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»Wer lacht, hat noch Reserven«

Die schönsten Chef-Weisheiten

AutorStefan Schultz
VerlagVerlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783462305746
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
»Ich schicke den besten Mann aus meinem Team. Ich komme selbst!« Die schönsten Chef-Sprüche der Nation »Wollten Sie nicht Karriere machen?« Dann aufgepasst, denn: »Nur Druck formt Diamanten « ... Merkwürdige Motivationstechniken, seltsame Sprachbilder, weltfremde Weisheiten: Die Chefetagen vieler Firmen werden von Motivationsrambos und Code-Meistern bevölkert. Tausende von Angestellten haben ihre Perlen der Chef-Weisheiten an SPIEGEL ONLINE geschickt. Und mehr als 10 Millionen Leser haben die Rubrik binnen kürzester Zeit aufgerufen.Dieses Buch versammelt die skurrilsten, lustigsten und besten Chef-Sprüche der Nation. Es ist ein Mahnmal für alle, die unter der Schreckensherrschaft von Büro-Ekeln leben. Leiden Sie mit ihnen, blicken Sie in die tiefsten Abgründe der »Stromberg«-Republik - und lernen Sie, sich zu wehren. Denn dieses Buch enthält auch einen Selbstverteidigungskurs für geplagte Angestellte.Freuen Sie sich auf eine Aphorismen-Sammlung der irrwitzigen Art - und denken Sie immer daran: »Wer lacht, hat noch Reserven.«

Sein erster Chef war ein Choleriker, der Angestellte mit dem Laptop beschmiss. Inzwischen arbeitet Stefan Schultz, Jahrgang 1980, früher Werbetexter und Blogger, bei SPIEGEL ONLINE als Redakteur im Ressort Wirtschaft.

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Leseprobe

Der Narziss
Wie Chef sich selbst sieht


Ein luftiger Schreibtisch vor einem abstrakten Gemälde, schwarzer Teppich, vor der Fensterfront leuchten die Lichter der Großstadt. Der Chef sitzt im schwarzen Ledersessel und telefoniert. Die Tür steht ein Stück weit offen, gerade weit genug, damit seine Stimme zu den Mitarbeitern hinausdringt.

»Keine Sorge«, hört man ihn sagen. »Ich schicke meinen besten Mann.« Er rückt sich die Krawatte zurecht. »Ich komme selbst.«

Er legt auf und geht hinüber zum Konferenztisch. Wenig später erscheinen seine Abteilungsleiter zum Meeting. Der Boss lehnt sich im Sessel zurück und lässt einen längeren Vortrag von Frau Baumann über sich ergehen. Sie redet von irgendwelchen Projekten, von denen er ehrlich gesagt noch nie was gehört hat. Vielleicht hätte er auf den letzten Sitzungen besser aufpassen sollen, doch das Konzentrieren fällt ihm in letzter Zeit zunehmend schwer. Der Chef blickt durch Frau Baumann hindurch ins Unendliche.

… »Sinnvolle Sache«, sagt sie gerade. »Nur leider wohl nicht im Zeitplan. Eine solch zentrale Entscheidung sollte nicht wegen Stress …«

»Stress?« Der Chef lehnt sich noch weiter zurück. Er verschränkt die Hände hinter dem Kopf, seine Arme stehen im rechten Winkel von seinem Kopf ab. »Stress ist was für Leistungsschwache.«

»Ich fürchte, wir reden aneinander vorbei«, sagt Frau Baumann. Es soll versöhnlich klingen. »Das Personal …«

»Frau Baumann«, unterbricht der Chef. »Wir reden nicht aneinander vorbei. Sie verstehen mich nicht.«

Millionen von Angestellten müssen sich mit Chefs herumärgern, die glauben, dass es ohnehin nur einen im Laden gibt, dem sie bedingungslos vertrauen können: sich selbst.

