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E-Book

Kapitalerhaltung durch Solvenztests

Eine ökonomische und experimentelle Analyse

AutorAlexandra Scholz
VerlagGabler Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl289 Seiten
ISBN9783834980335
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR
Alexandra Scholz untersucht, inwiefern die Ausschüttungsregimes Deutschlands, Englands und der USA opportunistische Ausschüttungen, die den Gläubiger schädigen, verhindern. Aus den Ergebnissen leitet die Autorin Gestaltungsempfehlungen für einen liquiditätsorientierten Solvenztest ab und diskutiert flankierende Instrumente.

Dr. Alexandra Scholz promovierte bei Prof. Dr. Christoph Watrin am Institut für Unternehmensrechnung und -besteuerung der Universität Münster.

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Leseprobe
A. Grundlegung (S. 1)

I. Problemstellung und Zielsetzung

In Deutschland besteht eine lange Tradition nach der das Privileg der beschränkten Haftung von Kapitalgesellschaften dadurch erworben wird, dass diese Gesellschaften im Interesse der Gläubiger zu einer Kapitalaufbringung und -erhaltung verpflichtet werden.

Der Schutz der Gläubiger nimmt im deutschen Handels- und Gesellschaftsrecht traditionell eine privilegierte Stellung ein. Im Mittelpunkt des Gläubigerschutzes bei Kapitalgesellschaften steht das gesetzliche Mindestkapital, zu dessen Erhaltung Auskehrungen von Vermögenswerten aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft engen gesellschaftsrechtlichen Restriktionen unterworfen wird.

Der Kapitalerhaltung dienen allgemein Regeln über eine vorsichtige Gewinn- und Vermögensermittlung sowie die Verknüpfung der Handelsbilanz mit der Steuerbilanz, wodurch die Anreize für eine konservative Bilanzierung verstärkt werden. Gesellschaftsrecht, Bilanzrecht und Steuerrecht verstärken sich gegenseitig und bewirken ein System, welches dem Gläubigerschutz durch gesetzliche Regelungen einen hohen Stellenwert einräumt. Neben diesen, für alle deutschen Rechtsformen geltenden Regelungen, spielen bei Kapitalgesellschaften Ausschüttungsrestriktionen eine bedeutende Rolle.

Bei einer Ausschüttung handelt es sich um die Auskehr von Vermögenswerten aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter, der keine oder keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Weil Ausschüttungen insbesondere in Krisensituationen ein nicht geringes Risiko für die Gläubiger der Gesellschaft darstellen, kennen die meisten Rechtsordnungen Ausschüttungsbeschränkungen. Seit jeher wird die Kapitalerhaltung kontrovers diskutiert.

Durch die Einflüsse der Europäischen Union indes, die zum Überdenken des deutschen Kapitalregimes zwingen, ist die Diskussion aktueller denn je. Die Kapitalerhaltung in ihrer heutigen Form ist sowohl auf Ebene des Bilanzrechts als auch auf Ebene des Gesellschaftsrechts zunehmend unter Druck geraten.

Auf beide wirken EG-Richtlinien und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ein. Auf dem Gebiet des Bilanzrechts ist durch die IAS-Verordnung der EU vom 19.07.2002 eine bedeutende Zäsur vorgenommen worden: Durch die europarechtliche Pflicht für kapitalmarktorientierte Gesellschaften und dem darüber hinaus im Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) verankerten Wahlrecht für nichtkapitalmarktorientierte Unternehmen ihren Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen, haben die handelsrechtlichen Grundsätze im Konzern an Bedeutung verloren. Das Mitgliedstaatenwahlrecht, die IFRS auch im Einzelabschluss zuzulassen oder gar verbindlich vorzugeben, wurde vom deutschen Gesetzgeber indes nicht umgesetzt, weil die IFRS-Rechnungslegung ausschließlich der Informationsfunktion dient.

Eine Einführung der IFRS im Jahresabschluss wäre daher zwangsläufig mit einer Umgestaltung oder Aufgabe der Kapitalerhaltung verbunden und wird im Schrifttum insbesondere aus diesem Grunde von zahlreichen Autoren abgelehnt.

Neben der Steuerbemessungsfunktion des Jahresab-schlusses wird die Notwendigkeit der Ausschüttungsbegrenzung anhand eines unter Berücksichtigung des handelsrechtlichen Gläubigerschutzes aufgestellten Einzelabschlusses als Hauptargument gegen eine weitergehende Internationalisierung der Rechnungslegung vorgebracht.

Jedoch wird die Verbreitung der IFRS durch die zunehmende Internationalisierung der Märkte, die Vorschriften der Bankenregulierung (Basel II) und nicht zuletzt durch die Diskussion um ein IFRS-Regelwerk für kleine und mittlere Unternehmen begünstigt.

