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Eine Frauenfahrt um die Welt

Alle drei Bände

AutorIda Pfeiffer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl756 Seiten
ISBN9783752862133
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Der erste Teil des Lebens der Wienerin Ida Pfeiffer (1797-1858) verlief in ruhigen bürgerlichen Bahnen. Mit Mitte 40 entschied sie sich, ausgedehnte Reisen durch die ganze Welt zu unternehmen. Im Band »Eine Frauenfahrt um die Welt« berichtet sie von ihrer ersten Weltreise, die sie von 1846 bis 1848 unternahm. Ihr Weg führte sie über Hamburg nach Brasilien, Chile, Tahiti, Macau, Hongkong, Ceylon, Indien, Persien, und den heutigen Irak. Immer wieder hatte Ida Pfeiffer unterwegs damit zu kämpfen, dass ihr Erscheinen als allein reisende Frau großes Aufsehen erregte und an eine geordnete Weiterfahrt zunächst nicht zu denken war. Ida Pfeiffer war eine mutige Pionierin, die Grenzen der gesellschaftlichen Konvention austestete und hinausschob.

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Leseprobe

Reise nach Brasilien.


Abreise von Wien. Aufenthalt in Hamburg. Dampfschiffe und Segelschiffe. Abfahrt. Kurhaven. Der Kanal la Manche. Die fliegenden Fische. Die Phisolide. Sternbilder. Das Ueberschreiten der Linie. Die Vampero's. Die starke Briefe und der Sturm. Kap Frio. Einfahrt in den Hafen von Rio de Janeiro.

Am 1. Mai 1846 verließ ich Wien und ging, einige kleine Unterbrechungen zu Prag, Dresden, Leipzig abgerechnet, gerade nach Hamburg, um mich von da nach Brasilien einzuschiffen. In Prag hatte ich das Vergnügen, den Grafen Berchthold, einen Gefährten auf einem Theile meiner orientalischen Reise, zu sehen und von ihm zu hören, daß er Lust habe, die Reise nach Brasilien mitzumachen. Ich versprach, in Hamburg auf ihn zu warten.

Ein zweites interessantes Zusammentreffen hatte ich auf dem Dampfboote zwischen Prag und Dresden, und zwar mit der Witwe des Professors Mikan, die im Jahre 1817, bei Gelegenheit der Vermälung der österreichischen Prinzessin Leopoldine mit Don Pedro I., ihrem Gemale nach Brasilien gefolgt war und später mit ihm auch das Innere des Landes wissenschaftlich bereiste.

Oft schon hatte ich von dieser Frau sprechen gehört, und groß war meine Freude, sie nun persönlich kennen zu lernen. Die liebenswürdige Greisin theilte mir freundlich viele ihrer Erfahrungen mit, und gab mir manche Rathschläge und Verhaltungsregeln, die mir in der Folge sehr nützlich waren.

Am 12. Mai kam ich in Hamburg an, und schon am 13. hätte ich Gelegenheit gehabt, mich einzuschiffen und zwar auf einer herrlichen, schnellsegelnden Brigg, die noch dazu meinen Namen "Ida" trug. Mit schwerem Herzen sah ich das schöne Schiff absegeln — ich mußte zurückbleiben, da ich meinem Reisegefährten versprochen hatte, ihn hier zu erwarten. Woche um Woche verging, und nur das Zusammensein mit meinen Verwandten verkürzte mir die lange Zeit des Erwartens. Endlich, Mitte Juni, kam er an, und bald darauf war auch ein Schiff gefunden, eine dänische Brigg "Caroline," Kapitän Bock, die nach Rio de Janeiro unter Segel ging.

Mir stand nun eine lange Seereise bevor, eine Seereise, die unter zwei Monaten nicht zu machen war, die aber auch drei und vier Monate dauern konnte. Zum Glück hatte ich schon auf meinen frühern Reisen ziemlich bedeutende Fahrten auf Segelschiffen gemacht, und war dadurch mit deren Einrichtung bekannt geworden, die von jener auf Dampfschiffen gänzlich verschieden ist.

