1. Bausteine einer neuen Welt
Was Sie zum Einstieg wissen sollten
Bevor wir tiefer ins eigentliche Thema einsteigen, wollen wir zunächst ein paar Grundbegriffe klären. Wenn Sie meine Bücher Bitcoin – Geld ohne Staat und Cryptocoins gelesen haben, können Sie diesen Teil getrost überspringen. Wenn Ihnen diese Einführung hingegen zu knapp ist, kann ich Ihnen die beiden ebenfalls beim Finanz-Buch Verlag in München erschienenen Bücher durchaus empfehlen.
1.1 Was ist Bitcoin?
Bitcoin ist ein weltweites digitales Zahlungssystem, das ohne Banken und sonstige Mittelsmänner auskommt. Jeder kann an diesem dezentralen Netzwerk teilnehmen. Alles, was man dafür benötigt, ist eine frei verfügbare Software, die Wallet heißt (siehe 1.3). Die digitale Währung, die man braucht, um dieses Zahlungssystem nutzen zu können, wird ebenfalls Bitcoin genannt. Ihre Gesamtmenge ist auf 21 Millionen begrenzt. Sie ist also im Gegensatz zu staatlichen Währungen wie Euro oder US-Dollar bewusst knapp gehalten. Darin ähnelt sie klassischen Geldarten wie Gold oder Silber.
Das Bitcoin-Konzept wurde 2008 von einem gewissen Satoshi Nakamoto veröffentlicht. Niemand weiß, wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt. Höchstwahrscheinlich steckt nicht eine Einzelperson, sondern eine Gruppe von Entwicklern dahinter. Am 3. Januar 2009 brachte das Satoshi-Nakamoto-Team die ersten Bitcoins in Umlauf. In den ersten Jahren fand es nur wenig Aufmerksamkeit für seine Arbeit. Nachdem sich allmählich eine Community von Software-Entwicklern gebildet hatte, zog sich »Satoshi« Ende 2010 überraschend aus dem Projekt zurück. Seitdem wird die Bitcoin-Software von einem weltweit verteilten Team freier Programmierer weiterentwickelt.
Die Grundidee bei Bitcoin ist, dass man keinen zentralen Autoritäten mehr vertrauen muss. Bitcoin-Anhänger misstrauen Zentralbanken oder Regierungen, die in der Vergangenheit immer wieder das Geld der Bürger durch Hyperinflationen und Währungsreformen entwertet haben. Bitcoin ersetzt alle bisher nötigen Mittelsmänner wie Banken und Kreditkartenfirmen durch Software, die auf Kryptographie beruht. Deshalb werden Bitcoin und alle anderen Währungen, die nach ähnlichen Prinzipien funktionieren, unter den Begriffen Kryptowährungen oder Cryptocoins zusammengefasst.
1.2 Was sind öffentlicher und privater Schlüssel?
Bitcoin setzt Verschlüsselungstechnologie ein, um Eigentum nachzuweisen oder zu übertragen. Man benötigt dafür digitale Schlüsselpaare, die jeweils aus einem öffentlichen und einem privaten Schlüssel bestehen. Die Wallet genannte Software (siehe 1.3) kann unendlich viele solcher Schlüsselpaare erzeugen. Den öffentlichen Schlüssel, oder genauer, die daraus erzeugte Bitcoin-Adresse, braucht man, um jemandem Bitcoins zu schicken oder selbst welche zu erhalten. Eine Bitcoin-Adresse funktioniert gewissermaßen wie eine Kontonummer, mit dem Unterschied, dass man nicht eine Nummer, sondern unendlich viele davon hat. Man kann sie bedenkenlos über das Internet schicken, denn man kann damit nichts weiter tun, als jemandem Geld zu überweisen.
Ganz anders sieht es mit dem dazugehörigen privaten Schlüssel aus. Den braucht man, um an sein Geld heranzukommen und es auszugeben. Man sollte ihn daher auf keinen Fall jemand anderem verraten. Der private Schlüssel sollte mindestens so geheim bleiben wie der PIN-Code der eigenen Bankkarte. Auch private Schlüssel werden von der Wallet automatisch und in unbegrenzter Zahl erzeugt. Sehr wichtig: Vertrauen Sie Ihre privaten Schlüssel niemals einem internetbasierten Dienst an! Speichern Sie sie nur auf Geräten, die Ihnen gehören, entweder auf Ihrem eigenen Computer oder Handy – oder noch besser: auf einer sogenannten Hardware Wallet (siehe 1.3), die größtmögliche Sicherheit vor Hackern bietet.
1.3 Die digitale Brieftasche
Die kostenlose Wallet-Software, die man zur Nutzung von Bitcoin und anderen Cryptocoins benötigt, kann man sich einfach auf seinen Computer oder sein Handy herunterladen. Man muss dafür keinen Antrag stellen und braucht von niemandem eine Erlaubnis. Bitcoin-Wallets gibt es für alle gängigen Betriebssysteme, wie etwa Windows, Mac, Linux, iOS oder Android. Andere Kryptowährungen bieten in der Regel eigene Wallets an. Es gibt außerdem sogenannte Multi-Wallets wie beispielsweise Jaxx, Coinomi oder Exodus, mit denen sich unterschiedliche Coins verwalten lassen. Zusätzlich empfiehlt sich die Anschaffung einer Hardware Wallet wie Trezor, Ledger oder Keepkey. Das sind kleine Geräte, die man an den USB-Port seines Computers anschließt und auf denen die privaten Schlüssel (siehe 1.2) so gespeichert werden, dass Hacker sie nicht stehlen können.