Gleichzeitig nähern sich auch die Vorschriften der Bilanzrichtlinie, welche die Bilanzierung für nichtkapitalmarktorientierte Unternehmen europaweit harmonisieren soll, immer stärker den IFRS an. Für die Umsetzung der letzten Änderungsrichtlinie in deutsches Recht wurde im November 2007 der Referentenentwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vorgelegt. Nicht zuletzt dieser Entwurf hat die Diskussion um die Zukunft der Kapitalerhaltung und eine mögliche Abschaffung des Maßgeblichkeitsprinzips erneut angeheizt.
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis9
Tabellenverzeichnis16
Abkürzungsverzeichnis17
A. Grundlegung24
I. Problemstellung und Zielsetzung24
II. Inhalt und Aufbau der Untersuchung30
B. Ökonomische Grundüberlegungen zu Ausschüttungen33
I. Externalisierung von Risiken durch Ausschüttungen33
II. Beeinflussung des Insolvenzrisikos durch Ausschüttungen34
III. Ausschüttungspolitik und ihre betriebswirtschaftliche Bedeutung36
IV. Bedeutung von Einzel- und Konzernabschluss für Ausschüttungen38
V. Agency-theoretische Aspekte von Ausschüttungen40
1. Grundlagen der Agency-Theorie40
2. Typische Probleme in ausgewählten Beziehungen44
a) Beziehung zwischen Unternehmenseigner und Gläubiger44
b) Beziehung zwischen Unternehmenseigner und Management46
VI. Ausgewählte Instrumente zur Internalisierung negativer Externalitäten durch Ausschüttungen48
1. Ex ante-Schutz durch gesetzlichen Kapitalschutz48
2. Ex post-Schutz durch Haftung52
C. Ausschüttungsbemessung nach deutschem Recht54
I. Handels- und gesellschaftsrechtliche Beschränkungen von Ausschüttungen54
II. Insolvenzrechtliche Beschränkungen von Ausschüttungen58
1. Gläubigerschutz und Insolvenzordnung58
2. Insolvenztatbestände nach der InsO59
a) Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO59
b) Überschuldung nach § 19 InsO60
c) Drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO62
3. Insolvenzanfechtung63
a) Grundlagen der Insolvenzanfechtung63
b) Anfechtungstatbestände64
c) Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung66
d) Exkurs: Grundlagen des Anfechtungsgesetzes67
4. Insolvenzstraftaten68
a) Insolvenzstraftaten im Überblick68
b) Bankrottstraftaten69
c) Insolvenzverschleppung71
III. Haftungsrechtliche Beschränkungen von Ausschüttungen72
1. Haftung der Leitungsorgane72
a) Grundzüge der Geschäftsführerhaftung72
b) Haftung bei Verletzung der Sorgfaltspflichten73
2. Durchgriffshaftung77
a) Grundzüge der Durchgriffshaftung77
b) Tatbestände der Durchgriffshaftung79
(1) Leitungsmacht79
(2) Unterkapitalisierung79
(3) Vermögensvermischung und Sphärenvermischung80
(4) Existenzvernichtender Eingriff80
c) Durchgriffshaftung in Verbindung mit Ausschüttungen81
IV. Vertragliche Beschränkungen von Ausschüttungen in Deutschland83
V. Agency-theoretische Analyse bilanzieller Ausschüttungsregimes84
1. Wirkungen von Ausschüttungsbegrenzungen in bestimmten Finanzierungsszenarien84
a) Einfaches Finanzierungsszenario84
b) Komplexes Finanzierungsszenario85
2. Implikationen für bilanzielle Ausschüttungsrestriktionen87
VI. Solvenzprüfungen in Deutschland88
1. Existenz von Solvenzprüfungen de lege lata88
2. Haftung für Zahlungen de lege ferenda89
VII. Zwischenergebnis92
D. Diskussion um die Kapitalrichtlinie in Europa94
I. Inhalte der Kapitalrichtlinie94
II. Vorschläge zur Reform der Kapitalrichtlinie97
1. Reformvorschlag der High Level Group97
2. Reformvorschlag der Rickford-Arbeitsgruppe99
3. Reformvorschlag der Universität Groningen101
4. Reformvorschlag der Lutter-Arbeitsgruppe102
5. Reformvorschlag des IDW103
6. Vergleich und Würdigung der Reformvorschläge104
III. Studie zur Machbarkeit eines alternativen Kapitalschutzsystems im Auftrag der Europäischen Kommission108
IV. Zwischenergebnis109
E. Ausschüttungsbemessung nach US-amerikanischem Recht111
I. US-amerikanisches Gesellschaftsrecht111
II. Gesetzliche Beschränkungen von Dividenden114
1. Überblick114
2. Traditionelles System115
a) Surplus Tests als Voraussetzung für eine Ausschüttung115
b) Ausschüttung von Nimble Dividends117
c) Ausschüttung von Wasting Assets-Gesellschaften118
d) Verhinderung der Zahlungsunfähigkeit durch insolvenzrechtliche Instrumente119
3. Modernes System121
a) Überblick121
b) Ausschüttungsbemessung nach dem M.B.C.A.122
(1) Balance Sheet Test122
(2) Equity Insolvency Test122
