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Unternehmenssteuern

AutorProf. Dr. Andreas Oestreicher
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl296 Seiten
ISBN9783752814842
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Dieses Lehrbuch vermittelt einen Überblick über die für die Besteuerung natürlicher und juristischer Personen in Deutschland wichtigsten Ertrags- und Substanzsteuern und zeigt die für die steuerliche Gewinnermittlung bedeutsamen Regelungen auf. Die Erläuterungen erfolgen steuerartenbezogen und werden durch eine Vielzahl von Beispielen veranschaulicht.

Prof. Dr. Andreas Oestreicher, Stb, ist Leiter der Abteilung für deutsche und internationale Besteuerung an der Georg-August-Universität Göttingen.

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Leseprobe

B Besteuerung natürlicher Personen durch die Einkommensteuer


1 Fallstudie zur Einkommensteuer „Jakob und Georgia Augusta Grimm“


1.1 Sachverhalt


Jakob Grimm (geb. 13.05.1959) und seine Ehefrau Georgia Augusta (geb. 27.08.1961) wohnen in Göttingen. Sie sind beide konfessionslos und haben keine Kinder. Das Ehepaar legt Ihnen folgende Angaben zur Erstellung ihrer Einkommensteuererklärung vor:


Jakob Grimm

  • erzielte im zu betrachtenden Jahr aus dem Betreiben seines Buchhandels „Wilhelm Grimm“ einen Gewinn i.H.v. 83.000 Euro.
  • ist Eigentümer eines Mietshauses in der Göttinger Innenstadt. Die Wohnungen sind an die Göttinger Professoren Friedrich Dahlmann und Georg Gottfried Gervinius vermietet. Seine Mieteinnahmen inklusive Nebenkostenumlagen betrugen 30.000 Euro (Nettokaltmiete: 20.000 Euro). Zur Finanzierung der Generalsanierung im Jahr 1 nahm Grimm ein Darlehen bei seiner Hausbank auf. Im zu betrachtenden Jahr zahlte er für dieses Darlehen 4.500 Euro Tilgung und 1.400 Euro Zinsen an seine Hausbank. Für die laufenden und teilweise umlegbaren Kosten (Grundsteuer, Strom, Müll etc.) entstanden Grimm Aufwendungen i.H.v. 12.000 Euro. Für die Abnutzung des Hauses ist eine Abschreibung von 5.000 Euro anzusetzen.
  • handelte mit Aktien. Im März erwarb er eine 0,1 v.H.-Beteiligung an einer deutschen AG für insgesamt 1.500 Euro und verkaufte diese für 2.375 Euro im September desselben Jahres.
  • veräußerte eine 5 v.H.-Beteiligung an der Wilhelm-Eduard-Weber-GmbH für 52.000 Euro. Die Anschaffung erfolgte drei Jahre zuvor für 32.700 Euro. Grimm zahlte an den Wirtschaftsprüfer Heinrich Ewald für die Bewertung seiner Beteiligung 1.350 Euro.
  • hat ein Buch zur Geschichte der Georg-August-Universität Göttingen verfasst und im GAUG-Verlag veröffentlicht. Vom Verlag hat er ein Autorenhonorar i.H.v. 5.000 Euro auf seinem Bankkonto gutgeschrieben bekommen. Im Zusammenhang mit dem Schreiben des Buches sind ihm im selben Jahr Ausgaben (z.B. für Material und anteilige Nutzung des privaten PC) i.H.v. 500 Euro entstanden.
  • hat im Lotto gewonnen.
  • hat im Januar eine Lebensversicherung (ohne Kapitalwahlrecht, Gewährung einer monatlichen Rente nach Vollendung des 65. Lebensjahres) abgeschlossen und hierfür Beiträge i.H.v. 4.500 Euro überwiesen.
  • zahlte für seine private Krankenversicherung Herr Grimm Beiträge i.H.v. 3.500 Euro.
  • leistete bereits Vorauszahlung auf die Einkommensteuer i.H.v. 18.000 Euro und den Solidaritätszuschlag i.H.v. 990 Euro.

