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E-Book

Rote Nächte

AutorJasmina Amin
Verlaghanserblau
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783446265172
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Luxuriös, sexy, gefährlich - das aufregende Leben in einem Edelbordell
Gerade war Jasmina noch eine schüchterne Jura-Studentin. Dann kürzt ihr Vater ihr das Geld, und sie fängt eher zufällig hinter der Bar in einem Edelbordell an. Jasmina gerät in einen Strudel aus Luxus, Prominenz, Sex, Drogen. Gleichzeitig findet sie neue Freundinnen und wird zu einer selbstbewussten Geschäftsfrau. Alles ist aufregend - und zermürbend zugleich, dürfen doch weder die konservativen arabischstämmigen Eltern noch der eifersüchtige Freund je von ihrem Doppelleben erfahren. Als Jasmina sich in einen Gast verliebt, muss sie sich entscheiden.

Jasmina Amin wurde Mitte der Achtziger geboren. Da sie nicht möchte, dass ihre Familie erfährt, dass sie früher als Barfrau in einem Edelbordell gearbeitet hat, erzählt sie nicht unter ihrem Klarnamen

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Leseprobe

Frischfleisch


Mein Name ist Jasmina.

»Mein Goldschatz, ich habe dich so genannt, weil du die Blume der Reinheit und Schönheit sein wirst«, hat meine Mutter immer gesagt. Momentan habe ich aber echt Zweifel, ob das so ein Wahnsinnstreffer war. Ich bin zwar ein sehr romantischer Mensch. Ich habe lange an die wahre Liebe geglaubt, von einem Haus auf dem Land geträumt, einem anständigen, gutaussehenden Ehemann und zwei wundervollen Kindern. Aber mein Leben entwickelt sich gerade in eine völlig andere Richtung. Im Moment folge ich allein meiner Neugier. Ob das klug ist? Vielleicht nicht, aber letztlich können alle Bedenken dieser Welt nichts ausrichten gegen dieses kribbelige Gefühl der Spannung.

Micha, der von meinen Gedanken nichts ahnt, hat die Sitzheizung angemacht. Zum Glück fährt er mich. Nicht nur, weil es in der Stadt arschkalt ist. Alleine hätte ich mich nie zu diesem Vorstellungsgespräch getraut. Der Job passt eigentlich überhaupt nicht zu mir. Ich stamme aus einer muslimischen Familie, jetzt nicht hardcore, aber Schweinefleisch und Alkohol sind absolut tabu, meine Eltern halten Ramadan ein, und im Wohnzimmer liegt ein Gebetsteppich. Meine Eltern sind Araber. Sie wollten immer, dass ich es mal besser habe als sie und etwas Ordentliches studiere. Und jetzt das: ein Job im Edelpuff! In der sündigen Großstadt!

»Jasmina, schäm dich, denk doch an deine Ehre! So wird dich keiner mehr wollen!«, würde meine Mutter sagen und entgeistert den Kopf schütteln. Mein Vater würde ausrasten. Der wäre imstande, mich hinter dem Tresen hervor zu zerren, ins Flugzeug zu setzen und zu der strengsten Araber-Tante zu verfrachten, die er in seiner weitläufigen Verwandtschaft auftreiben könnte.

Micha parkt seinen weißen Mercedes direkt vor dem Eingang. Noch nichts los hier. Es ist kurz nach sechs. Um sieben macht der Club Nuit auf. Das Haus ist riesig. Ein riesiger, megaprotziger Altbau. Fünf Stockwerke. Die Fenster sind noch dunkel. Ich frage mich, ob all die vielen Zimmer in der Nacht voller williger Frauenkörper sind.