Nicht selten steigert sich dieser Größenwahn mit der Zeit sogar noch. Erst denkt der Chef, er sei allwissend. Dann glaubt er, er sei Superman. Und irgendwann ist er überzeugt: »Ich bin größer als Gott.«

Woher kommt das? Verdirbt Chefsein den Charakter?

Von Häuptlingen und Rednern


»Jeder neigt dazu, sich und die eigenen Fähigkeiten ein wenig zu überschätzen«, sagt Dieter Zapf, Leiter der Abteilung Arbeits- und Organisationspsychologie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Das ist im Grunde auch gut so, zumindest ist es gesund. »Menschen, die sich nicht überschätzen, würde man rasch als depressiv wahrnehmen«, sagt Zapf.

Bei Führungskräften aber scheint sich das Selbstbild mit der Zeit besonders zu verzerren. Die Organisationspsychologin Viviana Abati hat dieses Phänomen untersucht. In ihrer Diplomarbeit bat sie Führungskräfte, die eigenen Fähigkeiten einzuschätzen. Danach fragte sie Kollegen und Mitarbeiter, welchen Eindruck sie vom Chef haben. Das Ergebnis: Chefs sehen sich in wichtigen Punkten deutlich positiver, als sie von Kollegen beurteilt werden.

Viele der befragten Chefs dachten zum Beispiel, dass sie Kollegen eine starke Wertschätzung entgegenbringen und dass sie sich gut in die Lage ihrer Mitarbeiter hineinversetzen können; sie glaubten, Anteilnahme für die Probleme ihrer Angestellten zu zeigen und ihren Untergebenen viele Freiheiten zu lassen; und sie glaubten, sich Andersdenkenden gegenüber tolerant zu verhalten. In Wahrheit sprachen ihnen nur sehr wenige Kollegen diese Eigenschaften zu.

Warum klaffen Selbst- und Fremdwahrnehmung bei Chefs oft so weit auseinander? Psychologe Zapf sagt: Weil die Arbeitswelt voller narzisstischer Versuchungen ist. Sie eröffne Personen mit großem Ego oft die besten Aufstiegschancen. Größenwahn, an sich eine menschliche Schwäche, sei in der Arbeitswelt oft karrierefördernd.

Aus Sicht des Unternehmens ergibt das durchaus Sinn. Immerhin muss der Chef die Firma repräsentieren. Und wer schon die Kollegen mit seinem Riesenego beeindruckt hat, schafft das vermutlich auch bei Geschäftspartnern und Kunden. An die Kraft des Blenders glaubten übrigens schon die alten Azteken: Deren Bosse waren in erster Linie Rhetoriker. Sie benutzten nach Angaben des Sprachwissenschaftlers Rudolf Kaiser sogar für »Häuptling« und »Redner« dasselbe Wort.

Wie sich Wahrnehmung verzerrt


Die Bevorzugung des Riesenegos hat aber auch einen gravierenden Nachteil: Wer ständig betont, wie toll er ist, der fühlt sich irgendwann auch so. Die Selbstdarstellung wird zur Selbstwahrnehmung; der Chef blendet dann nicht mehr nur die anderen, sondern auch sich selbst.

Seine verzerrte Selbstwahrnehmung wird dadurch begünstigt, dass ihm fast niemand mehr die Meinung sagt. Aus Sorge um die eigene Karriere halten sich die Angestellten mit Kritik zurück. Sie schweigen, wenn der Chef Fehler macht, Dinge falsch einschätzt, falsche Entscheidungen trifft. Und die meisten lachen auch über seine Witze, selbst wenn die gar nicht lustig sind.

So wird das Büro für den Chef zum Spiegelkabinett: Er liest in den Gesichtern der Angestellten nur noch Zustimmung, und irgendwann glaubt er, dass das, was er sieht, die Wirklichkeit ist. Es ist wie in der Geschichte von Narziss, dem eitlen Jüngling, der sich eines Tages über einen See beugte und in sein eigenes Spiegelbild verliebte.

