Die Beitragsfähigkeit eines gezielten Ausdauertrainings zur Verbesserung der Alltagskompetenz 60-70-jähriger bislang untrainieter Menschen. Eine halbjährige Studie zur Geroprophylaxe unter besonderer Berücksichtigung des Residualvolumens der Lunge
Stellungnahme zu
'Die Beitragsfähigkeit eines gezielten Ausdauertrainings zur Steigerung der Alltagskompetenz 60-70-jähriger Menschen. Eine halbjährige Studie zur Geroprophylaxe unter besonderer Berücksichtigung des Residualvolumens der Lunge“
von Dr. Friedrich Hainbuch
Ausgangslage
In den nächsten Jahrzehnten stehen wir vor einer deutlichen Zunahme älterer Menschen am Gesamtanteil der Weltbevölkerung, hier im besonderen der bundesdeutschen Bevölkerung. Damit einhergehend steigt das Durchschnittsalter ebenfalls an, so dass wir im Jahr 2050 eine immer größere Zahl von immer älter werdenden Menschen in unserer Gesellschaft verzeichnen werden. Diese Tatbestände müssen zum Handeln anregen: Obwohl die Zahl der sportlich aktiven Senioren in den letzten Jahren zugenommen hat, ist die Gruppe der Inaktiven um ein vielfaches größer. Diese älter werdenden Menschen sollen und müssen informiert und motiviert werden, sich regelmäßig zu bewegen, wollen sie so lange wie möglich ihre körperliche und geistige Unversehrtheit und weitgehende Selbstständigkeit erhalten, ohne in verstärktem Maße den heute schon überstrapazierten Sozialsystemen zur Last zu fallen.
Durch ein aerobes Ausdauertraining ist es möglich, alternsbedingten Organbeeinträchtigungen (Alterungsprozessen) in hohem Maße entgegenzuwirken. Empfohlen werden Ausdauerbeanspruchungen im Sinne von Gehen, Wandern, Treppensteigen, langsamem Dauerlauf, Radfahren, Schwimmen, Skilanglauf. Voraussetzung ist ein wöchentlicher zusätzlicher Kalorienverbrauch, ausgelöst durch körperliche Aktivität, von wenigstens 2000 kcal.
Die meisten körperlichen Alternsveränderungen in Bezug auf die Muskulatur, die Atmungsorgane und sonstige Funktionen, die zwar - je nach Individuum - in sehr unterschiedlichem Lebensalter eintreten können, ähneln denen, die auch ein Mangel an Bewegung im Gefolge hat. Der junge, bewegungsarme, wenig aktive Mensch wirkt alt - hingegen der alte, sehr bewegungsreiche, aktive Mensch eher jung.
Untersucht wurde mit einem Body-Plethymographen und einem Ergospirometer.
Begründung der Studie
a) Gesund alt werden gelingt vornehmlich mit Hilfe körperlicher Aktivitäten und einem adäquaten Lebenswandel.
b) Ein moderates, auf die jeweilige körperliche individuelle Leistungsfähigkeit abgestimmtes Ausdauertraining (hier auf einem Fahrradergometer) sollte die Sauerstoffversorgung des Körpers verbessern helfen, welche unter anderem an die Reduzierung des Residualvolumenanteils an der Vitalkapazität der Lunge gekoppelt ist. Deshalb ging und geht es darum nachzuweisen, dass sich das RV bei älteren Menschen, die bislang keinen regelmäßigen Ausdauersport in ihren vergangenen Lebensjahrzehnten betrieben haben, durch ein Ausdauertraining verbessern lässt.
c) Es galt zu untersuchen, was mit der ab etwa dem 35. Lebensjahr kontinuierlich ansteigenden Geraden (Zunahme des RVs) passiert, wenn ein Mensch im fortgeschrittenen Alter mit einer Ausdauersportart beginnt. Bislang wird davon ausgegangen, dass diese Gerade mit zunehmendem Alter ansteigt, ohne dass sich dies ändern ließe.
