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E-Book

Deine Liebe hält mein Herz

wenn es zu zerbrechen droht

AutorSheila Walsh
VerlagBrunnen Verlag Gießen
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783765575303
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Sheila Walsh, weiß wovon sie redet. Denn sie hat sie erlebt: die starken und heftigen Stürme, die einen im Leben treffen können. Und sie kennt die Begleiterscheinungen und Folgen: Verletzungen, Krisen, Scherben. 'Deine Liebe hält mein Herz' ist ein Buch wie ein Erste-Hilfe-Koffer für die Seele - damit aus Rissen und Brüchen keine lebenslangen Wunden werden! Sheila Walsh macht mit ihrem Buch Mut, mit Gottes Kraft eine Persönlichkeit zu werden, die stärker ist als jemals zuvor! Und der es gelingt im Vertrauen auf seine Liebe den Stürmen des Lebens Stand zu halten.

Sheila Walsh wurde in Schottland geboren und lebt heute mit ihrer Familie in Frisco/Texas (USA). Sie ist ehrenamtlich stark engagiert und als gefragte Musikerin, Rednerin und Autorin international unterwegs.

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Leseprobe

Widmung &


Warum ich DEINE LIEBE HÄLT MEIN HERZ geschrieben habe

Auf meinem Schreibtisch steht ein Schwarz-Weiß-Foto meines Vaters. Er lächelt, den Blick aufwärtsgerichtet, der Sonne entgegen. Offensichtlich hat er sich für meine Mutter in Pose geworfen, und so ähnelt er hier verblüffend dem Schauspieler Rudolph Valentino. Manchmal rede ich mit ihm. Ich weiß, das kann befremdlich klingen, aber ich glaube nicht, dass ich ein solches Geständnis scheuen muss. Was sage ich ihm, wenn ich mit ihm rede? Zum Beispiel dass ich mir wünschte, manches wäre anders gelaufen. Ich wünschte, ich hätte die Einsichten mit ihm teilen können, die ich inzwischen gewonnen habe. Die Wahrheiten, von denen dieses Buch handelt, hätten ihm vielleicht das Leben gerettet.

Mein Vater ist zwar nun schon so viele Jahre tot, dennoch widme ich dieses Buch ihm. Wenn ich ihm heute noch einmal begegnen könnte – ein letztes Mal; wenn ich ihm einen Brief schreiben und diese Seiten zukommen lassen könnte, dann würde ich ihm die ganze Wahrheit erzählen. Und das würde in dem Brief stehen:

Lieber Dad,

die meiste Zeit geht es mir ganz gut, aber die chaotischen Tage und erst recht die dunklen Tage machen mir immer noch Angst. Du weißt, wovon ich rede, stimmt’s?

Als du gestorben warst, hatte ich immer wieder diesen Albtraum: Ich bin in ein tiefes, dunkles Loch gefallen, und niemand konnte meine Hilfeschreie hören. Ich war ja erst fünf Jahre alt, aber ich bin mitten in der Nacht schweißgebadet und in Panik aufgewacht, mein Deputy-Dawg-Pyjama1 völlig durchgeschwitzt. Ich wollte niemanden wecken, also bin ich in den Spielzeugschrank geklettert und dort geblieben bis zum Morgengrauen, meinen Kuschelbär Big Billy fest umklammert, bis ich eingeschlafen bin. Ich habe nie jemandem davon erzählt.

Seltsamerweise haben Mum und der Rest der Familie nie ein Wort darüber verloren, wie du gestorben bist. Ich muss acht Jahre alt gewesen sein, als ich das Thema einmal versuchte anzuschneiden, wir saßen damals um den Küchentisch, und als ich sagte, dass sie wohl sehr traurig sein müsste, wenn sie an dich dachte, da stand sie wortlos auf und ging ins obere Stockwerk. Ich hätte darauf bestehen müssen, dass wir darüber sprachen, wenn ich mich nicht so dafür verantwortlich gefühlt hätte, wie du gestorben bist. Aber ich konnte mich nicht dazu überwinden, genauso wenig, wie ich es geschafft habe, den Spielzeugschrank zu verlassen, in dem ich mich vor meinen Albträumen sicher fühlte.