Auf einem Dampfschiffe ist alles luxuriös und bequem, die Fahrt selbst geht bei jedem Winde rasch vorwärts, und der Reisende findet frische und gute Nahrung, geräumige Kajüten und gute Gesellschaft.

Anders ist es auf Segelschiffen; diese sind, mit Ausnahme der großen Ostindienfahrer, für Reisende selten eingerichtet. Als Hauptsache werden die Waaren betrachtet, und die Reisenden sind eine dem Schiffspersonale sehr unangenehme Zugabe, auf die gewöhnlich nur wenig Rücksicht genommen wird. Der Kapitän ist der einzige, der sich für sie interessirt, da ihm von dem Passagiergelde ein Drittheil, ja auch die Hälfte zufällt.

Die Räume sind meist so beschränkt, daß man sich in der Schlafcabine kaum umwenden, in der Coje (Schlafstelle) nicht einmal aufrichten kann. Außerdem ist auch auf einem Segelschiffe die Bewegung weit stärker als auf einem Dampfschiffe, — dagegen behaupten aber wieder Viele, daß auf letzterem das ewig gleichmäßige Erzittern, sowie der üble Geruch des Oeles und der Steinkohlen unerträglich sei. Ich fand dies nicht; es ist wohl unangenehm, doch viel leichter zu ertragen als die vielen Unannehmlichkeiten, die man auf einem Segelschiffe trifft.

Da ist man der Laune des Kapitäns ganz und gar anheim gegeben. Er ist unumschränkter Gebieter und herrscht über Alles. Auch die Kost hängt von seiner Großmuth ab; sie ist zwar für gewöhnlich nicht ganz schlecht, doch im besten Falle nicht so gut, als auf einem Dampfer.

Die gewöhnlichen Gerichte sind: Thee und Kaffee ohne Milch, Speck und Salzfleisch, Erbsen- oder Kohlsuppen, Kraut, Kartoffeln, harte Klöse, Stockfische und Schiffszwieback. Ausnahmsweise findet man auch Schinken, Eier, Fische, Pfannkuchen, oder wohl gar magere Hühner. Brot wird auf kleineren Schiffen nur höchst selten gebacken.

Um sich die Kost zu verbessern, besonders bei einer längeren Reise, thut man sehr wohl, sich mit einigen Aushilfsmitteln zu versehen. Die zweckmäßigsten sind: Suppenglace mit feiner Zwieback; beide verwahre man in Blechkästchen, um Feuchtigkeit und Ameisen davon abzuhalten — ferner eine tüchtige Portion Eier, die man aber, wenn die Reise in südliche Gegenden geht, zuvor in starkes Kalkwasser tauchen oder in Steinkohlenstaub verpacken muß; dann Reis, Kartoffeln, Zucker, Butter, und alle Ingredienzien zur Bereitung von Weinsuppe und Kartoffelsalat. Erstere ist sehr stärkend, letzterer sehr kühlend. Dem, welcher mit Kindern reist, würde ich ganz besonders eine Ziege mitzunehmen empfehlen.

In Betreff des Weines muß man ja nicht vergessen, den Kapitän zu fragen, ob dieß Getränk in der Zahlung mit begriffen ist, da man es sonst um theures Geld von ihm kaufen muß.

Aber auch noch andere Sachen als Lebensmittel sind da mitzunehmen, und zwar vor Allem eine Matratze sammt Polster und Decke, da man gewöhnlich nur eine leere Coje vorfindet. Man bekömmt diese Gegenstände in jeder Hafenstadt billig zu kaufen.

Außerdem thut man auch gut, sich mit farbiger Wäsche zu versehen. Die Stelle des Wäschers vertritt ein Matrose, und daß man da die Wäsche nicht im besten Zustande zurückbekömmt, ist leicht begreiflich.

Sind die Matrosen gerade mit der Stellung der Segel beschäftiget, so muß man außerordentlich Acht haben, von einem herabfallenden Taue nicht beschädiget zu werden.