Ergebnisse
Die wesentlichen Ergebnisse lauten:
1. Die Untersuchung nach einem halben Jahr zur Trainierbarkeit des Residualvolumens der Lunge hat eindeutig ergeben, dass ein moderates Ausdauertraining, welches durch 60-70jährige männliche und weibliche, zum allergrößten Teil gesunde Nichtsportler, absolviert wurde, zu einer signifikanten Verbesserung beiträgt. (Verbesserungen wurden auch im Bereich der Totalen Lungenkapazität, der Ventilation der Lunge, der Vitalkapazität, des ex- und inspiratorischen Reservevolumens, der funktionellen Residualkapazität und des FEV1-Volumens der Lunge festgestellt). Damit gilt die Behauptung, welche durch WOMACK et al. (2000) aufgestellt wurde, nicht aerobes Ausdauertraining, sondern Gewichtsabnahme allein führe zu Verbesserungen der Lungenvolumina, besonders auch des Residualvolumens, als widerlegt, zumal die hier untersuchten Probanden nicht als übergewichtig einzuschätzen waren und sind und außerdem keine nennenswerten Abweichungen des Körpergewichts zu Beginn und am Ende des Trainings diagnostiziert wurden.
2. Die Korrelation zwischen den Werten in der Eingangsuntersuchung und denen nach acht Wochen ist signifikant.
3. Die Prüfverfahren für alle einzelnen dargestellten statistischen Erhebungen lassen mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,1% die Behauptung zu, dass diese Verbesserungen für die Altersgruppe der 60-70jährigen Männer und Frauen signifikant und damit übertragbar auf die Allgemeinheit sind.
4. Die Äußerungen der Trainingsabsolventen und -innen bezüglich ihrer an sich selbst bemerkten Veränderungen bzw. Verbesserungen der Psyche und der Physis zeigen deutlich: Hervorgehoben werden vor allem die Verbesserungen der allgemeinen körperlichen Verfassung, die körperliche Ausdauer und Belastbarkeit, die deutlich spürbare Zunahme an Selbstwertgefühl, Lebensfreude, -einstellung und -stimmung sowie an Bewegungswillen und Gesundheitsbedürfnis.
5. Auch wenn ein Zusammenhang mit der Aufnahme eines Ausdauertrainings und der beobachteten Medikationsreduzierung bislang nicht empirisch nachgewiesen wurde, so erscheinen diese Feststellungen zumindest bemerkenswert und sollten eingehender untersucht werden.
Kritische Würdigung
Die Untersuchung ist solide aufgebaut mit einer ausreichenden Zahl von Probandinnen und Probanden. Bedeutend aussagekräftiger wären die gesicherten Ergebnisse der halbjährigen Untersuchung allerdings in der Gruppe der Frauen (n=9), wenn deren Zahl höher gewesen wäre.
Die Begründungen für die Studie erscheinen plausibel, aus medizinischer Sicht zutreffend beschrieben. Die Darstellung ist fach- und sachgerecht aufgebaut, die Auswertungen lassen keine Fehler in der Statistik erkennen. Alle Fakten werden aus ärztlicher Sicht umfassend und fehlerfrei vorgetragen und bedürfen keiner weiteren Ergänzung.
Die Quellen und Literaturangaben sind vollständig und zeitnah. Allerdings wäre zu überlegen, die Zahlenangaben in Kapitel 1 zur demographischen Entwicklung zu aktualisieren und dazu Quellen aus dem Jahr 2003 zu erschließen, sofern diese schon zur Verfügung stehen.
Das in die Theorie einführende 1. Kapitel lässt sich auch für einen interessierten Laien ohne Verständnisschwie-rigkeiten gut lesen, da der Autor auf übermäßig viele Fremdworte verzichtet hat. Zudem rüttelt es jeden Inaktiven auf, sich nun endlich mehr zu bewegen.
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