Nach deiner Beerdigung hat Mum alle Bilder von dir abgehängt und an einem sicheren Ort verstaut – in einem kleinen, verschlossenen Koffer unter ihrem Bett. Erinnerungen an dich waren die meiste Zeit über tabu. Wir sind dann umgezogen in Mums Heimatstadt, haben die Erinnerung an dich zurückgelassen. Mum hat manchmal geweint, aber stets hinter verschlossener Tür. Wir Kinder mussten unsere eigenen Wege finden, um zu trauern und nach Antworten zu suchen. Ich denke, wir waren alle einsam. Von mir weiß ich es sicher.

Als ich zehn Jahre alt war, kam ich eines Tages früher aus der Schule nach Hause, weil ich mich nicht wohlfühlte. Mum hat mich ins Bett gesteckt, hat mir eine Tasse Tee gebracht und sich zu mir ans Bett gesetzt. Wir waren ja allein, also habe ich mich getraut zu fragen, wie du gestorben bist.

Sie sagte, du seist in den Fluss gefallen, und der Gerichtsmediziner habe „Tod durch Ertrinken“ in den Bericht geschrieben. Sie erzählte das so, als ob du im Dunkeln die Orientierung verloren hättest und in den Fluss gestürzt seist. Ich glaube, damit lag sie teilweise sogar richtig. Du hattest tatsächlich den Weg im Dunkeln verloren, stimmt’s? Aber es war keine finstere mondlose Nacht damals in Ayrshire. Ist es nicht so, dass es das Dunkel in dir war, das dein Leben unerträglich gemacht hat?

Du warst noch so jung, erst vierunddreißig Jahre alt, und du fühltest dich eingesperrt in einem Körper, der sich gegen dich gewandt hatte. Dein Verstand hat das Dunkel nicht ertragen, hat sich nicht einfach ins Dunkel zurückgezogen. Es gab Momente, da haben sich die roten Nebel in deinem Kopf gelichtet, da konntest du erahnen, wie deine Zukunft aussehen würde, und es war keine erfreuliche Aussicht. Ich kann das alles nicht mit Bestimmtheit sagen, aber manchmal glaube ich: So muss es gewesen sein.

Ich weiß, dass Mum dich besucht hat, nachdem du in Behandlung gekommen bist, aber ich bin nie zu dir gegangen. Das tut mir heute leid. Vielleicht wärst du in der Lage gewesen, ein wenig länger durchzuhalten, wenn du gesehen hättest, dass ich mit deiner dunklen Seite kein Problem hatte. Ich weiß es nicht. Ich wünschte nur, ich hätte dir gesagt, dass ich dich liebe – schon immer, auch damals und noch bis heute.

Ich wünschte mir, dass du die Wahrheit kennst: Die Menschen verstehen nicht, dass die Vorstellung von Kindern so viel schlimmer sein kann als die Wirklichkeit. Ich weiß das jetzt. Du warst zerbrochen, genau wie ich. Ich weiß von Tagen, da warst du mein Dad, und von anderen, da bist du ausgerastet und in Raserei verfallen, warst zornig auf dich selbst, auf alle und alles, warst verloren und allein. Als du mich das letzte Mal angesehen hast, warst du nicht du selbst, und du musst begriffen haben, wie verängstigt ich war. Der Ausdruck deiner Augen hat mich jahrelang verfolgt, und ich habe mich stets gefragt, ob dich vielleicht der Ausdruck meiner Augen vollends aus der Fassung gebracht hat. Aber heute weiß ich, dass das nicht wahr ist. Ich weiß, dass ich nicht an deinem Tod schuld bin.

