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Erste Hilfe im Sachunterricht

AutorAnna-Sarina Franke
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl136 Seiten
ISBN9783638055505
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 1,0, Universität Vechta; früher Hochschule Vechta, 77 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Erste Hilfe zu leisten, ist prinzipiell nicht besonders schwer. Jeder Erwachsene ist in der Lage einen Notruf abzusetzen, eine Unfallstelle abzusichern oder sich mit Anteilnahme um Verletzte zu kümmern - zumindest was seine kognitiven Fähigkeiten anbelangt. Alles was darüber hinausgeht, muss jedoch erlernt werden. So geht es hier doch in erster Sicht um selbst von Laien durchzuführende Maßnahmen, die dazu dienen - in welchem tatsächlich geleisteten Umfang auch immer -, menschliches Leben zu retten oder bedrohende Gefahren oder Gesundheitsstörungen bis zum Eintreffen professioneller Hilfe (Arzt, Rettungsdienst) abzuwenden oder zu mildern. Die Praxis zeigt allerdings häufig, dass selbst bei Erwachsenen in einem Notfall des täglichen Lebens oft Wissensdefizite, Handlungsunsicherheiten bis hin zur Ablehnung dieser auch gesetzlich vorgeschriebenen Verhaltensmaßnahmen festgestellt werden können. Auch wenn es mit der Umsetzung der Ersten Hilfe vielfach Probleme zu geben scheint, vermutlich, weil außer so genannten Pflichtkursen (z.B. Sofortmaßnahmen am Unfallort im Rahmen des Erwerbs einer Fahrerlaubnis) zum Glück vielfach kaum Gelegenheit zur praktischen Anwendung und Vertiefung dieser Kenntnisse und Fertigkeiten besteht. Ferner werden die Beschäftigung mit unangenehmen Themen, wie z.B. Tod, Schmerz und Verwundung, durch die Mitglieder unserer Gesellschaft vielfach verdrängt, so scheint die allgemeine Relevanz der Ersten Hilfe - zumindest bezogen auf die begriffliche und inhaltliche Vorstellung - in der Gesellschaft relativ unumstritten zu sein. Für Außenstehende erscheint Erste Hilfe auf den ersten Blick dagegen eine Thematik zu sein, die mit der Schule und dem Fach Sachunterricht wenig zu tun hat. Bei näherer Beschäftigung wird dann allerdings erkennbar, welche Bezüge das Thema zur Institution Schule hat. Ich habe mir daraus folgend die Frage gestellt, inwieweit das Thema in der Schule bewusst als solches wahrgenommen wird und falls ja, welchem Fach sich dieses Thema zuordnen ließe. Zu prüfen wäre somit, ob sich meine Überlegungen entsprechend in der Wirklichkeit wieder finden lassen und ob für Lehrer inhaltlich die Erste Hilfe im Sachunterricht überhaupt relevant ist. Die Leitfrage ist: 'Wird in der Grundschule die Erste Hilfe als ein eigenständiges Thema im Sachunterricht vermittelt und wird deren Bedeutung auch von den Lehrern entsprechend erkannt und beurteilt?'

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Leseprobe

2 Allgemeine Relevanz zur Ersten Hilfe


 

Nach der Begriffsklärung der Ersten Hilfe soll nachfolgend deren Relevanz insbesondere im Zusammenhang mit Kindern durch exemplarisches Aufzeigen von Unfallhäufigkeiten beleuchtet werden.

 

Im Vorwort des Erste-Hilfe-Ratgebers vom Deutschen Roten Kreuz verdeutlicht Ipsen (1995), der damalige Präsident des DRK, die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Erste Hilfe aufgrund der schätzungsweise acht Millionen Unfälle jedes Jahr im Verkehr, im Beruf, in der Schule sowie im Heim- und Freizeitbereich zu teil würde.[29]

 

Nach der Broschüre „Ersthelfer“ (2003) der Gesetzlichen Unfallversicherung, im Weiteren mit GUV abgekürzt, seien es annähernd neun Millionen Menschen, die jährlich verletzt werden. Davon würden sich 35% der Unfälle in der Schule und im Berufsleben ereignen. Im häuslichen Bereich liege der Anteil bei ca. 30%, in der Freizeit bei ca. 28%. Den geringsten Anteil mit ca. 6%, aber auch mit den schwerwiegendsten Folgen, seien den Verkehrsunfällen zuzuschreiben.[30] Bereits hier wird meines Erachtens deutlich, dass Unfälle keine Ausnahmeerscheinung repräsentieren und letztlich einen nicht zu unterschätzenden Bestandteil der Lebenswirklichkeit für jeden Einzelnen darstellen. Daher kann auch jeder davon betroffen sein. Wenn man zudem berücksichtigt, dass in der Bundesrepublik Deutschland im Durchschnitt 80 Millionen Einwohner leben, sind es 10 %, die sich jährlich verletzen.  

