Das absolute Fundament für eine erfolgreiche Personalpolitik ist eine klare, dem Menschen zugewandte Unternehmens- und damit auch Führungskultur. Das bedeutet nach meiner Überzeugung, nach humanistischen Grundsätzen, fair und verlässlich als Führungskraft und Unternehmer/in zu agieren. Das impliziert ausdrücklich auch die Ehrlichkeit, Unangenehmes zu kommunizieren und den Mitarbeitern gegenüber berechtigte, sachliche Kritik zu äußern.
Gerade Letzteres erfordert Ihren Mut, denn einige Mitarbeiter sind sich ihrer Macht sehr wohl bewusst. Dieser Mut wird aber im Stillen der Mehrzahl Ihrer Mitarbeiter imponieren, die ihrem Beruf tagtäglich mit Engagement und Hingabe nachgehen. Genau diese Menschen erreichen Sie dauerhaft mit der im ersten Absatz geschilderten Kultur.
Daher beginnt dieses Buch bewusst mit den Methoden zur Führungskultur. Diese sollen Ihnen helfen, eine Unternehmenskultur zu formulieren und zu leben, die Ihr gutes Personal hält und neues gutes Personal zu Ihnen bringt. Denn gerade in Zeiten des Personalmangels sprechen sich Top-Arbeitgeber in der Pflege herum. Führungskräfte dieser Arbeitgeber haben stets Initiativbewerbungen von Pflegekräften auf dem Tisch.
Entwickeln Sie in einer Drei-Schritt-Methodik systematisch eine Führungsleitlinie für Ihren Pflegedienst.
Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft
Diese dreistufige Methode hilft Ihnen, für Ihren Pflegedienst individuelle Führungsleitlinien zu definieren. Ferner unterstützt sie die Weiterentwicklung Ihrer Unternehmenskultur, da vorhandene oder noch zu entwickelnde Werte und Leitlinien diskutiert werden.
1. Schritt: Definieren Sie Ihre Führungspositionen
Legen Sie zu Beginn Ihre Führungspositionen dar und nennen Sie die Personen, die diese ausfüllen. So legen Sie fest, an wen sich die Führungsleitlinie richten soll. Die folgende Tabelle ( Tab. 1), die Sie als Vorlage nutzen können, unterstützt Sie dabei.
Beachten Sie: In der Spalte »trifft zu« machen Sie ein Kreuz, wenn es die jeweilige Position in Ihrem Pflegedienst gibt. In der Spalte »Funktion/Aufgabe« tragen Sie in knappen Worten ein, was für eine Arbeitsbeschreibung zu der Position passt. In der Tabelle habe ich Ihnen bereits ein paar Formulierungsbeispiele vorgegeben. In der letzten Spalte tragen Sie den Namen der jeweils zuständigen Person ein.
Tab. 1: Welche Führungspersonen gibt es in Ihrem Unternehmen?
2. Schritt: Definieren Sie Führungsstile für sich
Im zweiten Schritt stelle ich Ihnen unterschiedliche Charaktere von Führungsstilen vor. Definieren Sie für sich auf einer Skala von 0 (trifft überhaupt nicht zu – Stil ist nicht gewünscht) bis 3 (trifft voll zu – Stil ist gewünscht), inwieweit Ihnen ein Stil zusagt und von Ihnen gewünscht ist. Wichtig hierbei ist: Es gibt in Ihrer Praxis nicht den »einen« Führungsstil. Vielmehr werden Sie wahrscheinlich in unterschiedlichen Situationen auch Ihren Führungsstil variieren bzw. das von Ihren anderen Führungskräften erwarten. Verwenden Sie die folgende Tabelle ( Tab. 2) wieder als Vorlage.
Die Skala der Tabelle ist folgendermaßen hinterlegt:
• 3 = Stil ist gewünscht
• 2 = Stil ist eher gewünscht
• 1 = Stil ist eher nicht gewünscht
• 0 = Stil ist nicht gewünscht
Tab. 2: Verschiedene Führungsstile
Nachdem Sie nun beide Tabellen für sich bearbeitet haben, können Sie durch diesen Selbsttest Ihr eigenes Führungsverständnis erkennen und haben eine Vorgabe, wie Sie sich Führung in Ihrem Pflegedienst vorstellen.
3. Schritt: Füllen Sie Ihre Führungsleitlinie mit Leben
Nachdem Sie für sich definiert haben, wie Sie sich Führung in Ihrem Pflegedienst vorstellen, können Sie Ihre Führungsleitlinie anhand von Grundsätzen, Haltungen und Maßnahmen aufbauen. Hierzu ein Beispiel, anhand dessen Sie Ihre eigene Führungsleitlinie weiter entwickeln können.
Beispiel Führungsgleitlinie für Pflegedienst XY
Einleitung
Wir verstehen Führung als wesentliches Instrument der Mitarbeitermotivation und -Weiterentwicklung im Sinne der ständigen Verbesserung der Kundenzufriedenheit und unserer Dienstleistungsqualität in den Bereichen Pflege, Betreuung, Hauswirtschaft und Verwaltung.