Georgia Augusta Grimm

  • ist bei der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen angestellt. Auf der Lohnsteuerbescheinigung wurde Folgendes bescheinigt:
    • Bruttoarbeitslohn: 25.000 Euro
    • Lohnsteuer: 2.951 Euro
    • Solidaritätszuschlag: 162 Euro
    • Arbeitnehmer-Beitrag zur Rentenversicherung: 2.500 Euro
    • Arbeitgeber-Beitrag zur Rentenversicherung: 2.500 Euro
    • Restlicher Arbeitnehmer Beitrag zu Sozialversicherung: 2.600 Euro
  • wendete für berufsbezogene Fachliteratur insgesamt 125 Euro auf. Sie radelte an 212 Arbeitstagen mit dem Fahrrad zur Arbeit. Die Entfernung zwischen ihrer Wohnung und der SUB beträgt 5 km. Kontoführungsgebühren werden i.H.v. 16 Euro pauschal anerkannt.
  • ist alleinige Gesellschafterin der Wilhelm-Albrecht-Schreibwaren-GmbH. Sie erhält von der GmbH eine Vorabgewinnausschüttung i.H.v. 60.000 Euro (Bruttodividende).
  • arbeitete an 24 Samstagen jeweils vier Stunden als Aushilfe im Verkauf bei der Wilhelm-Albrecht-Schreibwaren-GmbH und erhält dafür ein Jahresgehalt i.H.v. 4.800 Euro. Sozialversicherungsbeiträge wurden nicht gezahlt.
  • hat für das Guthaben auf ihrem Sparbuch eine Zinsgutschrift erhalten. Der Bruttozinsertrag beläuft sich auf 2.600 Euro.
  • hat auf dem Flohmarkt ein Gemälde für 150 Euro erworben, welches sie bereits nach drei Monaten für 300 Euro wieder veräußert.

1.2 Aufgabenstellung


Ordnen Sie die Sachverhalte den Einkunftsarten zu.

Ermitteln Sie die jeweiligen Einkünfte und im Anschluss die Summe der Einkünfte.

Ermitteln Sie das zu versteuernde Einkommen und die zu zahlende Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag.


2 Systematik und Grundprinzipien des Einkommensteuergesetzes


Die Einkommensteuer nimmt eine herausragende Stellung im Rahmen der Unternehmensbesteuerung ein. Sie ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt, welches durch die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) und die Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) sowie die Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) und Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) ergänzt wird. Die Einkommensteuer gehört – neben der Körperschaft- und der Gewerbesteuer – zu den Ertragsteuern. Steuergegenstand stellt der wirtschaftliche Erfolg der Unternehmung dar. Es sollen die am Markt erzielten Vermögensmehrungen belastet werden. Andere Vermögensmehrungen wie z.B. Erbschaften unterliegen hingegen nicht der Einkommensteuer. Erfolg bedeutet in diesem Zusammenhang das Einkommen i.S.v. Gewinn oder Überschuss der Periode. Als Bemessungsgrundlage definiert das Einkommensteuergesetz das zu versteuernde Einkommen. Die Einkommensteuer zählt zu den Personensteuern und knüpft an das Steuersubjekt an. Jede natürliche Person, die die Tatbestandsvoraussetzungen des Einkommensteuergesetzes erfüllt, ist somit einkommensteuerpflichtig.


Das der Einkommensteuer zugrundeliegende Fundamentalprinzip ist das Leistungsfähigkeitsprinzip. Es wird aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG abgeleitet. Danach soll gleiche Leistungsfähigkeit gleich besteuert, ungleiche Leistungsfähigkeit soll entsprechend ungleich behandelt werden (horizontale Gleichbehandlung und vertikale Ungleichbehandlung).


