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E-Book

Die digitale Zukunft des stationären Handels

Auf allen Kanälen zum Kunden

AutorAndreas Haderlein
Verlagmi Wirtschaftsbuch
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783864161087
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
E-Commerce boomt. Wird es deshalb ein Artensterben im stationären Handel geben? Die Antwort ist genauso einfach wie schmerzhaft: Ja. Denn Läden 'zum Anfassen' können bald ihre Türen schließen, falls sie sich nicht auf eine mit Smartphone bewaffnete Kundschaft sowie neue Ansätze im Handelsmarketing einstellen. Multi-Channel-Strategien gehören ebenso dazu wie eine zeitgemäße Positionierung als Arbeitgeber. Doch dieses Buch des Innovationsberaters Andreas Haderlein ist kein Abgesang auf 'Brick & Mortar', auf den handfesten Verkaufsort in der Fußgängerzone. Vielmehr liefert der Autor stationären Händlern, Shop-Betreibern und Dienstleistern wichtige Impulse und erfrischende Ideen, sich erfolgreich am Markt zu bewähren und Alleinstellungsmerkmale auszubauen.

ANDREAS HADERLEIN,Jg. 1973, ist Wirtschaftspublizist und Unternehmensberater. Er ist Gründer und Inhaber der Innovationsberatung für Handel und Dienstleistung SALES DESIGN (www.sales-design.de) und gefragter Redner auf internationalen Kongressen, Messe-Events und internen Veranstaltungen. Von 2002 bis 2011 arbeitete er für das renommierte Zukunftsinstitut von Matthias Horx, wo er unter anderem die 'Zukunftsakademie' leitete. Seit 2009 ist er zudem Geschäftsführer der SOCCR.NET GbR, die sich auf Aufbau und Vermarktung von Online-Informationsdiensten im Sportbereich spezialisiert (www.fussballgucken.info). Die Schwerpunkte seiner Forschungstätigkeit sind Neue Medien, E-Commerce und Handelsmarketing. Neben zahlreichen Artikeln und Interviews in der Wirtschaftsfachpresse hat Andreas Haderlein in den vergangenen Jahren als Autor und Co-Autor acht Bücher, Studien und Trenddossiers veröffentlicht, darunter 'Marketing 2.0' (2006), 'Future Shopping' und 'Social Commerce' (2008), 'Sales Design' (2009) und 'Die Netzgesellschaft' (2011).

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Leseprobe

1. Die zentralen Treiber und Hebel für Bricks & Clicks


Jeweils zwei zentrale Motive stehen sich im »Bricks & Clicks«-Zeitalter gegenüber. Ich nenne sie Treiber aufseiten der Kunden und Hebel aufseiten des Handels.

Auf Kundenseite ist dies die zunehmend über das Internet hergestellte Transparenz hinsichtlich der Bewertung von Produkten, Dienstleistungen, Händlern und Marken. Flankiert ist dieses Motiv des allwissenden Kunden durch die stärkere Vernetzung der Konsumenten untereinander.

Händler auf der anderen Seite reagieren auf diese Treiber mit der Zusammenführung vormals strikt getrennter Warenwirtschaftssysteme. Besonders deutlich wird dieser Wandel an der Zusammenführung des stationären und Online-Sortiments, der die Frage nach der Verfügbarkeit von Produkten völlig neu beantwortet. Ein weiterer Hebel, den kundenseitigen Treibern zu begegnen, ist die Armierung des Verkaufspersonals mit mobilen Endgeräten als Reaktion auf eine steigende »Shopping Literacy«. Dies schließt selbstredend eine steigende Mediennutzungskompetenz des Verkäufers mit ein.

Abb. 5: Die Treiber für Bricks & Clicks

Transparenz: Der allwissende Kunde


Die steigende Online-Affinität von Shoppern verändert fundamental auch deren Blick auf den Point of Sale. Im Zeitalter des internetgetriebenen Handels sind Kunden besser informiert als jemals zuvor. Sie nutzen einerseits Barcode-Scanning-Apps wie barcoo39, um Zusatzinfos wie Nährwerte, Testberichte und Angaben zur ökosozialen Unternehmensverantwortung eines Herstellers geliefert zu bekommen, andererseits aber auch um eine größtmögliche Preistransparenz am Point of Sale zu erhalten. Preisvergleich ist keine alleinige Domäne mehr des E-Commerce, seitdem das Internet in jeder Tasche steckt.