Führungsverständnis
Unser Führungsverständnis ist davon geprägt, den Mitarbeitern durch klare Vorgaben, »Leitplanken« und Orientierung in der täglichen Arbeit zu bieten. In diesem Rahmen sollen unsere Mitarbeiter eigenverantwortlich agieren und entscheiden. Statt einer Leistungskontrolle dominiert in unserer Führungsriege der Begriff des Mitarbeitercontrollings – also der Steuerung. Das beinhaltet klar verständliche Vorgaben, Anleitung, Förderung und Begleitung bei der ständigen Verbesserung.
Gelebte Führung
Loyalität gegenüber den Mitarbeitern
Oberstes Prinzip für unsere Führungskräfte ist die Loyalität gegenüber den Mitarbeitern. Kein Mitarbeiter darf öffentlich angeprangert oder diskriminiert werden. Mitarbeiter werden gegenüber Kunden und weiteren interessierten Parteien (z. B. andere Berufsgruppen, Lieferanten, Aufsichtsbehörden) geschützt. Dies gilt vor allem bei MDK-Prüfungen in unserem Pflegedienst oder bei Kundenbeschwerden. Mögliches Fehlverhalten Einzelner wird intern in unserem Pflegedienst besprochen und einer Lösung zugeführt – ohne Beteiligung externer Personen. Ziel ist es, dass uns der Mitarbeiter vertraut und sich geschützt fühlt.
Konstruktiver Umgang mit Fehlern
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Und wer viel macht, macht durchaus auch mal viele Fehler. Unsere Führungskräfte sehen in jedem Fehler eine Chance zur Weiterentwicklung. Fehler werden gemeinsam mit dem Mitarbeiter analysiert und dann zusammen eine Strategie zur Verbesserung und künftigen Fehlervermeidung festgelegt. Ziel ist es, dass die Mitarbeiter aus Fehlern lernen und sich die gleichen Fehler möglichst nicht wiederholen.
Fördern individueller Stärken zum Nutzen des Unternehmens und der Mitarbeiter Wir haben Strukturen geschaffen, in denen sich jeder Mitarbeiter entfalten und weiter entwickeln kann, und leben diese Strukturen. Die Weiterentwicklung eines jeden Mitarbeiters – unabhängig vom Grad der Ausbildung – ist eine wesentliche Führungsleitlinie in unserem Pflegedienst. Statt einfacher Leistungskontrollen legen wir Wert darauf, Entwicklungspotenziale bei unseren Mitarbeitern zu definieren und diese entsprechend mit Fort- und Weiterbildungen zu bedienen. Ziel ist es, dass sich jeder unserer Mitarbeiter immer wieder ein Stück verbessert.
Ehrlichkeit gegenüber allen Mitarbeitern
Jeder Mitarbeiter kann darauf vertrauen, dass die Führungskräfte ehrlich zu ihm sind. Mitarbeiter können sich auf die Aussagen unserer Führungskräfte stets verlassen. Ehrlichkeit bedeutet für unsere Führungskräfte aber auch, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Ziel ist es, dass der Mitarbeiter in jeder Situation weiß, wo er steht und dass er sich auf die Aussagen aller Führungskräfte verlassen kann.
Empathie gegenüber Mitarbeitern
Unsere Mitarbeiter sind keine Nummern oder immer gleich funktionierende Roboter. Jedem Mitarbeiter werden auch »schlechtere« Tage zugestanden. Der Mitarbeiter kann sich darauf verlassen, dass unsere Führungskräfte ein offenes Ohr für ihn haben und für Sorgen der Mitarbeiter stets Gesprächs- und Hilfsbereitschaft signalisieren. Zudem ist jeder Mitarbeiter von seiner Persönlichkeitsstruktur her unterschiedlich. Unsere Führungskräfte sind in der Lage, für jeden Mitarbeiter eine individuell adäquate Ansprache zu finden. Unser Ziel ist es, dass jeder Mitarbeiter den Mut hat, bei Sorgen und Problemen das Gespräch mit einer Führungskraft zu suchen und auf seine Empathie zu vertrauen.
Geradlinigkeit und Berechenbarkeit
Wir verfolgen die Idee des »Forderns und Förderns«. Wir geben als Führungskräfte den Mitarbeitern einen eigenverantwortlichen Handlungsrahmen vor. Jeder Mitarbeiter kennt seinen Handlungsrahmen und darf sich in diesem Rahmen frei bewegen. Hält ein Mitarbeiter den vorgegebenen Rahmen nicht ein, überschreitet er Kompetenzen und/oder missachtet er Inhalte seiner Stellenbeschreibung, muss er wissen, dass ein solches Verhalten nicht gewünscht ist. Zeigt ein Mitarbeiter Engagement und überzeugt durch gute und zuverlässige Arbeit, kann er darauf vertrauen, dass die Führungskräfte seine Fähigkeiten fördern und ausbauen – zu seinem und dem allgemeinen Nutzen des Pflegedienstes. Ziel ist es, dass jeder Mitarbeiter weiß, dass er die Chance hat, durch Leistung aufzusteigen. Und das unabhängig von seiner Qualifikation, von der...