3 Methoden
Die Theorie wird auf Basis von Literatur und sonstiger Primärerhebung dargestellt. Zu den ersten beiden Forschungsfragen werden im theoretischen Teil die derzeit gültigen Steuerbelastungen einer Immobilieninvestition beschrieben. Die Auslegungsmethoden werden im Kapitel 3.1 dargelegt.
Basierend auf dem Ergebnis des Theorieteiles erfolgt der modellhafte Vergleich der steuerlichen Belastung durch die Besteuerung des Gewinnes oder des Überschusses von Immobilien der jeweiligen Immobilieninvestitionsform. Als Basis für den Vergleich dient ein bestimmter Ausgangsfall. Für die Ableitung von allgemein gültigen Aussagen über die verschiedenen Immobilieninvestitionsformen wird das Modell mit Sensitivitätsanalysen erweitert und im Kapitel 3.4 beschrieben.
Weiters werden Entscheidungsdiagramme modellhaft für einzelne Entscheidungsfindungsprozesse erarbeitet. Um die Entscheidungsdiagramme transparent bzw. übersichtlich und eindeutig bzw. präzise darzustellen wird die Modellierungssprache EPK herangezogen und die Grundzüge werden im Kapitel 3.5 vorgestellt.
3.1 Auslegungsmethoden
Auslegungen (Interpretationen) haben das Ziel, den Sinn der in Betracht kommenden Rechtstexte zu erforschen und zu erschließen.[9] Die Auslegung basiert auf der Erstellung von Normhypothesen und der Auswahl unter konkurrierenden Normhypothesen, wenn es bei der Auslegung mehrere vertretbare Lösungsmöglichkeiten gibt.[10] Normhypothesen sind Annahmen über den möglichen und vertretbaren Sinn von vorliegenden Rechtstexten.[11] Zur Erstellung von Normhypothesen sind die klassischen Auslegungsmethoden Wortinterpretation, systematische Interpretation, historische Interpretation und teleologische Interpretation[12] als Hilfsmittel verfügbar[13], welche zur Auslegung von Gesetzen heranzuziehen sind.[14] In den nachfolgenden Kapiteln werden diese kurz erörtert.
3.1.1 Wortinterpretation
Die Wortinterpretation bzw. die grammatikalische Interpretation ermittelt die Bedeutung auf Basis des Wortsinnes des Normtextes.[15] Der Wortsinn dient der Auslegung vorab zur Orientierung und bezeichnet die Grenzen der Auslegung.[16] Abhängig von der konkreten Rechtsfrage und von der persönlichen methodischen Position können die in der Tabelle 2 aufgezählten Bestimmungskriterien verwendet werden.
Tabelle 2: Bestimmungskriterien zurWortinterpretation
Quelle: Eigene Darstellung; Vgl. Bydlinski 2005, S. 12 ff; Vgl. Kerschner/Weiß 2006, S. 41; Vgl. Larenz 1992, S. 208 ff
3.1.2 Systematische Interpretation
Zur Interpretation der anzuwendenden Norm werden die über das anzuwendende Gesetz hinausgehenden Inhalte, andere in Zusammenhang stehende Gesetze und der Aufbau des Normensystems nach den Regeln vom Normaufbau und der Logik als Material einbezogen, soweit diese Aufschlüsse über das Problem ermöglichen.[17]
Es lässt sich oft der Sinn der anzuwenden Norm durch das Verständnis für die vollständige Regelung oder für bestimmte Teilbereiche erschließen und dafür werden die Aspekte des hermeneutischen Zirkels verwendet.[18]
Durch die äußere Einordnung einer Norm lassen sich mitunter Informationen über deren Bedeutung gewinnen.[19] Stehen jedoch Inhalte und Rechtsfolgen eindeutig mit einer anderen, systematisch zugehörigen Norm im Widerspruch, spricht dies gegen eine Interpretation durch die äußere Einordnung.[20]
Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber nicht anwendbare bzw. widersprechende und somit sinnlose Bestimmungen erlassen will.[21] Daher ist die Interpretation systematisch nicht anzunehmen, wenn die Interpretation einer Norm wegen eines eindeutigen Inhaltes eines weiteren Gesetzes oder eines weiteren Normteiles dazu führt, dass eine der beiden nicht anwendbar bzw. widersprechend und somit sinnlos ist.[22]
Es ist systematisch zu vermeiden, eine Norm normativ zwecklos und überflüssig auszulegen, wenn der Inhalt verstanden wird und sich die Rechtfolgen bereits aus anderen Normen ergeben.[23]
Die Gesetzestechnik der Verbindung einer Generalklausel mit einer Einzelnorm stellt an die systematische Interpretation eine spezielle Herausforderung.[24] In einer Generalklausel werden Einzelvorschriften vereinigt, wobei die Einzelvorschriften nicht ersetzt werden, sondern lediglich nicht im Widerspruch zur Generalklausel stehen dürfen.[25]