c) Ausschüttungsbemessung nach dem California Corporations Code125
(1) Retained Earnings und Balance Sheet Tests125
(2) Equity Insolvency Test127
III. Gläubigerschutz durch Kreditsicherheiten128
1. Funktionen von Kreditsicherheiten128
2. Wirkungsweise von Dividend Covenants132
3. Zur Bedeutung von Accounting Covenants133
IV. Haftung des Managements und der Anteilseigner bei unrechtmäßigen Ausschüttungen135
1. Managementhaftung und Business Judgment Rule135
2. D & O-Versicherung137
3. Haftung der Anteilseigner138
V. Kritische Analyse des US-amerikanischen Systems140
1. Bilanz- und Solvenztests140
2. Ökonomische Analyse von einzelvertraglichen Covenants143
3. Würdigung des US-amerikanischen Kapitalschutzsystems als Ganzes145
VI. Zwischenergebnis146
F. Ausschüttungsbemessung nach englischem Recht149
I. Überblick149
II. Gesellschaftsrechtliche Beschränkungen von Ausschüttungen150
III. Insolvenzrechtliche Beschränkungen von Ausschüttungen151
1. Insolvenzanfechtungstatbestände151
2. Haftungstatbestände im Zusammenhang mit einer Insolvenz152
a) Fraudulent Trading152
b) Wrongful Trading153
IV. Haftung der Geschäftsführung, der Anteilseigner und der Wirtschaftsprüfer bei unrechtmäßigen Ausschüttungen156
1. Pflichten und Haftung der Geschäftsführer156
2. Haftung der Anteilseigner und Wirtschaftsprüfer157
V. Disqualifications und Investigations158
VI. Analyse des englischen Ausschüttungsregimes und Zwischenergebnis161
G. Kapitalschutz durch Solvenztests165
I. Überblick165
II. Arten von Solvenztests166
1. Unterschiedliche Solvenztests zur Ausschüttungsbemessung166
2. Liquiditätsorientierte Tests167
3. Bilanzorientierte Tests169
4. Capital Adequacy Test170
5. Schlussfolgerungen für einen Solvenztest in Europa171
III. Ausgestaltung eines liquiditätsorientierten Solvenztest172
1. Kennzahlenanalyse vs. Finanzplan172
2. Grundsätze ordnungsmäßiger liquiditätsorientierter Solvenztests a) Entwicklung von Grundsätzen zum Solvenztest im Überblick175
b) Grundsatz der Richtigkeit177
c) Grundsatz der Vergleichbarkeit178
d) Grundsatz der Vollständigkeit179
e) Grundsatz der Vorsicht179
f) Grundsatz der Zeitnähe181
3. Empfehlungen zur Ausgestaltung des Solvenztests182
a) Kurzfristige Solvenzprognose mit Hilfe einer Finanzplanung182
b) Berücksichtigung der Unsicherheit im Rahmen des Solvenztests184
(1) Szenarioanalyse184
(2) Sensitivitätsanalyse186
(3) Risikoanalyse187
IV. Solvenzerklärung der Geschäftsführung188
V. Haftung der Geschäftsführung189
VI. Prüfung des Solvenztests192
1. Vorgeschlagene Pflicht zur Prüfung des Solvenztests192
2. Prüfungsgrundsätze und Gestaltung der Prüfung194
3. Formulierung des Prüfungsurteils196
VII. Zwischenergebnis197
H. Experiment zur Ausschüttungsbemessung202
I. Überblick202
II. Einordnung des Experiments in die aktuelle empirische Forschung203
III. Herleitung der Hypothesen205
1. Solvenztests als Ergänzung der bestehenden Kapitalerhaltung205
2. Geschäftsführerhaftung als ergänzendes Instrument206
3. Verlässlichkeit der Plandaten207
IV. Laborexperiment209
1. Untersuchungsdesign und vereinfachende Annahmen209
2. Aufgabe während des Experiments211
3. Vergütung der Probanden215
4. Durchführung des Experiments216
5. Probanden217
V. Ergebnisse218
1. Deskriptive Statistik218
2. Auswirkungen von Solvenztest und Haftung222
3. Verhältnis von Prozessausgang und Umsatzprognose227
4. Würdigung der Ergebnisse230
VI. Zwischenergebnis232
I. Zusammenfassung und Ausblick234
Anhang244
Anhangsverzeichnis244
Anhang 1: Deckblatt des Experimentfragebogens245
Anhang 2: Allgemeine Hinweise zum Verhalten während des Experiments246
Anhang 3: Lotterien zur Erfassung der Risikoneigung248
Anhang 4: Allgemeine Einführung in das Experiment249
Anhang 5: Allgemeine Entscheidungsdeterminanten (Eigenkapitalverzinsung und Umsatzrendite)251
Anhang 6: Insolvenzrisiko (Version ohne Solvenztest)256
Anhang 7: Insolvenzrisiko (Version mit Solvenztest)258
Anhang 8: Haftung261
Anhang 9: Ausschüttungsentscheidung ohne Haftung262
Anhang 10: Ausschüttungsentscheidung mit Haftung264
Anhang 11: Fragen zur finalen Ausschüttungsentscheidung266
Anhang 12: Allgemeiner Fragebogen und Hinweise267
Literaturverzeichnis270
Rechtsprechungsverzeichnis Deutsche Gerichte303
Englische Gerichte304
Europäischer Gerichtshof305
US-Gerichte305

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