»Komm, die legen dich nicht gleich in Ketten«, sagt Micha und lächelt mir aufmunternd zu. Seit er mich neulich im Club ohnmächtig und blutend ins Hinterzimmer getragen hat, sind wir so was wie Freunde geworden. Was merkwürdig genug ist. Micha ist ein Kumpel von meinem total eifersüchtigen Freund. Ein Boxkumpel. Wenn Torben wüsste, dass ich Micha treffe, würde er durchdrehen. Weil er mich so sehr liebt, behauptet er zumindest immer. Torben dreht immer durch, wenn andere Männer mich ansprechen. Genau wie neulich in diesem Club. Beim Tanzen hat sich so ein vollgekokster Typ an mich rangemacht. Der hat erst gar nicht geblickt, dass ich mit Torben da bin. »Hau ab und lass meine Freundin in Ruhe!«, hat Torben gebrüllt. Der Typ hat ihn ausgelacht und seinen Arm um meine Taille gelegt. Ich habe versucht, mich rauszuwinden, aber der Typ hatte eine Wahnsinnskraft, und der hat sich richtig festgekrallt. Da hat Torben ihm so eine geballert, dass ich fast mit umgefallen wäre. »Hau ab! Verpiss dich!« Ein Riesengeschrei. Ich hasse so was.

Dann kam die Security. Micha arbeitet da als Türsteher, und zwei andere. Zu dritt haben sie Torben festgehalten, weil der so einen Krawall gemacht hat. Aber den Kokser haben sie losgelassen, diese Idioten. Der war sofort wieder bei mir und hat mir seine Fresse ins Gesicht gedrückt. Ich hab noch versucht, meine Hand zwischen meinen Mund und seinen zu schieben. Dann kam dieser irre Schmerz. Ich hätte nie gedacht, dass ein Mensch so fest zubeißen kann. Mein Schrei hat offenbar das Elektrogewummer übertönt. Micha war sofort da, hat den Typen mit seinen Bärenarmen von mir weggepflückt. Ab da kann ich mich an nichts mehr erinnern. Nur noch, dass Torben ganz bleichgesichtig und erschrocken über Michas Schulter geguckt hat. Dann war ich weg.

Als ich später auf der Sani-Liege im Hinterzimmer aufgewacht bin, hat Micha sich erstmal bei mir entschuldigt.

»Jasmina, die Scheißhaare von dem Typen hingen dem voll ins Gesicht. Ich konnte echt nicht sehen, dass der deine Hand noch zwischen den Zähnen hat. Ich musste den Kiefer erst auseinanderdrücken. Tut mir so leid!«

»Danke, da kannst du ja nichts für.« Unter dem dicken Verband puckerte meine Hand übel.

Dann hat Micha mich ins Krankenhaus gefahren und ist die ganze Zeit bei mir geblieben.

Von Torben kam nur eine WhatsApp voller Emojis. »Sorry Baby, fahre heute doch zu mir. Kann echt kein Blut sehen. Krass, wie dem Typ der rote Sabber runtergelaufen ist. See u, love u 4ever!!!«

Micha hat mir noch Antibiotika aus der Nachtapotheke besorgt und mich heimgefahren. Eine Woche später habe ich ihn zum Dank zum Essen eingeladen, und wir haben uns ganz nett unterhalten. Seitdem tut er so, als wäre er mein großer Bruder und müsse mich beschützen. Micha arbeitet schon seit Jahren als Türsteher, auch in Rotlicht-Bars. Weil er mit den Leuten im Nachtleben viel besser klarkommt als früher mit seinem Chef im Autohaus und weil die Kohle stimmt. Beim Essen hat er mir auch von dem Job in diesem Edel-Nachtclub erzählt. Da würde ich auch gut verdienen, und zwar so richtig, richtig gut. »Over the top, verstehste?« Und er hat mir versprochen, dass niemand davon erfährt. Vor allem nicht Torben.

