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E-Book

Wenn die Mutterliebe fehlte

Wie wir das ungeliebte Kind in uns entdecken und heilen

AutorJasmin Lee Cori
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl336 Seiten
ISBN9783641228996
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Das innere Kind heilen
Kennen Sie das: Ihre Mutter war distanziert, kühl und meist mit den Gedanken woanders? Erwachsene, deren Mütter in der Kindheit emotional abwesend waren, können oft nicht genau beschreiben, was in ihrem Leben fehlt. Sehr oft jedoch kämpfen sie mit Beziehungs- oder Selbstwertproblemen.

Dieses Buch hilft dabei, die verborgenen Verletzungen auszugraben, die durch fehlende mütterliche Wärme und Liebe entstanden sind. Sie erfahren mögliche Gründe, warum eine Mutter keine Bindung zu ihrem Kind aufbauen kann. Einfühlsam zeigt die Autorin, wie Sie Ihr inneres ungeliebtes Kind lieben lernen und sich selbst die Mutter sein können, die Sie sich damals gewünscht hätten.

Jasmin Lee Cori arbeitete als ausgebildete Psychotherapeutin viele Jahre in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen und in freier Praxis. Aktuell bietet sie vor allem Workshops für Trauma-Betroffene an. Die Autorin konnte mithilfe von Traumatherapien und den in ihrem Buch beschriebenen Selbsthilfemethoden eigene traumatische Erlebnisse verarbeiten und überwinden. Sie lebt in Boulder, Colorado.

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Leseprobe

Einführung

Nur wenige Erfahrungen im Leben sind so tief greifend wie die Gefühle gegenüber unseren Müttern, die wir zeitlebens mit uns herumtragen. Die Wurzeln einiger dieser Gefühle bleiben im dunklen Labyrinth des vorsprachlichen Erlebens verborgen. Die Zweige erstrecken sich gleichwohl in alle Richtungen: Manche bringen die Erinnerung an wunderbare, sonnige Augenblicke mit sich, während andere abgebrochen sind und gezackte Kanten hinterlassen haben, an denen wir hängen bleiben. Das Thema Mutter ist kein leichtes.

Die Gefühle gegenüber Müttern sind sowohl auf der gesellschaftlichen als auch auf der psychologischen Ebene oftmals unbeständig und verworren. Mama und Apfelkuchen sind starke Symbole, die im amerikanischen Bewusstsein mit Lob und Ehre bedacht, in der politischen Arena jedoch vielfach vernachlässigt werden, was sich beispielsweise in der dürftigen Elternzeit-Regelung im Vergleich zu anderen wirtschaftlich hoch entwickelten Nationen widerspiegelt. Wenn uns die Beziehungs- und Erziehungskompetenz ein wirklich ernsthaftes Anliegen wäre, würden wir mehr finanzielle und häusliche Unterstützung sowie Bildungsangebote für Mütter bereitstellen.

Als Erwachsene sind wir uns dessen bewusst. Die meisten würden sicher zustimmen, dass Müttern Ehre gebührt, dass ihre Existenz zu oft als selbstverständlich hingenommen wird und ihr Tun zu wenig Anerkennung findet. Und doch sind viele von uns insgeheim (oder auch weniger heimlich) unzufrieden mit dem, was wir von unseren Müttern erhalten haben, und tragen ihnen nach, dass wichtige Grundbedürfnisse unerfüllt geblieben sind. Gleich, ob es sich um ein schuldhaftes Versäumnis handelte oder nicht: Wir zahlen den Preis.

