Teil 2 – Dem Tod ein Schnippchen geschlagen: Nah-Tod-Erfahrungen: Ist es Tatsache, dass Menschen an der Schwelle zwischen Leben und Tod einen Blick in das „Jenseits“ werfen konnten? Kann ein Mensch seinen toten Körper verlassen?
Was geschieht ... wenn wir sterben?
Diese zentrale Frage ist medizinisch sehr gut nachvollziehbar und durch interessante Beobachtungen von im Sterben befindlichen Menschen in vielen Details erklärbar. Beispielsweise strahlte der Fernsehsender VOX Ende 1998 ein Spiegel TV Spezial aus, das in einmaliger dokumentarischer Form die letzten Wochen eines Mannes vor seinem Tod mit der Kamera und Medizinern begleitete. Der eigentliche und damals zum Entsetzen zahlreicher Zuschauer bis zum Ende gezeigte Tod des Mannes wurde dabei durch Fachleute bis in alle Einzelheiten erläutert.62
Aber diese gruselige Dokumentation präsentierte dem interessierten Zuschauer lediglich Fakten, die belegen, wie der körperliche Tod des Menschen abläuft und was dabei mit bestimmten Organen und Körpersystemen geschieht. Auf die jeden interessierende Frage „Und was dann?“, gab der Film keine Auskunft. Anders als zahllose weitere Fernsehsendungen zu „Leben nach dem Leben“-Themen der letzten Jahrzehnte. Etwa wie sie „RTL“ oder auch „VOX“ Ende 2012 und Anfang 2013 präsentierten.
Und hier beginnt ein Gebiet, das seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, die Phantasie der Menschen beflügelt und Esoterikern, Medizinern und Parapsychologen Kopfzerbrechen bereitet: die Aussagen von Menschen, die während einer Operation oder auch eines Unfalles dem Tode so nah wie niemand sonst waren. Sie waren – auch aus Sicht der medizinischen Schulweisheit – zum Teil sogar tot. Diese Menschen berichten, nachdem sie wieder durch den medizinischen Fleiß ins Leben zurückgerufen wurden, von sehr sonderbaren Dingen. Sie schildern ein Meer an Eindrücken, emotional sehr tiefgreifende Gefühle sowie sonderbare und mutmaßlich reelle Erlebnisse in einer „anderen Welt“…in einer anderen Seinsebene.
Um es klar vorweg zu sagen und dem Leser zu verdeutlichen:
Diese als Nah-Tod-Erfahrungen (NTE) bekannten Ereignisse sind keine neuzeitliche Erfindung, sondern die offenbar steigende Zahl derartiger Schilderungen beruht schlicht und einfach auf den Fortschritten der medizinischen Technik. Es ist heute möglich, Menschen schneller und erfolgreicher zu behandeln und sie ins Leben zurückzurufen, als zum Beispiel vor 100 Jahren. Auch ist der medizinische Rettungsdienst in den Industrieländern enorm verbessert worden, so dass viele Unfallopfer der kalten Hand des Todes wieder entrissen werden können und konnten. Zum Glück!
Die Nah-Tod-Erfahrungen, die immer einen sehr veränderten Menschen hinterlassen (vor allem leben sie „intensiver“ und bewusster), sind, und diese Feststellung kann ruhig vorweggenommen werden, an kein religiöses System der Welt gebunden. Menschen zahlreicher Religionen schildern in ihrem Kern identische Erfahrungen. Meiner Meinung nach schließt dies auch einen religionsspezifischen Todesablauf bzw. Jenseitsglaube des Menschen aus. Was aber im Folgenden noch dargelegt werden soll.
Heute, wo viele Menschen, die in Religionen wie dem Christentum vereint sind, der Kirche mehr oder weniger den Rücken kehren, sind die Erfahrungen von NTE-Patienten eine neue Art des Rückhaltes. Die Menschen bleiben zwar in ihrer religiösen Gemeinschaft, bauen sich aber im Verlauf ihrer Entwicklung ein eigenes und ganz spezifisches Vorstellungsbild des Danach auf. Die ersten Jahre nach der Kindheit sind hierbei von besonderer Bedeutung, da in dieser Lebensspanne der Mensch wahrscheinlich seinen Blick für dieses Thema festigt. Natürlich schließt dies nicht aus, dass Menschen später einer anderen Religion beitreten.
Es ist zwar von nicht unerheblicher Bedeutung, dass Menschen aus verschiedenen religiösen Gemeinschaften bei einer NTE ähnliche Erlebnisse haben, aber der Glaube an ein Leben nach dem Tod ist vor einer solchen Erfahrung im starken Maße von der Religionszugehörigkeit abhängig. Eine Emnid-Umfrage im Auftrag des Nachrichtenmagazins Der Spiegel von 1999 hat hierzu erstaunliche Resultate ergeben.63 So beantworteten 54 Prozent der Westdeutschen die Frage, ob es Leben nach dem Tode gäbe mit „Ja“, doch nur 20 Prozent der Ostdeutschen bejahten dies; 79 (!) Prozent davon waren der Ansicht, dass es kein Leben nach dem Leben gibt. Auch glaubten nur 13 Prozent der Ostdeutschen an Gott, wohingegen 59 Prozent der westdeutschen Bürger an Gott glaubten.