Auch ich lebe mit düsterer Verzweiflung. Ich habe erlebt, wie sie überhandnimmt. Weil ich selbst jene quälende Einsamkeit kenne, die Art, wie sie einen verfolgt, wünschte ich, ich könnte zurückkehren und deine Hand halten. Ich wünschte, ich könnte den Kampf zusammen mit dir ausfechten. Ich wünschte, ich könnte dir noch einmal zulächeln. Nur einmal. Vielleicht hätte das dir Kraft verliehen, um weiterzukämpfen.

Als ich fünfzehn war, hat eine Frau in unserer Kirchengemeinde mit meiner besten Freundin über die Einrichtung gesprochen, in der du gestorben bist. Vielleicht hatte sie vergessen, dass du dort gewesen bist. Sie hat dort gearbeitet und hat gesagt, das sei ein „Haus des Schreckens“ – kein Ort, wo Kinder sein sollten. Sie roch nach Mottenkugeln und nach Youth Dew, einem wirklich schweren Parfum.2 Sie sprach vom Ayrshire Lunatic Asyl, und ich fragte mich unwillkürlich: Asyl – ist das nicht ein Zufluchtsort, ein sicherer Platz? Verlassen nicht Menschen ihre vom Krieg zerrissene Heimat und bitten in anderen Ländern um Asyl, wo sie wissen, dass sie dort Schutz finden können? Warum haben sie dich nicht beschützt? Und hier bin ich nun mit vielen offenen Fragen.

Wann bist von dort ausgebrochen, hattest du das geplant?

Wusstest du, wo du hinwolltest, oder wolltest du einfach nur weg von dort?

Hast du versucht, den Weg nach Hause zu finden?

Als ich erwachsen war, habe ich mir vorgenommen, jenen Fluss aufzusuchen. Die Schatten und das Schweigen hatten mich schier umgebracht. Ich war in einer Einrichtung ganz ähnlich der, in der du zuletzt gelebt hast. Aber ich konnte mich erst zu der Reise nach Schottland entschließen, als ich sechsunddreißig Jahre alt war; da wurde der Wunsch, dieses Gewässer zu sehen, übermächtig. Ich musste dorthin gehen. Ich wollte begreifen.

Als du mich das letzte Mal gesehen hast, war ich fünf. Inzwischen bin ich in den Sechzigern. Mum ist kürzlich erst gestorben, und das hat mir die Fassung geraubt. Ich habe einen liebevollen Ehemann und einen wunderbaren Sohn, und ich bekomme die denkbar beste medizinische Behandlung. Aber an manchen Tagen reicht selbst das nicht aus. An manchen Tagen fühle ich mich, als ob ich auf einer Rasierklinge balanciere und jeden Augenblick abstürzen kann. Das auszusprechen ist nicht leicht. Ich weiß ja, wie es läuft: Es gibt Leute, die wollen mich gern reparieren. Wahr ist aber auch, dass ich im Zweifel bin, ob ich repariert werden will. Ich will eigentlich etwas ganz anderes.

Ich wünsche mir, dass wir wieder fähig werden zu tun, wozu wir vor langer Zeit einmal fähig waren: Die Wahrheit auszusprechen, zunächst vor Gott und dann unter Vertrauten und Freunden in einer von Verständnis geprägten Gemeinschaft, und zwar so lange, wie der Heilungsprozess nun einmal dauert. Ich wünschte, auch du hättest das damals tun können.

Ich fürchte nicht den Schmerz; ich fürchte vielmehr die Stille der Einsamkeit. Ich fürchte die Geheimnisse, die dich einsam gemacht haben. Inmitten eines derartigen Schweigens und solcher Geheimnisse ist man allzu leicht versucht, all den bitteren Lügen im Kopf zu glauben, all den Monstern zu erliegen, die uns verfolgen. Ich weiß, dass du das verstehst. Und so werde ich davon sprechen, um meinetwillen und im Andenken an dich. Andere Menschen sollen...

Blick ins Buch

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