Das Leistungsfähigkeitsprinzip findet seinen Ausdruck im Nettoprinzip der Besteuerung. Im Rahmen der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage der Einkommensteuer sollen nicht nur positive Vermögensmehrungen, sondern auch die damit im Zusammenhang stehenden negativen Elemente wie Ausgaben und Verluste Berücksichtigung finden. Es lassen sich zwei Ebenen unterscheiden. Zum einen werden Aufwendungen, die bei der Erlangung der Vermögensmehrungen angefallen sind als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen, Verluste werden mit positiven Einkünften verrechnet. Dies stellt das objektive Nettoprinzip dar. Zum anderen berücksichtigt das Steuerrecht eine subjektive Komponente, die einer Minderung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung tragen soll. Durch die Möglichkeit des Abzugs unvermeidbarer Privataufwendungen soll das der Einkommensbesteuerung unterliegende Markteinkommen auf die disponiblen Teile beschränkt werden (subjektives Nettoprinzip). Beispiele sind die Gewährung eines Grundfreibetrages zur Sicherung des Existenzminimums, der Familienleistungsausgleich, Sonderausgaben für Unterhaltsleistungen und Kinderbetreuung, Versicherungsbeiträge oder Altersvorsorge (§§ 10 und 10a EStG) oder außergewöhnliche Belastungen aufgrund besonderer Ereignisse und Lebenssituationen (§§ 33 bis 33b EStG). Darüber hinaus dient der progressive Verlauf des Einkommensteuertarifs der differenzierten Belastung von Beziehern mit unterschiedlich hohen Einkommen. Das bedeutet, dass Bezieher höherer Einkommen nicht nur absolut eine höhere Steuer abzuführen haben, sondern auch relativ stärker belastet werden, indem ein höherer Tarif zur Anwendung kommt.


Die Anknüpfung an natürliche Personen als Steuersubjekte findet im Subjekt- oder Individualprinzip ihren Ausdruck. Grundsätzlich hat die Besteuerung personenbezogen zu erfolgen. Es findet z.B. keine Besteuerung von Haushalten statt, sondern jede Person im Haushalt ist selbständig einkommensteuerpflichtig. Eine Ausnahme existiert lediglich für die Besteuerung von Ehegatten im Fall der Zusammenveranlagung. Dieses Prinzip hat insbesondere zur Folge, dass sämtliche Einnahmen und Ausgaben der Person zugerechnet werden, die sie erwirtschaftet oder getragen hat. Eine Überwälzung auf andere Personen ist weder für positive Einkünfte noch für Verluste möglich.


Die Besteuerung des Erfolges durch die Ertragsteuern orientiert sich grundsätzlich am Erfolg der Totalperiode (Gesamtunternehmensgewinn oder Lebenseinkommen). Das bedeutet im unternehmerischen Bereich, dass der Totalgewinn zwischen Beginn und Beendigung der wirtschaftlichen Aktivitäten der Besteuerung unterworfen werden soll. Dieser kann erst am Ende der Unternehmenslebensdauer festgestellt werden. Da eine Unternehmung i.d.R. auf Dauer angelegt ist, ist eine Ermittlung dieses Erfolges gegebenenfalls unmöglich. Neben den Problemen einer Ermittlung des Gesamtunternehmensgewinns zwingen fiskalische Notwendigkeiten dazu, den gesamten Gewinn abschnittsweise zu ermitteln und der Besteuerung zu unterwerfen. Der Staat ist zur Wahrnehmung seiner Aufgaben auf kontinuierliche Steuereinnahmen angewiesen. Daher wird die Totalperiode in Abschnitte (Veranlagungszeiträume) eingeteilt. Im Einkommensteuerrecht stellt das Kalenderjahr den Veranlagungszeitraum dar (§ 2 Abs. 7 EStG). Zur Vermeidung von Nachteilen, die aus der Abschnittsbesteuerung entstehen können, ist ein Verlustabzug notwendig. Das bedeutet, dass es dem Steuerpflichtigen ermöglicht wird, Verluste eines Jahres in andere Veranlagungszeiträume vor- oder zurückzutragen und mit positiven...

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