Der Eingang von dem Club ist kein Altbauportal, sondern ganz neu. Die Tür ist aus richtig dickem Glas, bestimmt Sicherheitsglas, der Name prangt darauf mit goldener Schrift und Schnörkeln. Sieht ein bisschen altertümlich aus, aber auch edel. Wir passieren die zwei Türsteher, die Micha wie alte Freunde grüßt, gehen durch einen Flur über einen dunkelroten Teppich in die Bar. Alles ist eingerichtet wie in einem Luxushotel. Elegant und teuer, schwere Möbel, Seidentapete.

Ich brauche einen Moment, bis sich meine Augen an das Halbdunkel gewöhnt haben. Der Raum ist riesig, der Tresen am hinteren Ende ist schwarz und glänzend und geht über die ganze Breite des Raumes. Auf einem nackten goldenen Frauenkörper aus Metall balancieren die Regale. In Glaskästen, die von hinten rot beleuchtet sind, stehen unglaublich viele Gläser, vor allem Champagnerkelche, daneben ein paar Flaschen. Das ist ein Puff? Ich finde es richtig schön hier. Die Sofas sind mit dunkelrotem Samt bezogen. Alles klingt gedämpft, weil überall dicke Teppiche liegen. Die schweren Vorhänge vor den Fenstern sind zugezogen. Das ganze Ambiente ist total stilvoll, irgendwie verschwindet der ganze Großstadtdreck sofort, wenn man erst mal hier drinnen ist.

Zwei Frauen sitzen an der Bar und scannen Micha und mich mit Blicken. Das sind bestimmt die Prostituierten, die hier arbeiten. Weiter hinten auf einem tiefen Sofa sitzen noch drei und quatschen, sieht aus wie gute Freundinnen im Café. Da stupst die eine ihre Nachbarin mit dem Ellenbogen an, und jetzt starren alle rüber. Zu mir, nicht zu Micha. Klar. Die riechen die Konkurrenz. Ich kann spüren, wie ihre Blicke wandern. Über meinen Pulli, meine Jeans, runter zu den Sneakers. Eine dunkle Schöne im Abendkleid zieht ihre perfekt geschwungene Augenbraue hoch.

Ich hatte keine Gelegenheit, mich noch umzuziehen. Micha hat mich direkt von der Uni abgeholt.

»Ist schon okay. Kannst ganz lässig gehen, das ist dem Chef wurscht, solange du am Abend gut aussiehst.«

Mir nur recht, in Jeans und Pulli fühle ich mich wohl, da werde ich auf der Straße nicht dauernd angemacht. Außerdem hätte Fabienne sofort gefragt, was ich vorhabe, wenn ich mich aufgestylt hätte.

Fabienne kenne ich vom Studium. Wir haben uns im ersten Auslandssemester in Lissabon getroffen. Fabienne sieht immer fabulous aus und ist zu jeder Gelegenheit passend angezogen. An der Uni trägt sie Sakkos, niemals Pullover. Sie hat einen ganzen Schrank voll, und alle sitzen perfekt. Ich sehe mit Sakko aus wie ein grauer Schuhkarton auf Stelzen, Fabienne wie ein Model. Sie ist außerdem wahnsinnig nett, hat abartig reiche Eltern und schreibt Supernoten. Ich bin wirklich froh, dass Fabienne meine Freundin ist, weil es an der Uni sonst gar nicht auszuhalten wäre, aber manchmal hasse ich sie für all ihre Perfektion. Sie findet sogar Öff-Recht interessant. Und ich weiß nicht mal, ob ich das Studium noch bis zum Ende durchhalte. Jeden Tag Gesetze und Fälle und politische Hintergründe und stundenlang vorm Computer sitzen. Mein Vater meint ja, mit Jura ist man auf der sicheren Seite, gut bezahlte Jobs, gesellschaftliche Elite und so. Also studiere ich das jetzt seit vier Jahren. Was hätte ich sonst auch machen sollen? Bestimmt nicht in die Heizungsfirma meines Vaters einsteigen, was mein bequemer Bruder gemacht hat. Aber weil ich jetzt schon im achten Semester bin und die letzten Klausuren verkackt...

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