Das sind heikle Themen – heikel für die Mütter und für uns alle. Im Bestreben, jede Kritik an Müttern im Keim zu ersticken, nehmen einige die Unzufriedenen unter Beschuss. Sie werfen ihnen vor, ihre Mütter als Sündenböcke abzustempeln, sie ungerechterweise für ihr Leid verantwortlich zu machen. Ich bestreite nicht, dass derartige Schuldzuweisungen bisweilen als Ablenkungsmanöver benutzt werden, um sich der Eigenverantwortung für die nicht immer einfache Aufgabe der eigenen Heilung zu entziehen. Doch als Therapeutin werde ich häufiger mit dem Widerstreben der erwachsenen Kinder, an alte Wunden zu rühren, und den riesigen Schuldgefühlen konfrontiert, die es aufzuarbeiten gilt, damit sie ihre Mütter nicht weiter in Schutz nehmen müssen. Es ist, als hätten wir sogar innerhalb unseres eigenen Bewusstseins Angst, sie zu kritisieren. Wir bemühen uns krampfhaft, das Bild der Mutter in unserem tiefsten Innern zu schützen, unsere zerbrechliche Beziehung zu bewahren, indem wir alles leugnen, was sie erschüttern könnte. Damit schützen wir uns vor Enttäuschung, Wut und Schmerz, die wir aus unserem Bewusstsein verdrängt haben. Wie in den folgenden Kapiteln beschrieben, wagen es viele nicht, die schmerzliche Wahrheit aufzudecken und offen auszusprechen, was sie bei ihren Müttern vermisst haben, weil sie mit den Folgen des emotionalen Mangels nicht umgehen können.

Jede Beziehung, die so komplex ist wie die zwischen Mutter und Kind, schließt sowohl Liebe als auch Hass ein. Die meisten Kinder empfinden Hass, wenn ihre Bedürfnisse oder Wünsche unbefriedigt bleiben, obwohl viele es nicht wagen würden, dieses starke Gefühl zu zeigen, denn die Verbindung zur Mutter ist viel zu zerbrechlich. Tatsächlich lieben alle Kinder ihre Mutter, auch wenn diese Liebe verschüttet ist. Der Psychologe Robert Karen erklärte in einer Zusammenfassung seiner Forschungsarbeiten zum Thema Bindung:

»Buchstäblich alle Kinder, selbst die, die Gewalt erfahren haben, lieben ihre Eltern. Das ist im Wesenskern des Kindseins einprogrammiert. Gleich, ob sie verletzt, enttäuscht oder in zerstörerischen Strukturen gefangen sind, die ihnen jede Möglichkeit verwehren, die Liebe zu erhalten, nach der sie sich sehnen: Gebunden zu sein, selbst in Angst gebunden zu sein, bedeutet zu lieben. Mit jedem Jahr, das vergeht, kann diese Liebe etwas schwerer zugänglich sein. Mit jedem Jahr kann das Kind seinen Wunsch nach Verbundenheit stärker leugnen. Es kann sich sogar von seinen Eltern lossagen und leugnen, dass es überhaupt Liebe für sie empfindet. Doch die Liebe ist da, genau wie die Sehnsucht, sie aktiv zum Ausdruck zu bringen und sie erwidert zu bekommen.«1

Karens Worte verdeutlichen, wie vielschichtig diese Beziehung ist. Niemand kann sich vom Wunsch nach Mutterliebe befreien.

Mütterliche Liebe und Zuwendung ist auch für diejenigen ein schwieriges Thema, die selber Kinder haben. Als ich mit der Arbeit an diesem Buch begann, fielen mir die Schuldgefühle und die Abwehrhaltung bei einigen Frauen auf, als sie erfuhren, worum es ging. Dahinter stand der Gedanke: »Man sollte der Mutter nicht so viel Macht zuschreiben. Es gibt noch viele andere Einflussfaktoren im Leben eines Kindes. Es liegt nicht ausschließlich an mir, wie sie sich entwickelt haben.« Das ist richtig, zweifellos. Wir kommen bereits mit verblüffend individuellen Unterschieden zur Welt. Und es gibt noch andere Faktoren während der Kindheit, beispielsweise die Reihenfolge der Geburt, die Bindung zum Vater, seine elterliche Kompetenz, anlage- und umweltbedingte Einflüsse auf die grundlegende Physiologie eines Kindes, Familiendynamik und Stressauslöser in der Gesellschaft an sich.

Trotz der zahlreichen Punkte, die hier von Bedeutung sind, ist der Einfluss der Mutter beispiellos. Eine aufmerksame, kompetente und fürsorgliche Mutter kann viele andere Beeinträchtigungen im Leben ausgleichen. Fehlt diese mütterliche Liebe und Zuwendung, kann sich das als größte Beeinträchtigung überhaupt erweisen, denn wenn die Mutter ihrer Aufgabe nicht gerecht wird, haben die Kinder erhebliche Defizite in ihrer Entwicklung.