Erstaunlich ist auch die Reaktionsgeschwindigkeit und Innovationsbereitschaft, mit der junge Start-ups wie die barcoo-Betreiberin checkitmobile GmbH ans Werk gehen. So erweiterte barcoo angesichts des letzten Dioxin-Skandals Anfang 2011 seine Features. App-Nutzer konnten sich dann nicht nur anhand einer Nachhaltigkeitsampel über die Sozialverantwortung eines Herstellers informieren, sondern über den Herkunfts-Code auf dem Frühstücksei auch Gewissheit über eine mögliche Dioxinbelastung bekommen. Man griff hier auf die Datenbestände der Verbraucherzentrale Hamburg zurück. Dieser Service hievte die App sogar auf Platz 1 der Download-Charts für kostenfreie Applikationen im Apple iTunes Store.

Preisvergleich und tiefe Produktbewertung


Aber damit nicht genug. Bereits im Mai 2011 integrierte barcoo weitere wichtige Informationen in Sachen Eierproduktion. In Kooperation mit dem Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V. (KAT) wurden weitere detailreiche Hintergrundinfos zur Situation in den Legehennenbetrieben hinzugefügt – einschließlich Fotos der Hühner und der Stallsituation. Und ein Jahr später, seit dem Osterfest 2012, zeigt die barcoo-App sogar an, ob Eier in Lebensmitteln wie Nudeln und Backwaren aus käfigfreier Tierhaltung stammen. Möglich ist dies durch die Zusammenarbeit mit der Kampagne kaefigfrei.de, die von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt initiiert wurde.

Mittlerweile verzeichnet der größte Produkt-Guide Europas nach eigenen Angaben mehr als sechs Millionen App-Installationen auf Smartphones. Die als Preisvergleichs- und Produktbewertungsdienst gestartete Anwendung zeigt einmal mehr, dass Verbraucher mit neuen Mobil-Technologien nicht nur Rabatte einheimsen können wie etwa beim Mobile Couponing. Mit transparenten Zugängen zu Hersteller- und Herkunftsangaben ist ihnen nun auch ein wichtiges Hilfsinstrument für strategischen Konsum, den ökosozial korrekten Einkauf im Supermarkt und anderswo an die Hand gegeben. Seien es die Themen Tierschutz, Fairtrade oder Lebensmittelverträglichkeit – mit einem Fingertipp und dem Scannen eines Barcodes werden die Geschichten hinter den Produkten gelüftet.

Praxistipp
Kundenszenario: Sensibilisieren Sie Ihr Verkaufspersonal für das »Bricks & Clicks«-Zeitalter

Beispielhaft finden Sie im Folgenden eine Situation am Point of Sale geschildert, die vielen Verkäufern (noch) nicht alltäglich erscheint. In Verkaufsschulungen und Mitarbeitergesprächen sollten Sie diese Kundenszenarien durchspielen, damit Ihr Verkaufspersonal angemessen auf den Multichannel-Kunden reagieren kann.

Barcode-Scanning

Situation: Eine Besucherin Ihres Ladengeschäfts scannt den Barcode eines Produktes, das Sie als Sonderangebot im Eingangsbereich positioniert haben, mit ihrem Smartphone.

Welches könnten die Beweggründe sein?

  • Die Kundin nutzt eine Preisvergleichs-App. Sie möchte sich vergewissern, ob es das Produkt nicht doch noch billiger in einem Online-Shop oder bei einem anderen Händler um die Ecke gibt.
  • Sie will sich über die Inhaltsstoffe oder das ökosoziale Engagement des Herstellers informieren.
  • Sie hofft, weitere Empfehlungen – etwa Zusatzartikel und passende Accessoires zum Produkt – zu bekommen.
  • Sie schaut, ob der Händler selbst mobile Coupons anbietet.

Wie reagieren Sie?