Doch all' diese Unannehmlichkeiten sind noch sehr gering — die wahre Qual beginnt gegen das Ende der Reise. Des Kapitän's Geliebte ist sein Schiff. Auf dem Meere gestattet er ihr das bequeme Negligée; aber im Hafen muß sie geputzt und geschmückt erscheinen. Keine Spur der weiten Reise, der Stürme, der glühenden Sonnenhitze darf man an ihr gewahren. Da beginnt denn ein unaufhörliches Hämmern, Hobeln und Sägen; jeder Sprung, jede Fuge und Beschädigung wird ausgebessert und am Ende das ganze Schiff mit Oelfarbe übermalt. Am ärgsten ist das Gehämmer, wenn die Fugen des Deckes ausgebessert und mit Theer eingelassen werden. Dies ist beinahe unerträglich.

Aber genug von den Unannehmlichkeiten. Ihre Beschreibung soll nur dazu dienen, jene, die noch nie zur See gereist sind, einigermaßen vorzubereiten. Leute, die in Seehäfen wohnen, bedürfen dieser Andeutungen freilich nicht, denn die hören ja täglich davon sprechen; — nicht so wir armen Binnenstädter. Wir wissen oft kaum, wie ein Segel- oder Dampfschiff aussieht, viel weniger, wie man darauf lebt. Ich spreche aus Erfahrung, und weiß nur zu gut, was ich bei meiner ersten Seereise litt, weil ich, von nichts unterrichtet, außer einiger Wäsche und Kleidung, nichts mit mir nahm.

Nun zu dem weiteren Verlaufe meiner Reise. Am 28. Juni Abends schifften wir uns ein, und am 29. vor Sonnenaufgang wurden die Anker gelichtet. Die Reise begann eben nicht sehr ermuthigend; wir hatten höchst flauen, beinahe gar keinen Wind, jeder Fußgänger ward, im Vergleiche zu uns, ein Schnellläufer — wir legten die 8 Meilen [Auf der See wie auf Flüssen rechne ich immer nach Seemeilen, von welchen vier auf eine geographische Meile kommen.] bis Blankenese in sieben Stunden zurück.

Zum Glücke ward uns diese Langsamkeit nicht so lästig, da wir Anfangs noch lange die herrliche Hafenstadt im Gesichte behielten, und später an der holsteinischen Küste an den schönen Landhäusern der reichen Hamburger, die auf reizenden Hügeln gelegen, und von zierlichen Gärten umgeben sind, fortwährend unser Auge ergötzten. So schön dieses Ufer ist, so einfach und langweilig ist das linke, das Hannoveranische. Die Elbe hat an manchen Stellen schon eine Breite von 3 bis 4 Meilen.

Unterhalb Blankenese versehen sich die Schiffer mit Wasser aus der Elbe, das zwar schmutzig und trübe aussieht, doch die gute Eigenschaft haben soll, jahrelang der Fäulniß zu widerstehen.

Glückstadt (32 Meilen von Hamburg) erreichten wir erst am 30. Morgens. Der Wind hörte hier ganz auf, die Fluth gewann die Oberhand, und wir trieben zurück. Der Kapitän ließ daher die Anker fallen, und benützte diese aufgedrungene Ruhe, die Kisten und Koffer auf und unter dem Decke befestigen zu lassen. Uns Müßiggängern wurde erlaubt an's Land zu gehen und das Städtchen zu besehen, an dem wir jedoch wenig zu bewundern fanden.

Die Reisegesellchaft bestand aus 8 Personen. Die vier Cajütenplätze waren, außer dem Grafen B. und mir, noch von zwei jungen Leuten besetzt, die in Brasilien schneller Glück zu machen hofften als in Europa. — Der Preis eines Cajütenplatzes betrug 100, jener des Zwischendeckes 50 Dollars.

Im Zwischendecke befand sich, außer zwei achtbaren Bürgersmännern, noch ein altes Mütterchen, die dem Rufe ihres einzigen, in Brasilien angesiedelten Sohnes folgte, und eine Frau, deren Mann bereits 6 Jahre in Rio de Janeiro das Schneiderhandwerk betrieb. Man lernt sich auf Schiffen schnell kennen und hält so viel als möglich zusammen, um dadurch die Einförmigkeit einer langen Seereise erträglich zu machen.

Am 1. Juli gingen wir bei ziemlich stürmischem Wetter wieder unter Segel. Wir gewannen einige Meilen; mußten uns aber alsbald wieder...

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