1 Dein Körper während der Schwangerschaft und der Geburt
Es ist die selbstverständlichste Sache der Welt – und trotzdem ist es immer wieder ein Wunder, was der weibliche Körper vom Beginn der Schwangerschaft bis zur Geburt und auch darüber hinaus zu leisten vermag.
Das Schwangersein und die dadurch bedingten körperlichen Veränderungen haben zahlreiche Auswirkungen auf dich. Am offensichtlichsten ist, dass dein Bauch immer größer wird und dass gegen Ende der Schwangerschaft deine Bewegungen immer beschwerlicher werden. Hier gilt jedoch auch, dass jede Frau anders ist. Was die eine überhaupt nicht tangiert, stresst die andere umso mehr. Fakt ist, dass alle Frauen diese Veränderungen durchmachen. Das Schöne daran ist, dass die Natur es so eingerichtet hat, dass sich der Körper mit der Empfängnis den neuen Gegebenheiten automatisch anpasst. Die Veränderungen sind einerseits physiologischer Natur und betreffen die inneren Organe, das Herz-Kreislauf-System und die Hormonproduktion. Die anatomischen Veränderungen bewirken, dass sich sowohl die äußere Erscheinung als auch die Körperstatik verändern.
1.1 Veränderungen in der Schwangerschaft
1.1.1 Physiologische Veränderungen
Das Flüssigkeitsvolumen ist bis zur 34. Woche um ca. 50 % gestiegen. Zusätzlich ist die Blutgerinnung beeinträchtigt, was ein erhöhtes Thromboserisiko mit sich bringt.
Dadurch, dass die Hormone auf den gesamten Körper wirken und das Gewebe insgesamt weicher machen, ist natürlich auch der Herzmuskel oder z. B. der Darm betroffen. Durch den Anstieg des Blutvolumens, die weitgestellten Gefäße und die verringerte Kraft des Herzmuskels muss das Herz-Kreislauf-System vermehrt arbeiten. Das kann bei zu großer Anstrengung zu Kurzatmigkeit und Erschöpfung führen. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Größe des Uterus die inneren Organe zur Seite gedrängt werden.
Wassereinlagerungen können bei Schwangeren gerade gegen Ende der Schwangerschaft auftreten, was dazu führt, dass Beine, Arme, Finger und manchmal auch das Gesicht anschwellen. Verantwortlich dafür sind die Hormone. Die geweiteten Blutgefäße sind durchlässiger und Flüssigkeit kann einfacher ins Gewebe gelangen. Auch wenn sich die Wassereinlagerungen unangenehm anfühlen und Ringe und Socken tiefe Abdrücke hinterlassen, verschwindet das überschüssige Wasser nach der Geburt relativ schnell und wird ausgeschieden.
Die Atmung ist während der Schwangerschaft ebenfalls ein wichtiges Thema. Der Bedarf an Sauerstoff während der Schwangerschaft ist erhöht, da Mutter und Baby versorgt werden müssen. Hinzu kommen die anatomischen Veränderungen des Brustkorbes und der Zwerchfellhochstand gegen Ende der Schwangerschaft, die das Atmen erschweren.
1.1.2 Anatomische Veränderungen
Diese betreffen u. a. das Becken, das durch das Lockerwerden der Bänder – hierfür ist u. a. das Hormon Relaxin verantwortlich – einen Shift nach vorn erfährt. Das führt zu einer verstärkten Krümmung der Lendenwirbelsäule nach vorn (Lordosierung). Mit zunehmendem Bauchumfang verlagert sich der Körperschwerpunkt weiter nach vorn, was die Rücken-, Gesäß- und Oberschenkelrückseitenmuskeln schwächt bzw. stark beansprucht. Gleichzeitig wird auf der Körpervorderseite die Hüftbeugemuskulatur dauerhaft stark beansprucht, was zu einer Verkürzung führt, und die Bauchmuskulatur ist stark geschwächt.
In Anbetracht der Tatsache, dass der weibliche Körper im Stande ist, mehrmals solche Leistungen zu vollbringen, dürfen alle Frauen mit Stolz auf die vergangenen Monate ihrer Schwangerschaft zurückblicken. Ein liebevolles, »Hast du gut gemacht« und »Ich werde auf dich achtgeben und dir die nötige Zeit, die du zum Heilen brauchst, geben« wäre das Mindeste, was wir unserem Körper entgegenbringen sollten.
Hier die signifikantesten Veränderungen, die dein Körper erfährt:
Die inneren Organe werden verschoben und zusammengedrückt.
Das Zwerchfell, unser Hauptatemmuskel, wird nach oben geschoben und kann sich weniger bewegen.
Die Rippenbögen weiten sich, um Platz für das Baby zu schaffen, und beeinflussen somit die Funktion des Zwerchfells.