Geld senden per Bitcoin-Wallet
Die wichtigsten Funktionen einer Wallet sind das Empfangen und Verschicken digitaler Währungen. Dafür werden digitale Adressen verwendet, die aus vielen Zahlen sowie Klein- und Großbuchstaben bestehen und bei Bitcoin zum Beispiel so aussehen: 15HE2s5xp6FGeTyWNTGWog1iLerPhpNmmn. Sie werden aus dem öffentlichen Schlüssel (siehe 1.2) erzeugt und beginnen bei Bitcoin mit einer 1 oder einer 3. Man kann sich die Adresse auch in Form eines QR-Codes anzeigen lassen, den man per Handy einscannt – wie man es mittlerweile von Fahrkarten und Flugtickets kennt.
Jeder Nutzer kann über unendlich viele solcher Adressen verfügen. Wenn man jemandem Geld schicken möchte, benötigt man dafür lediglich dessen digitale Adresse. Die gibt man zusammen mit dem zu schickenden Betrag in das entsprechende Feld der Wallet ein. Wenn der Empfänger an das Geld herankommen möchte, benötigt er den zu dieser Adresse passenden privaten Schlüssel, der ebenfalls aus vielen Zahlen und Buchstaben besteht.
Der Umgang mit den langen kryptographischen Adressen mag zunächst etwas abschreckend wirken. Man muss jedoch nichts von dieser komplizierten Form der Mathematik verstehen, um Bitcoins zu benutzen. Oder haben Sie schon einmal etwas vom SMTP-Protokoll gehört? Wahrscheinlich nicht, und doch benutzen Sie es jedes Mal, wenn Sie eine E-Mail verschicken.
Ähnlich ist es bei Bitcoin. Ihre Wallet nimmt Ihnen den Umgang mit den Schlüsseln weitestgehend ab. Zudem arbeiten mehrere Unternehmen daran, die kryptischen Adressen durch Benutzernamen zu ersetzen, die für Menschen leichter verständlich sind.
1.4 Mit Bitcoin bezahlen
Man kann zwar bereits in mehreren Hunderttausend Onlineshops und in ein paar Tausend Geschäften in der realen Welt mit Bitcoins zahlen, doch von einer breiten Akzeptanz ist der Bitcoin noch weit entfernt. Ein Grund dafür: Die Zahl der technisch möglichen Transaktionen des Bitcoin-Netzwerks liegt zurzeit nur bei etwa fünf pro Sekunde – deutlich weniger als die mehreren Tausend Zahlungsvorgänge pro Sekunde, die Kreditkartenunternehmen wie Visa oder Mastercard abwickeln können. Durch diese technische Limitierung und das starke Wachstum der Anzahl der Bitcoin-Überweisungen ist es hin und wieder zu längeren Wartezeiten und höheren Gebühren gekommen. Verschiedene Entwicklerteams arbeiten deshalb daran, das Bitcoin-Netzwerk leistungsfähiger zu machen. Hier ist insbesondere das auf Bitcoin aufsetzende Lightning Network zu erwähnen, das Bitcoin um ein Vielfaches schneller und preisgünstiger machen wird.
1.5 Was ist das Lightning Network?
Die Grundidee des Lightning Networks besteht darin, nicht jede Transaktion sofort in der Blockchain zu speichern, denn dieser Vorgang ist langsam und teuer. Stattdessen werden viele Tausende Transaktionen zunächst off-chain, also außerhalb der Blockchain ausgeführt. Erst das Gesamtergebnis wird nach einer bestimmten Zeit in der Blockchain festgehalten. Zwei User, die oft miteinander Geschäfte betreiben, können sich schon jetzt im Bitcoin-Netzwerk einen Payment Channel einrichten, also einen gemeinsamen Zahlungskanal. Darüber können sie sich unendlich viele Überweisungen hin- und herschicken, in sehr hoher Geschwindigkeit und zum Nulltarif. Die Kanalbetreiber legen einen Endpunkt fest, an dem ihr Kanal wieder zugemacht wird, ob nach einem Tag, einer Woche, einem Monat oder noch später. Nur der Anfangs- und der Endzustand des Payment Channels werden in der Blockchain gespeichert.
Grafische Darstellung des Lightning Network
Es werden also nur zwei kostenpflichtige Blockchain-Transaktionen fällig. Deren Kosten werden auf alle Überweisungen des Kanals umgelegt – und das können Tausende, ja Millionen sein, sodass die Kosten gegen null gehen. Es gibt jedoch nur wenige Anwendungsfälle, in denen sich ein solcher direkter Zahlungskanal wirklich lohnt, nämlich dann, wenn zwei Nutzer sehr oft Geschäfte miteinander machen. Solche Fälle treten allerdings eher selten auf.
Das Lightning Network verknüpft daher viele Payment Channels so miteinander, dass auch Einzelüberweisungen möglich werden. Das setzt voraus, dass es genügend Nutzer gibt, die per Payment Channel miteinander...