 

Weltweit betrachtet, seien Unfälle die häufigste Todesursache im Kindesalter mit einem Anteil an Todesfällen von 40% im Alter vom ersten bis zum vierzehn Lebensjahr. Es sterben, laut Unicef (2001), jährlich ca. eine Million Kinder an Unfällen.[31]

 

Gefahren für das Leben und die Gesundheit bestehen, laut Smyrka (1983), ein Leben lang und nicht erst im Erwachsenenalter. Ursachen und Wirkungsfaktoren dafür könnten jedoch nie ganz beseitigt werden. Um aber diesen entgegen zu wirken, solle bewusst sein, dass sich Unfälle nicht bloß zufällig ereignen, sondern sie in der Regel auf Ursachen zurückführbar seien. Demnach schlussfolgere ich, dass es keine Unfälle ohne Ursache gibt. Aust (in Smyrka 1983) verweist auch auf die Erkenntnis, dass Unfallereignisse durch multifaktorielle Wirkungsgefüge bedingt sind.[32]

 

2.1 Unfallhäufigkeiten und -schwerpunkte


 

Die nachfolgenden Darstellungen beschäftigen sich mit der Lebenswelt der Kinder. Dazu sollen im Folgenden zunächst aktuelle Unfallzahlen und Unfallschwerpunkte in der Schule Aufschluss über Quantität und Qualität ihres Auftretens geben. Der Vollständigkeit halber werde ich aber auch auf die Bereiche Freizeit und den Verkehr eingehen. Gerade auch schon deshalb, weil diese meiner Auffassung nach als Gesamtheit die Lebenswirklichkeit der Kinder im Grundschulalter darstellen. 

 

2.1.1 Schule


 

Seit 1971 werden alle Unfälle, die sich an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen ereignen und bei denen eine ärztliche Behandlung notwendig ist, von der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) dokumentiert.[33]

 

Laut der gesetzlichen Unfallversicherung ereigneten sich im Jahr 2004[34], bezogen auf alle Schulformen, insgesamt 1.456.576 Schülerunfälle[35], versichert waren 17.416.479 Schüler.[36] Das ergibt eine Quote von 83,63 je 1000 Schüler bzw. 8,363%. Somit hatte etwa jeder zwölfte Schüler einen Unfall. Die gemeldeten Unfälle sind allerdings seit 2001 rückläufig, ohne dass Gründe, z.B. eine verbesserte Vorsorge oder Aufklärung, dafür namhaft gemacht werden.[37]

 

Niedersachsen zählt, laut dem Bundesverband der Unfallkassen (BUK) im Jahr 2004, neben Brandenburg und Schleswig-Holstein, zu den Bundesländern mit der häufigsten Schulunfallquote. Daher erscheint es mir besonders notwendig, dass vor allem in diesen Bundesländern im Unterricht thematisiert wird, bzw. Schüler darüber aufgeklärt sind, wie Unfälle vermieden werden können, aber auch, welche Hilfsmaßnahmen bei einem Unfall zu leisten sind.[38]

 

Eine positive Entwicklung sei im Hinblick auf tödliche Schulunfälle zu verzeichnen. Im Jahr 2004 waren es bundesweit sechs tödliche Schulunfälle und 79 tödliche Schulwegunfälle. Darunter waren sechs Grundschüler im Straßenverkehr bzw. auf dem Schulweg getötet worden. Im Jahr 2003 sind insgesamt 134 Schüler gestorben. Laut BUK waren es dreizehn tödliche Schulunfälle. Das macht einen Rückgang von fast 40% aus. Leider können meinerseits keine Gründe für diesen signifikanten Rückgang identifiziert werden, so dass ich hier auch keine Rückschlüsse auf schulische Präventionsmaßnahmen, z.B. Erfolge durch eine verbesserte Verkehrserziehung, ziehen kann.[39]

 

In den nachfolgenden Betrachtungen werde ich mich auf die Grundschule beschränken, da diese Schulform Gegenstand meiner Arbeit ist.

 

Von den 1.456.576 Schulunfällen aller Schulformen im Jahr 2004 entfallen 186.793 auf angezeigte Schulunfälle und 16.551 angezeigte Schulwegunfälle in Grundschulen.

