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Rechtsfragen der Sicherungszession

AutorSabine Picout
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl153 Seiten
ISBN9783656112167
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Jura - Zivilrecht / Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Wirtschaftsrecht, Note: gut, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (Unternehmens- und Steuerrecht), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Sicherungszession hat in ihrer Funktion als Kreditsicherungsmittel zur Beschaffung von Betriebsmitteln vor allem für mittelständische Unternehmen an Bedeutung zugenommen, denn Schätzungen zufolge gibt es über zehntausend (Global-) Zessionskredite österreichweit. Somit sind Rechtsfragen rund um die Sicherungszession nicht nur für Zessionsprüfer, Bankjuristen und Kreditinstitute, sondern insbesondere für zahlreiche Unternehmen von höchster Aktualität. Als Gründe für die Beliebtheit dieses Kreditsicherungsmittels werden die zahlreichen Vorteile der Sicherungszession gegenüber anderen Sicherungsmitteln genannt: So ist die Befriedigung des Sicherungsgläubigers unkompliziert, denn es ist kein (oft so umständliches) gerichtliches Verwertungsverfahren nötig. Die Verwertung der Pfandsache muss gerichtlich geschehen, der Sicherungszessionar als Gläubiger der Forderung kann diese ohne gerichtliche Schritte einziehen. Ein weiterer, in der Praxis sehr gewichtiger Vorteil ist, dass die Verwertung sehr leise durchgeführt werden kann, ohne dass der abgetretene Schuldner die Vornahme einer solchen 'stillen Zession' überhaupt bemerkt, denn seine Zahlung erfolgt an eine Bank, wodurch kein Aufsehen erregt wird. Zudem können Unternehmen, seien sie auch noch so erfolgreich, den Banken oft nur ihre Kundenforderungen als Sicherheit anbieten, denn viele Unternehmen sind nicht Eigentümer ihrer Betriebsgebäude und können auch ihre Produktionsmaschinen, die oft geleast sind, nicht als Sicherungsmittel zur Verfügung stellen. Trotz der praktischen Relevanz der Sicherungszession muss jedoch festgestellt werden, dass die Rechtsfragen rund um die Sicherungszession durch die Rechtsprechung und Lehre unzureichend beantwortet sind und noch eine Reihe von Unsicherheiten und Ri-siken bestehen bleiben. In der Folge soll zuerst kurz auf die Arten der Zession eingegangen werden, da im Zuge der Behandlung der Sicherungszession immer wieder auf die gemeinsamen Strukturen zurückgegriffen wird. Dann wird auf die verschiedenen Formen der Zession und ihre Besonderheiten hingewiesen, was das Verständnis der Entscheidungen und der Lehre erleichtern soll. Abschließend werden die Sicherungszession und die Globalzession ausführlicher behandelt.

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Leseprobe

4. Sicherungszession


 

4.1 Wesen der Sicherungszession


 

Die Sicherungszession ist im ABGB nicht eigens erwähnt, da sie zur Zeit der Entstehung des ABGB nicht existierte, doch wird ihre Zulässigkeit in § 10 (3) KO und § 10 (3) AO vorausgesetzt. Rechtsprechung und Lehre versuchten deshalb, die Gültigkeitsvoraussetzungen der Sicherungszession in gesetzestreuer Fortbildung des ABGB festzulegen. Für diese besondere Form der Abtretung gelten - sofern nicht zwingende Pfandrechtsvorschriften anderes ergeben - grundsätzlich die §§ 1392ff. ABGB und es finden auf die Sicherungszession und deren schuldrechtliche Vereinbarung auch die allgemeinen Vertragsregeln Anwendung.[55] Doch ist anerkannt, dass die Sicherungszession aufgrund ihrer wirtschaftlichen Pfandfunktion anders zu beurteilen ist als die Vollzession.[56] Die Sicherungsabtretung stellt neben Sicherungsübereignung, Verpfändung etc. eine rechtsgeschäftliche Möglichkeit der Sicherung von Forderungen dar und verfolgt somit einen wichtigen wirtschaftlichen Zweck z.B. bei der Kreditbesicherung.[57] Der Zweck der Sicherungszession ist es nicht, dass der Zessionar wirklich Gläubiger der Forderung wird, sondern die abgetretene Forderung soll seinen eigenen Anspruch gegen den Zedenten absichern. Somit erhält der Zessionar einen Vermögenswert, anhand dessen er sich im Verhältnis zu den anderen Gläubigern des Zedenten falls nötig vorzugsweise und gesondert befriedigen kann.[58]