Der Beckenboden muss dem stetig wachsenden Gewicht von oben standhalten und wird stark belastet. Auch bei einem Kaiserschnitt war der Beckenboden der Belastung während der Schwangerschaft ausgesetzt.
Die Bauchmuskeln werden stark gedehnt und verlassen ihre anatomische Zugrichtung.
Die Rückenmuskulatur muss die fehlende Kraft der Bauchmuskeln kompensieren, um das zusätzliche Babygewicht zu halten. Hier findet quasi ein zeitweiliges Umfunktionieren der Rückenmuskulatur statt, was häufig zu übermäßig hoher Spannung der Muskeln führt.
Das zusätzliche Babygewicht, das weiche Bindegewebe und die lockeren Bänder führen häufig zu einem Rundrücken.
Hormone beeinflussen das Gewebe, machen den Körper »weich« und instabiler.
Entwicklung des Brustdrüsengewebes
bis zu 50 % mehr Flüssigkeitsvolumen
vermehrte Herzleistung
Schlafentzug
evtl. psychologischer Stress
Abb. 1.1 Vergleich von Körper und Körperhaltung im schwangeren und nicht schwangeren Zustand
Prolaktin fördert das Brustdrüsenwachstum in der Schwangerschaft und führt in der Stillzeit zur Milchproduktion. Während der Stillzeit verhindert der angestiegene Prolaktinspiegel im Blut den Eisprung und hat somit eine verhütende Wirkung. Verlassen sollte man sich darauf aber nicht und zusätzlich verhüten, wenn man die nächste Schwangerschaft noch nicht plant.
Oxytocin wird auch gerne als das Kuschelhormon bezeichnet, denn es wird bei angenehmem Hautkontakt ausgeschüttet (u. a. beim Kuscheln mit deinem Kind), macht absolute Glücksgefühle und lässt einen euphorisch werden. Der Saugimpuls des Neugeborenen beim Stillen erhöht die Ausschüttung des Oxytocins. Das Hormon sorgt dafür, dass sich die Muskeln der Milchgänge zusammenziehen, so kann die Brust Milch abgeben. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass das Hormon die Rückbildung der Gebärmutter anregt.
1.2 Dein Mama-Körper
Die Schwangerschaft, die mit der Geburt beendet ist, ist ein prägendes Ereignis für jede Frau. Körperlich und seelisch gibt es eine Menge zu verarbeiten. Und auch nach der Geburt erwarten dich jede Menge Veränderungen.
1.2.1 Die Geburt
In der Schwangerschaft haben die Hormone das Gewebe bereits aufgelockert und vorbereitet. Ist eine Frau unter der Geburt sehr entspannt, dann weitet sich der Muttermund durch die Wehenkraft und zieht sich zurück, sodass das Kind seine Reise durch das knöcherne Becken von der Gebärmutter in den Gebärmutterhals bis in die Scheide fortsetzen kann.
Die Scheide ist in Falten gelegte Haut. Der Kopf tritt durch und die Falten wälzen sich aus. Die aufgelockerte Beckenbodenmuskulatur wird beim Austritt des Köpfchens extrem gedehnt. Besonders der Musculus bulbospongiosus wird belastet. Die letzte Kontraktion der Gebärmutter stößt die Plazenta aus, womit es zur abrupten Hormonumstellung kommt und die Rückbildungsprozesse in Gang gesetzt werden.
1.2.2 Das Wochenbett beginnt
Mit der Geburt der Plazenta beginnt das Wochenbett offiziell. Auch die Behandlung von eventuellen Geburtsverletzungen gehört in diese Phase. Das Wochenbett (insgesamt 6–8 Wochen) wird in Früh- und Spätwochenbett unterteilt. Wobei die ersten 10 Tage das Frühwochenbett darstellen.
Was wir Mütter uns vor Augen halten sollten, ist die Tatsache, dass die Geburt der Plazenta eine große Wunde (bis zu 10 cm Durchmesser) im Uterus hinterlässt. Diese große Verletzung muss ausheilen. Deshalb ist es wichtig, vorerst zu ruhen.
Durch die Ausschüttung von Oxytocin und Prostaglandin unter der Geburt wird, die Milchbildung angeregt. Die Vormilch, das sogenannte Kolostrum, wird gebildet und reicht dem Säugling anfänglich aus. Als Neumutter kann man ganz beruhigt sein, denn auch wenn man vor der Geburt noch keine Milch hatte, wird die Produktion spätestens unter der Geburt angeregt.
Zahlen und Fakten rund um die Geburt
5–8 kg Gewichtsverlust durch die Geburt des Kindes
2–4 kg Gewichtsverlust durch Wasserverlust nach der Geburt
1 kg Gewichtsverlust durch Wochenfluss
Temperaturanstieg bei...