 

Die in dieser Form wenig aussagekräftigen Daten sollen im Folgenden differenzierter betrachtet werden, um genauere Angaben zum Unfallschwerpunkt in der Grundschule zu erhalten.  

 

53.666 von insgesamt 618.138 Unfällen ereigneten sich im Sport, das macht einen Anteil von 28,7% aus. In der Pause ereigneten sich 95.333 von 328.170 Unfällen, ein Anteil von immerhin 51,0%, also gut die Hälfte aller Unfälle. Grundschüler waren in 16.692 Fällen von 236.899 in einen Unfall im Unterricht involviert. Es ergibt sich ein Anteil von 8,9%. Es wird damit deutlich, dass Pausenunfälle den Schwerpunkt in der Grundschule ergeben.[40]

 

Die Bundesunfallkasse (BUK) Hessen wertete 2004 die bei ihnen gemeldeten und erfassten Pausenunfälle an hessischen Schulen der Jahre 1997 – 2001 aus. Laut Dordel/Kunz (2005) stehen diese Ergebnisse repräsentativ für andere Bundesländer.[41]

 

Knapp 35% der Unfälle ergeben sich aus dem Hinfallen/über etwas fallen bzw. den Auswirkungen von Aggressionen (geschlagen, geboxt, getreten und umfasst werden). An dieser Stelle verweise ich auf den Aspekt der psychomotorischen Gründe in Kapitel 3.2.2, um auf diesen Gesichtspunkt hier nicht näher einzugehen.

 

Es kann abschließend gesagt werden, dass sich vierzehn Prozent der gesamten Schulunfälle bereits in der Grundschule, mit dem Schwerpunkt Pausenunfälle, ereignen. Ich denke, dass es diesbezüglich für Grundschüler einen Bereich darstellt, der sie betrifft. Unter Berücksichtigung, dass Niedersachsen vergleichsweise eine sehr hohe Schulunfallquote hat, bin ich, ebenso wie Buchfelder/Buchfelder und Sefrin, der Meinung, dass Erste Hilfe in der Grundschule Anwendung findet und Schüler darin geschult werden sollten. Doch sollte diese Erkenntnis auch die Lehrer in besonderer Weise für die Notwendigkeit für Maßnahmen zur Ersten Hilfe sensibilisieren. Es wäre interessant zu untersuchen, ob die als Pausenaufsicht eingeteilten Lehrkräfte sich dieser Herausforderung überhaupt bewusst sind und ob sie wissen, wo sich der Erste-Hilfe-Kasten befindet und diesbezüglich dessen Inhalt auch entsprechend anwenden könnten.

 

2.1.2 Freizeit


 

Der Stand der Datenerhebung bezüglich der Kinderunfälle in Deutschland ist sehr unübersichtlich. Das ist darauf zurückzuführen, dass bei Unfällen, je nach Unfallort und Art der besuchten Einrichtung, unterschiedliche Institutionen, wie Polizei, gesetzliche Unfallversicherung oder Krankenkasse informiert werden. Unfälle, die beispielsweise von keinem Arzt behandelt werden, sind daher systematisch nicht erfasst.[42]

 

Derzeit leben etwa 15,5 Mio. Kinder im Alter unter fünfzehn Jahren in Deutschland. Davon erleiden rund 900.000 einen Unfall, der die Behandlung durch einen Arzt nach sich zieht. Bei Betrachtung des Unfallhergangs ist festzustellen, dass 456.000 Unfälle im Freizeitsport passieren. Die beliebteste und zugleich unfallreichste Freizeitbeschäftigung ist der Mannschaftssport, darunter ist besonders Fußball zu nennen.[43]

 

Im häuslichen Umfeld verunglücken jedes Jahr im Durchschnitt etwa 256.000 Kinder aus der betrachteten Altersgruppe. Die häufigsten Unfälle ereignen sich dabei im Kinderzimmer, gefolgt von Küche und Treppen(haus). An erster Stelle zählen zu den Unfallarten Stürze, gefolgt von Zusammenstößen und Schnittverletzungen. Zu den schwerwiegenderen Unfällen werden Verbrennungen, Verbrühungen und Vergiftungen gefasst.[44]

 

Laut Abel (ohne Jahr) ist das hohe Unfallrisiko für Kinder im öffentlichen Bewusstsein nur wenig präsent. Dieses gelte besonders für Unfälle in Heim und Freizeit. In diesem Bereich ereigneten sich durchschnittlich ein Drittel der Kinderunfälle jährlich. Es gäbe mehr Todesfälle bei Kindern durch Unfälle als durch Infektions- und Krebserkrankungen...

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