  • Möchten Sie das kostenfreie Kunden-WLAN unseres Geschäfts nutzen? Wenn Sie eine Kundenkarte haben, genügt Ihre Kundennummer für das Login.
  • Kann ich Ihnen unser Kunden-Tablet anbieten? Sie machen sich ja die Augen kaputt mit diesem kleinen Mäusebildschirm. Welche Produktinformation suchen Sie denn genau?
  • Guten Tag, das ist ja interessant, was Sie da machen. Funktioniert das mit diesen neumodischen Handys?
  • Entschuldigung, bei uns im Laden ist leider Smartphone-Verbot. Anweisung von ganz oben. Aber vielleicht kann ich Ihnen ja weiterhelfen. Ich bin quasi eine lebendige App, das Google unserer Fußgängerzone.
  • Mit Sicherheit nicht: Guten Tag, was kann ich für Sie tun?

Rechnungs-Check – Preistransparenz auch jenseits von Konsumgütern


Inspekto.de, ein junges Start-up aus Berlin, bringt derzeit frischen Wind in die Kfz-Branche.40 Besser gesagt: Er dürfte so mancher Kfz-Werkstatt kräftig ins Gesicht blasen. Die Angemessenheit von Rechnungen und Kostenvoranschlägen ist für Laien in Sachen Autoreparatur und Serviceleistungen nur schwer zu überprüfen. Wer sucht schon mühsam einen Sachverständigen auf, der noch dazu seinerseits Honorarvorstellungen hat. Zwar liefern auch Automobilclubs wie der ADAC bei Ärger mit der Kfz-Werkstatt Tipps, wie man etwa die Schiedsstelle der Kfz-Innung einschaltet oder an kompetente Anwälte gelangt. Diese bürokratischen Prozesse sind allerdings zäh.

Deshalb hat es sich Inspekto.de zur Aufgabe gemacht, für Transparenz bei Kfz-Rechnungen auf einfachste Weise zu sorgen: durch einen simplen Upload der Rechnung auf einer Internetplattform. Die Einzelposten werden dann auf Plausibilität geprüft und binnen 24 Stunden – außer am Wochenende – erhält der User eine Beurteilung seiner Rechnung. Die Kfz-Fachleute bei Inspekto.de greifen dabei auf den Fundus einer umfangreichen Datenbank zu. Das Unternehmen von Chris Möller arbeitet hier mit dem Prozessdienstleister Control€xpert zusammen, der eigentlich Schadensbelege im Auftrag von internationalen Versicherungen und Leasing-Gesellschaften kontrolliert.

Der Prüfbericht wird per E-Mail dem Kunden zugesandt. Die Kosten für den Rechnungs-Check bei Auspuffmontage, Ölwechsel und anderen Werkstattdienstleistungen belaufen sich derzeit auf 5 Euro. Einziger Wehrmutstropfen des Dienstes bislang: Wird eine Rechnung als fehlerhaft eingestuft, obliegt es dem Kunden, den nötigen Druck bei der Werkstatt zu machen. Auch vor Gericht kann der Prüfbericht bislang nicht als Beweismittel herangezogen werden. Gewinnt die Plattform an Reichweite, werden hier sicherlich Präzedenzfälle geschaffen. Inspekto.de selbst jedenfalls steigert sein Daten-Know-how mit jeder hochgeladenen Rechnung und wird als Reichweiten-Partner auch Bewertungsplattformen41 für Autohäuser und Werkstätten im Auge haben.

Empfehlung: Der Rucksack der Kundenmeinungen


Es ist der Traum eines jeden Marketingchefs, wenn sich Eltern über die saugfähigsten Windeln austauschen, wenn sich Smartphone-Kunden für »ihr« Gerät am Stammtisch ins Zeug legen oder Mütter sich zum Frühstück im IKEA Store verabreden. Den Empfehlungen unserer Freunde vertrauen wir mehr als einem Hochglanzprospekt.

Es existiert keine effizientere Werbeform als die der Mundpropaganda. Aber sie zu messen ist und bleibt die größte Herausforderung der Marketingverantwortlichen – daran haben auch die Plauderplattformen des Web 2.0 nichts geändert. Im Gegenteil: Kursieren Info-Viren erst einmal in den Weiten des Internets, lassen sie sich kaum mehr im Sinne einer nachvollziehbaren Kampagne steuern. Das visionäre Cluetrain-Manifest, die Bibel der Community-Marketing-Avantgarde, brachte es mit dem Leitspruch »Märkte sind Gespräche« auf den Punkt (vgl. Levine 2000).

Dennoch lassen sich vier zentrale Ansätze zur »Marktbearbeitung« in den Social Media beschreiben:

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