Durch die systematische Auslegung lassen sich Rückschlüsse auf den Inhalt des betreffenden Gesetzes auf Grund der Stellung des auszulegenden Gesetzes im Gefüge der Rechtsordnung und auf den Bedeutungszusammenhang zu anderen Rechtsnormen ziehen.[26]
Zur systematischen Interpretation gehören auch die Konkurrenzregeln zur Lösung von vermeintlichen Normkollisionen bzw. einer Normenkonkurrenz.[27]
Wenn sich zwei Rechtsnormen widersprechen würden, versucht man die vorliegende Antinomie[28] unter Anwendung von lex specialis derogat legi generali oder lex posterior derogat legi priori zu verhindern.[29] Gemäß dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali hat das Spezialgesetz, welches die Tatbestandsmerkmale der Grundnorm und ein weiteres Tatbestandsmerkmal enthält, gegenüber der Grundnorm immer Vorrang.[30] Lex posterior derogat legi priori besagt, dass die ältere Rechtsnorm durch ein jüngeres Gesetz in derselben Rangordnung aufgehoben wird.[31] Kann die Antinomie nicht durch die Spezialität oder Priorität aufgehoben werden, dann ist mittels Interpretation zu versuchen, beide Rechtsnormen insoweit abzugrenzen, dass beiden ein bedeutsamer Anwendungsbereich erhalten bleibt.[32]
3.1.3 Historische (subjektiv-teleologische) Interpretation
Die historische, subjektiv-historische bzw. subjektiv-teleologische Interpretation erfolgt nach „höchst objektiven Kriterien, sodass die Bezeichnung als subjektivhistorische Interpretation zumindest irreführend sein kann."[33]
Je nach Auslegungsziel wird bei der Anwendung von Auslegungsmethoden zwischen der subjektiven Interpretation, dem problemrelevanten Willen[34] des historischen Gesetzgebers und der objektiven Interpretation des problemrelevanten gewünschten Zwecks[35] des historischen Gesetzgebers unterschieden.[36] Larenz ist der Meinung, „dass ,Politik des Gesetzes' und (politischer) Zweck des Gesetzes keine verschiedenen Auslegungskriterien sind."[37] Will man die juristische Aufgabe rational bestmöglicher Begründungen erfüllen, sind beide Erkenntnismöglichkeiten heranzuziehen.[38]
Die historische Interpretation versucht die Frage nach der Vorstellung und Absicht des historischen Gesetzgebers in Zusammenhang mit der auszulegenden Norm, in Bezug aufdas anstehende Problem, zu beantworten.[39]
Als Auslegungsmaterial sind alle urkundlichen Materialien bzw. Dokumente zulässig, die lehrreiche Aufschlüsse über den Willen oder die Absicht des historischen Gesetzgebers, der die auszulegende Norm erlassen hat, liefern können.[40] Persönliche Vernehmungen werden überwiegend abgelehnt, da das menschliche Erinnerungsvermögen begrenzt ist und die Anforderungen an die Rechtssicherheit und Gleichbehandlung dadurch voraussichtlich nicht erfüllt werden können.[41]
Die Grenze der historischen Auslegung wird bei Fragen erreicht, „wie bestehende Bestimmungen auf neu entstandene Problemlagen anzuwenden sind."[42]
In der Tabelle 3 werden mögliche Erkenntnisquellen für die historische Interpretation aufgelistet.
Tabelle 3: Erkenntnisquellen für die historische Interpretation
Quelle: Eigene Darstellung; Vgl. Bydlinski 1991, S. 449; Vgl. Kerschner/Weiß 2006, S. 42; Vgl. Larenz 1992, S. 218
3.1.4 Teleologische (objektiv-teleologische) Interpretation
Die teleologische Interpretation befasst sich mit der Frage nach dem objektiven Sinn und Zweck, nach der ratio legis und nach der policy der auszulegenden Norm nach heutigem Wertungshorizont (hic et nunc).[43]
Bei der teleologischen Interpretation kommt es auf den objektiven Sinn und Zweck zum Auslegungszeitpunkt an, der für die auszulegende Norm am wahrscheinlichsten ist und nicht - wie bei der historischen Interpretation - auf den Sinn und Zweck der vom historischen Gesetzgeber vergeben werden wollte.[44] Mit der teleologischen Interpretation wird „der Gesetzeszweck laufend dem Wandel der herrschenden rechteethischen Vorstellungen angepasst."[45] Die teleologische Interpretation kann über die vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellten Zwecke hinausgehen.[46]
Kerscher ist der Meinung, dass die teleologische Interpretation durch den breiten Spielraum für subjektive Eigenwertungen Gefahr läuft, sich zum subjektiven Vernunftsrecht abzuwandeln.[47] Um dies zu...