Diese Metamorphose lässt sich anhand der Chef-Sprüche, die SPIEGEL-ONLINE-Leser eingeschickt haben, gut nachzeichnen. Sie werden gleich dem Narzissten begegnen, der im Kopf Ihres Chefs haust; werden beobachten, wie er sich aufplustert, mehr und mehr Raum beansprucht und in zunehmender Tolltrunkenheit durch das Boss-Hirn torkelt. Und Sie werden erleben, dass andere zum Beispiel Dr. Anstand und Mr. Vernunft, den Narzissmus schließlich nicht mehr aushalten – und fliehen.

Um den fortschreitenden Größenwahn in all seinen Facetten zu erfassen, wurden die Chef-Zitate mit einem zusätzlichen Kommentar versehen.

Von Großkotz bis Gott – die Psychopathologie des Chefs in fünf Stufen


Stufe 1. Erkenne dich selbst

»Ich kann auch nicht alles. Aber was ich kann, kann ich besser.«

Ein guter Chef ist sich stets seiner Grenzen bewusst.

»Wer ich bin? Ich bin die Eins, die euch Nullen vorsteht, damit ihr überhaupt was wert seid.«

Mathematisierte Top-Bottom-Logik

»Ich bin wie ein Kreuzfahrtschiff. Wenn ich untergehe, nehme ich eine Menge Leute mit.«

… außer den Ratten, die vorher abhauen.

»Ja, wenn ihr mich fragt, wie ich auf 30% Margenziel gekommen bin: Das ist mir halt so eingefallen. Da hab ich mir weiter nichts bei gedacht, ich hätte auch jede andere Zahl nehmen können.«

1% Business-Plan, 99% Rendite-Roulette

»Was schauen Sie mich so an? Hab ich einen Orang-Utan auf der Schulter sitzen?«

Der Alpha-Primat erkennt sich aus Versehen selbst.

»Können Sie lesen? Auf meinem Namensschild steht ›Meyer‹. Nicht ›Copperfield‹.«

Der Chef kann auch nicht zaubern.

»Macht sieht nur von unten arrogant aus.«

Begegnung auf Augenhöhe

»›Projektleiter‹ steht nur auf Schultern, die breit genug sind.«

Kompetenzen-Kraftmeierei

»Meinst du etwa, ich lese jede E-Mail?«

Selbsteinschätzung eines Kontrollfreaks, der in jedem E-Mail-Verteiler ist

»Viel Arbeit hat noch keinem geschadet. Das sehen Sie ja an mir.«

Selbsteinschätzung eines Geschiedenen

Stufe 2. Füttere dein Ego

»Ach, was reg ich mich auf! Wenn ich mir was beweisen will, gehe ich zur Arbeit. Da habe ich 250 Leute unter mir.«

Frustbewältigung nach verlorenem Golfspiel

»Ihr müsst erst mal Scheiße riechen, bevor ihr einen Posten wie meinen bekommt.«

Auch in der Abwasserentsorgung sind Führungskräfte gefragt.

»Herr B. kommt auch mal mit einer Verbeugung ins Zimmer und sagt: ›Chef, Sie hatten recht!‹ Sie tun das nie.« 

Herr B. wurde befördert.

Stufe 3. Finde deinen Platz im Universum

»Da, wo ich bin, ist vorne.«

Wegweiser zum Erfolg

»Hier geht’s nach Gehaltsliste, also ich zuerst.«

Der Herr schreitet vorneweg …

»Teamwork ist, wenn alle machen, was ich sage.«

… die Diener folgen.

»Was hier im Hause mitbestimmungspflichtig ist, bestimme immer noch ich.«

Leitlinie für den Betriebsrat

»Ein Chef ist ein Mensch, der es versteht, mit den Köpfen anderer zu denken.«

Management à la...

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