionen über biblische Wortlaute als historischem Text und Wort Gottes. Dabei betont er, dass die je aktuell sich ereignende Glauben stiftende Wirkung des Gotteswortes kraft des heiligen Geistes eben keine vom ursprünglichen Textsinn völlig losgelöste Zutat ist. Dennoch lässt sich beim Nachvollzug der Auslegungs- und Wirkungsgeschichte eines Textes hier manche Sinnentwicklung oder Sinnverschiebung ausmachen. Dieses Phänomen ist in der biblischen Exegese immer noch zu wenig beleuchtet. So widmet sich Stolle hier intensiv einem Phänomen, dass methodologisch bisher ein fatales Schattendasein führt. Der ehemalige Oberurseler Neutestamentler bringt hier mit nicht weniger als 38 zu bedenkenden Punkten Licht ins Dunkel. Die dabei zur Sprache kommenden Aspekte wirkungsgeschichtlicher Exegese (sie sind vielleicht noch nicht vollständig) werden sogleich an exegetischen Äußerungen Martin Luthers veranschaulicht. So kann sich jeder Leser gleich ein Bild davon machen, wie der jeweilige Methodenschritt praktisch angewandt werden könnte. Am Ende leiten die Beobachtungen Stolles vielleicht vor allem zur zweiten Seite der Exegese an: Neben das Bemühen um das Verständnis des Textes tritt ein reflektiertes Bemühen um das Selbstverständnis des Auslegers/der Auslegerin und die Bedingungen, die dasselbe mit prägen.
(Aus dem Vorwort von Achim Behrens)
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