 

4.2 Treuhandverhältnis


 

Die Sicherungszession, auch sicherungsweise Übertragung von Forderungen genannt, ist eine Form der eigennützigen Treuhand. Bei dieser „abgeschwächten Form“[59] der Zession zediert der Sicherungsnehmer (Zessionar) eine Forderung. Er tritt an die Stelle des Sicherungsgebers (Zedenten), nimmt dessen Gläubigerstellung gegenüber einem Dritten (Debitor cessus) ein und wird Eigentümer der Forderung. Im Außenverhältnis, d.h. gegenüber dem Debitor Cessus, ist die Forderungszuständigkeit unbeschränkt. Im Innenverhältnis aber ist der Zessionar aufgrund der Sicherungsabrede schuldrechtlich daran gebunden, die Forderung nur bei Zahlungsverzug einzuziehen und sich dann aus dem Erlös zu befriedigen. Der Zessionar kann mehr als er darf, d.h. seine Verfügungsmacht ist weitreichender als seine Verfügungsbefugnis, da er nach außen volle Gläubigerstellung erhält, nach innen jedoch einer schuldrechtlichen Bindung unterliegt.[60]

 

Die Sicherheit kann zur Befriedigung nur ultima ratio in Anspruch genommen werden. Der Schuldner soll die Chance haben, selbst zu erfüllen. Wird der Anspruch des Zessionars befriedigt, wird die sicherungsweise zedierte Forderung an den Zedenten, welcher die Forderung bei Fälligkeit einzieht, rückzediert. Es kann aber auch die auflösende Bedingung vereinbart werden, dass die Forderung automatisch zurückfallt.[61]

 

Gegenstand der Sicherungszession sind Forderungen mit „vermögensrechtlicher Qualität [, die] von der Person des Zedenten ablösbar"[62] sind.

 

4.3 Titel der Sicherungszession


 

Den Titel (Causa) der Zession bildet die schuldrechtliche Sicherungsabrede, die aus einer Einigung über die Übertragung der als Sicherheit dienenden Forderung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar besteht. Die Sicherungszession ist nur dann rechtswirksam, wenn ihr eine gültige Sicherungsvereinbarung zugrunde liegt (Titelerfordernis).[63] Die Sicherungsabrede ist dann unwirksam, wenn die zu sichernde Forderung nicht gültig entsteht und der Sicherungszweck deshalb ins Leere läuft. Der Zessionsvertrag bildet das dingliche Verfügungsgeschäft. Dabei ist zu beachten, dass der Zessionsvertrag zum „Zwecke seines urkundlichen Nachweises schriftlich abgeschlossen werden [64]muss.[65]

 

Wie bei anderen Verfügungsgeschäften ist bei der Sicherungszession der Bestimmtheitsgrundsatz von Bedeutung, d.h. die zu zedierenden Forderungen müssen im Zessionsvertrag genau bestimmt oder bestimmbar sein und sowohl der Rechtsgrund der Forderung als auch der Gläubiger und der Schuldner müssen im Zeitpunkt der Zession fixiert sein, wobei der Schuldner nicht namentlich feststehen muss.[66] In der Abtretungsvereinbarung sind die Forderungen so zu bezeichnen, dass zum Zeitpunkt der Abtretung bzw. (bei künftigen Forderungen) zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung „eindeutig feststellbar"[67] ist, ob eine Forderung zediert wird oder nicht (Grundsatz der Identifizierbarkeit). Die Forderungen sind so genau wie möglich zu definieren, z.B. indem die Rechnungs- oder Auftragsnummer angegeben wird. Bei künftigen, ständig wieder entstehenden Forderungen aus einem laufenden Vertragsverhältnis (z.B. bei Mietverhältnissen) sollte der Vertrag bzw. das Objekt, auf das der Vertrag Bezug nimmt, genau beschrieben werden.