Ich habe mich in diesem Buch nicht deshalb auf die Mütter konzentriert, weil ich ihnen mehr Schuldgefühle oder Verantwortung aufbürden möchte, sondern weil das mütterliche Fürsorgeverhalten unsere Entwicklung so nachhaltig prägt. Ich hoffe, dass wir durch ein besseres Verständnis dieser Einflussfaktoren zu einem besseren Selbstverständnis gelangen und – noch wichtiger – die Entwicklungsaufgaben zu Ende führen und die Verletzungen heilen können, die durch unzureichende mütterliche Liebe und Zuwendung entstanden sind.

Wenn Sie selber Kinder haben oder vielleicht noch welche bekommen, hoffe ich, Ihren Blick durch das Aufschlüsseln der mütterlichen Rollen und die Betonung der zentralen Bedeutung der Fürsorgeaspekte zu schärfen. Obwohl einige der damit verbundenen Verhaltensweisen von einem angeborenen Mechanismus gesteuert und weitergegeben werden, müssen viele Frauen diese mütterlichen Kompetenzen bewusst erlernen. Wenn Sie selbst mütterliche Liebe und Zuwendung entbehren mussten, haben Sie es mit einer doppelten Aufgabe zu tun: die eigenen Verletzungen zu heilen und sich für ein anderes Miteinander mit Ihren Kindern zu öffnen, als Sie es bei Ihrer eigenen Mutter erlebt haben.

Zu Beginn meiner Arbeit hatte ich mir zum Ziel gesetzt, mein Verständnis der emotional vernachlässigten Erwachsenen in meinem Bekanntenkreis und in meiner psychotherapeutischen Praxis zu vertiefen. Deshalb suchte ich aktiv nach Betroffenen, die bereit waren, sich für meine Studie zur Verfügung zu stellen. Die Resonanz war groß, ich wurde umgehend mit Zusagen überschüttet. Wie zu erwarten, waren mehr Frauen als Männer bereit, mit einer Fremden über ihre Erfahrungen zu sprechen. Außerdem hatte ich mehr Verbindungen zu Frauen. Ich wählte meine Gesprächspartnerinnen nicht nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus, die demografische oder soziologische Perspektive spielte dabei keine Rolle. Doch ich bin davon überzeugt, dass die mutigen und aufschlussreichen Enthüllungen für uns alle von Nutzen sind. Meine Forschungsergebnisse verteilen sich über das ganze Buch, die meisten finden Sie jedoch im sechsten Kapitel: »Das Leben mit einer emotional abwesenden Mutter«. Dort werden sowohl das Umfeld während der Kindheit als auch die Herausforderungen beschrieben, mit denen sich die Betroffenen im Erwachsenenalter konfrontiert sahen.

In der ersten Auflage der Originalausgabe dieses Buches standen die Folgen des Zusammenlebens mit einer emotional unzugänglichen Mutter im Mittelpunkt. Seither habe ich neue Erkenntnisse über die vielen Erscheinungsformen emotional abwesender Mütter und über die Verbindung von emotionaler Vernachlässigung und emotionaler Gewalt gewonnen. In dieser vorliegenden erweiterten Auflage gehe ich gezielter dem Aspekt der emotionalen Gewalt und der Frage nach, was Mütter zu solchen Verhaltensweisen treibt.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Teil 1 verdeutlicht, was Kinder von ihren Müttern brauchen. Es geht dabei um die verschiedenen Rollen, die eine gute Mutter auszeichnen, und um die Bedeutung der ersten Bindung. In Teil 2 sehen wir, was passiert, wenn die Mutter-Kind-Beziehung misslingt, welche Folgen sich aus emotionaler Vernachlässigung ergeben und was eine Mutter zu einem solchen Verhalten veranlasst haben kann. Teil 3 kreist um die Heilung der damit verbundenen seelischen Wunden. Nach einer Darstellung des möglichen Heilungsprozesses beinhalten weitere Kapitel die Themen Psychotherapie und die Arbeit mit dem inneren Kind. Außerdem zeige ich, wie unerfüllte Bedürfnisse nachgeholt und die Beziehung zur Mutter im Erwachsenenalter neu gestaltet werden kann.

Das Buch enthält eine Reihe von Übungen, die Sie natürlich auslassen können, die...

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