Dieses mehr als erstaunliche Ergebnis der Umfrage macht sehr deutlich, dass der Glaube an ein Leben nach dem Tod sehr eng mit dem Glauben an einen Gott verbunden ist. Da in den Jahren der DDR kirchliche Organisationen und Religion im Allgemeinen von der sozialistischen Regierung mehr oder weniger vollkommen unterdrückt bzw. in keinem Fall gefördert wurden, lässt sich dies Umfrageergebnis erklären.
Aktuell ist auch durch die steigende Abkehr der Menschen von der Kirche in verschiedenen Erhebungen und Umfragen zu sehen, dass die Lehren der Kirche immer weniger geglaubt werden. Obwohl sich, so eine Umfrage des „Allensbacher Institut für Demoskopie“ im Herbst 2012, sich 43 Prozent der Deutschen als „religiös“ betrachten. Jedoch Unabhängig von einer Kirchenzugehörigkeit. 47 Prozent im Westen und nur 25 Prozent in Ostdeutschland. Auch hier also Spuren der DDR. Die Menschen „basteln“ sich ihren eigenen Glauben. So etwa stieg der Glaube, dass die „Seele nach dem Tod durch die Welt irrt“ von 7 Prozent 1986 auf 20 Prozent im Jahr 2012. Auch der Glaube an Schutzengel, Wunder oder die Wiedergeburt stieg in diesen Jahren. So eine Umfrage der „Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland“ (fowid), die zahlreiche überaus interessante Statistiken dazu führt.64
Auch wenden sich mehr und mehr Menschen der westlichen Welt dem Buddhismus Asiens. Oder sie entwerfen sich selber ein Welt- und Gottesbild, das quasi auf sie ganz persönlich „zugeschnitten“ ist. Aktuell startete dazu beispielsweise am 1. April 2013 eine Untersuchung der Universität Witten/Herdecke, die sich drei Jahre lang dem „westlichen Buddhismus“ annimmt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt „Buddhismus im Westen“, zu dem Professor Werner Vogd von der Universität Witten/Herdecke in einer Pressemitteilung sagt:
„Mittlerweile bestehen zwar eine Vielzahl Untersuchungen zum Phänomen des so genannten ‚westlichen Buddhismus’, jedoch recht wenige Studien zur Frage, was Menschen aus den westlichen Gesellschaften eigentlich machen, wenn sie sich langfristig zu einem buddhistischen Praxisweg verpflichten und wie sie dies mit modernen Lebensweisen in Einklang bringen können.“65
Wie im ersten Kapitel dargelegt, ist die heutige christliche Kirche gegen die Reinkarnation der menschlichen Seele. Die Kirche und deren Konzil-Beschlüsse haben dieser Vorstellung einen „Bann“ auferlegt, der besagt, dass dieser Glaube gegen den „wahren Glauben“ gerichtet ist. Folgerichtig eine „Sünde“, die eigentlich, um beim Christentum zu bleiben, das Fegefeuer oder gar die Hölle nach sich ziehen müsste...
Die Schilderungen von NTE werden heute, im Zeitalter der Forschung, für allerlei verschiedene Hypothesen über das Sterben herangezogen. Das Spektrum der Interpretationen reicht dabei vom Aufstieg in den Himmel, über reine „Schutzmaßnahmen“ des Körpers vor dem Sterbevorgang an sich bis hin zu einem Abstieg in die Hölle. Letzteres deshalb, da es tatsächlich Menschen gibt, die sehr negative Erfahrungen in der Nähe des Todes hatten, in denen dämonische Gestalten und erschreckende Szenerien vorkamen.
Die Erfahrungen zwischen dem Leben und dem Tod von Menschen sind vielfältig. Bekannt ist das Schema eines „Verlassens des Körpers“ – außerkörperliche Erfahrung (OBE) –, bei welchem man über seinem Körper schwebt, den bekannten „Tunnel“ mit dem „Licht“ am Ende, die Begegnung mit einem Lichtwesen/Verstorbenen oder auch der „Lebensfilm“, bei dem man sein gesamtes Leben in minimaler Zeit vor seinem geistigen Auge sieht. Interessant ist jedoch, dass die NTE nicht immer diesem Schema folgen, sondern einige Menschen in ihren Schilderungen nicht alle der bekannten Phänomene erwähnen. Beispielsweise den Tunnel mit seinem einladend hellen aber nicht blendenden Licht am Ende.66
Das Christentum bzw. deren Lehren sind fest von einer Auferstehung der Toten überzeugt. Gleichzeitig lehnt das Christentum aber die Seelenwanderung ab, trotz anfänglicher Lehren, die eine Reinkarnation durchaus beinhalteten. Aber die Bibel ist natürlich tatsächlich voll mit Schilderungen, die die Auferstehung von den Toten – und sei es am „Jüngsten Tag“ – beinhalten.
Im Buch Daniel lesen wir zum Beispiel:
„Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zur ewigen Abscheu. Die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel stahlt; und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden immer und ewig wie die Sterne leuchten.“67
Diese biblische Schilderung eines Leben nach dem Leben ist von dem Glauben durchzogen, nur die „Guten“ werden in glückseliger Vollkommenheit weiter existieren.
Für die Betrachtung der NTE sind religiöse Ausschmückungen und Interpretationen jedoch irrelevant. Denn Menschen aus allen möglichen religiösen Systemen und Kulturen beschreiben ihre Erlebnisse immer (zumindest!) ähnlich. Jesus Christus, der nach den Evangelien im Neuen Testament nach seiner...