 

Ist die Sicherungszession hinreichend bestimmt und wird der erforderliche Publizitätsakt gesetzt, dann kommt die Sicherungsabtretung wirksam zustande.[68]

 

4.4 Modus der Sicherungszession


 

4.4.1 Publizitätserfordernis


 

Im Gutachten SZ 11 /15 wies der OGH daraufhin, dass Voraussetzung eines gültigen Pfandrechtserwerbs die Einhaltung bestimmter Übergabeformen sein müsse und dass die zwei im Gutachten erwähnten Publizitätsmittel, nämlich die Drittschuldnerverständigung und der Buchvermerk, dem Publizitätserfordernis jedenfalls genügen, die Aufzählung der zwei Publizitätsmittel jedoch nicht taxativ sei.[69]

 

Werden die Publizitätserfordernisse nicht erfüllt, so hat dies gravierende Folgen, denn die Sicherungszession ist gegenüber Dritten und vor allem den Gläubigern des Zedenten gegenüber nicht wirksam.[70]

 

Problematisch ist hier jedoch, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des ABGB die Pfandrechtsregeln nur für verkörperte, d.h. versachlichte, Vermögensobjekte vorgesehen waren.[71] Bei der Sicherungszession werden jedoch Forderungen übertragen.

 

4.4.1.1 Verbriefte und nicht verbriefte Forderungen

 

Der Modus der Verpfändung von verbrieften bzw. verkörperten Forderungen ist unproblematisch, denn hier kann das Übergabeprinzip, welches in den §§ 451, 452 ABGB (Faustpfandprinzip) niedergeschrieben ist, angewandt werden.[72] Bei Inhaber- und Orderpapieren wie z.B. Wechsel, Scheck etc., bei denen die Rechte wertpapiermäßig verbrieft sind, genügt es, wenn die Urkunde übergeben wird. Es wird kein spezieller Modus verlangt. Solche verkörperte Forderungen stellen allerdings eine Ausnahme dar.[73]

 

Bei nicht verbrieften Forderungen, bei denen das Recht „nicht mit einer Urkunde derart verbunden [ist], dass das Recht an der Forderung dem Recht an der Urkunde folgt" [74], ist eine körperliche Übergabe nicht möglich.

 

Dem Wortlaut des § 452 ABGB folgend kommt bei beweglichen Sachen, die keine körperliche Übergabe von Hand zu Hand zulassen, nur eine Übergabe durch Zeichen, aus denen jedermann die Verpfandung (bzw. sicherungsweise Abtretung) leicht erfahren kann, in Betracht.[75]

 

Bei nicht verbrieften, d.h. offenen Forderungen, ist somit zuerst die grundlegende Frage zu klaren, ob an Forderungsrechten, welche eine Rechtsbeziehung zwischen Glaubiger und Schuldner verkörpern, überhaupt Zeichen im engeren Sinn - wie dies in § 452 ABGB verlangt wird - angebracht werden können.

 

Aufgrund der rechtlichen Ähnlichkeit der Sicherungszession mit der Sicherungsübereignung und der Verpfändung wird in Bezug auf die Publizitätsvorschriften auf den § 452 bzw. den § 427 ABGB (symbolische Übergabe) zurückgegriffen, d.h. die Pfandbegründungsbestimmungen werden analog auch auf die Sicherungszession angewandt, um eine Umgehung der pfandrechtlichen Bestimmungen zu verhindern.[76] Da der wirtschaftliche Zweck bei der Sicherungsabtretung und der Verpfandung ein ähnlicher ist - nämlich den Gläubigern Sicherheit zu verschaffen -, werden Pfandrechtsbestimmungen deshalb sowohl auf die Sicherungsübereignung von körperlichen Sachen als auch von Rechten übertragen.

 

Ziel dieser besonderen Publizitätsvorschriften ist es, einerseits den Gläubiger des Sicherungsgebers vor einer Täuschung über das etwaig bestehende bzw. durch eine ausgeschiedene Forderung verminderte Hafungsvermögen und andererseits den Sicherungszessionar vor missbräuchlichen Verfügungen des Sicherungszedenten zu schützen.[77]

 

Weiters wird in § 452 ABGB verlangt, dass man sich bei der Verpfandung bzw. Sicherungszession solcher Zeichen bediene, aus denen jedermann die Verpfändung bzw. sicherungsweise Abtretung leicht erfahren kann, was dann anzunehmen ist, wenn die Verpfändung oder Sicherungsabtretung nachträglich leicht und verlässlich festgestellt werden kann.

 

Das Erfordernis nachträglicher leichter und verlässlicher Feststellbarkeit ist erfüllt, wenn die Sicherungsabtretung, ihr Zeitpunkt und Umfang urkundlich nachweisbar sind.[78]

 

4.4.1.2 Buchforderung und Nichtbuchforderung

 

Bei den nicht verbrieften Forderungen lassen sich zwei Arten unterscheiden, nämlich Buch- und...

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